© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 062/16 Die erneute Öffentlichkeitsbeteiligung bei Änderungen am Bundesverkehrswegeplan Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 062/16 Seite 2 Die erneute Öffentlichkeitsbeteiligung bei Änderungen am Bundesverkehrswegeplan Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 062/16 Abschluss der Arbeit: 28. April 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 062/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Europarechtliche Rahmenbedingungen 4 3. Die Öffentlichkeitsbeteiligung beim BVWP 2030 5 4. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 062/16 Seite 4 1. Einleitung Nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)1 wurde eine Strategische Umweltprüfung (SUP) zum Entwurf des „Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP 2030) durchgeführt und zusammen mit dem entsprechenden Umweltbericht öffentlich ausgelegt. Der Entwurf des BVWP 2030 ist aktuell Gegenstand zahlreicher parlamentarischer Anfragen2 und wohl auch Stellungnahmen gegenüber den zuständigen Behörden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob unter Zugrundelegung der allgemeinen Grundsätze für Planungsverfahren eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Von Interesse ist hierbei, inwieweit eine nachträglich geänderte Einstufung von Vorhaben die Gesamtauswirkungen auf die Umwelt derart beeinflussen , dass eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich wird. Hierzu werden zunächst die europarechtlichen Rahmenbedingungen vorgestellt (Ziffer 2.), um anschließend die Voraussetzungen für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung zu erörtern (Ziffer 3). 2. Europarechtliche Rahmenbedingungen Gemäß Art. 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)3 beruht die Umweltpolitik der Union auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung und auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Bei allen technischen Planungs- und Entscheidungsprozessen sollten die Auswirkungen auf die Umwelt so früh wie möglich berücksichtigt werden. Durch die UVP-Richtlinie4 wird eine Harmonisierung der Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung angestrebt, insbesondere hinsichtlich der Art der zu prüfenden Projekte, der Hauptauflagen für den Projektträger und des Inhalts der Prüfung. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus strengere Umweltschutzvorschriften festlegen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist in das Zulassungsverfahren für konkrete Industrieanlagen und Infrastrukturprojekte oder andere 1 In der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2490). 2 Vgl. bspw. BT-Drucks. 18/8120, 18/8134. 3 In der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47), zuletzt geändert durch Art. 2 des Beschlusses 2012/419/EU vom 11.07.2012 (ABl. Nr. L 204 S. 131). 4 Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/52/EU vom 16.04.2014 (ABl. Nr. L 124 S. 1). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 062/16 Seite 5 Vorhaben integriert. Demgegenüber wird eine Strategische Umweltprüfung (SUP) nach der entsprechenden Richtlinie5 bereits bei der Aufstellung bestimmter Pläne und Programme durchgeführt . Der Öffentlichkeit ist hierbei innerhalb ausreichend bemessener Fristen frühzeitig und effektiv Gelegenheit zu geben, vor der Annahme des entsprechenden Plans zu dessen Entwurf sowie zum begleitendenden Umweltbericht Stellung zu nehmen. Unter welchen Voraussetzungen eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach einer Änderung des jeweiligen Plans oder Programms erforderlich wird, enthält die UVP-Richtlinie keine Regelungen. Die Einzelheiten der Öffentlichkeitsbeteiligung werden im Übrigen nicht durch die SUP-Richtlinie, sondern von die jeweiligen Mitgliedstaaten festgelegt (vgl. Art. 6 Abs. 2 und 5 der SUP Richtlinie). 3. Die Öffentlichkeitsbeteiligung beim BVWP 2030 Der Bund ist nach dem Grundgesetz (GG)6 verantwortlich für den Bau und die Erhaltung der Bundesverkehrswege. Diese bestehen aus den Bundesschienenwegen (Artikel 87e GG), den Bundeswasserstraßen (Artikel 89 Absatz 2 GG) und den Bundesfernstraßen (Artikel 90 GG). Grundlage für die Erhaltung, Entwicklung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist der BVWP. Er wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aufgestellt und vom Bundeskabinett beschlossen. Im Anschluss an die Beschlussfassung durch das Bundeskabinett stellt der Deutsche Bundestag auf Grundlage des BVWP in den sogenannten Ausbaugesetzen den Ausbaubedarf für die Verkehrsinfrastruktur gesetzlich fest. Zum Entwurf des BVWP 2030 und zum Umweltbericht führt das BMVI eine Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 14i UVPG in der Zeit vom 21. März 2016 bis 2. Mai 2016 durch. Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung ist die fachliche Überprüfung der im Entwurf des BVWP 2030 getroffenen grundsätzlichen Festlegungen, insbesondere im Hinblick auf die aus dem Gesamtplan resultierenden Auswirkungen auf die Umwelt. Auf die Öffentlichkeitsbeteiligung findet § 14i Abs. 1 UVPG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 bis 1b UVPG Anwendung. Ändert der Träger des Vorhabens die nach § 6 UVPG erforderlichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens, so kann von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG). In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift , wäre eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung dann durchzuführen, wenn mit der Planänderung zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind. 5 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.06.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. Nr. L 197 S. 30). 6 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 (BGBl. S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes (Art. 91b) vom 23 12.2014 (BGBl. I S. 2438). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 062/16 Seite 6 Nach der Kommentarliteratur liegen bei § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG „semantisch vage Begriffe“ vor. 7 Dies gilt insbesondere bei einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift. Zusätzliche Umweltauswirkungen sollen jedenfalls dann vorliegen, wenn bereits bekannte Umweltauswirkungen verschärft werden. Andere erhebliche Umweltauswirkungen liegen vor, wenn Umweltauswirkungen neu hinzutreten. Für die Erheblichkeit der Umweltauswirkungen kann auf polizeirechtliche Grundsätze zurückgegriffen werden. Hiernach ist die Bedeutung des jeweils betroffenen Schutzguts und der hinreichenden Wahrscheinlichkeit seiner Betroffenheit im Verhältnis zu der (nicht nur unerheblichen) Intensität der zu befürchtenden Auswirkungen zu betrachten. 4. Fazit Nicht jede Änderung oder nachträgliche Einstufung, etwa in der Dringlichkeit eines Infrastrukturvorhabens , ist deshalb in der Lange, eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung herbeizuführen. Unter welchen Gesichtspunkten eine Änderung des Entwurfs für einen BVWP 2030 zu zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen führen könnte, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtungsweise und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Ende der Bearbeitung 7 Hofmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG Kommentar (Stand. O8/2015), § 9 Rdnr. 37 mit weiteren Nachweisen.