AUSARBEITUNG Thema: Zur möglichen Interessenkollision bei anwaltlicher Tätigkeit und Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat Fachbereich VII Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Verfasser/in: Abschluss der Arbeit: 21. März 2006 Reg.-Nr.: 3000 - 2. WF VII G - 061/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - 1. Einleitung Die zu begutachtende Thematik befasst sich mit dem Problemfeld der Interessenkollision von der anwaltlichen Tätigkeit und weiteren, darüber hinaus gehenden, Tätigkeiten. Es stellt sich die Frage, ob sich Interessenkollisionen für ein Kreistagsmitglied ergeben können, welches hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig ist und darüber hinaus das Amt eines Aufsichtsratsmitgliedes einer kommunalen Verkehrsgesellschaft übernommen hat. Dabei soll die Problematik jedoch nicht darin liegen, dass die anwaltliche Tätigkeit für die Gesellschaft ausgeübt wird, in dem der Jurist das Amt des Aufsichtsratsmitglieds übernommen hat. Die Frage wird vielmehr sein, ob und inwieweit anwaltliche Tätigkeiten gegen die Gesellschaft ausgeübt werden können. 2. Aufgaben und Pflichten des Aufsichtsrates Um mögliche Interessenkonflikte aufzuzeigen, müssen zunächst die Aufgabenfelder der unterschiedlichen Ämter genau definiert werden. Denn nur solange die Tätigkeitsbereiche einander tangieren, kann es zu möglichen Interessenkollisionen kommen. Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats richten sich nach den Vorschriften im Aktienrecht (bei der GmbH nach § 52 GmbHG1 iVm dem AktG2). Der Aufsichtsrat ist in seiner Hauptfunktion ein Überwachungsorgan. Er hat die Geschäftsführung zu überwachen , § 111 Abs. 1 AktG. Dazu gehört u.a. die nachträgliche Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Unternehmensführung, die sich insoweit auch auf Einzelgeschäfte bezieht, sofern diese für die Liquidität und Rentabilität der Gesellschaft von Bedeutung sind.3 Der Aufsichtsrat hat sich darüber hinaus aber auch mit der Zukunftsplanung des Unternehmens zu befassen. Bei Interessenkonflikten ist grundsätzlich eine Entscheidung zu Lasten der Gesellschaft ausgeschlossen. Da das Gesellschaftsinteresse stets im Vordergrund steht, ist bei Interessenkonflikten , welche in der Praxis üblich sind sobald einzelne Aufsichtsräte bestimmte Gesellschaftsgruppen vertreten, Stimmenthaltung zu üben oder notfalls das Mandat niederzulegen.4 1 Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 20. Mai 1898 (RGBl. I S. 846), zuletzt geändert am 22.03.2005 (BGBl. I S. 837). 2 Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert am 22.09.2005 (BGBl. I S. 2802). 3 Jasmer, Stefan/ Ramm, Melanie/ Stöterau, Markus, Handels- und Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, Bremen 2005, Rn. 657. 4 Altmeppen, Holger/ Roth, Günter, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 5. Auflage, München 2005, § 52, Rn. 24. - 3 - Das Aufsichtsratsmandat ist ein Nebenamt, in dem die Aufsichtsratsmitglieder ihre Überwachungsaufgaben wie ein ordentliches und gewissenhaftes Organmitglied auszuüben haben.5 3. Aufgaben und Pflichten der Kreistagsmitglieder Die Mitglieder des Kreistages haben grundsätzlich ein freies Mandat, welches ehrenamtlich ausgeführt wird.6 Richtlinie ihrer Entscheidung ist im Rahmen der kommunalrechtlichen Vorschriften allein das öffentliche Wohl.7 Die Rechte und Pflichten eines Kreistagsmitgliedes sind in der (Land-) Kreisordnung des jeweiligen Landes bestimmt. Für die Mitglieder der Kreistage gelten in bestimmten Fällen Befangenheitsregelungen und Mitwirkungsverbote. Im Einzelnen gelten beispielsweise für das Land Mecklenburg-Vorpommern nach § 105 Abs. 6 Kommunalverfassung (KV M-V)8 die Bestimmungen für Gemeindevertreter über die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 23 Abs. 6 KV M-V), Mitwirkungsverbote (§ 24 KV M-V), Unvereinbarkeit von Amt und Mandat (§ 25 KV M-V), Vertretungsverbot (§ 26 KV M-V) und Entschädigungen, Kündigungsschutz (§ 27 KV M-V) für Kreistagsmitglieder entsprechend. Allgemein entfalten sich gesetzliche Mitwirkungsverbote und Befangenheitsregelung für Gemeindevertreter (bzw. Kreistagsmitglieder) insbesondere durch das Verbot der Entscheidung in eigener Sache oder in der Angelegenheit von persönlich nahe stehenden Personen sowie bei der Vorbefassung mit der gleichen Angelegenheit. Diese sog. Befangenheitsregelungen können dann beispielsweise Auswirkungen auf die Beschlussfähigkeit des Kreistages9 oder die beratenden Ausschüsse10 haben. 4. Das kommunale Aufsichtsratsmitglied im Spannungsfeld zwischen öffentlichem Recht und Gesellschaftsrecht Im Tätigkeitsbereich eines Aufsichtsratsmitglieds einer Gesellschaft hat das Kreistagsmitglied die Interessen der (privatrechtlich organisierten) Gesellschaft zu wahren.11 Damit kann es im Bereich der Interessenwahrung zur Konkurrenz zwischen kommunal- 5 Vgl. §§ 116, 93 AktG. 6 Vogelgesang, Klaus/ Lübking, Uwe/ Ulbrich, Ina-Maria, Kommunale Selbstverwaltung, 3. Auflage, Berlin 2005, Rn. 169. 7 Plückhahn, Detlev/ Becker, Ernst/ Wansleben, Rudolf, Praxis der Kommunalverwaltung, Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (KRO), Erläuterung zu § 28, abrufbar unter: beck-online. 8 Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung vom 8. Juni 2004 (GVOBl. M-V S. 205), zuletzt geändert am 19.12.2005 (GVOBl. M-V S. 640). 9 Vgl. § 108 KV M-V. 10 Vgl. § 114 KV M-V. 11 Vgl. schon unter 2. - 4 - rechtlichen Vorschriften und denen des Gesellschaftsrechts kommen. Wenn sich jedoch die öffentliche Hand im konkreten Fall einer privatrechtlichen Handlungsform bedient, ist für dem entgegen stehende kommunalrechtliche Vorschriften, die ausschließlich dem öffentlichen Wohl dienen, kein Platz. Da der Aufsichtsrat als Organ der Gesellschaft zum Wohle der Gesellschaft beitragen soll und dieses Organ nicht mit der Zielsetzung geschaffen wurde, das Allgemeinwohl zu fördern, muss im Konfliktfall das Unternehmerinteresse den Vorrang haben.12 Die strikte Bindung des Aufsichtsratsmitglieds an die Interessen der Gesellschaft bezieht sich wiederum nur auf die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Darüber hinaus bewirkt das Gesellschaftsrecht nicht, dass das Aufsichtsratsmitglied bei der Ausübung einer anderen (hauptberuflichen) Tätigkeit an die Belange der Gesellschaft gebunden ist. Dem Handelnden sind jedoch dann Schranken zu setzen, wenn ein krasses gesellschaftswidriges Verhalten vorliegt und es damit der Gesellschaft nicht mehr zumutbar ist, die betreffende Person in ihrem Aufsichtsrat zu dulden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Interessenkollision besteht, die der Inkompatibilität des § 105 AktG gleichkommt.13 5. Vorschriften für die anwaltliche Berufsausübung Die Vereinbarkeit eines Aufsichtsratsmandates (Nebenamt) mit der anwaltlichen Tätigkeit (Hauptberuf) ist aus berufsrechtlicher Sicht prinzipiell zu bejahen.14 Die anwaltliche Berufsausübung unterliegt grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen Anwalts.15 Ein Eingriff wäre nur durch oder aufgrund eines Gesetzes zulässig. Derartige Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind verfassungsrechtlich nur zulässig im Interesse des Gemeinwohls und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 12 Gundlach, Ulf/ Frenzel, Volkhard/ Schmidt, Nikolaus, Das kommunale Aufsichtsratsmitglied im Spannungsfeld zwischen öffentlichem Recht und Gesellschaftsrecht, in: LKV 2001, S. 246ff.; vgl.auch Dreher, Meinrad, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern von Aktiengesellschaften , in: JZ 1990, S. 896ff. 13 OLG Hamburg, Beschluss vom 23. Januar 1990, Az: 11 W 92/89, in: NJW-RR 1990, S. 673ff. Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds eines Energieversorgungsunternehmens (Elektrizitätsversorgung) ist gegeben, wenn das Aufsichtsratsmitglied als überzeugter und engagierter Kernkraftgegner als Landesenergieminister mit Entschiedenheit das Ziel verfolgt, dem Unternehmen die Möglichkeit für die von ihm praktizierte Erzeugung von Energie aus Kernkraftanlagen zu nehmen mit der Folge, dass für das Unternehmen schwere wirtschaftliche Nachteil entstehen würden. 14 Vgl. Müller, Hans-Friedrich, Aufsichtsratsmandat und anwaltliche Tätigkeit, in: NZG 2002, S. 797ff. 15 BVerfGE Bd. 63, S. 266 (S. 282ff.) sowie Bd. 76, S. 171 (S. 192). - 5 - Verhaltensvorschriften, die ein Rechtsanwalt bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu beachten hat, sind beispielsweise der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)16 sowie der Berufsordnung (BORA)17 und in der Fachanwaltsordnung18 zu entnehmen. Hiernach kann u.a. die anwaltliche Zulassung versagt oder entzogen werden (vgl. § 7 Nr. 8 BRAO oder § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO), sobald die zweitberufliche Tätigkeit bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise die Wahrscheinlichkeit von Pflichtenkollisionen nahe legt. Jedoch kann dies bei der Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats nicht unterstellt werden. Die anwaltliche Tätigkeit auf der einen Seite und die Mitgliedschaft in dem Kontrollgremium einer Kapitalgesellschaft auf der anderen Seite lassen sich durchaus voneinander trennen. In der Regel ist es nicht ausgeschlossen, dass es in einer bestimmten Situation zu Berührungspunkten zwischen beiden Tätigkeitsfeldern kommen kann, die eine Interessenkollision in der Person des Rechtsanwalts begründen. In diesem Falle würde jedoch ein beschränktes Tätigkeitsverbot genügen. Nach der Rechtsprechung19 muss dem Rechtsanwalt trotz des Zweitberufs genügend Zeit bleiben, um Beratung und Vertretung in nennenswertem Umfang und nicht nur gelegentlich durchzuführen. Folglich wird bei der Übernahme des Amtes eines Aufsichtsrats durch einen hauptberuflich tätigen Rechtsanwalt in der Regel nicht mit Maßnahmen nach § 7 Nr. 8 BRAO oder § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO zu rechnen sein. Die Berufspflichten des Rechtsanwalts sind im Einzelnen in den §§ 43 ff. BRAO geregelt . Hiernach hat der Rechtsanwalt nach § 43 BRAO als allgemeine Berufspflicht, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. Er hat sich innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen. Nach § 43a BRAO bestehen bestimmte Grundpflichten für den Rechtsanwalt . So darf ein Rechtsanwalt etwa keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden (§ 43a Abs. 1 BRAO). Weiterhin darf ein Rechtsanwalt beispielsweise keine widerstreitenden Interessen vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO). Jedoch dürfte der persönliche Anwendungsbereich des § 43 a Abs. 4 BRAO nur eröffnet sein, wenn der Rechtsanwalt bei der Wahrnehmung beider sich widerstreitender Interessen jeweils beruflich als Anwalt fremdnützig tätig wird.20 16 Gesetz vom 1. August 1959 (BGBl. I S. 565), zuletzt geändert am 21.12.2004 (BGBl. I S. 3599). 17 In der Fassung vom 1. November 2001 (BRAK-Mitt.), zuletzt geändert am 07.11.2005 (BRAK-Mitt. Nr. 6 S. 273). 18 In der Fassung vom 22. März 1999 (BRAK-Mitt. S. 131), zuletzt geändert am 22./23.11.2004 (BRAK-Mitt. 2005 Nr. 2 S. 77). 19 BGHZ Bd. 100 S. 87ff. 20 Feuerich, Wilhelm/ Weyland, Dag, Bundesrechtsanwaltsordnung, Kommentar, 6. Auflage, München 2003, § 43 a, Rn. 55. - 6 - Nach der Regelung des § 45 BRAO darf der Rechtsanwalt unter bestimmten Voraussetzungen nicht tätig werden. So ist es einem Rechtsanwalt beispielsweise nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 BRAO untersagt, in Angelegenheiten, mit denen er bereits als Rechtsanwalt befasst war, außerhalb seiner Anwaltstätigkeit beruflich tätig zu werden. § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO statuiert das Verbot für den Fall, dass das anwaltliche Tätigwerden vor dem außerberuflichem Tätigwerden lag. Insofern würde sich ein Mitwirkungsverbot nach anwaltlicher Vorbefassung ergeben, wobei es laut Gesetzeswortlaut nicht darauf ankommt, ob die spätere zweitberufliche Tätigkeit sich gegen den Mandanten richtet oder in seinem Interesse geschieht. § 45 BRAO untersagt dem Anwalt sodann jede Tätigkeit in dieser Angelegenheit. Schon die bloße Teilnahme an einer Sitzung, in der über den Sachverhalt beraten wird, ist mit § 45 Abs. 2 Nr. 2 BRAO unvereinbar. Das Teilnehmerrecht des Aufsichtsratsmitglieds wird insoweit durch die strengen Berufspflichten eingeschränkt. Dennoch ist im Einzelfall zu entscheiden, wann genau die Tätigkeit im Aufsichtsrat mit der Vorbefassung in Berührung kommt. Denn nur in diesem Fall würde das Mitwirkungsverbot für das Aufsichtsratsmitglied durchgreifen. Nach § 46 BRAO gelten bestimmte Begrenzungen für Rechtsanwälte in ständigen Dienstverhältnissen. So darf ein Rechtsanwalt für einen Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und –kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten oder Schiedsgerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden (§ 46 Abs. 1 BRAO). Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er in derselben Angelegenheit als sonstiger Berater, der in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnis Rechtsrat erteilt , bereits rechtsbesorgend tätig geworden ist; als sonstiger Berater, der in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnis Rechtsrat erteilt, wenn er mit derselben Angelegenheit bereits als Rechtsanwalt befasst war (§ 46 Abs. 2 BRAO). Darüber hinaus dürfte § 46 BRAO nur insofern relevant werden, als dass das Aufsichtsratsmitglied neben seiner Organtätigkeit in der Gesellschaft zusätzlich für diese anwaltlich tätig wird. Auswirkungen auf die anwaltliche Tätigkeit werden abgelehnt, wenn der in den Aufsichtsrat gewählte, hauptberufliche Rechtsanwalt, weiterhin Mandanten vertritt, bei der die Gesellschaft auf der Gegenseite steht.21 Wie schon oben dargestellt, hat sich das Aufsichtsratsmitglied allein am Wohl der Gesellschaft zu orientieren. Außerhalb seiner Organfunktion ist er jedoch nicht daran gehindert, die Interessen seiner Mandanten 21 Müller, Hans-Friedrich, Aufsichtsratsmandat und anwaltliche Tätigkeit, in: NZG 2002, S. 797ff. - 7 - wahrzunehmen, auch wenn dies bedeutet, dass Belange der Gesellschaft berührt werden oder diesen sogar widersprochen wird. In diesem Zusammenhang ergibt sich auch aus § 116 S. 2 AktG eine Verschwiegenheitspflicht über erhaltene vertrauliche Berichte und Beratungen, die das Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Nebentätigkeit nicht zur eigenen Interessenförderung oder zur Interessenförderung Dritter ausnutzen darf. Im Einzelfall kann es zu Konflikten kommen , etwa wenn der Aufsichtsrat über die Zustimmung (vgl. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG) zu einem Geschäft zu entscheiden hat, an dessen Zustandekommen eines seiner Mitglieder beteiligt war. Der offenkundigen Interessenkollision muss durch ein Stimmverbot des Betroffenen begegnet werden.22 Er kann nicht unbefangen über ein Vertragswerk abstimmen , das er als Berater selbst entworfen hat oder an dem Angehörige seiner Sozietät mitgewirkt haben. Häufen sich solche aus der beruflichen Tätigkeit herrührenden Konfliktsituationen , so dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben unmöglich wird, ist er verpflichtet, sein Aufsichtsratsamt niederzulegen.23 Für Rechtsanwälte im öffentlichen Dienst gelten ebenfalls bestimmte Berufspflichten (§ 47 BRAO). So bestimmt beispielsweise § 47 Abs. 2 BRAO, dass ein Rechtsanwalt, der ein öffentliches Amt bekleidet, ohne in das Beamtenverhältnis berufen zu sein, durch die beauftragte Landesjustizverwaltung einen Vertreter bestellen kann, sofern er nach den für das Amt maßgebenden Vorschriften den Beruf als Rechtsanwalt nicht selbst ausüben darf. 22 Dreher, Meinrad, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern von Aktiengesellschaften, in: JZ 1990, S. 896ff. 23 Müller, Hans-Friedrich, Aufsichtsratsmandat und anwaltliche Tätigkeit, in: NZG 2002, S. 797ff.