© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 060/17 Maßnahmen gegen Baulandspekulation Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/17 Seite 2 Maßnahmen gegen Baulandspekulation Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 060/17 Abschluss der Arbeit: 9. Mai 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Bauland-Spekulation und Wohnungsmarkt 4 3. Regulierung von Bauland-Spekulation 5 4. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/17 Seite 4 1. Einleitung Nach Medienberichten werden Baugrundstücke zunehmend als Spekulationsobjekte betrachtet.1 Hiernach würden Investoren Bauland in Ballungsgebieten erwerben und diese brachliegen lassen . Aus ökonomischer Sicht sei dies für die Investoren sinnvoll, da der Preis für Bauland in bestimmten Lagen schneller steige als der für Wohnungen. Durch die Spekulation würden letztlich zahlreiche Wohnungen trotz Genehmigung nicht gebaut und die Situation auf dem Wohnungsmarkt verschärft. Von Interesse ist deshalb, welchen Einfluss eine mögliche Spekulation mit Bauland auf den Wohnungsmarkt und auf die Bauland-Preise haben kann (Ziffer 2.). In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages nach seinen Verfahrensgrundsätzen keine Prüfungen im Einzelfall vornimmt. Es wird deshalb nicht untersucht, ob und in welchen betroffenen Bereichen in den jeweiligen Großstädten, Ballungsräumen und Einzugsgebieten eine Baulandspekulation vorherrscht und wie sich die Baulandpreise dort konkret verändert haben. Im Einzelnen werden vielmehr Maßnahmen der öffentlichen Hand vorgestellt, die dazu beitragen könnten, einer möglichen Spekulation mit Bauland zu begegnen (Ziffer 3.). 2. Bauland-Spekulation und Wohnungsmarkt Das Statistische Bundesamt erhebt auf gesetzlicher Grundlage2 eine Statistik der Kaufwerte für Bauland. Erhebungsgegenstand sind die vertraglich vereinbarten Preise bei Veräußerung und Erwerb unbebauter Grundstücke. Die entsprechenden Zahlen werden in regelmäßigen Abständen veröffentlicht,3 geben aber keinen unmittelbaren Aufschluss darüber, ob und in welchen Regionen und einzelnen Gemeinden eine etwaige Bauland-Spekulation stattfindet. Der Bundestag hat die Bundesregierung aufgefordert, alle vier Jahre über die Stadtentwicklung in Deutschland zu berichten. Der Bericht wurde zwischenzeitlich auf Bundestags-Drucksache 18/11975 vorgelegt. Er beschreibt die aktuellen Entwicklungen und benennt insbesondere die Herausforderungen, vor denen die Städte und die Stadtentwicklungspolitik stehen. Darüber hinaus zeigt er Optionen für eine künftige Politik zur Förderung der Kommunen in diesem Bereich auf. 1 Vgl. bspw. Edelhoff/Salewski, Die Landbanker – Investoren lassen Grundstücke brachliegen, um mit ihnen zu spekulieren. Das verschärft die Wohnungsnot, Die Zeit vom 20.04.2017, S. 24; vgl. hierzu auch, zuletzt abgerufen am 03.05.2017: http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/Brachliegende-Grundstuecke-Spekulantenverschaerfen -Wohnungsnot,grundstuecksspekulation100.html. 2 Gesetz über die Preisstatistik in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 720-9, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 71 des Gesetzes vom 08.07.2016 (BGBl. I S. 1594). Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz - BStatG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.10.2016 (BGBl. I S. 2394). 3 Zuletzt durch das Statistische Bundesamt (Hrsg.), Preise – Kaufpreise für Bauland, Fachserie 17, Reihe 5, 3. Vierteljahr 2016, erschienen am 09.03.2017; zuletzt abgerufen am 03.05.2017: https://www.destatis.de/DE/Publikationen /Thematisch/Preise/Baupreise/KaufwerteBaulandVj.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/17 Seite 5 In diesem Stadtentwicklungsbericht wird festgestellt, dass die Wohnungsmärkte in Deutschland seit einigen Jahren durch eine „anhaltende Dynamik“ gekennzeichnet seien. Deutliche Mietsteigerungen und die zunehmend zu verzeichnenden Engpässe auf dem Wohnungsmarkt – besonders in Groß- und Universitätsstädten – seien die Folge. Der Wohnungs- und Immobilienmarkt sei für viele Anleger attraktiver geworden. Dies gelte sowohl für internationale Fonds und Aktiengesellschaften als auch für private Anleger, die aufgrund des niedrigen Zinsniveaus in Immobilien investierten. Wachsende Nachfrage von Anlegern und Mietern führe dabei teilweise zu erheblichen Steigerungen bei Kaufpreisen und Mieten. Als Zwischenergebnis lässt sich deshalb feststellen, dass eine Wechselwirkung zwischen der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt, steigenden Mieten und Baulandpreisen, auch als Folge von Bauland-Spekulation gegeben sein dürfte. Der Stadtentwicklungsbericht sieht einen Bedarf von ca. 350.000 neuen Wohnungen pro Jahr bis zum Jahr 2020. Als Instrument für die Intensivierung des Wohnungsbaus wurde unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ mit den Ländern, kommunalen Spitzenverbänden , der Wohnungs- und Bauwirtschaft und anderen gesellschaftlichen Akteuren geschlossen. Eine Baukostensenkungskommission (BKSK) und weitere Arbeitsgruppen, die das Bündnis eingerichtet hat, haben im Herbst 2015 ihre Arbeit abgeschlossen und zentrale Handlungsempfehlungen vorgelegt. Hierzu zählt beispielsweise auch, Bauland bereitzustellen und Grundstücke der öffentlichen Hand verbilligt und nach Konzeptqualität zu vergeben.4 3. Regulierung von Bauland-Spekulation Die Umsetzung der Empfehlungen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen könnten auch einer drohenden oder vorhandenen Bauland-Spekulation entgegen wirken. Dies erfordere nach dem Stadtentwicklungsbericht der Bundesregierung ein Zusammenwirken zahlreicher Beteiligter und Akteure am Wohnungsmarkt. Mit der Umsetzung der Wohnungsbauoffensive seien verschiedene Aktivitäten verbunden, die mittelbar – über eine Ausweitung des Angebots an bezahlbarem Wohnraum – oder unmittelbar wesentlichen Einfluss auf das Zusammenleben in der Stadt, aber auch auf Baulandpreise haben können. Als entscheidender Engpassfaktor für mehr bezahlbaren Wohnungsneubau gelte in vielen Regionen und Städten der Mangel an geeigneten Flächen und fehlendes Baurecht für vorhandene Flächen . Dabei gehe es sowohl um die quantitative Verfügbarkeit als auch um das vielerorts sehr hohe Preisniveau. Hohe Grundstückspreise ließen einen freifinanzierten Wohnungsneubau zu bezahlbaren Mieten vielfach nicht mehr zu. Allerdings gebe es auch in Städten mit sehr hoher Nachfrage Baulandpotenziale, die die Realisierung von bezahlbarem Neubau ermöglichten. Hier bedürfe es gezielter liegenschaftspolitischer Strategien, damit die Kommunen die Erhaltung und Schaffung von bezahlbaren Wohnungen auch in den hochpreisigen Lagen verfolgen. 4 Vgl. Stadtentwicklungsbericht der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11975, S. 55,58 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/17 Seite 6 Eine derartige Baulandbereitstellung zeige, dass generell ein umfangreiches Bündel von Instrumenten und eine an den jeweiligen Verhältnissen vor Ort ausgerichtete kommunale Gesamtstrategie sinnvoll und erforderlich seien. Vor diesem Hintergrund gelte es, zur Schaffung von mehr Bauland mehrere Wege gleichzeitig zu verfolgen: - Kommunales Engagement in der Baulandbereitstellung stärken - Erarbeitung und Beschluss umfassender kommunaler Baulandstrategien - Generelle Ausweitung des Baulandangebots durch planerische Sicherung und entsprechende Neuausweisung; stimmiges Vorgehen bei der Baulandentwicklung auf Basis von Baulandbeschlüssen - Aktive kommunale Bodenvorratspolitik auch mit Einsatz entsprechender Haushaltsmittel - Liegenschaftspolitische Intervention bei hohen Bodenpreisen zur Realisierung planerischer Vorgaben wie städtebauliche Qualitäten, Anteile an gefördertem oder preisgedämpftem Wohnraum oder Anteile bestimmter Eigentümergruppen - Verbilligte Abgabe von Grundstücken für den geförderten Wohnungsbau sowie aktive Preisgestaltung (Mischkalkulation) bei eigenen Flächen - Erfassung und Aktivierung von Potenzialflächen der Innenentwicklung - Notwendige Außenentwicklung bedarfsgerecht und flexibel ermöglichen - Verbesserte stadtregionale Kooperation. 4. Fazit Das kommunale Bauordnungs- und Bauplanungsrecht bietet ein geeignetes Instrumentarium an, einer drohenden oder vorhandenen Bauland-Spekulation entgegen zu wirken. Als bauplanungsrechtliche Instrumente, die einer Baulandspekulation entgegen wirken könnten, kommen unter anderem in Betracht: der Städtebauliche Vertrag (§§ 11 ff. BauGB5), Bebauungspläne der Innenentwicklung (§ 13a BauGB), die Sanierungssatzung (§§ 172 ff. BauGB), die Erhaltungssatzung (§§ 172 ff. BauGB) oder Rückbau- und Entsiegelungsgebote (§ 179 BauGB). Welche weiteren Instrumente bei einer bereits vorhandenen Bauland-Spekulation eingesetzt werden können, hängt von der jeweiligen Lage der Grundstücke und den konkreten Umständen vor Ort ab. 5 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Art. 6 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/17 Seite 7 Die im Stadtentwicklungsbericht vorgestellten Empfehlungen und insbesondere die systematische Verknüpfung von Planung, Bodenpolitik und Wohnungspolitik auf kommunaler Ebene dürften hierbei jedenfalls ausschlaggebend sein, einer Bauland-Spekulation entgegen zu wirken. ***