© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 060/16 Ausschreibungspflicht von Sondernutzungsverträgen Im Hinblick auf die EU-Konzessionsvergaberichtlinie Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/16 Seite 2 Ausschreibungspflicht von Sondernutzungsverträgen Im Hinblick auf die EU-Konzessionsvergaberichtlinie Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 060/16 Abschluss der Arbeit: 20.04.2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts 4 2. Europäisches Primärrecht 5 3. Allgemeine Grundsätze der Haushaltsführung 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/16 Seite 4 1. Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts Die hoheitliche Vergabe bzw. Verlängerung von Sondernutzungsrechten mittels Pachtverträgen kann unter das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModG) 1 fallen, mit welchem der nationale Gesetzgeber die EU-Konzessionsvergaberichtlinie2 umgesetzt hat. Die neuen Regelungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind am 18.04.2016 in Kraft getreten und umfassen nun erstmals wesentliche Vorgaben zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen. Insbesondere mit dem Blick auf die Vergabe von Sondernutzungsrechten, sind von nun an auch „Dienstleistungskonzessionen“3 vom GWB umfasst. Verstanden werden darunter entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen bestehen und die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung besteht. Bei der Auslegung, ob im Einzelfall eine Dienstleistungskonzession vorliegt, muss der Erwägungsgrund 15 der Richtlinie4 beachtet werden. Danach sind Vereinbarungen der öffentlichen Hand, welche das Recht eines Unternehmens zur privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Nutzung öffentlicher Bereiche oder Ressourcen betreffen, nicht als Konzessionen anzusehen. Eine öffentliche Ausschreibung5 würde darüber hinaus auch nur dann in Betracht kommen, wenn sogenannte „Schwellenwerte“ überschritten werden. Erst ab einem Vertragswert von derzeit mindestens 5.186.000 Euro6 sind damit in sachlicher Hinsicht die besonderen Regelungen anwendbar. 1 VergRModG, abrufbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/entwurf-gesetz-modernisierungvergaberecht ,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (zuletzt 20.04.2016). 2 Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe , abrufbar unter https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/richtlinie-konzessionsvergabe,property =pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (zuletzt 20.04.2016). 3 Siehe die Legaldefinition in §§ 103 Absatz 1, 105 Absatz 1 Nummer 2 GWB n.F. 4 Entwurf VergRModG S.92, abrufbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/entwurf-gesetz-modernisierung -vergaberecht,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (zuletzt 20.04.2016), Richtlinie 2014/23/EU Erwägungsgrund 15, abrufbar unter https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/richtlinie -konzessionsvergabe,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 5 Und damit die in §§ 97 ff. GWB niedergelegten Grundsätze (Wettbewerbsgrundsatz, Transparenzgebot, Diskriminierungsverbot , Förderung mittelständischer Interessen, Vergabe an fachkundige, leistungsfähige, zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen und der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz). 6 Siehe § 106 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 4 GWB n.F. i.V.m. Artikel 8 Richtlinie 2014/23/EU. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 060/16 Seite 5 2. Europäisches Primärrecht Unabhängig von der Richtlinie sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bereits jetzt bei der Vergabe durch öffentliche Auftraggeber die Grundregeln des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die sich hieraus ergebende Transparenzpflicht zu beachten, wenn an der Vergabe einer Dienstleistungskonzession ein eindeutiges, grenzüberschreitendes Interesse besteht.7 3. Allgemeine Grundsätze der Haushaltsführung Eine Ausschreibung muss demnach weder nach nationalen noch nach europäischen Recht erfolgen . Die hoheitliche Hand hat jedoch den einschlägigen haushaltsrechtlichen Bestimmungen zu genügen, insbesondere muss sie das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit8 sowie den Grundsatz des Vorrangs der öffentlichen Ausschreibung nach § 30 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG)9 beachten. Sie darf die Kriterien der Vergabe daher nicht willkürlich bestimmen und muss mithin potentielle Mitbewerber mit in die Entscheidungsfindung einbeziehen. Jeder Mitbewerber muss die Möglichkeit erhalten, von dem für die Verteilung maßgeblichen Sachverhalt und dem zur Entscheidung führenden Verfahren Kenntnis zu nehmen. - Ende der Bearbeitung - 7 Hölzel, NVwZ 2014, 713; Diedrerichsen/Renner, in: Schmidt/Wollenschläger (Hrsg.), Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Auflage, Seite 299. 8 § 6 Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2398) geändert worden ist; § 7 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 8 Absatz 10 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2178) geändert worden ist; § 7 der entsprechenden Landeshaushaltsordnung; vgl. auch BVerfG, Beschluß vom 13. 6. 2006 - 1 BvR 1160/03; Diedrerichsen/Renner, in: Schmidt/Wollenschläger (Hrsg.), Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Auflage, Seite 329. 9 Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2398) geändert worden ist; § 30 HGrG gilt jedoch nur für den Abschluss von Verträgen über Lieferung und Leistung.