© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 059/17 Öffentlichkeitsbeteiligung im Vergaberecht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 059/17 Seite 2 Öffentlichkeitsbeteiligung im Vergaberecht Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 059/17 Abschluss der Arbeit: 2. Mai 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 059/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Europarechtliche Vorgaben 4 3. Öffentlichkeitsbeteiligung im Vergaberecht 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 059/17 Seite 4 1. Einleitung Die gesetzlich vorgeschriebene, in der Praxis aber vielfach nur formelle Beteiligung der Öffentlichkeit in Planungsverfahren für Projekte des Städtebaus, der Architektur oder des Bauwesens wird vielfach als nicht mehr ausreichend empfunden. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene wird regelmäßig eine erhöhte Öffentlichkeitsbeteiligung gefordert, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen kann. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Möglichkeiten Kommunalverwaltungen haben, Projektausschreibungen für die Bauplanung und Bauvergabe so auszuschreiben, dass die Ergebnisse öffentlich und mit Transparenz diskutiert werden können, ohne dass Bestimmungen zur Vertraulichkeit von Betriebsgeheimnissen dies verhindern. 2. Europarechtliche Vorgaben Mit dem (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG)1 wurde im Jahre 2016 unter anderem die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Richtlinie 2014/24/EU)2 in nationales Recht umgesetzt. Im Zuge der Novellierung des Vergaberechts im Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)3 wurde auch eine Neufassung der Vergabeverordnung (VgV)4 erforderlich. Die Regelungen über eine Öffentlichkeitsbeteiligung sind vor allem im Bauplanungsrecht verankert . Das Vergaberecht wird zwar vom Grundsatz der Transparenz beherrscht. Dieser umfasst aber lediglich Elemente der Öffentlichkeitsbeteiligung, beispielsweise hinsichtlich einer zu veröffentlichen Leistungsausschreibung. Mit Fragen der Öffentlichkeitsbeteiligung im novellierten Vergaberecht befasste sich auch bereits die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen auf einer Fachtagung „Wettbewerbe und Öffentlichkeit “ am 24. November 2016.5 Auf dieser Tagung sprachen sich Fachleute interdisziplinär dafür aus, eine Öffentlichkeitsbeteiligung auch im Vergaberecht, insbesondere durch Wettbewerbe 1 Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17.02.2016 (BGBl. I S. 213). 2 Richtlinie des Europäischen Parlaments und Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.03.2014, S. 65). 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), zuletzt geändert durch Art. 6 Abs. 33 des Gesetzes vom 13.04.2017 (BGBl. I S. 872). Zuletzt abgerufen in seiner konsolidierten Fassung am 26.04.2017: https://www.gesetze-im-internet.de/gwb/ . 4 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV) vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624). 5 Vgl. hierzu die Internet-Seite der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen mit zahlreichen Hinweisen auf Beispiele aus zahlreichen Kommunen, zuletzt aufgerufen am 26.04.2017: http://www.aknw.de/nc/aktuell/meldungen /detailansicht/artikel/fachtagung-wettbewerbe-und-oeffentlichkeit/ . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 059/17 Seite 5 anzustreben. Derartige Wettbewerbe stellen Auslobungsverfahren dar, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen. Vor allem Praktiker aus Kommunen warben anhand von Praxisbeispielen für einen kreativen Umgang mit Wettbewerbsgrundsätzen und vergaberechtlichen Bestimmungen. 3. Öffentlichkeitsbeteiligung im Vergaberecht Wettbewerbe im Sinne des § 103 Abs. 6 GWB sind durch die neue VgV näher ausgestaltet worden . Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Vorgängervorschrift des § 99 Abs. 5 GWB zu Auslobungsverfahren.6 Diese Verfahren wurden bereits durch die Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013)7 konkretisiert. Der Planungswettbewerb ist in den §§ 69 ff. der VgV geregelt. Vorschriften zur Veröffentlichung und Transparenz enthält hier insbesondere § 70 VgV. Die §§ 73 ff. VgV enthalten besondere Regelungen für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen. Diese werden in der Regel im sogenannten Verhandlungsfahren (§ 17 VgV) oder im wettbewerblichen Dialog (§ 18 VgV) vergeben . Die Grundsätze und der Anwendungsbereich für Planungswettbewerbe ergeben sich aus § 78 VgV. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „(1) Planungswettbewerbe gewährleisten die Wahl der besten Lösung der Planungsaufgabe und sind gleichzeitig ein geeignetes Instrument zur Sicherstellung der Planungsqualität und Förderung der Baukultur. (2) Planungswettbewerbe dienen dem Ziel, alternative Vorschläge für Planungen, insbesondere auf dem Gebiet der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens, auf der Grundlage veröffentlichter einheitlicher Richtlinien zu erhalten. Sie können vor oder ohne Vergabeverfahren ausgerichtet werden. In den einheitlichen Richtlinien wird auch die Mitwirkung der Architekten- und Ingenieurkammern an der Vorbereitung und bei der Durchführung von Planungswettbewerben geregelt. Der öffentliche Auftraggeber prüft bei Aufgabenstellungen im Hoch-, Städte- und Brückenbau sowie in der Landschafts- und Freiraumplanung , ob für diese ein Planungswettbewerb durchgeführt werden soll, und dokumentiert seine Entscheidung. (3) Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts sind zusätzlich zu Abschnitt 5 für die Ausrichtung von Planungswettbewerben anzuwenden. Die auf die Durchführung von Planungswettbewerben anwendbaren Regeln nach Absatz 2 sind in der Wettbewerbsbekanntmachung mitzuteilen.“ 6 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz – VergRModG), BT-Drucks. 18/6281, S. 74. 7 Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013). Fassung vom 31.01.2013, zuletzt abgerufen am 26.04.2017: https://www.akh.de/fileadmin/download/Vergabe_und_Wettbewerbe/RPW_2013/rpw-2013.pdf . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 059/17 Seite 6 Die RPW 2013 gelten als veröffentlichte einheitliche Richtlinien im Sinne von § 78 Abs. 2 Satz 1 VgV. Planungswettbewerbe können insbesondere vor oder ohne ein Vergabeverfahren ausgerichtet werden (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 2). Die Grundsätze des Wettbewerbs, einschließlich des Transparenzgebotes, sind in der Regel bieterschützend . So findet etwa auf einen Planungswettbewerb die Vorschrift des § 39 Abs. 6 VgV eine entsprechende Anwendung. Hiernach sind öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, „einzelne “ Angaben zu veröffentlichen, wenn deren Veröffentlichung unter anderem den Gesetzesvollzug behindern oder den berechtigten Interessen eines Unternehmens schaden würde. Grundsätzlich können diese oder ähnliche Vorschriften nicht derart extensiv angewendet werden und rechtsmissbräuchlich dazu führen, dass gesetzlich vorgesehene Planungswettbewerbe von vornherein unmöglich werden. Hartmann8 verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass eine Öffentlichkeitsbeteiligung in erster Linie auf der Bauherrenseite (Auslober) stattzufinden hat und regelmäßig die Öffentlichkeit auch als Bauherr zu betrachten ist. Bauherr ist also regelmäßig die planende Kommune, auch wenn das Projekt letztlich von einem privaten Investor umgesetzt wird. Für eine Öffentlichkeitsbeteiligung anlässlich eines Planungswettbewerbs stellt auch die Architektenkammer Niedersachsen ein Ablauf-Schema vor, das die Bürger in die Entscheidungsfindung einbinden soll.9 Wie im Einzelnen eine derartige Öffentlichkeitbeteiligung vor allem unter vergaberechtlichen Aspekten umgesetzt wird, hängt von dem konkreten Projekt und den Umständen des Einzelfalles ab. *** 8 Vgl. hierzu sein PowerPoint-Vortrag vom 24.11.2016, Vergaberechtliche Spielräume der Öffentlichkeitsbeteiligung , S. 133 ff.; zuletzt abgerufen am 27.04.2017: http://www.aknw.de/fileadmin/user_upload/News- Pdfs/2016_11/Wettbewerbe_OEffentlichkeit_Dr_Hartmann_Vergaberechtliche_Spielraeume_der_OEffentlichkeitsbeteiligung .pdf. 9 Vgl. die umfangreichen Informationen der Architektenkammer Niedersachsen, zuletzt abgerufen am 27.04.2017: https://www.aknds.de/oeffentliche_auslober.html.