© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 054/21 Die Kündigung von Mobilfunkverträgen durch Verbraucher Rechtslage im Überblick Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 054/21 Seite 2 Die Kündigung von Mobilfunkverträgen durch Verbraucher Rechtslage im Überblick Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 054/21 Abschluss der Arbeit: 27. Mai 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 054/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rechtliche Einordnung von Mobilfunkverträgen 4 2. Laufzeit von Mobilfunkverträgen 4 2.1. Telekommunikationsrecht 4 2.2. AGB-Recht 5 3. Kündigung von Mobilfunkverträgen 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 054/21 Seite 4 1. Rechtliche Einordnung von Mobilfunkverträgen Mobilfunkverträge mit Endkunden stellen eine Unterart von Telekommunikationsverträgen dar.1 Zivilrechtlich handelt es sich um so genannte Dauerschuldverhältnisse, die der Rechtsprechung zufolge im Schwerpunkt als Dienstvertrag (§ 611 BGB2) zu qualifizieren sind.3 Gemäß § 611 Absatz 1 BGB wird durch den Dienstvertrag derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. 2. Laufzeit von Mobilfunkverträgen Im Zivilrecht herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit: Die Vertragsparteien können demnach den Inhalt des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages im Wesentlichen selbst bestimmen.4 Dem entsprechend können auch die Parteien eines Mobilfunkvertrags hinsichtlich der Laufzeit grundsätzlich unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten wählen: Möglich ist etwa der unbefristete Abschluss oder ein Abschluss für eine bestimmte Laufzeit, gegebenenfalls kombiniert mit Verlängerungsklauseln .5 Der Grundsatz der Vertragsfreiheit wird jedoch im Bereich der Telekommunikationsverträge und insbesondere bei Verträgen mit Verbrauchern durch verschiedene gesetzliche Regelungen inhaltlich eingeschränkt. 2.1. Telekommunikationsrecht So enthält etwa das Telekommunikationsgesetz6 insbesondere in seinem Teil 3 „Kundenschutz“ (§ 43a bis § 47b TKG) verschiedene vertragsbezogene zwingende Vorschriften.7 Mit § 43b TKG existiert hier auch eine laufzeitbezogene zwingende Regelung: § 43b TKG Vertragslaufzeit Die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten darf 24 Monate nicht über- 1 Assion, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, § 31 Rn. 112. 2 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) geändert worden ist . 3 Vgl. Schuster, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Auflage 2019, § 307 BGB Rn. 39; Assion, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, § 31 Rn. 112. 4 Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, Vorbemerkung (Vor § 145) Rn. 2. 5 Vgl. Assion, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, § 31 Rn. 148. 6 Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. April 2021 (BGBl. I S. 771) geändert worden ist (nachfolgend: TKG). 7 Vgl. Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 57 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 054/21 Seite 5 schreiten. Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten sind verpflichtet , einem Teilnehmer zu ermöglichen, einen Vertrag mit einer Höchstlaufzeit von zwölf Monaten abzuschließen. 2.2. AGB-Recht Im vorliegenden Kontext neben den telekommunikationsrechtlichen Regelungen von erheblicher Bedeutung ist zudem die Inhaltskontrolle aufgrund der Regelungen des BGB zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen – da allgemeine Geschäftsbedingungen im Massengeschäft der Mobilfunkverträge regelmäßig Verwendung finden.8 Hinsichtlich der Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen von Verträgen mit natürlichen Personen bestimmt § 309 Nr. 9 BGB, dass – eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags sowie – eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr unwirksam sind. 3. Kündigung von Mobilfunkverträgen Ist bei einem Mobilfunkvertrag die Vertragsdauer weder bestimmt noch aus der Beschaffenheit oder dem Zwecke der Dienste zu entnehmen, kann gemäß § 620 BGB jeder Teil das Vertragsverhältnis nach Maßgabe der §§ 621 bis 623 BGB kündigen.9 Nach § 621 Nr. 3 BGB ist die Kündigung , wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist, spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats zulässig. Wenn die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, ist die Kündigung gemäß § 621 Nr. 4 BGB unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen für den Schluss eines Kalendervierteljahrs zulässig. Diese Regelungen können jedoch vertraglich abbedungen bzw. durch vertragliche Regelungen verdrängt werden.10 Durch die in Mobilfunkverträgen üblichen Erstbindungsfristen wird etwa das Recht des Kunden zur ordentlichen Kündigung für den fraglichen Erstbindungszeitraum regelmäßig ausgeschlossen.11 Auch zu den Kündigungsmöglichkeiten und -modalitäten gilt insoweit der oben bereits erwähnte Grundsatz, dass die Vertragsparteien grundsätzlich eine individualvertragliche Regelung treffen können, dass aber im Endkundengeschäft bei Mobilfunkverträgen regelmäßig die Inhaltskontrolle aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten ist. So trifft § 309 Nr. 9 c BGB hinsichtlich der Kündigungsfrist die zwingende Regelung, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung, die zu Lasten des anderen Vertragsteils eine 8 Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 136. 9 Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 215 f. 10 Mansel, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Auflage 2021, § 621 Rn. 1. 11 Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 215. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 054/21 Seite 6 längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer vorsieht, unwirksam ist. Außerdem bestimmt § 626 BGB für den Dienstvertrag bzw. § 314 BGB für Dauerschuldverhältnisse im allgemeinen, dass jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen kann. Diese Regelung ist weder durch AGB noch individualvertraglich abdingbar : „Die Möglichkeit, Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund zu kündigen (§ 314), ist im Kern zwingendes Recht und schon durch Individualvereinbarung nicht abdingbar (allgM). Erst Recht kann sie nicht durch AGB derogiert werden. Dies ist so selbstverständlich, dass die Aufrechterhaltung der Kündigungsmöglichkeit nicht ausdrücklich klargestellt werden muss (BGH NJW 1985, 2328 [2329]; 1986, 3134).“12 Ein wichtiger Grund in diesem Sinne liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 314 Absatz 1 Satz 2 bzw. § 626 Absatz 1 BGB).13 Vertiefende Ausführungen zur Beendigung von Telekommunikationsverträgen und hiermit im Zusammenhang stehenden praktischen Fragestellungen – etwa zu Deaktivierungsentgelten oder zum Verfall von Prepaid-Guthaben – können insofern den als Anlage beigefügten Ausführungen von Assion14 entnommen werden. * * * 12 Becker, in: BeckOK BGB, Hau/Poseck, 57. Edition, Stand: 01.02.2021, § 309 Nr. 9, Rn. 36. 13 § 626 Absatz 1 BGB 14 Assion, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, Beendigung von Telekommunikationsverträgen – § 31 Rn. 196 bis 202.