© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 053/17 Fragen zum Verkehrsflughafen Berlin-Tegel Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 053/17 Seite 2 Fragen zum Verkehrsflughafen Berlin-Tegel Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 053/17 Abschluss der Arbeit: 20. April 2017 Fachbereich: WD VII: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 053/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Änderung der Rechtslage 4 3. Rechtsschutzmöglichkeiten 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 053/17 Seite 4 1. Einleitung Nach der bisherigen Rechtslage muss der Flughafen Berlin-Tegel (TXL) spätestens sechs Monate, nachdem der neue Hauptstadtflughafen BER in Betrieb gegangen ist, schließen. Laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Berliner Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2013, das erst jetzt öffentlich bekannt wurde, könne jedoch „von der bisher vorgesehenen Schließung des Flughafens Tegel abgewichen werden“. Unterdessen wurde bekannt, dass im Land Berlin das Volksbegehren für den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel erfolgreich war. Voraussichtlich am 24. September 2017 soll ein Volksentscheid zu der Frage durchgeführt werden, ob der Flughafen Tegel geschlossen oder weiterbetrieben werden soll. Vor diesem Hintergrund, ob und ggf. wie ein dauerhafter Parallelbetrieb der Flughäfen BER und TXL rechtlich zu verwirklichen wäre, werden dem vorliegenden Sachstand folgende Fragen des Auftragsgebers zugrunde gelegt: - Welche Gesetze, Verordnungen, Landesentwicklungspläne und dergleichen mehr müssten wie und durch wen geändert werden? - Könnte das Land Berlin die Offenhaltung von Tegel alleine durchsetzen oder wäre hierzu auch die Zustimmung des Landes Brandenburgs und/oder des Bundes notwendig? - Von welchen Möglichkeiten des Rechtsschutzes könnten natürliche oder juristische Personen , die von einem dauerhaften Weiterbetrieb von Tegel negativ betroffen wären, und die darauf vertraut haben, dass der Flughafen Tegel spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme des BER vom Netz geht, Gebrauch machen, um einen Weiterbetrieb von Tegel zu verhindern und welche Erfolgsaussichten wären mit diesen Möglichkeiten des Rechtsschutzes mutmaßlich verbunden? Bereits an dieser Stelle ist darauf zu verweisen, dass die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine Prüfung von Einzelfällen vornehmen. Bei den aufgeführten Fragestellungen zum Flughafen Berlin-Tegel und zum BER handelt es sich um derartige Einzelfälle. Zudem ist hier zu berücksichtigen, dass zur Beantwortung der konkreten Fragen ausführliche Sachverhaltsermittlungen notwendig wären, die hier nicht durchgeführt werden können. Unabhängig von den erwähnten Einzelfällen kann deshalb nur versucht werden, zu den einzelnen Fragen summarisch die allgemeine Rechtslage darzustellen. 2. Änderung der Rechtslage Nach der geltenden Rechtslage ist der Flughafen Berlin-Tegel sechs Monate nach Inbetriebnahme des Verkehrsflughafens BER zu schließen. Zu der Frage, welche Gesetze, Verordnungen, Landesentwicklungspläne und dergleichen geändert werden müssten, ist in der juristischen Fachliteratur bisher nur sehr vereinzelt Stellung genommen worden. Entsprechendes gilt zu der Frage, ob das Land Berlin die Offenhaltung von Tegel alleine durchsetzen könnte oder hierzu die Zustimmung des Landes Brandenburgs und/oder des Bundes notwendig wäre. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 053/17 Seite 5 Soweit ersichtlich, hat lediglich Kluckert sich zu diesen Fragen bereits im Jahr 2013 in der Zeitschrift „Die Öffentliche Verwaltung“ (DÖV) geäußert.1 Er gelangt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die frühere Planfeststellung nach § 49 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung3 durch Widerruf des Entwidmungsbescheids vom 2. Februar 2006 wiederhergestellt werden könne. Das setze voraus, dass vorher die Ziele der Raumordnung von den Ländern Berlin und Brandenburg gemeinsam dahingehend geändert werden, dass der Flughafen Schönefeld (BER) kein „Single -Airport“ sein soll. Entsprechendes gelte für die Betriebsgenehmigung. Nach Änderung der Raumordnungsziele sei der Bescheid vom 29. Juli 2004 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (Luft- VZO)4 zwingend zu widerrufen. Falls gegen die Anwendung von § 48 Abs. 1 Satz 2 LuftVZO Bedenken bestünden, sei subsidiär ein „Widerruf“ des Bescheids durch Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)5 möglich. Dass der Offenhaltung von Tegel vor allem nur die gegenwärtige Landesplanung entgegenstehe, habe bereits das Bundesverwaltungsgericht angedeutet: „Der Antrag auf Erlass einer neuen Betriebsgenehmigung bleibt […] unbenommen. […] Bei unveränderter Planungsgrundlage (Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum ,Single‘-Flughafen) beeinträchtigte indes eine erneute Betriebsgenehmigung für die Flughäfen Tegel und/oder Tempelhof die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise“ (vgl. § 6 Abs. 3 LuftVG).6 3. Rechtsschutzmöglichkeiten Zu den Möglichkeiten des Rechtsschutzes natürlicher oder juristischer Personen, die von einem dauerhaften Weiterbetrieb von Tegel negativ betroffen wären, und die darauf vertraut haben, dass 1 Kluckert, Rechtliche Perspektiven für den Weiterbetrieb des Verkehrsflughafens Berlin-Tegel, DÖV 2013, S. 874 ff. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 29.03.2017 (BGBl. I S. 626). 3 Vom 21.04.2016 (GVBl. S. 218). 4 In der Fassung der Bekanntmachung vom 10.07.2008 (BGBl. I S. 1229), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten vom 30. 03.2017 (BGBl. I S. 683). 5 In der Fassung der Bekanntmachung vom 10.05.2007 (BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 23.02.2017 (BGBl. I S. 298). 6 Kluckert, oben Fn. 1, S. 882 unter Hinweis auf BVerwGE 125, 116 (181), -Anlage -). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 053/17 Seite 6 der Flughafen Tegel spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme des BER vom Netz geht, ist auf Folgendes hinzuweisen. Gegen nahezu jede Änderung der bestehenden Rechtslage sind Rechtsmittel grundsätzlich zulässig . Welche Rechtspositionen im Einzelnen von einer natürlichen oder juristischen Person geltend gemacht werden können, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich insbesondere hinsichtlich der gerichtlichen Erfolgsaussichten einer generalisierenden oder wertenden Betrachtung. ***