© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 051/19 Fusionskontrolle auf nationaler und europäischer Ebene Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 2 Fusionskontrolle auf nationaler und europäischer Ebene Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 051/19 Abschluss der Arbeit: 19. März 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Zusammenschlusskontrolle nach dem deutschen Kartellrecht 4 2.1. Kontrollpflichtige Zusammenschlüsse 5 2.2. Verfahren 5 2.3. Eingriff durch das Bundeskartellamt 7 3. Die Zusammenschlusskontrolle nach dem europäischen Kartellrecht 7 3.1. Zusammenschlüsse mit gemeinschaftsweiter Bedeutung 7 3.2. Verfahren 8 3.3. Eingriff durch die europäische Kommission 9 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 4 1. Einleitung Am 17. März 2019 haben die Deutsche Bank AG und die Commerzbank AG bestätigt, dass es zur Aufnahme von Gesprächen über einen möglichen Zusammenschluss der beiden Banken kommen soll, vgl. Ad-hoc-Mitteilung der Deutschen Bank: Deutsche Bank prüft strategische Optionen und bestätigt Gespräche mit der Commerzbank, 17.03.2019, abrufbar unter: https://www.db.com/newsroom_news/2018/deutsche-bank-prueft-strategische-optionenund -bestaetigt-gespraeche-mit-der-commerzbank-de-11826.htm (Letzter Abruf: 18.03.2019); Ad-hoc-Mitteilung der Commerzbank: Commerzbank und Deutsche Bank haben sich heute darauf verständigt, ergebnisoffene Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufzunehmen, 17.03.2019, abrufbar unter: https://www.commerzbank .de/media/de/aktionaere/service/archive/konzern/2019_1/2019-03-17_Adhoc_DE.pdf (Letzter Abruf: 18.03.2019). Sowohl das deutsche als auch das europäische Kartellrecht sehen als Instrument zum Schutz des freien Wettbewerbs bei Unternehmensfusionen eine Zusammenschlusskontrolle („Fusionskontrolle “) vor, die eine Überprüfung und Untersagung von Zusammenschlüssen ermöglichen. Soweit ein Zusammenschluss der Deutschen Bank AG und der Commerzbank AG tatsächlich vollzogen werden sollte, könnten auch dieser im Wege der Zusammenschlusskontrollen überprüft werden. Vor diesem Hintergrund sollen die rechtlichen Grundlagen und die Voraussetzungen der Zusammenschlusskontrollen nach dem deutschen und dem europäischen Kartellrecht summarisch dargestellt werden. Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags erteilen nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine Rechtsauskünfte für den Einzelfall. Der etwaige Zusammenschluss der beiden Banken stellt einen derartigen Einzelfall dar. Auch erstellt der Wissenschaftliche Dienst keine rechts- oder wirtschaftspolitischen Konzepte oder Bewertungen. 2. Die Zusammenschlusskontrolle nach dem deutschen Kartellrecht Rechtsgrundlage für die Zusammenschlusskontrolle nach dem deutschen Kartellrecht sind die §§ 35 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), vgl. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 12.07.2018 (BGBl. I S. 1151), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gwb/ (Letzter Abruf: 18.03.2019). Das Bundeskartellamt prüft im Wege einer Zusammenschlusskontrolle die Auswirkungen einer Fusion von Unternehmen auf den Wettbewerb. Überwiegen dabei die Nachteile für den Wettbewerb , kann der Zusammenschluss untersagt oder an Bedingungen geknüpft werden, vgl. Information des Bundeskartellamts zur Fusionskontrolle, abrufbar unter: https://www.bundeskartellamt.de/DE/Fusionskontrolle/fusionskontrolle_node.html (Letzter Abruf: 18.03.2019). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 5 2.1. Kontrollpflichtige Zusammenschlüsse Für die Eröffnung des Verfahrens für eine Zusammenschlusskontrolle muss zunächst ein kontrollpflichtiger Zusammenschluss vorliegen. Gemäß § 37 Abs. 1 GWB liegen Zusammenschlüsse im kartellrechtlichen Sinne vor, wenn das Vermögen oder ein erheblicher Teil des Vermögens eines anderen Unternehmens erworben wird (Nr. 1), die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über ein anderes Unternehmen erlangt wird (Nr. 2), ein erheblicher Anteil eines anderen Unternehmens erworben wird (Nr. 3) oder eine sonstige Verbindung, die wettbewerblich erheblichen Einfluss ermöglicht, eingegangen wird (Nr. 4). Ein solcher Unternehmenszusammenschluss ist gemäß § 35 Abs. 1 GWB kontrollpflichtig, wenn „die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro“ erzielt haben (Nr. 1) und „im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 5 Millionen Euro“ (Nr. 2) erzielt haben. Gemäß § 38 Abs. 4, Satz 1 GWB tritt bei Kreditinstituten , Finanzinstituten, Bausparkassen sowie externen Kapitalverwaltungsgesellschaften der Gesamtbetrag der Erträge abzüglich erhobener Steuern an die Stelle der Umsatzerlöse. Für die Kreditinstitute sind dabei die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) maßgeblich, wonach Kreditinstitute Unternehmen sind, „die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert“, vgl. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker: Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 38 GWB, Rn. 47; vgl. Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.09.1998 (BGBl. I S. 2776), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18.01.2019 (BGBl. I S. 37), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/ (Letzter Abruf: 18.02.2019). 2.2. Verfahren Die Zuständigkeit für die Durchführung des Zusammenschlusskontrollverfahrens nach den §§ 35 ff. GWB liegt grundsätzlich beim Bundeskartellamt, vgl. Klaue, in: Immenga/Mestmäcker: Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 48 GWB, Rn. 4. Die Zusammenschlusskontrolle des deutschen Kartellrechts ist präventiv ausgestaltet. Kontrollpflichtige Zusammenschlüsse von Unternehmen sind daher gemäß § 39 Abs. 1, Satz 1 GWB bereits vor ihrem Vollzug beim Bundeskartellamt anzumelden, vgl. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker: Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 39 GWB, Vorbemerkungen, Rn. 1. Zur Anmeldung des Zusammenschlusses sind gemäß § 39 Abs. 2 GWB die beteiligten Unternehmen und gegebenenfalls deren Veräußerer berufen. Aus der Anmeldung muss die Form des Zusammenschlusses ersichtlich sein (§ 39 Abs. 3, Satz 1 GWB), weiter müssen die nach § 39 Abs. 3, Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 6 Satz 2 GWB erforderlichen Pflichtangaben eingehalten werden. Eine Anmeldung, die diese erforderlichen Pflichtangaben nicht enthält, kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 81 Abs. 2, Nr. 3 GWB begründen. Davon zu unterscheiden ist jedoch, dass die Anmeldepflicht als solche keine selbstständig durchsetzbare Pflicht darstellt. Das Unterlassen der Anmeldung kann daher kein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich ziehen, vgl. Riesenkampff/Steinbarth, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer- Lindemann, Kartellrecht, 3. Auflage 2016, § 39 GWB, Rn. 6. Durch die Anmeldung des Zusammenschlusses wird das Kontrollverfahren eingeleitet. Sie ist damit auch maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der vom Bundeskartellamt einzuhaltenden Fristen: Gemäß § 40 Abs. 1, Satz 1 GWB muss das Bundeskartellamt dem Unternehmen innerhalb eines Monats nach Eingang der Anmeldung mitteilen, dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist. Nach § 40 Abs. 1, Satz 2 GWB soll das Hauptprüfverfahren eingeleitet werden, wenn eine weitere Prüfung des Zusammenschlusses erforderlich ist. Das Hauptprüfverfahren wird durch eine Verfügung abgeschlossen, durch die das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagt oder freigibt (§ 40 Abs. 2, Satz 1 GWB). Weiter kann es die Freigabe auch an Bedingungen oder Auflagen knüpfen, § 40 Abs. 3 GWB. Die Verfügung muss gemäß § 40 Abs. 2, Satz 2 GWB innerhalb von vier Monaten nach Eingang der Anmeldung an das Unternehmen zugestellt werden, ansonsten gilt der Zusammenschluss als freigegeben. Während der Durchführung der Zusammenschlusskontrolle gilt ein Vollzugsverbot für den Zusammenschluss , solange keine Freigabe erteilt wurde oder durch Fristablauf fingiert wird, § 41 Abs. 1, Satz 1 GWB. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Vollzugsverbot verstoßen, sind gemäß § 41, Abs. 1, Satz 2 GWB grundsätzlich unwirksam. Das Vollzugsverbot ist Ausdruck der präventiven Fusionskontrolle, da das Verbot erst nach erfolgter Anmeldung entfallen kann. Entsprechend besteht auch keine gesetzliche Pflicht zur Anmeldung des Zusammenschlusses, vielmehr liegt die Anmeldung im Interesse der beteiligten Unternehmen, um das Vollzugsverbot außer Kraft zu setzen, vgl. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker: Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 41 GWB, Rn. 7. Ausnahmsweise kann die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wirtschaft und Energie gemäß § 42 Abs. 1, Satz 1 GWB auf Antrag die Erlaubnis für einen Zusammenschluss, der vom Bundeskartellamt untersagt wurde, erteilen. Eine solche Erlaubnis kann dann erteilt werden, wenn im Einzelfall die wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen, die zur Untersagung durch das Bundeskartellamt geführt haben, von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen aufgewogen werden oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit den Zusammenschluss rechtfertigt. Die Ministererlaubnis ist Folge dessen, dass die kartellrechtliche Zusammenschlusskontrolle durch ihr Prüfprogramm nach § 36 Abs. 1 GWB auf wettbewerbliche Aspekte begrenzt ist, sodass gesamtwirtschaftliche Vorteile bei der Entscheidung des Bundeskartellamts außer Betracht bleiben müssen, vgl. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker: Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 42 GWB, Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 7 2.3. Eingriff durch das Bundeskartellamt Das Bundeskartellamt untersagt gemäß § 36 Abs. 1, Satz 1 GWB einen Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere wenn zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Mithin ist die Prüfung des Bundeskartellamts darauf gerichtet, im Wege einer Prognoseentscheidung zu ermitteln, ob der wirksame Wettbewerb durch den Zusammenschluss erheblich behindert wird, dafür kommt etwa das geschriebene Regelbeispiel der marktbeherrschenden Stellung in Betracht. Ausnahmen hiervon werden in § 36 Abs. 1, Satz 2 GWB für Zusammenschlüsse, die eine überwiegende Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen bewirken (Nr. 1), für Märkte mit geringem Gesamtumsatz (Nr. 2) und für Sanierungen von Zeitungs- und Zeitschriftenverlage (Nr. 3) zugelassen. Eine Marktbeherrschung ist hingegen dann anzunehmen, wenn ein Unternehmen eine derartige Marktmacht besitzt, dass der Wettbewerb die Verhaltensspielräume des Unternehmens nicht mehr kontrollieren kann. Nach § 18 Abs. 1 GWB ist ein Unternehmen demnach marktbeherrschend , wenn es keinem Wettbewerb ausgesetzt ist (Nr. 1), keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist (Nr. 2) oder eine im Verhältnis zu den Wettbewerbern überragende Marktmacht hat (Nr. 3), vgl. Kahlenberg, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 3. Auflage 2016, § 36 GWB, Rn. 13. 3. Die Zusammenschlusskontrolle nach dem europäischen Kartellrecht Rechtsgrundlage für die Zusammenschlusskontrolle nach dem europäischen Kartellrecht ist die Fusionskontrollverordnung (FKVO), vgl. Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20.01.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ("EG-Fusionskontrollverordnung"), abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32004R0139&from=DE (Letzter Abruf: 19.03.2019). Gemäß Art. 1 Abs. 1 FKVO findet die europäische Zusammenschlusskontrolle Anwendung auf Zusammenschlüsse von Unternehmen, die gemeinschaftsweite Bedeutung haben. Ihr Anwendungsbereich wird daher in § 35 Abs. 3 GWB von der nationalen Zusammenschlusskontrolle dahingehend abgegrenzt, dass die nationale Kontrolle keine Anwendung findet, soweit die Europäische Kommission nach den Vorschriften der FKVO ausschließlich zuständig ist. 3.1. Zusammenschlüsse mit gemeinschaftsweiter Bedeutung Gemäß Art. 1 Abs. 1 FKVO finden die Vorschriften der Verordnung allein Anwendung auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung. Ein Zusammenschluss im Sinne der Verordnung wird gemäß Art. 3 Abs. 1 FKVO grundsätzlich dadurch bewirkt, dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle über das Unternehmen stattfindet. Dies kann zum einen durch eine Unternehmensfusion nach Art. 3 Abs. 1, lit. a FKVO erfolgen. Bei einer Fusion handelt es sich um einen Zusammenschluss von Unternehmen auf Ebene der Gleichordnung, entscheidend ist dabei, dass zwei bisher unabhängige Unternehmen zu einer neuen wirtschaftlichen Einheit verschmelzen , Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 8 vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 3 FKVO, Rn. 14, 15. Der Zusammenschluss kann zum anderen auch dadurch bewirkt werden, dass natürliche Personen oder Unternehmen durch den Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Vertrag oder in sonstiger Weise die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder Teile des Unternehmens erlangen. Die Kontrolle über ein Unternehmen wird gemäß Art. 3 Abs. 2 FKVO durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die in einer Gesamtschau einen bestimmten Einfluss auf die Unternehmenstätigkeiten ermöglichen. Ein solcher Kontrollerwerb kann etwa durch Erwerb der Mehrheit des stimmberechtigten Kapitals eines Unternehmens verwirklicht werden, vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 3 FKVO, Rn. 44, 45. Weiter muss der Kontrollwechsel von Dauer sein. Daher sind allein solche Handlungen unter die Zusammenschlüsse zu fassen, die eine dauerhafte und gesicherte Veränderung der Kontrolle an den beteiligten Unternehmen und der Marktstruktur bewirken, vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 3 FKVO, Rn. 63. Soweit ein Zusammenschluss in diesem Sinne vorliegt, ist dieser auf seine gemeinschaftsweite Bedeutung zu überprüfen. Die gemeinschaftsweite Bedeutung ist gemäß Art. 1 Abs. 2, 3 FKVO anhand des Umsatzes der beteiligten Unternehmen zu ermitteln. Danach hat ein Zusammenschluss zunächst nach Art. 1 Abs. 2 FKVO gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn ein weltweiter Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von zusammen mehr als 5 Milliarden Euro (lit. a) und ein gemeinschaftsweiter Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen von mehr als 250 Millionen Euro (lit. b) erzielt wird und die beteiligten Unternehmen nicht mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielt haben. Nach Art. 1 Abs. 3 FKVO liegt eine gemeinschaftsweite Bedeutung darüber hinaus vor, wenn die Schwellenwerte des Abs. 2 nicht erreicht wurden, der weltweite Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen jedoch zusammen mehr als 2,5 Milliarden Euro beträgt (lit. a), der Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten jeweils 100 Millionen Euro übersteigt (lit. b) – wobei in diesen Mitgliedstaaten erforderlich ist, dass mindestens zwei Unternehmen in jedem davon einen Umsatz von mehr als 25 Millionen Euro erzielt haben (lit. c) -, der gemeinschaftsweite Gesamtumsatz von mindestens zwei Unternehmen jeweils 100 Millionen Euro übersteigt (lit. d) und die beteiligten Unternehmen nicht mehr als zwei Drittel ihres Umsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielt haben. Für Kredit- und sonstige Finanzinstitute treten an die Stelle des Gesamtumsatzes wiederum jeweils die Gesamterträge abzüglich der gegebenenfalls gezahlten Steuern, Art. 5 Abs. 3 FKVO. 3.2. Verfahren Liegt nach diesen Voraussetzungen ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung vor, ist dieser nach Vertragsschluss, jedoch noch vor Vollzug bei der Europäischen Kommission anzumelden, Art. 4 Abs. 1 FKVO. Nach Eingang der Anmeldung beginnt die Kommission unmittelbar mit der Prüfung des Zusammenschlusses, Art. 6 Abs. 1 FKVO. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 9 Zunächst prüft die Kommission, ob der Zusammenschluss in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Ist dies nicht der Fall, so stellt sie dies durch ihre Entscheidung fest, Art. 6 Abs. 1, lit. a FKVO. Fällt der Zusammenschluss in den Anwendungsbereich, besteht jedoch kein Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt, so erklärt die Kommission den Zusammenschluss für mit dem gemeinsamen Markt vereinbar, Art. 6 Abs. 1, lit. b FKVO. Fällt der Zusammenschluss hingegen in den Anwendungsbereich und es bestehen ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt, so trifft die Kommission die Entscheidung, das Kontrollverfahren einzuleiten, Art. 6 Abs. 1, lit. c FKVO. Diese Entscheidung der Kommission ist nach Art. 10 Abs. 1 FKVO innerhalb von höchstens 25 Arbeitstagen nach Eingang der Anmeldung zu treffen. Im Kontrollverfahren prüft die Kommission den Zusammenschluss auf seine Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt. Maßgeblich ist insbesondere „die Notwendigkeit, im Gemeinsamen Markt wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf die Struktur aller betroffenen Märkte und den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft ansässige Unternehmen“ (Art. 2 Abs. 1, lit. a FKVO). Weiter berücksichtigt sie bei der Prüfung „die Marktstellung sowie die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, ihren Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, rechtliche oder tatsächliche Marktzutrittsschranken, die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage bei den jeweiligen Erzeugnissen und Dienstleistungen, die Interessen der Zwischen- und Endverbraucher sowie die Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, sofern diese dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert“ (Art. 2 Abs. 1, lit. b FKVO). Für Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung gilt vor der Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt ein Vollzugsverbot gemäß Art. 7 Abs. 1 FKVO. 3.3. Eingriff durch die europäische Kommission Das Hauptprüfverfahren wird durch eine Entscheidung der Kommission (Art. 8 Abs. 1, 2, 3 FKVO) abgeschlossen. Gemäß Art. 10 Abs. 3 FKVO hat die Kommission diese Entscheidung innerhalb von 90 Arbeitstagen zu treffen. Maßstab für die Entscheidung ist, ob durch den Zusammenschluss der wirksame Wettbewerb im gemeinsamen Markt behindert werden würde. Zusammenschlüsse , die den wirksamen Wettbewerb im gemeinsamen Markt behindern würden, sind für mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären (Art. 2 Abs. 3 FKVO) oder an Bedingungen bzw. Auflagen zu knüpfen (Art. 8 Abs. 2 FKVO). Zusammenschlüsse, von denen keine solchen Wettbewerbsbehinderungen zu erwarten sind, sind hingegen für vereinbar mit dem gemeinsamen Markt zu erklären (Art. 2 Abs. 3 FKVO). Das maßgebliche Kriterium der erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs ist gesetzlich nicht definiert. Jedoch hat die europäische Kommission zu diesem Kriterium, das auch als SIEC-Kriterium bezeichnet wird (Significant Impediment to Effective Competition) Leitlinien veröffentlicht, vgl. Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (2008/C 265/07), abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:C:2008:265:0006:0025:de:PDF (Letzter Abruf: 19.03.2019); Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 051/19 Seite 10 von Unternehmenszusammenschlüssen (2004/C 31/03), abrufbar unter: https://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52004XC0205(02)&from=LT (Letzter Abruf : 19.03.2019). Auch nach diesen Leitlinien sind die Zusammenschlüsse neben weiteren Merkmalen insbesondere auf eine erhöhte Marktmacht hin zu untersuchen. Vgl. insbesondere zur europäischen Fusionskontrolle auch den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste zum Thema „Die kartellrechtliche Fusionskontrolle“ vom 06.12.2016 (WD 7 – 3000 – 169/16), abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/487696/2e46f6fe5e3ae39d0cae69b5a9badd6d/WD-7-169-16-pdf-data.pdf (Letzter Abruf: 19.03.2019). ***