WD 7 - 3000 - 050/18 (14. März 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Nach § 219a StGB macht sich unter anderem strafbar, wer „in grob anstößiger Weise“ für einen Schwangerschaftsabbruch wirbt. Grob anstößig im Sinne der Vorschrift ist ein Vorgehen dann, wenn es in anreißerischer oder den Schwangerschaftsabbruch verherrlichender Weise geschieht. Eine grobe Anstößigkeit wird regelmäßig angenommen, wenn sich das Werben auf strafbare Schwangerschaftsabbrüche bezieht (Gropp in MüKo-StGB, 3. Auflage 2017, § 219a, Rn. 8). Nach § 166 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens ist nicht erst mit dem Entstehen eines Klimas offener oder latenter Feindschaft anzunehmen, das sich jederzeit in Gewalt und Gegengewalt entladen kann, sondern liegt schon dann vor, wenn Menschen nicht mehr in einer Gesellschaft leben können, ohne befürchten zu müssen, um ihres Glaubens usw. willen diskriminiert zu werden und Schmähungen ausgesetzt zu sein, gegen die sie sich letztlich nicht wehren können. Erforderlich ist eine konkrete Eignung zur Friedensstörung. Dafür genügt es, wenn das Beschimpfen nach den konkreten Fallumständen die begründete Befürchtung rechtfertigt, dass das Vertrauen der Betroffenen in die Respektierung ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung erschüttert oder jedenfalls beeinträchtigt werden kann oder dass bei Dritten die Intoleranz gegenüber Anhängern des beschimpften Bekenntnisses gefördert wird (Lencker/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 116, Rn. 12). Die Vorschriften unterscheiden sich damit insoweit, als § 219a StGB – vergleichbar dem UWG – besonders aufdringliche Werbeaufrufe sanktioniert, während § 166 StGB abhängig vom Inhalt und der Formulierung der Aussage zur Strafbarkeit führt. Die hier fraglichen Tatbestandsmerkmale der genannten Normen lassen sich nur bedingt vergleichen, da die Straftatbestände völlig unterschiedliche Schutzrichtungen haben: Schützt § 219a StGB das ungeborene Leben und damit ein Individualgut vor Verharmlosung und Ausbeutung von Schwangerschaftsabbrüchen, ergibt sich aus der systematischen Stellung und dem Telos des § 166 StGB dass die Vorschrift den öffentlichen Frieden schützt(Eser in Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 116, Rn. 1 ff.; Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Tatbestandsmerkmale im Zusammenhang mit §§ 219a, 166 StGB Kurzinformation Tatbestandsmerkmale im Zusammenhang mit §§ 219a, 166 StGB Fachbereich WD 7 (Bezeichnung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Hörnle in MüKo-StGB, 3. Auflage 2017, § 166, Rn. 1 ff.). Vor diesem Hintergrund müssen die entsprechenden Tatbestandsmerkmale im Kontext der jeweiligen Norm gesehen werden und können kaum miteinander verglichen werden.