© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 – 049/21 Einzelfragen zur Datenerfassung bei der öffentlichen Auftragsvergabe Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 2 Einzelfragen zur Datenerfassung bei der öffentlichen Auftragsvergabe Aktenzeichen: WD 7 - 3000 – 049/21 Abschluss der Arbeit: 11. Mai 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen 4 2. Verantwortliche Stellen 5 3. Nachhaltigkeitskriterien 6 4. Weitergabe der Daten an andere Stellen 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 4 1. Grundlagen Die statistische Erfassung des Vergabewesens ist in der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) geregelt.1 Sie sieht die Erstellung einer bundesweiten Vergabestatistik vor. Der Umfang der von Auftraggebern hierfür zu übermittelnden Daten richtet sich nach verschiedenen Faktoren. Zentrales Unterscheidungskriterium ist das Erreichen der jeweils maßgeblichen Schwellenwerte aus den europäischen (EU-)Richtlinien zum Vergaberecht. Nach jedem vergebenen öffentlichen Auftrag oder jeder Konzession, die die entsprechenden Schwellenwerte erreicht oder überschreitet, haben öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber bzw. Konzessionsgeber grundsätzlich Daten zur Vergabestatistik zu übermitteln.2 Dabei findet eine Unterteilung der Aufträge oberhalb der Schwellenwerte in insgesamt sieben Kategorien statt. Diese lauten vereinfacht wie folgt:3 1. Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber, 2. Vergabe öffentlicher Aufträge über soziale und andere besondere Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber, 3. Vergabe öffentlicher Aufträge durch Sektorenauftraggeber, 4. Vergabe öffentlicher Aufträge über soziale und andere besondere Dienstleistungen durch Sektorenauftraggeber, 5. Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber, 6. Vergabe von Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen durch Konzessionsgeber, 7. Vergabe verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber. Die im Einzelnen zu übermittelnden Daten ergeben sich aus den einzelnen Ziffern zugeordneten Fragebögen, niedergelegt in den entsprechenden Anlagen 1 bis 7 zur VergStatVO. Falls die jeweiligen EU-Schwellenwerte unterschritten werden, sind Daten nur zu übermitteln, sofern es sich um einen öffentlichen Auftrag mit einem Nettowert von über 25 000 Euro handelt, der bei Überschreiten der Schwellenwerte unter das europarechtlich determinierte deutsche 1 Vergabestatistikverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624, 691), die durch Artikel 5 des Gesetzes vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 674) geändert worden ist, abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.gesetze-iminternet .de/vergstatvo/BJNR069100016.html (letzter Abruf dieser und aller weiteren Internetquellen: 11. Mai 2021). 2 § 2 Abs. 1 VergStatVO. 3 § 3 Abs. 1 Nummern 1 bis 7 VergStatVO. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 5 Vergaberecht fallen würde, und sofern auch im Übrigen kein Ausschluss von vergabe- oder haushaltsrechtlichen Verfahrensregeln besteht.4 Die in diesem Fall zu übermittelnden Daten sind im Fragebogen der Anlage 8 zur VergStatVO näher beschrieben. Die aktuellen Vorgaben zur Vergabestatistik sind im April 2020 in Kraft getreten.5 Die Übermittlungspflicht begann erst am 1. Oktober 2020.6 Der Öffentlichkeit wurde noch keine Vergabestatistik auf Basis der aktuellen Rechtslage zur Verfügung gestellt. Die neueste ersichtliche Statistik wurde für das Jahr 2019 unter der vorherigen gesetzlichen Regelung vorgelegt.7 2. Verantwortliche Stellen Die Vergabestatistik wird durch das Statistische Bundesamt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erstellt.8 Die Datenübermittlung erfolgt dabei elektronisch an das Statistische Bundesamt.9 Zur Erfüllung ihrer Übermittlungspflichten bedienen sich Auftraggeber sogenannter Berichtsstellen. Das sind Stellen, die Informationen über vergebene Aufträge und Konzessionen als Auftrag- oder Konzessionsgeber selbst oder für einen anderen Auftrag- oder Konzessionsgeber melden.10 Die Daten sind innerhalb von 60 Tagen nach Zuschlagserteilung zu übermitteln.11 4 § 2 Abs. 2 VergStatVO. 5 Gesetz zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 674), abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl120s0674.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl120s 0674.pdf%27%5D__1620650927911. 6 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), „Startschuss für die bundesweite Vergabestatistik“, Pressemitteilung vom 1. Oktober 2020, abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.bmwi.de/Redaktion /DE/Pressemitteilungen/2020/10/20201001-startschuss-fuer-bundesweite-vergabestatistik.html. 7 BMWi, Jährliche statistische Gesamtaufstellung nach § 8 Absatz 1 VergStatVO, 12. November 2020, abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eu-vergabestatistik- 2019.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Weitere deutschsprachige Informationen zur Vergabestatistik finden sich auf der entsprechenden Internetseite des BMWi: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/vergabestatistik .html. 8 § 1 Abs. 1 Satz 1 VergStatVO. 9 § 1 Abs. 3 VergStatVO. 10 § 1 Abs. 1 Sätze 2 bis 3 VergStatVO. 11 § 1 Abs. 2 VergStatVO. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 6 3. Nachhaltigkeitskriterien Bei allen Kategorien der im Ober- und Unterschwellenbereich zu übermittelnden Datensätze12 sind bei den Angaben zum Verfahren auch Aussagen zum Merkmal der sogenannten Nachhaltigkeitskriterien zur Verfügung zu stellen. Was hierunter zu verstehen sein kann, ergibt sich aus einer nicht abschließenden Aufzählung in Anlage 9 zur VergStatVO: „Umweltbezogene Kriterien Anforderung der Erfüllung der Voraussetzungen eines ISO-14024-Typ-I-Umweltzeichens (zum Beispiel Blauer Engel, Nordischer Schwan, Österreichisches Umweltzeichen) oder gleichwertige Kriterien Anforderung einer Übereinstimmung mit der durch die Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 festgelegten Strategie für Umweltmanagement und -betriebsprüfung (EMAS) Anforderung einer Übereinstimmung mit einem Umweltmanagementsystem gemäß der Norm ISO 14001, mit Ausnahme der durch die Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 festgelegten Strategie für Umweltmanagement und -betriebsprüfung (EMAS) Anforderung einer Übereinstimmung mit der höchsten Energieeffizienzklasse (im Einklang mit der Definition in verschiedenen Rechtsvorschriften, zum Beispiel in der Verordnung (EU) Nr. 626/2011 über Luftkonditionierer) Anforderung einer Übereinstimmung, für den größten Teil der betreffenden Beschaffung, mit der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Produkten Vorgabe einer Kostenberechnung auf der Grundlage von Lebenszykluskosten Soziale Kriterien Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose, Benachteiligte und/oder für Menschen mit Behinderungen Zugänglichkeit der Leistung für Menschen mit Behinderungen faire Arbeitsbedingungen Schutz der Menschen- und Arbeitnehmerrechte in globalen Wertschöpfungsketten Gleichstellung der Geschlechter 12 Siehe bereits unter 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 7 Gleichstellung von ethnischen Gruppen Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entlang der globalen Wertschöpfungskette Innovative Kriterien […].“13 Dabei müssen im Oberschwellenbereich in Bezug auf die Nachhaltigkeitskriterien weitere Informationen zur Verfügung gestellt werden: „Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien bei der Leistungsbeschreibung, bei der Eignung, bei den Zuschlagskriterien oder bei den Ausführungsbedingungen □ ja □ nein Wenn Nachhaltigkeitskriterien ☒ ja ➔Ermittlung, an welcher Stelle des Vergabeverfahrens das/die Nachhaltigkeitskriterium/en vorgegeben wurde/n: □Leistungsbeschreibung □Eignung □Zuschlag □Ausführungsbedingungen (Mehrfachnennung ist möglich.) Wenn Leistungsbeschreibung ☒ ➔Ermittlung, welche Art von Nachhaltigkeitskriterium: □umweltbezogen □sozial □innovativ (Mehrfachnennung ist möglich.) 13 Anlage 9 VergStatVO. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 8 Wenn Eignung ☒ ➔Ermittlung, welche Art von Nachhaltigkeitskriterium: □umweltbezogen □sozial □innovativ (Mehrfachnennung ist möglich.) Wenn Zuschlag ☒ ➔Ermittlung, welche Art von Nachhaltigkeitskriterium: □umweltbezogen □sozial □innovativ (Mehrfachnennung ist möglich.) Wenn Ausführungsbedingung ☒ ➔Ermittlung, welche Art von Nachhaltigkeitskriterium: □umweltbezogen □sozial □innovativ (Mehrfachnennung ist möglich.)“14 Im Unterschwellenbereich beschränkt sich die Abfrage pauschal darauf, aus welcher der drei Kategorien Nachhaltigkeitskriterien durch die Vergabestellen etwaig vorgegeben wurden.15 14 Vgl. Anlagen 1 bis 7 VergStatVO, jeweils unter dem Merkmal „Nachhaltigkeitskriterien“. 15 Anlage 8 VergStatVO, Merkmal „Nachhaltigkeitskriterien“. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 049/21 Seite 9 4. Weitergabe der Daten an andere Stellen Gemäß der VergStatVO werden die an das Statistische Bundesamt übermittelten Daten nicht automatisch mit öffentlichen Datenbanken verknüpft oder sonst der Öffentlichkeit ohne weiteres zur Verfügung gestellt. In den geplanten Veröffentlichungen von statistischen Auswertungen sollen die übermittelten Daten grundsätzlich nur in aggregierter Form und nicht in Form von Einzeldatensätzen enthalten sein.16 Gemäß der VergStatVO überlässt das Statistische Bundesamt jedoch ggf. den Berichtsstellen die für die Analyse und Planung ihres Beschaffungsverhaltens erforderlichen eigenen Daten sowie statistische Auswertungen.17 Bundes-, Landes- oder Kommunalbehörden können auf Antrag beim BMWi zudem statistische Auswertungen erhalten.18 Das Statistische Bundesamt stellt darüber hinaus den statistischen Landesämtern der Bundesländer auf deren Antrag die ihren jeweiligen Erhebungsbereich betreffenden und vorhandenen Daten für die gesonderte Aufbereitung auf regionaler und auf Landesebene zur Verfügung.19 Auch Hochschulen und andere Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, können statistische Auswertungen oder Daten in anonymisierter Form erhalten.20 Dies gilt, soweit die Datenüberlassung für die Durchführung wissenschaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist und die Übermittlung der Daten oder die Erstellung der statistischen Auswertungen keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.21 * * * 16 Siehe Gesetzesbegründung: Gesetzentwurf der Bundesregierung zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik, 2. Dezember 2019, Bundestag-Drucksache (BT-Drs.) 19/15603, S. 63, abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads /G/gesetzesentwurf-bundesregierung-beschaffung-verteidigung-sicherheit.pdf?__blob=publication- File&v=4. Vgl. auch § 4 Abs. 1 VergStatVO. 17 § 4 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 VergStatVO. 18 § 4 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 6 VergStatVO. 19 § 4 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 6 VergStatVO. 20 § 5 VergStatVO. 21 Ebenda.