© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 047/19 Die Meldepflicht für Rechtsanwälte nach dem Geldwäschegesetz Fragen zur Rechtslage Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 047/19 Seite 2 Die Meldepflicht für Rechtsanwälte nach dem Geldwäschegesetz Fragen zur Rechtslage Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 047/19 Abschluss der Arbeit: 13. März 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 047/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Werden Rechtsanwälte in Ausübung ihrer Tätigkeit von den nationalen Rechtsvorschriften, die die Richtlinie 2015/489 des europäischen Parlaments umsetzen, erfasst? 4 2. Gibt es Ausnahmen, nach denen Rechtsanwälte von ihrer Pflicht zur Meldung bestimmter Sachverhalte befreit werden? Unter welchen Voraussetzungen finden diese Ausnahmen Anwendung? 5 3. Wie wird im nationalen Recht der Konflikt zwischen der Meldepflicht der Rechtsanwälte einerseits und dem Mandatsgeheimnis andererseits gelöst? Welcher Verpflichtung wird der Vorrang eingeräumt? 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 047/19 Seite 4 1. Werden Rechtsanwälte in Ausübung ihrer Tätigkeit von den nationalen Rechtsvorschriften , die die Richtlinie 2015/489 des europäischen Parlaments umsetzen, erfasst? Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der Richtlinie 2015/489 des europäischen Parlaments 1 durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen 2 in nationales Recht transformiert. Durch dieses Gesetz wurde insbesondere das Geldwäschegesetz (GwG)3 beschlossen, von dem auch Rechtsanwälte in Ausübung ihrer Tätigkeit erfasst werden. Gemäß § 2 Abs. 1, Nr. 10 GwG unterfallen Rechtsanwälte den Regelungen des GwG, soweit sie an der Planung oder Durchführung bestimmter, in der Vorschrift aufgezählter Geschäfte mitwirken oder im Namen und auf Rechnung des Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführen. Die aufgezählten Geschäfte des Mandanten umfassen den Kauf und den Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben , die Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten, die Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten, die Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel, sowie die Gründung, den Betrieb oder die Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen. Wenn eine der oben aufgeführten Mandatskonstellationen vorliegt, sind Rechtanwälte gemäß § 43 Abs. 1 GwG verpflichtet, den Sachverhalt an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen zu melden, soweit Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass „1. ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte, 2. ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht oder 1 Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, abrufbar in englischer Sprache unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /EN/TXT/HTML/?uri=CELEX:32015L0849&from=DE (Stand dieser und sämtlicher nachfolgender Online- Quellen: 12.03.2019). 2 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.06.2017, abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content /DE/Downloads/Gesetze/2017-06-24-G-z-Umsetzung-Vierte-Geldwaescherichtlinie.pdf?__blob=publication- File&v=8. 3 Geldwäschegesetz vom 23.06.2017 (BGBl. I S. 1822), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 10.07.2018 (BGBl. I S. 1102), abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet .de/gwg_2017/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 047/19 Seite 5 3. der Vertragspartner seine Pflicht nach § 11 Absatz 6 Satz 3, gegenüber dem Verpflichteten offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat“. Mithin werden Rechtsanwälte in Ausübung ihrer Tätigkeit von den Meldepflichten des GwG erfasst . 2. Gibt es Ausnahmen, nach denen Rechtsanwälte von ihrer Pflicht zur Meldung bestimmter Sachverhalte befreit werden? Unter welchen Voraussetzungen finden diese Ausnahmen Anwendung? Eine Ausnahme von der Meldepflicht der Rechtsanwälte wird in § 43 Abs. 2, Satz 1 GwG zugelassen . Danach besteht die Pflicht zur Meldung nicht, wenn die Informationen, aus denen sich der meldepflichtige Sachverhalt ergibt, im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses erhalten wurden. Die Schweigepflicht des Rechtsanwalts ist gesetzlich in § 43a Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)4 normiert und wird in § 2 der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA)5 konkretisiert. Sie ist Voraussetzung für ein Vertrauensverhältnis des Mandanten zu seinem Rechtsanwalt und ist damit unverzichtbare Bedingung für dessen Berufsausübung. Als solche fällt die Verschwiegenheit verfassungsrechtlich in den Schutzbereich der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)6. Die Verschwiegenheit bezieht sich gemäß § 43a Abs. 2, Satz 2 BRAO „auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist“. Konkretisiert wird die Verschwiegenheit in § 2 BORA. Gemäß § 2 Abs. 2 BORA gilt die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht, soweit eine gesetzliche Ausnahme zugelassen wurde. Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Ausnahme gemäß § 43 Abs. 2 Satz GwG von der Ausnahmemöglichkeit nach Art. 34 Abs. 2 der Richtlinie 2015/489 des europäischen Parlaments Gebrauch gemacht. Wird der Rechtsanwalt durch diese Ausnahme von der Pflicht zur Meldung befreit , so ist er wiederum an seine Schweigepflicht aus dem Mandatsverhältnis gebunden und darf demnach auch keine Meldung mehr vornehmen.7 Die Ausnahme findet jedoch gemäß § 43 Abs. 2, Satz 2 GwG keine Anwendung, wenn der Rechtsanwalt positive Kenntnis davon hat, dass sein Mandant das Mandatsverhältnis gezielt für eine Geldwäsche, eine Terrorismusfinanzierung oder eine andere Straftat nutzt oder genutzt hat. 4 Bundesrechtsanwaltsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 30.10.2017 (BGBl. I S. 3618), abrufbar in deutscher Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet.de/brao/. 5 Berufsordnung für Rechtsanwälte, erlassen von der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer, zuletzt geändert durch Beschluss vom 19.05.2017, BRAKMitt. 2017, 234, abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze /BORA. 6 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 13.07.2017 (BGBl. I S. 2347), abrufbar in englischer Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_gg/index.html. 7 vgl. Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 222. Ergänzungslieferung 2018, § 43 GwG, Rn. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 047/19 Seite 6 3. Wie wird im nationalen Recht der Konflikt zwischen der Meldepflicht der Rechtsanwälte einerseits und dem Mandatsgeheimnis andererseits gelöst? Welcher Verpflichtung wird der Vorrang eingeräumt? In § 43 Abs. 2, Satz 1 GwG ist bestimmt, dass die Meldeverpflichtung des Rechtsanwalts dann nicht gilt, wenn der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen aus einem der Verschwiegenheit unterliegenden Mandatsverhältnis stammt. Der deutsche Gesetzgeber hat damit den Konflikt zwischen der Meldeverpflichtung und der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts grundsätzlich zu Gunsten der Verschwiegenheit aufgelöst. Dies gilt wiederum nach § 43 Abs. 2, Satz 2 GwG nicht, wenn der Mandant das Mandatsverhältnis gezielt zur Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder zur Begehung einer Straftat ausnutzt und der Rechtsanwalt hiervon positive Kenntnis hat. * * *