WD 7 - 3000 - 046/18 (14. März 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wie sich aus der entsprechenden Pressemitteilung ergibt, geht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 (Aktenzeichen 7 C 26.16 und 7 C 30.17) davon aus, dass beschränkte Fahrverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge rechtlich und tatsächlich ausnahmsweise zulässig sind. Das Urteil selbst ist im Volltext derzeit noch nicht verfügbar. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung erklärte die Hansestadt Hamburg, entsprechende Schilder bestellen zu wollen. Während das Verwaltungsgericht Stuttgart (Urteil vom 26. Juli 2017 – Aktenzeichen 13 K 5412/15) und das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 13. September 2016 – 3 K 7695/15) in den vorangegangenen Entscheidungen (siehe dazu auch die Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste vom 19. Januar 2018 – Aktenzeichen WD 7 – 3000 – 007/18) den Rückgriff auf Zeichen 251 der Anlage 2 zur StVO mit der Ergänzung „nur für Diesel-Fahrzeuge“ und so ein zonen - oder streckenbezogenes Fahrverbot für zulässig erachtet haben, hält das Bundesverwaltungsgericht dies jedoch für unzulässig. Nach der bundesrechtlichen Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung („Plakettenregelung“) sei der Erlass von Verkehrsverboten, die an das Emissionsverhalten von Kraftfahrzeugen anknüpfen, bei der Luftreinhalteplanung nur unter der Differenzierung nach roter, gelber und grüner Plakette möglich. Anders als noch die Instanzgerichte geht das Bundesverwaltungsgericht damit davon aus, dass § 45 Abs. 1f StVO i.V.m. Zeichen 270.1 und 270.2 der Anlage 2 zur StVO eine abschließende Vorschrift enthalte. Grundsätzlich liegt die Gesetzgebungskompetenz für den Straßenverkehr und das Kraftfahrwesen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG beim Bund. Dieser ist damit für den Erlass und die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) zuständig. Auf Grundlage des Art. 80 GG i.V.m. § 6 Abs. 1 StVG kann die Straßenverkehrsordnung (StVO) vom Bundesgesetzgeber erlassen und geändert werden. Damit kommt ein Fahrverbot grundsätzlich nur auf Grundlage des § 45 Abs. 1f StVO in Betracht. Solange hier durch den Bundesgesetzgeber nicht etwa die „blaue Plakette“ eingeführt wird, kann ein Fahrverbot für bestimmte Diesel-Fahrzeuge ohne weiteres nicht eingeführt werden. Eine entsprechende Rechtsgrundlage im Bundesrecht gibt es zurzeit nicht. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Gesetzgebungskompetenz und Rechtsgrundlage für ein Fahrverbot von Diesel-Kraftfahrzeugen Kurzinformation Diesel-Kraftfahrzeugen Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Allerdings – so das Bundesverwaltungsgericht im Weiteren – ergebe sich mit Blick auf die unionsrechtliche Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung der NO2-Grenzwerte aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass nationales Recht, unangewendet bleiben muss, wenn dies für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts erforderlich ist. Daher müssten die „Plakettenregelung“ und die StVO, soweit diese der Verpflichtung zur Grenzwerteinhaltung entgegenstehen, unangewendet bleiben, wenn ein Fahrverbot für Diesel-Kraftfahrzeuge sich als die einzig geeignete Maßnahme erweist, den Zeitraum einer Nichteinhaltung der NO2-Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten. Weil das Verwaltungsgericht Stuttgart festgestellt hat, dass nur ein Verkehrsverbot für bestimmte Kraftfahrzeuge eine geeignete Luftreinhaltemaßnahme darstelle, kommt dort der Plakettenregelung und § 45 Abs. 1f StVO keine abschließende Wirkung zu. Bei der Umsetzung der Fahrverbote muss jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden. In Düsseldorf wird noch festzustellen sein, welche Maßnahmen zur Luftreinhaltung geeignet sind. Ergibt sich auch dort, dass sich Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO2-Grenzwerte darstellen , sind diese in Betracht zu ziehen. Damit ermöglicht die StVO die Beschilderung sowohl zonaler als auch streckenbezogener Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge. Solange die StVO hierfür keine besondere Regelung vorsieht , kann auf § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG i.V.m. § 41 StVO und Zeichen 251 der Anlage 2 zur StVO sowie einem entsprechenden Zusatz mit der Beschränkung auf Dieselfahrzeuge zurückgegriffen werden. Ein entsprechendes Zusatzzeichen kann eingeführt werden, nachdem Teil 7 des Katalogs der Verkehrszeichen die Zusatzzeichen nicht abschließend aufzählt. Vielmehr kann die Straßenverkehrsbehörde weitere sachdienliche Zusatzzeichen anordnen und anbringen lassen. Im Gegensatz zum Katalog der Verkehrszeichen aus Anlage 2 zur StVO ist der Katalog der Zusatzzeichen nämlich nicht abschließend. Dass das Aufstellen solcher Schilder gegenüber einer „Plakettenregelung“ deutlich schwieriger vollziehbar ist, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Regelung. Wie Zusatzzeichen auszugestalten sind, die in der StVO nicht erwähnt werden, aber häufig notwendig sind, wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im amtlichen Katalog der Verkehrszeichen bekanntgegeben. Andere Zusatzzeichen bedürften der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden (VwV-StVO zu §§ 39-43 Abs. 3 Nr. 16, Rn. 46). Quellen – Straßenverkehrs-Ordnung vom 06. März 2013 (BGBl. I, S. 367), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 06. Oktober 2017 (BGBl. I, S. 3549); abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/, zuletzt abgerufen am 14. März 2018. – Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 22. Mai 2017 (BAnz AT 29.05.2017 B8), abrufbar unter http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet .de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm, zuletzt abgerufen am 14. März 2018. – BVerwG, Pressemittelung vom 27. Februar 2018, Luftreinhaltepläne Düsseldorf und Stuttgart: Diesel-Verkehrsverbote ausnahmsweise möglich, abrufbar unter http://www.bverwg.de/pm/2018/9, zuletzt abgerufen am 14. März 2018. – Wissenschaftliche Dienste des Bundestages, Dokumentation vom 19. Januar 2018 – Az.: WD 7-3000-007/18 – Diesel -Fahrverbot. Kurzinformation Diesel-Kraftfahrzeugen Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 – Janker/Hühnermann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, § 39 StVO, Rn. 7. – Arndt, Hamburg bestellt Fahrverbots-Schilder, Bild-Zeitung vom 27. Februar 2018, abrufbar unter https://www.bild.de/regional/hamburg/bundesverwaltungsgericht/urteil-bundesverwaltungsgericht- 54948074.bild.html, zuletzt abgerufen am 14. März 2018.