WD 7 - 3000 - 045/21 (03.05.2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wer hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung ausländischem Recht unterliegt, soll gemäß § 1309 Absatz 1 BGB eine Ehe nicht eingehen, bevor er ein Zeugnis der inneren Behörde seines Heimatstaats darüber beigebracht hat, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht (Ehefähigkeitszeugnis). Hierbei handelt es sich entgegen dem Wortlaut um zwingendes Recht: Es steht nicht im Ermessen des Standesbeamten, von dem Erfordernis des Ehefähigkeitszeugnisses abzusehen (Wellenhofer Rn. 1). Gemäß § 1309 Absatz 2 BGB kann jedoch der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet worden ist, seinen Sitz hat, von diesem Erfordernis unter bestimmten Umständen eine Befreiung erteilen. Auch hier gilt, dass die Befreiung entgegen dem Wortlaut „angesichts der grundrechtlich gewährleisteten Eheschließungsfreiheit nicht im Ermessen des OLG-Präsidenten“ steht (Wellenhofer Rn. 14; Löhnig Rn. 36, 55). Sowohl das Ehefähigkeitszeugnis als auch ein etwaiger Befreiungsbescheid sind höchstens sechs Monate wirksam (§§ 1309 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 4 BGB). Rechtsnatur und Voraussetzungen Die Befreiung wird in Gestalt eines Bescheids erteilt, es handelt sich insoweit um einen Justizverwaltungsakt , der der Rechtmäßigkeitskontrolle nach §§ 23 ff. EGGVG unterliegt (Hahn Rn. 21). Gemäß § 1309 Absatz 2 Satz 2 BGB soll die Befreiung nur Staatenlosen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland und Angehörigen solcher Staaten erteilt werden, deren Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen. In besonderen Fällen darf die Befreiung allerdings gemäß § 1309 Absatz 2 Satz 3 BGB auch Angehörigen von Staaten erteilt werden, deren innere Behörden Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen. Ein solcher besonderer Fall ist etwa anzunehmen, „wenn die materiellen Voraussetzungen für die Eheschließung gegeben sind, der ausländische Verlobte aber das Ehefähigkeitszeugnis aus anderen Gründen nicht oder nicht in angemessener Zeit oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten oder Nachteilen zu erlangen vermag, etwa wegen Krieges oder Naturkatastrophen in seinem Heimatland oder weil ihm das Zeugnis aus politischen Gründen, wegen Auslandsaufenthalts, wegen Rückverweisung auf das deutsche Recht, wegen Nichterfüllung der Wehrpflicht, politischer Verfolgung, oder im Hinblick auf ein Ehehindernis verweigert wird, das nach deutschem Recht bzw. deutschen ordre public nicht anzuerkennen ist…“ (Wellenhofer Rn. 17). Eine nicht angemessene Zeit in diesem Sinne liegt anerkannter- Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Die Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis nach § 1309 BGB Kurzinformation Die Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis nach § 1309 BGB Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 maßen dann vor, wenn der Verlobte nachweisen kann, dass der Heimatstaat nach der Antragstellung auf Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses mehr als drei Monate untätig geblieben ist (Löhnig Rn. 39 unter Verweis auf Ziff. 12.6.2 PStGVwV). Bei nicht behobenen Zweifeln hinsichtlich der Ehefähigkeit liegt die Feststellungslast in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht grundsätzlich beim Antragsteller (Hahn Rn. 25 unter Verweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.1998, Az. 3 Va 12/97, StAZ 1998, 257). Die durch Artikel 6 Absatz 1 GG verbürgte Eheschließungsfreiheit ist aber dadurch zu berücksichtigen, dass an den Nachweis der Antrags- und Befreiungsvoraussetzungen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen (Hahn a.a.O. m.w.N.). Wirkung und Geltungsdauer Der Bescheid tritt an die Stelle des Ehefähigkeitszeugnisses und hat keine weitergehenden Rechtswirkungen (Hahn Rn. 15 m.w.N. sowie Rn. 21). Der Standesbeamte ist an ihn nach herrschender Meinung nicht gebunden (Hahn Rn. 15, 3). Zeitlich ist die Wirkung ebenso wie beim Ehefähigkeitszeugnis gesetzlich auf sechs Monate begrenzt (§ 1309 Absatz 2 Satz 4 BGB). Eine Möglichkeit zur Verlängerung sieht das Gesetz nicht vor, weshalb nach Ablauf dieser Zeitspanne gegebenenfalls eine neue Befreiung zu beantragen ist. In der Praxis wird verlangt, dass im Rahmen eines Antrags auf Befreiung vorzulegende ausländische Urkunden, die veränderbare Umstände bezeugen, in der Regel ebenfalls nicht älter als sechs Monate sein sollen (Löhnig Rn. 55). Im Falle des Auslaufens eines Befreiungsbescheides kann es mithin erforderlich werden, solche Urkunden erneut zu beschaffen. Hiervon kann aber abzuweichen sein, „wenn entweder erhebliche Schwierigkeiten im Heimatland bestehen, alle notwendigen Urkunden oder erforderlichen Echtheitsbestätigungen innerhalb von sechs Monaten zu beschaffen, oder ein Ausnahmefall vorliegt , in dem es in hohem Maße wahrscheinlich ist, dass sich die in der Urkunde bezeugten Umstände nicht verändert haben“ (Löhnig a.a.O. unter Verweis auf OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.08.2013, Az. 20 VA 15/12, StAZ 2014, 174). Ob dies der Fall ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Quellen: – BGB: Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 607) geändert worden ist. – EGGVG: Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2633) geändert worden ist. – GG: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 u. 2 Satz 2 des Gesetzes vom 29. September 2020 (BGBl. I S. 2048) geändert worden ist. – PStGVwV: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz vom 29. März 2010. – Hahn: Kommentierung von § 1309 BGB, in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, 57. Edition, Stand: 01.02.2021. – Löhnig: Kommentierung von § 1309 BGB, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018. – Wellenhofer: Kommentierung von § 1309 BGB, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 9, 8. Auflage 2019. Redaktioneller Hinweis: Fettungen im Rahmen von Zitaten vom Verfasser hinzugefügt. * * *