© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 044/18 Geldbußenzuweisung im Strafverfahren Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 044/18 Seite 2 Geldbußenzuweisung im Strafverfahren Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 044/18 Abschluss der Arbeit: 26. Februar 2018 Fachbereich: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 044/18 Seite 3 Im Strafverfahren auferlegten Geldbußen kommt in der Praxis eine große Bedeutung zu.1 Die Geldbußen werden in der Regel über § 153a Absatz 1 Satz 2 StPO2 (Einstellung) oder über § 56b Absatz 2 Nr. 2 StGB3 (Bewährungsauflage) an gemeinnützige Organisationen zugewiesen.4 Für die Verteilung existieren keine verbindlichen Regeln.5 Eine überblicksartige Bestandsaufnahme der Thematik aus Sicht eines praktizierenden Amtsrichters liefert der als Anlage 1 beigefügte Beitrag „Geldbußenzuweisung im Strafverfahren – oder: Wer bekommt das Geld des Angeklagten?“6. Justizverwaltungen führen offizielle Listen, in die sich gemeinnützige Einrichtungen, die von Geldbußenzuweisungen profitieren möchten, eintragen lassen können.7 So führt und veröffentlicht beispielsweise das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg für alle niedersächsischen Gerichte und Staatsanwaltschaften ein Verzeichnis der gemeinnützigen Einrichtungen, die an der Zuweisung von Geldauflagen interessiert sind.8 In dem halbjährlich aktualisierten Verzeichnis sind mit Stand Januar 2018 fast 2000 Organisationen eingetragen. Die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine solche Liste legen die betreffenden Justizverwaltungen fest. Das OLG Oldenburg etwa hat in einem als Anlage 2 1 Krumm, NJW 2008, 1420. 2 Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist. 3 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist. 4 Krumm, NJW 2008, 1420. 5 Krumm, NJW 2008, 1420. 6 Krumm, NJW 2008, 1420. 7 Krumm, NJW 2008, 1420. 8 Abrufbar auf der Website des OLG Oldenburg unter https://www.oberlandesgericht-oldenburg.niedersachsen .de/download/46106/Verzeichnis_der_gemeinnuetzigen_Einrichtungen..pdf. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 044/18 Seite 4 beigefügtem Merkblatt9 neben Anforderungen zur Gemeinnützigkeit unter anderem festgelegt, dass die betreffende Einrichtung oder Organisation ihre Satzung eingereicht oder ihre Zielsetzung mitgeteilt haben muss und die Verpflichtung übernimmt, unverzüglich sämtliche Beschlüsse mitzuteilen, durch die eine für die steuerliche Vergünstigung wesentliche Satzungsbestimmung geändert, ergänzt, in die Satzung eingefügt oder aus ihr gestrichen, die Vereinigung aufgelöst, in eine andere Körperschaft eingegliedert oder ihr Vermögen als Ganzes übertragen wird. Auch muss die Organisation sich verpflichten, über die Höhe und Verwendung der zugeflossenen Geldbeträge auf Anforderung gegenüber dem OLG Oldenburg für einen bestimmten Zeitraum Rechenschaft zu legen und ihr Einverständnis erteilen, dass der Rechenschaftsbericht veröffentlicht werden kann. Weiterhin muss sich eine betreffende Organisation unter anderem dazu verpflichten, den Eingang der zugewiesenen Geldbeträge zu überwachen, Säumige zur Zahlung binnen vier Wochen aufzufordern und, falls keine Zahlung eingeht, die zuweisende Stelle unverzüglich zu benachrichtigen sowie dem OLG Oldenburg bis zum 31. Januar eines jeden Jahres mitzuteilen, welche Geldbeträge ihr im Vorjahr von niedersächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften zugewiesen worden sind. Informationen über die Empfänger von Geldzuweisungen durch Gerichte und Staatsanwaltschaften werden im Rahmen eines einschlägigen Rechercheprojekts „Spendengerichte“10 von der „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH“ erhoben und mittels einer Internetdatenbank öffentlich zugänglich gemacht.11 Die zugrundeliegenden Daten werden offenbar direkt bei den jeweils verantwortlichen Stellen erhoben.12 Die Datenbank ermöglicht sowohl eine Recherche nach dem Empfänger der Geldzuweisung als auch nach dem jeweiligen Bundesland. * * * 9 Abrufbar auf der Website des OLG Oldenburg unter https://www.oberlandesgericht-oldenburg.niedersachsen .de/download/46113/Merkblatt_und_Antraege_zum_Verzeichnis_der_gemeinnuetzigen_Einrichtungen.pdf. 10 https://correctiv.org/recherchen/spendengerichte/. 11 Abrufbar unter https://correctiv.org/recherchen/spendengerichte/datenbank/. 12 Vgl. https://correctiv.org/recherchen/spendengerichte/artikel/2018/01/29/wohin-gehen-150-millionen-euro/.