© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 – 043/17 Öffentlich beherrschte Unternehmen als öffentliche Auftraggeber Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 2 Öffentlich beherrschte Unternehmen als öffentliche Auftraggeber Aktenzeichen: WD 7 - 3000 – 043/17 Abschluss der Arbeit: 30. März 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts 4 3. Beschluss der Vergabekammer vom 21. März 2013 6 4. Öffentliche Beteiligung an Unternehmen in Bund und Ländern 6 4.1. Beteiligungen des Bundes 7 4.2. Beteiligungen der Länder 7 5. Beteiligungen auf kommunaler Ebene 8 6. Fazit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 4 1. Einleitung Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf hat mit Beschluss vom 21.März 2013 entschieden, dass die Messe Düsseldorf kein öffentlicher Auftraggeber und damit nicht an das Vergaberecht gebunden ist. Hieraus leitet der Auftraggeber die dem vorliegenden Sachstandes zu Grunde liegende Frage ab, wann und in welchen Fällen öffentlich beherrschte Unternehmen keine öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB sind und welche Unternehmen davon im Einzelnen in Bund und Ländern dafür in Frage kommen. Vor diesem Hintergrund werden zunächst die Rahmenbedingungen vorgestellt, um ein öffentlich beherrschtes Privatunternehmen als öffentlicher Arbeitgeber einzuordnen (Ziffer 2.). Im Anschluss daran werden dann die Entscheidungsgründe der erwähnten Vergabekammer in ihrem Beschluss vom 21. März 2013 beleuchtet (Ziffer 3.). Schließlich erfolgen Hinweise auf Berichte in Bund und Ländern über ihre Beteiligung an entsprechenden Unternehmen (Ziffer 4.). Bereits an dieser Stelle ist darauf zu verweisen, dass die Wissenschaftlichen Dienste nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine Prüfung von Einzelfällen im Hinblick darauf vornehmen, ob vor Ort die in diesen Berichten aufgeführten Unternehmen bei einer konkreten Auftragsvergabe als öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts zu betrachten sein. 2. Öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts Vergaberechtlich bestimmt sich die Eigenschaft eines öffentlichen Arbeitsgebers im Wesentlichen nach den §§ 98 bis 102 GWB. Öffentliche Arbeitgeber werden zunächst durch § 99 GWB legaldefiniert . Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „Öffentliche Auftraggeber sind 1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, 2. andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern a) sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, b) ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder c) mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind; Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 5 dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, 3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, 4. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen , Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.“ (Kursiver Hervorhebungen durch den Wissenschaftlichen Dienst). Als öffentliche Auftraggeber kommen zunächst juristische Personen des privaten Rechts in Betracht , die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen (vgl. § 99 Nr. 2 GWB). Des Weiteren kommen als öffentliche Auftraggeber juristische Personen des privaten Rechts in den Fällen in Betracht, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern , Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden (vgl. § 99 Nr. 4 GWB). Als öffentliche Auftraggeber sind daneben auch sogenannte Sektorenauftraggeber anzusehen. Diese sind im § 100 GWB legaldefiniert und als solche zu betrachten, wenn sie eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 des GWB ausüben. Sektorentätigkeiten im Bereich Wasser sind unter anderem die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Fortleitung und der Abgabe von Trinkwasser. Entsprechendes gilt für die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze. Als Sektorentätigkeiten gelten auch Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit Wasserbau-, Bewässerungs- oder Entwässerungsvorhaben stehen, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der Gesamtwassermenge ausmacht. Als Sektorentätigkeiten im Bereich Elektrizität sind grundsätzlich die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Elektrizität zu betrachten. Entsprechendes gilt für die Einspeisung von Elektrizität in diese Netze. Zu den weiteren Sektorentätigkeiten, insbesondere in dem Bereich von Verkehrsdienstleistung und dem Betreiben beispielsweise von Häfen, finden sich in § 102 Abs. 3 bis 6 GWG. Schließlich können nach § 101 GWB auch noch Konzessionsgeber als öffentliche Auftraggeber anzusehen sein. Zwischenergebnis: Inwiefern eine juristische Person des privaten Rechts vergaberechtlich als öffentlicher Auftraggeber zu betrachten ist, bedarf einer Prüfung im Einzelfall nach den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen der §§ 99 bis 102 GWB. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 6 3. Beschluss der Vergabekammer vom 21. März 2013 Auch der Beschluss der Vergabekammer der Bezirksregierung Düsseldorf vom 21. März 2013 stellt eine Entscheidung in einem konkreten Einzelfall dar, der nur bedingt einer generalisierenden Betrachtung öffentlich beherrschter juristischer Personen des privaten Rechts im Hinblick auf eine Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber zugänglich ist Die Vergabekammer hat zur Feststellung der Nichtgewerblichkeit geprüft, ob die Auftraggeberin in einem Umfang den Kräften des Marktes ausgesetzt ist, dass sie Beschaffungen bereits aus Gründen des eigenen Fortbestehens rein nach Wirtschaftlichkeitskriterien durchführt. Hierzu wurde auf die bisherige Spruchpraxis des OLG Düsseldorf, Hamburg und München zurückgegriffen .1 Hiernach hat die Vergabekammer darauf abgestellt, dass die Antragsgeberin von ihren Gesellschaftern gegründet wurde bzw. betrieben wird, um „nichtgewerbliche“ Aufgaben durchzuführen . Im Einzelnen hat die Vergabekammer konkret geprüft, inwiefern die Auftraggeberin vor Ort dem Wettbewerb unterworfen ist und ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Schließlich hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf noch die Risikounterworfenheit der Auftraggeberin und deren Finanzierung aus öffentlichen Mitteln untersucht. Zu den dezidierten Entscheidungsgründen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Randnummern 125 bis 134 der Entscheidungsgründe des Beschlusses vom 21. März 2013, Aktenzeichen – VK – 23 / 2012 – L- verweisen, der in der Datenbank juris abrufbar ist. Zwischenergebnis: Auch bei dem Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die auch unter Beachtung der Entscheidungen der OLG Düsseldorf, Hamburg und München nur bedingt einer generalisierenden Betrachtung auf öffentliche Beteiligungen an Unternehmen des privaten Rechts zugänglich ist. 4. Öffentliche Beteiligung an Unternehmen in Bund und Ländern Öffentliche Beteiligungen erfolgen unmittelbar, aber auch mittelbar an juristischen Personen des privaten Rechts auf Bundes und Landesebene, aber auch in erheblichem Umfang auf kommunaler Ebene. 1 OLG Düsseldorf, Beschluss 13.08.2007, VII – Verg 16/07, OLG Hamburg, Beschluss vom 25.01.2007, 1 Verg 5/06, OLG München, Beschluss vom 7.06.2005, Verg 4/05. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 7 4.1. Beteiligungen des Bundes Der Bund hält unmittelbar Beteiligungen an über 100 Unternehmen, die in der Regel als juristische Personen des privaten Rechts am Markt agieren. Detaillierte Informationen hierzu veröffentlicht die Bundesregierung in einem jährlichen Beteiligungsbericht. Der Beteiligungsbericht widmet sich im Vorspann - Kapitel A - aktuellen Fragestellungen für die Bundesunternehmen. Es folgen Ausführungen zur Vergütung von Aufsichtsratsmandaten. Der aktuelle Beteiligungsbericht 2016 bildet den Stand zum 31. Dezember 2015 ab, zuletzt abgerufen am 29.03.2017: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen /Privatisierungs_und_Beteiligungspolitik/Beteiligungspolitik/Beteiligungsberichte/Beteiligungsbericht -2016.html 4.2. Beteiligungen der Länder Entsprechende Beteiligungsberichte haben auch die einzeln Länder veröffentlicht, zuletzt abgerufen am 29.03.2017: Baden-Württemberg: https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/beteiligungsbericht-2016/ Bayern: https://www.stmflh.bayern.de/beteiligungen/beteiligungsbericht/ Berlin: https://www.berlin.de/sen/finanzen/vermoegen/downloads/artikel.7206.php Brandenburg: http://www.mdf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.439362.de?highlight=beteiligungsbericht Bremen: http://www.finanzen.bremen.de/haushalt/beteiligungen_und_eigenbetriebe/beteiligungen-1645 Hamburg: http://www.beteiligungsbericht.fb.hamburg.de/ Hessen: https://finanzen.hessen.de/bau-beteiligung/beteiligungen-des-landes-hessen Mecklenburg-Vorpommern: http://www.regierung-mv.de/Landesregierung/fm/Service/Beteiligungen/ Niedersachsen:http://www.mf.niedersachsen.de/themen/beteiligungen/beteiligungen-des-landesniedersachsen -an-unternehmen-1631.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 8 Nordrhein-Westfalen: https://www.finanzverwaltung.nrw.de/de/beteiligungsbericht-des-landes-nordrhein-westfalen Rheinland-Pfalz: https://fm.rlp.de/ar/themen/finanzen/beteiligungen-des-landes/ Saarland: http://www.saarland.de/beteiligungen.htm Sachsen: http://www.finanzen.sachsen.de/948.html Sachsen-Anhalt: https://mf.sachsen-anhalt.de/finanzen/landesbeteiligungen/beteiligungsberichte/ Schleswig-Holstein: https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/B/beteiligungendeslandes/beteiligungendes- Landes.html Thüringen: http://www.thueringen.de/th5/tfm/buergschaften/landes/betbericht/ 5. Beteiligungen auf kommunaler Ebene Die Gemeinden in den Ländern sind in der Regel nach ihren jeweiligen Gemeindeordnungen dazu verpflichtet, ihre Beteiligungen offenzulegen und Beteiligungsberichte zu erstellen. Soweit ersichtlich, werden die Beteiligungsberichte der Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland nicht zentral erfasst, so dass nur beispielhaft auf derartige Berichte verwiesen wird; zuletzt abgerufen am 29.03.2017: https://www.kaiserslautern.de/buerger_rathaus_politik/stadtverwaltung/beteiligungen/index .html.de http://www.kreis-altenkirchen.de/media/custom/2154_774_1.PDF?1418023419 https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Stadtkaemmerei/Presse-Publikationen/Finanzpublikationen /FDB.html https://www.stuttgart.de/beteiligungsbericht Im Übrigen wird zur Beteiligungsberichterstattung in Deutschland, Österreich und der Schweiz verwiesen auf: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 043/17 Seite 9 Papenfuß/Schaefer, Beteiligungsberichterstattung in Deutschland, Österreich und der Schweiz – Repräsentative Befunde und Reformvorschläge für die öffentliche Hand, Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU) 2011, 4 , Seite 375 bis 395. Anlage 6. Fazit Die Frage, ob eine juristische Person des privaten Rechts vergaberechtlich als öffentlicher Auftraggeber zu betrachten ist, bedarf einer Prüfung im Einzelfall nach den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen der §§ 99 bis 102 GWB. Auch bei dem Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 21. März 2013 handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die auch unter Beachtung der Entscheidungen der OLG Düsseldorf, Hamburg und München nur bedingt einer generalisierenden Betrachtung auf öffentliche Beteiligungen an Unternehmen des privaten Rechts zugänglich ist. ***