© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 038/17 Medizintourismus vor dem Hintergrund der §§ 299 ff. StGB Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 2 Medizintourismus vor dem Hintergrund der §§ 299 ff. StGB Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 038/17 Abschluss der Arbeit: 9. Mai 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Medizintourismus 5 2.1. Allgemeines 5 2.2. Patientenvermittlungs- und Betreuungsunternehmen 6 3. Die Einführung der §§ 299a ff. StGB und deren Systematik 7 3.1. Rechtspolitischer Hintergrund für die Neuregelung 7 3.2. Die Systematik der Neuregelungen 8 4. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale der neueingeführten §§ 299a und 299b StGB 11 4.1. Täterkreis 11 4.2. Vorteilsbegriff 12 4.3. Tathandlung 13 4.4. Unrechtsvereinbarung 13 4.4.1. Allgemeines 13 4.4.2. Unrechtsvereinbarung vor dem Hintergrund von Kooperationen 14 5. Strafbarkeiten auf Seiten von Medizineinrichtungen und Patientenbetreuungsunternehmen nach den §§ 299a ff. StGB beim Medizintourismus 15 5.1. Klarstellung: Keine Unternehmensstrafbarkeit im Rahmen der §§ 299 ff. StGB 15 5.2. Strafbarkeit des Patientenbetreuers bzw. der Person, die für ein Patientenbetreuungsunternehmens tätig wird 16 5.2.1. Strafbarkeit nach § 299b StGB 16 5.2.2. Strafbarkeit nach § 299a StGB 16 5.3. Strafbarkeit der Personen, die für die Medizineinrichtung tätig werden 17 5.3.1. Strafbarkeit nach § 299a StGB 17 5.3.2. Strafbarkeit nach § 299b StGB 17 5.4. Ergebnis 18 6. Strafbarkeiten auf Seiten von Medizineinrichtungen und Patientenbetreuungsunternehmen nach § 299 StGB 18 6.1. Taugliche Täter 18 6.2. Der Bezug von „Dienstleistungen“ im Sinne des § 299 StGB 19 6.3. Die Unrechtsvereinbarung bei Zuweiser-Provisionen 20 6.3.1. Gegenseitigkeitsverhältnis und Handeln im geschäftlichen Verkehr 20 6.3.2. Urteil des Landgerichts Kiel zur Sittenwidrigkeit von Zuweiser- Provisionen 21 6.4. Ergebnis 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 4 7. Fazit für die Vertragsabsprachen zwischen Patientenunternehmen und Medizineinrichtungen 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 5 1. Einleitung Die folgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit der sogenannte Medizintourismus mit den Korruptionsvorschriften in den §§ 299 ff. Strafgesetzbuch (StGB)1 zu vereinbaren ist. Vor diesem Hintergrund soll das Vorgehen von Unternehmen beurteilt werden, die sich auf die Betreuung und Vermittlung ausländischer Patienten im Rahmen des Medizintourismus spezialisiert haben. Diese Unternehmen haben ihre Betreuungsleistung bislang in der Regel den Krankenhäusern oder behandelnden Einrichtungen in Rechnung gestellt. Zu klären ist, ob diese Praxis gegen §§ 299 ff. StGB verstößt. Darüber hinaus soll geklärt werden, ob die Verträge zwischen den Betreuungsunternehmen und den Ärzten bzw. den Medizineinrichtungen schriftlich geschlossen werden müssen. Die Anfrage kann durch die nachfolgende Ausarbeitung nur insoweit beantwortet werden, als es um eine allgemeine rechtliche Beurteilung vergleichbarer Situationen geht. Denn Aufgabe der Wissenschaftlichen Dienste ist es, die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit mit parlamentsgerecht aufbereiteten wissenschaftlichen Informationen zu unterstützen.2 Dagegen werden Rechtsauskünfte im Einzelfall von den Wissenschaftlichen Diensten nicht erteilt.3 2. Medizintourismus 2.1. Allgemeines Der Medizintourismus, also die Reise von Patienten ins Ausland zur medizinischen Behandlung, hat sich in den letzten Jahren sowohl im Hinblick auf Deutsche, die sich im Ausland behandeln lassen, als auch auf Ausländer, die zur Behandlung nach Deutschland kommen, erheblich entwickelt .4 In der folgenden Ausarbeitung geht es nur um die Fälle von Medizintourismus, in denen ausländische Patienten zur Behandlung nach Deutschland kommen. 2014 ließen sich mehr als 251.000 Patienten aus 176 Ländern, zum größten Teil aus Russland, in Deutschland behandeln und bescherten dem deutschen Gesundheitssystem über 1,2 Milliarden Euro.5 Damit hat sich die 1 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. März 2017 (BGBl. I S. 386), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/stgb/BJNR001270871.html (Abrufdatum: 21. März 2017). 2 Deutscher Bundestag, Leitfaden für die Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste WD vom 18, Februar 2016, Nr. 1.1. 3 Deutscher Bundestag, Leitfaden für die Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste WD vom 18. Februar 2016, Nr. 1.7. 4 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Medizintourismus – Angebote zur medizinischen Behandlung ausländischer Patienten in Deutschland, 22. September 2015, WD 9-3000-074/15, S. 4. 5 Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Sankt Augustin, Aktuelle Zahlen zum Medizintourismus, Pressemitteilung vom 27. Januar 2016, abrufbar unter: https://www.h-brs.de/de/pressemitteilungen -medizintourismus (Abrufdatum: 19. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 6 Zahl ausländischer Patienten in Deutschland in den letzten zehn Jahren verdoppelt.6 Gründe für diese Entwicklung sollen unter anderem ein steigendes Gesundheitsbewusstsein und ein demographischer Wandel in der Bevölkerung sein.7 Abzugrenzen ist in diesem Zusammenhang der Medizintourismus vom sogenannten Gesundheitstourismus: Der Gesundheitstourismus meint Reisen gesunder Patienten zum Zwecke gesundheitsfördernder Maßnahmen, wohingegen Medizintourismus krankheitsinduziert beziehungsweise indikationsbezogen ist, also solche Reisen umfasst, die mit dem Ziel, die beste Behandlungsmöglichkeit zu erhalten, unternommen werden .8 Nur der Medizintourismus ist Gegenstand dieser Ausarbeitung. 2.2. Patientenvermittlungs- und Betreuungsunternehmen In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Unternehmen auf die Vermittlung und Betreuung ausländischer Patienten spezialisiert.9 Grund dafür ist, dass ausländische Patienten für Kliniken und folglich auch für Dienstleisterunternehmen im Vergleich zu deutschen Patienten besonders attraktiv sind, denn sie sind anders als die meisten deutschen Patienten Selbstzahler.10 Patientenvermittler werben damit, als Fachkundige des medizinischen Angebots in den verschiedenen Ländern und Vertraute mit der jeweiligen Landessprache sowie der Kultur des Patienten das bestmögliche Angebot zu finden.11 Bei Patientenvermittlern handelt es sich oft um Einzelpersonen oder kleine Agenturen mit guten Kontakten vor Ort, die gegen Provision Patienten an inländische Kliniken vermitteln und oft auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Akquisition sowie Betreuung internationaler Patienten anbieten.12 Zu den angebotenen Leistungen gehören neben der Vermittlung an eine Klinik regelmäßig die Vorbereitung und Organisation der Anreise , die Beschaffung von Unterkünften, die Übersetzung der Kommunikation mit der Klinik, die Terminvereinbarung sowie die Erstellung von Kostenvoranschlägen.13 Im Folgenden wird für diese Unternehmen einheitlich der Begriff Patientenbetreuungsunternehmen verwendet. 6 Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Sankt Augustin, Aktuelle Zahlen zum Medizintourismus, Pressemitteilung vom 27. Januar 2016, abrufbar unter: https://www.h-brs.de/de/pressemitteilungen -medizintourismus (Abrufdatum: 19. April 2017). 7 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Innovativer Gesundheitstourismus in Deutschland, Leitfaden , Stand: April 2011, S. 7, 9 (In dem Dokument findet man weitere Hintergrundinformationen zum Medizintourismus .). 8 Deutsches Ärzteblatt, Medizintourismus: Patienten weltweit „auf Achse“, 2. September 2013, S. A-1616 ff. (A- 1617), abrufbar unter: https://www.aerzteblatt.de/archiv/145389/Medizintourismus-Patienten-weltweit-auf- Achse (Abrufdatum: 19. April 2017). 9 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Medizintourismus – Angebote zur medizinischen Behandlung ausländischer Patienten in Deutschland, WD 9-3000-074/15, S. 4. 10 Deutsches Ärzteblatt, Medizintourismus: Patienten weltweit „auf Achse“, S. A-1616 ff. (A-1618). 11 Boscher, Leonore, Patientenvermittler – Chance und Risiko, in: Kirsch, Frank-Michael, Juszczak, Jens (Hrsg.), Medizintourismus – Erfahrungen mit einer weltweiten Wachstumsbranche, 2017, S. 114 ff. (114). 12 Deutsches Ärzteblatt, Medizintourismus: Patienten weltweit „auf Achse“, S. A-1616 ff. (A-1618). 13 Boscher, Leonore, Patientenvermittler – Chance und Risiko, S. 114 ff. (116). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 7 Bislang fehlt es an einer bundesweiten verlässlichen Übersicht zu den Angeboten in Deutschland .14 Auch auf internationaler Ebene mangelt es an verifizierten Erkenntnissen über die genaue Entwicklung der Medizintourismusindustrie.15 Jedenfalls sollen knapp zwei Drittel aller Kliniken , die internationale Medizintouristen behandeln, mit Patientenbetreuungsunternehmen zusammen arbeiten.16 Ihre Bedeutung für die Medizintourismusindustrie sollte daher nicht unterschätzt werden. Die Patientenbetreuungsunternehmen lassen sich ihre Leistungen entweder direkt vom Patienten oder, was aus praktischen Gründen in der Regel bevorzugt wird, von der Klinik bezahlen, die den Patienten behandelt.17 Damit stellt sich die Frage, ob ein solches Vorgehen gegen die Korruptionsvorschriften der §§ 299 ff. StGB verstößt. Diese Problemstellung gibt zunächst Anlass, die neueingeführten §§ 299a ff. StGB zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen genauer zu beleuchten. 3. Die Einführung der §§ 299a ff. StGB und deren Systematik Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen wurden die Regelungen der §§ 299a, 299b und 300 StGB mit Wirkung zum 4. Juni 2016 neu in das StGB eingefügt.18 Sie ergänzen den Straftatbestand des § 299 StGB zur Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr um entsprechende Vorschriften speziell für das Gesundheitswesen. Damit hat der Gesetzgeber eine lange andauernde Debatte - zumindest vorerst - beendet. 3.1. Rechtspolitischer Hintergrund für die Neuregelung Nach Auffassung der Bundesregierung beeinträchtigt Korruption im Gesundheitswesen den Wettbewerb , verteuert medizinische Leistungen und untergräbt das Vertrauen von Patienten in die 14 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Medizintourismus – Angebote zur medizinischen Behandlung ausländischer Patienten in Deutschland, WD 9-3000-074/15, S. 4. 15 Lunt, Neil, Smith, Richard, Exworthy, Mark, Green, Stephen T., Horsfall, Daniel, Mannion, Russell, Medical Tourism: Treatments, Markets and Health System Implications: A scoping review, Studie im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), 2011, S. 21. 16 Deutsches Ärzteblatt, Medizintourismus: Patienten weltweit „auf Achse“, S. A-1616 ff. (A-1618). 17 Boscher, Leonore, Patientenvermittler – Chance und Risiko, S. 114 ff. (120). 18 Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen vom 30. Mai 2016, BGBl.I 2016, Nr. 25 vom 3. Juni 2016, S. 1254. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 8 Integrität heilberuflicher Entscheidungen.19 Ausgangspunkt des Gesetzentwurfs war der sogenannte Vertragsarztbeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom März 2012.20 In dem zugrundeliegenden Fall wurde eine Pharmareferentin wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 16 Fällen verurteilt. Die Angeklagte hatte ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Unternehmen praktiziert, welches sie jedoch offiziell als „Verordnungsmanagement “ bezeichnete. Ausgewiesen wurden die Zahlungen als Honorare für wissenschaftliche Vorträge, die tatsächlich aber nie stattfanden. Die Annahme der Bestechungsgelder durch die niedergelassenen Vertragsärzte konnte dagegen letztlich nicht bestraft werden: Der Große Senat für Strafsachen entschied, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben weder als Amtsträger noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen handele. Eine Strafbarkeit nach den §§ 331 ff. bzw. 299 StGB komme folglich nach dieser Rechtslage für niedergelassene Vertragsärzte nicht in Betracht.21 Auch die Straftatbestände der Untreue (§ 266 StGB) und des Betrugs (§ 263 StGB) erfassen nur bestimmte Fälle von „Bestechung“22 und decken den Unrechtsgehalt von Korruption nicht hinreichend ab.23 Um diese Strafbarkeitslücke zu schließen und „wegen der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens“24 wurde, nach einigen gescheiterten Entwürfen,25 das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen am 30. Mai 2016 verabschiedet. 3.2. Die Systematik der Neuregelungen Der neu eingeführte § 299a StGB stellt die Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und der neue § 299b StGB die Bestechung im Gesundheitswesen unter Strafe. Zudem wurde die Regelung der 19 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 1, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/18/064/1806446.pdf (Abrufdatum: 11. April 2017). 20 BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 29. März 2012, GSSt 2/11, BGHSt 57, S. 202-218, abrufbar unter: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht =bgh&Art=en&sid=1982cfa4d20d7fa547ffaaf87db100ff&nr=60679&pos=9&anz=29 (Abrufdatum: 21. März 2017), u. a. in Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2012, S. 2530 ff.; Medizinrecht (MedR) 2012, S. 656 ff. 21 BGH, Beschluss vom 29. März 2012, GSSt 2/11, S. 1; BGHSt 57, S. 202 ff. (202 ) = Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2012, S. 2530 ff. (2530); Medizinrecht (MedR) 2012, S. 656 ff. (656). 22 Näheres dazu: Geiger, Daniel, High Noon im Gesundheitswesen: Niedergelassene Vertragsärzte sind keine tauglichen Täter der Korruptionsdelikte - Besprechung des Beschlusses des Großen Senates für Strafsachen am BGH vom 29. 3. 2012 – GSSt 2/11, Corporate Compliance Zeitschrift (CCZ) 2012, S. 172 ff. (176). 23 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 1. 24 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S 1. 25 Siehe z.B. den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption“ vom 13. Juni 2014, http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren /Dokumente/RefE_KorrBekG.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Abrufdatum: 11. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 9 besonders schweren Fälle von Bestechung und Bestechlichkeit durch § 300 StGB um entsprechende Bestimmungen für den Bereich des Gesundheitswesens erweitert. Die Vorschriften lauten wie folgt: „§ 299a Bestechlichkeit im Gesundheitswesen Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert , im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten , 2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten , die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 299b Bestechung im Gesundheitswesen Wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des § 299a im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten , 2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten , die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 300 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen In besonders schweren Fällen wird eine Tat nach den §§ 299, 299a und 299b mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn 1. die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder 2. der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 10 Das Strafantragserfordernis, welches im Gesetzentwurf vorgesehen war (§ 301 StGB-Entwurf),26 wurde nicht in das Gesetz mit aufgenommen. Die Delikte werden also bei einem entsprechenden Tatverdacht, anders als in Fällen des § 299 StGB (vgl. § 301 StGB), auch ohne Antrag von Amts wegen verfolgt. Hinter dieser Unterscheidung steht die Annahme des Gesetzgebers, die Integrität heilberuflicher Entscheidungen als ein überindividuelles Rechtsgut von großer Bedeutung einzuordnen .27 Die Straftatbestände sollen nämlich einem doppelten Rechtsgüterschutz dienen: zum einen der Sicherung eines fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen und zum anderen dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen.28 Ersteres lässt sich mit der systematischen Stellung der Vorschriften im 26. Abschnitt des StGB (Straftaten gegen den Wettbewerb) belegen. Kritisiert wird jedoch, dass der zuletzt genannte Schutzzweck, also der Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen, dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen sei.29 Denn die im Gesetzentwurf geplante Tatbestandsvariante, welche auch Vorteile erfassen sollte, die für die Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit gewährt, versprochen oder angenommen werden,30 hat keinen Eingang in das Gesetz gefunden .31 Gedacht war die Regelung für die Fälle, in denen es wegen eines Monopols an einer Wettbewerbslage fehlt oder in denen die rechtswidrige Handlung außerhalb des Wettbewerbs erfolgt .32 Sie wurde jedoch wegen mangelnder Bestimmtheit und drohender Gleichheitsdefizite kritisiert , da die berufsrechtlichen Regelungen in den Berufsordnungen der Länder unterschiedlich sein können.33 Aufgrund dieses Einwandes und weil echte Monopolstellungen im Gesundheitswesen wegen der Beschaffenheit des Marktes nicht zu erwarten seien,34 wurde diese Alternative 26 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, Art. 2, BT-Drs. 18/6446, S. 8. 27 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) vom 13. April 2016, BT-Drs. 18/8106, S. 17, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/18/081/1808106.pdf (Abrufdatum: 5. April 2017). 28 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 12, 13. 29 Dann, Matthias / Scholz, Karsten, Der Teufel steckt im Detail – Das neue Anti-Korruptionsgesetz für das Gesundheitswesen , NJW 2016, S. 2077 ff. (2077). 30 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 21. 31 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 15. 32 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 21. 33 Schneider, Hendrik, Rechtsgutachten zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), S. 19. 34 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 13. April 2016, BT-Drs. 18/8106, S. 15, auch zur genaueren Begründung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 11 schließlich gestrichen.35 Der Gesetzgeber hat aber nach wie vor daran festgehalten, mit den Regelungen der §§ 299a ff. StGB die beiden oben genannten Schutzzwecke zu verfolgen, also unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen und das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen zu schützen.36 4. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale der neueingeführten §§ 299a und 299b StGB § 299a StGB erfasst die passive Seite der Bestechung, die Bestechlichkeit, und § 299b StGB spiegelbildlich den aktiven Part, die Bestechung. Unterschiede ergeben sich folglich im Täterkreis und der Tathandlung. Im Übrigen sind die Tatbestandsvoraussetzungen deckungsgleich. 4.1. Täterkreis Gemäß § 299a StGB sind taugliche Täter die Angehörigen eines Heilberufs, welche für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern .37 Adressaten sind somit nicht nur die akademischen Heilberufe (z.B. Ärzte, Apotheker), sondern auch die sogenannten Gesundheitsfachberufe, wie z.B. Gesundheits- und Krankenpfleger , Ergotherapeuten und Physiotherapeuten.38 Indem der Gesetzgeber auch die Gesundheitsfachberufe in die Regelung des § 299a StGB aufgenommen hat, ist er über den Beschluss des BGH hinausgegangen. Begründet wird dies damit, dass die Entscheidungen und Leistungen der nichtakademischen Heilberufsgruppen für die Patienten in gleicher Weise wichtig seien.39 Denn auch in diesen Berufsgruppen kann es insbesondere zu Weiterverweisungen von Patienten an andere Leistungserbringer kommen. Im Gegensatz zu § 299a StGB kann § 299b StGB von jedermann begangen werden. Folglich sind auch Patientenvermittler und Patientenbetreuungsunternehmen taugliche Täter. 35 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 13. April 2016, BT-Drs. 18/8106, S. 15. 36 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 12, 13. 37 Die Abgrenzung des Täterkreises folgt der in § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorgesehenen Regelung; vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 38 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 39 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 12 4.2. Vorteilsbegriff Erfasst werden sämtliche Vorteile, materieller oder immaterieller Natur, die der Täter für sich oder einen Dritten erstrebt.40 Bei der Auslegung kann auf die Grundsätze, die zu § 299 StGB und §§ 331 ff. StGB entwickelt wurden, zurückgegriffen werden.41 Danach wird der Begriff des Vorteils weit ausgelegt. Vorteil ist danach jede Zuwendung, auf die der Täter keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage objektiv verbessert.42 Der Vorteil kann auch im Abschluss eines Vertrages, z. B. eines Behandlungsvertrages, liegen, auf den der Täter keinen Rechtsanspruch hat.43 Dies soll selbst dann gelten, wenn Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, denn schon das Einräumen einer Nebentätigkeitsmöglichkeit durch ein Pharmaunternehmen könne zur Folge haben, dass sich der Bevorteilte mit einer Bevorzugung der Produkte dieses Unternehmens revanchiere.44 Ebenso wie bei § 299 StGB und §§ 331 ff. StGB gibt es keine Geringfügigkeits- oder Bagatellgrenze . Gleichwohl sollen solche Zuwendungen als sozialadäquat ausscheiden, bei denen die objektive Eignung fehlt, die heilberufliche Entscheidung zu beeinflussen, wie z.B. bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleinen Präsenten von Patienten.45 Als Beispiele für mögliche Vorteile werden in den Gesetzesmotiven Einladungen zu Kongressen, die Übernahme der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen, die Einräumung von Vermögensoder Gewinnbeteiligungen und die Verschaffung von Verdienstmöglichkeiten, wie etwa die Teilnahme an vergüteten Anwendungsbeobachtungen, genannt.46 Aber auch immaterielle Vorteile, beispielsweise Ehrungen und Ehrenämter, sollen erfasst sein.47 40 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 41 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 42 BGH, Urteil vom 11. April 2001, 3 StR 503/00, NJW 2001, 2558 f. (2559). 43 BGH, Urteil vom 21. Juni 2007, 4 StR 99/07, Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2008, 216 ff. (217). 44 Kubiciel, Michael, Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen – Grund und Grenze der §§ 299 a, 299b StGB-E, MedR 2016, S. 1 ff. (3). 45 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 46 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 18. 47 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 13 4.3. Tathandlung Als Tathandlung von § 299a StGB kommt das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen eines Vorteils in Betracht. Dies entspricht den Tatbestandvarianten des § 299 Abs. 1 StGB, sodass die hierzu entwickelten Auslegungsgrundsätze übertragen werden können.48 § 299b StGB fordert spiegelbildlich das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils. Für das Sich-Versprechen -Lassen und Annehmen ist eine Übereinkunft zwischen Geber und Nehmer erforderlich, hingegen reicht für das Fordern eine von nur einer Seite intendierte Vereinbarung.49 Ein Fordern ist unabhängig davon gegeben, ob der erstrebte Erfolg tatsächlich eintritt.50 Weder das Fordern noch das Sich-Versprechen-Lassen setzen eine bestimmte Form der Handlung voraus. Somit reichen auch mündliche Absprachen und schlüssige Handlungen aus. Dies könnte in Zukunft zu Problemen führen, wenn es darum geht, die Tathandlungen zu beweisen.51 In jedem Fall muss der Vorteil derart konkret sein, dass sich aus den Gesamtumständen hinreichend Rückschlüsse über dessen Art und Weise ziehen lassen.52 4.4. Unrechtsvereinbarung 4.4.1. Allgemeines Der Vorteil muss nicht nur im Zusammenhang mit der Ausübung des Berufes, sondern auch als Gegenleistung für eine zumindest intendierte unlautere Bevorzugung im Wettbewerb erstrebt werden.53 Diese bezweckte Bevorzugung muss bei einer der in §§ 299a und 299b Nr. 1-3 StGB normierten Handlungsalternativen stattfinden, im Ergebnis also eine sachfremde ärztliche Entscheidung zur Folge haben.54 Durch diese sogenannte Unrechtsvereinbarung soll die Weite des Vorteilsbegriffs wieder ausgeglichen werden.55 Sie ist das Kernstück der Korruptionsdelikte56 und begründet die besondere Strafwürdigkeit der Korruption. Die Unrechtsvereinbarung in den 48 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 49 Fischer, Thomas, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 64. Auflage 2016, § 299, Rn. 30. 50 Krick, Carsten, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2014, § 299, Rn. 20. 51 Heil, Maria / Oeben, Marc, §§ 299a, b StGB auf der Zielgeraden – Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, Pharmarecht (PharmR) 2016, S. 217 ff. (219). 52 Heine, Günter / Eisele, Jörg, in: Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, § 299, Rn. 14. 53 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 18. 54 Genaueres dazu: Rauer, Nils / Pfuhl, Fabian, Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, PharmR, S. 357 ff. (360). 55 Kubiciel, MedR 2016, S. 1 ff. (3). 56 BGH, Urteil vom 14. Oktober. 2008, 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6 = NJW 2008, S. 3580 ff. (3580, Rn. 25). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 14 §§ 299a ff. StGB entspricht derjenigen in der Grundnorm des § 299 StGB, sodass auch die Auslegung zu § 299 StGB für die neuen Rechtsvorschriften herangezogen werden kann.57 Im Gegensatz zu §§ 331, 333 StGB ist ein Bevorteilen zwecks „Klimapflege“, „Anfüttern“ oder Herstellung „allgemeinen Wohlwollens“ also nicht ausreichend.58 Die unlautere Bevorzugung kann jede sachfremde Auswahlentscheidung zwischen mindestens zwei Bewerbern sein und muss nicht zwingend tatsächlich vollzogen werden.59 Das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung muss in der Praxis grundsätzlich durch eine umfassende Analyse der Gesamtumstände des Einzelfalls geprüft werden. Für diese Prüfung sind insbesondere die Beziehung zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer , die Höhe und das Ausmaß des Vorteils, die (In-)Transparenz der Vereinbarung, das Vorliegen einer plausiblen Alternativ-Erklärung, die eine unlautere Bevorzugung widerlegen, sowie die Einhaltung vorgeschriebener Verfahren relevant.60 4.4.2. Unrechtsvereinbarung vor dem Hintergrund von Kooperationen Fraglich ist darüber hinaus, ob eine Unrechtsvereinbarung bei sozial- oder berufsrechtlich erlaubten Kooperationen ausgeschlossen ist. Dem Wortlaut der Norm ist eine entsprechende ausdrückliche Ausnahme nicht zu entnehmen. Die Gesetzesbegründung bedient sich zwar des Begriffes der „Sozialadäquanz“ zur Begründung einer Ausnahme, allerdings nur in Bezug auf Zuwendungen , denen aufgrund ihrer Geringwertigkeit objektiv die Eignung fehlt, die heilberufliche Entscheidung zu beeinflussen.61 Bezüglich vertraglicher Kooperationsformen wird lediglich betont, dass erst weitere Umstände hinzutreten müssen, um eine Unrechtsvereinbarung zu belegen, vorausgesetzt es handelt sich um Leistungen im Rahmen „zulässiger beruflicher Zusammenarbeit “.62 Die Grenzen der Zulässigkeit beruflicher Zusammenarbeit im Gesundheitswesen werden maßgeblich durch das Berufsrecht sowie das Sozialrecht mitbestimmt. So soll auch nach der Gesetzesbegründung , eine Bevorzugung dann nicht unlauter sein, wenn sie berufsrechtlich zulässig ist.63 Von einer generellen gesetzlichen Ausnahme kann dennoch nicht ausgegangen werden, denn weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmotive lassen einen entsprechenden Willen hinreichend erkennen. Der Bezug auf das Berufsrecht wurde sogar bewusst nicht in den Gesetzestext 57 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 18. 58 Dann/Scholz, NJW 2016, S. 2077 ff. (2078). 59 Rauer/Pfuhl, PharmR, S. 357 ff. (360). 60 BGH, Urteil vom 14. Oktober. 2008, 1 StR 260/08, NJW 2008, S. 3580 ff. (3580, Rn. 32); BGH, Urteil vom 21. Juni. 2007, 4 StR 99/07, NStZ 2008, S. 216 ff. (218). 61 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 17. 62 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 18. 63 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 15 mit aufgenommen (vgl. Punkt 3.2.). Immerhin sollen bloße Verstöße gegen berufsrechtliche Verbote alleine keine Strafbarkeit nach § 299a StGB begründen können.64 Dennoch wird teilweise gefordert, Kooperationsformen, die nach Berufs- oder Sozialrecht zulässig sind, generell auch strafrechtlich unangetastet zu lassen.65 Andere fordern selbiges nur in Bezug auf sozialrechtlich zulässiges Verhalten.66 Jedenfalls in Bezug auf das Berufsrecht gilt es jedoch zu bedenken, dass Ärzte bei einer solchen Ausnahme durch ihre Berufsordnung ihre eigene Strafbarkeit mitbestimmen könnten. Gleichwohl dürften gesundheitspolitisch gewünschte Kooperationen nicht unter einen strafrechtlichen Generalverdacht gestellt werden.67 5. Strafbarkeiten auf Seiten von Medizineinrichtungen und Patientenbetreuungsunternehmen nach den §§ 299a ff. StGB beim Medizintourismus In der Vergangenheit war es üblich, dass Patientenbetreuungsunternehmen der behandelnden Medizineinrichtung eine Dolmetscher- und/oder Betreuungsleistung in Rechnung stellten, teilweise auch in Form einer „Organisationspauschale“ und/oder „Marketingpauschale“. Inzwischen schließen einige Beteiligte solche Leistungen unter Hinweis auf § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)68 sowie auf §§ 299a ff. StGB allerdings grundsätzlich aus. Damit ein Verstoß gegen §§ 299a ff. StGB vorliegt, müsste der jeweilige Tatbestand erfüllt sein. 5.1. Klarstellung: Keine Unternehmensstrafbarkeit im Rahmen der §§ 299 ff. StGB Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass das deutsche Strafrecht eine Unternehmensstrafbarkeit grundsätzlich nicht kennt. Da eine Strafbarkeit individuelle Schuld voraussetzt, können sich nur natürliche Personen, nicht aber juristische Personen oder Einrichtungen strafbar machen . In Betracht kommt allerdings, dass sich diejenigen Personen, die für die Medizineinrichtung oder das Patientenbetreuungsunternehmen handeln, strafbar machen. 64 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 22. 65 Dann/Scholz, NJW 2016, S. 2077 ff. (2080); Scheider, Hendrik / Kaltenhäuser, Niels, An den Grenzen des kreativen Strafrechts, Zeitschrift für Medizinstrafrecht (medstra), 2015, S. 24 ff. (27). 66 Halbe, Bernd, Moderne Versorgungsstrukturen: Kooperation oder Korruption?, MedR 2015, S. 168 ff. (175); Scheider, Hendrik / Ebermann, Thorsten, Das Strafrecht im Dienste gesundheits-ökonomischer Steuerungsinteressen , Online Zeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (HRRS) 2013, S. 219 ff. (224). 67 Schneider, Rechtsgutachten zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen des BMJV, S. 23; Nestler, Nina, Standpunkte der Wissenschaft zu §§ 299a, 299b StGB-E, Gesundheitsrecht (GesR), 2016, S. 70 ff. (74). 68 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Februar 2017 (BGBl. I S. 258), abrufbar auf Deutsch unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html sowie auf Englisch unter: https://www.gesetze -im-internet.de/englisch_bgb/englisch_bgb.html (Abrufdatum: 25. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 16 Unproblematisch ist eine Strafbarkeit möglich, wenn es nur um einen einzelnen Patientenbetreuer geht, der auf eigene Rechnung handelt. Für einen einzelnen Arzt gilt Entsprechendes. 5.2. Strafbarkeit des Patientenbetreuers bzw. der Person, die für ein Patientenbetreuungsunternehmens tätig wird 5.2.1. Strafbarkeit nach § 299b StGB Für eine Strafbarkeit nach § 299b StGB müsste der Täter einem Angehörigen eines Heilberufs i.S.d. § 299a StGB im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil als Gegenleistung dafür anbieten, versprechen oder gewähren, dass der Heilberufsangehörige den Täter bei einem der in § 299b Nr. 1-3 StGB beschriebenen Handlungen unlauter bevorzugt. Sieht man den Vorteil der Medizineinrichtung in dem Abschluss eines Behandlungsvertrages mit dem ausländischen Patienten, so steht dem als Gegenleistung eine Honorierung in Geld gegenüber, dagegen nicht die Bevorzugung bei einer heilberuflichen Entscheidung im Sinne der Norm. Denn bei den Vertragsabsprachen zwischen Medizineinrichtung und Patientenbetreuungsunternehmen stehen weder eine Verordnungs- (Nr. 1) oder Bezugsentscheidung (Nr. 2) bezüglich von Arznei-, Heiloder Hilfsmittel bzw. Medizinprodukten, noch die Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterials seitens der Medizineinrichtung im Raum. Ein Verstoß gegen § 299b StGB seitens der Personen, die für das Patientenbetreuungsunternehmen tätig werden, scheidet folglich aus. 5.2.2. Strafbarkeit nach § 299a StGB Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB scheitert bereits an der fehlenden Täterqualität, wenn es sich bei dem Patientenbetreuer nicht um einen Angehörigen eines Heilberufes im Sinne von § 299a StGB handelt. Weist der Patientenbetreuer dagegen die notwendige Täterqualität auf, z.B., weil er Arzt ist, stellt sich die Frage, ob die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen von § 299a StGB erfüllt sind. Als Tathandlung kommt nur § 299a Nr. 3 StGB in Frage, wenn es also um die Zuführung von Patienten geht und dafür ein Vorteil gewährt, versprochen oder angeboten worden ist. Damit müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein, nämlich, es muss eine Zuführung stattgefunden haben, und für diese muss ein Vorteil gewährt worden sein. Fraglich ist, ob in den Fällen, in denen ein Patientenbetreuer zwischen Patient und medizinischer Einrichtung zwischengeschaltet ist, von einer Zuführung gesprochen werden kann. Der Begriff „Zuführung“ in den §§ 299a Nr. 3, 299b Nr. 3 StGB ist mit dem sozial- und berufsrechtlichen Zuweisungsbegriff (§ 73 Abs. 7 SGB V, § 31 Musterberufsordnung (MBO)69) gleichzusetzen und versteht sich als jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines 69 (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte – MBO-Ä 1997 – in der Fassung des Beschlusses des 118. Deutschen Ärztetages 2015 in Frankfurt am Main, Download unter: http://www.bundesaerztekammer .de/recht/berufsrecht/muster-berufsordnung-aerzte/muster-berufsordnung/ (Abrufdatum: 31. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 17 Arztes oder eines anderen Leistungserbringers zu beeinflussen.70 Erfasst werden Zuweisungen und Überweisungen sowie Verweisungen und Empfehlungen.71 Die Wahl des Begriffs „Zuführung “ anstatt von „Zuweisung“ verdeutlicht, dass die Form der Einwirkung auf den Patienten unerheblich ist, also auch mündliche und unverbindliche Empfehlungen erfasst sind.72 Der Zuweisung an sich wohnt kein Unrechtsgehalt inne, sie ist vielmehr ein notwendiges Mittel zur effektiven Kooperation im Interesse des Patienten. Wenn ein Patientenbetreuer für eine bestimmte medizinische Einrichtung Empfehlungen abgibt, handelt es sich um eine solche Zuführung, die, wie gesehen, als solche zunächst unrechtsneutral ist. Von einer solchen Unrechtsneutralität kann keine Rede mehr sein, wenn sich der Patientenbetreuer die Zuführung bezahlen lässt und dadurch andere im Wettbewerb unlauter benachteiligt. Denn dann sind für die Zuführung nicht mehr allein die Interessen des Patienten entscheidend, sodass eine Unrechtsvereinbarung vorliegt und die Handlung zu tatbestandlichem Unrecht wird. In der Praxis werden von den Medizineinrichtungen häufig „Organisationspauschalen“ bzw. „Marketingpauschalen“ an die Patientenbetreuer bezahlt. Teilweise hatte sich ergeben, dass diese Pauschalen nicht für konkrete Dienstleistungen, sondern in Wahrheit für die Zuführung der Patienten gezahlt wurden.73 Sollte sich im Einzelfall eine solche Annahme bestätigen, dann wären für die Zuführung nicht allein die Interessen des Patienten entscheidend. Die Zuweisung wäre dann durch eine unlautere Bevorzugung beeinflusst worden und damit wären diese Handlungen vom Tatbestand des § 299a StGB erfasst. 5.3. Strafbarkeit der Personen, die für die Medizineinrichtung tätig werden 5.3.1. Strafbarkeit nach § 299a StGB Die Strafbarkeit nach § 299a StGB scheitert, wie bereits oben aufgeführt, an der Bevorzugung der Patientenbetreuungsunternehmen bei einer der in § 299a Nr.1-3 StGB aufgeführten Handlung (siehe die Ausführungen unter: 5.2.1. Strafbarkeit nach § 299b StGB). 5.3.2. Strafbarkeit nach § 299b StGB Täter nach § 299b StGB kann jedermann sein, folglich können alle Personen, die für die Medizineinrichtung tätig werden, Täter des § 299b StGB sein. Ein taugliches Bestechungsobjekt (ein An- 70 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 20. 71 Scholz, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, 2014, § 31 MBO, Rn. 3; BGH, Urteil vom 13. Januar 2011, I ZR 111/08, MedR 2011, S. 500 ff. (506). 72 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Oktober 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, BT-Drs. 18/6446, S. 20. 73 Medienbericht über einen solchen Fall: Stuttgarter Zeitung, Medizintourismus auf dem Prüfstand, 9. April 2017, abrufbar unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.einkommensquelle-fuer-kliniken-medizintourismusauf -dem-pruefstand.3ba3a207-a4e1-434b-95bf-1e5a2294df9b.html (Abrufdatum: 25. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 18 gehöriger eines Heilberufs im Sinne des § 299a StGB) liegt jedoch nur dann vor, wenn diese Voraussetzung auf Seiten des Patientenbetreuers erfüllt ist (siehe erster Absatz unter: 5.2.2. Strafbarkeit nach § 299a StGB). Liegt ein taugliches Bestechungsobjekt vor, ist ebenso wie im Rahmen der Bestechlichkeit des Patientenbetreuers dann auch hier zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des § 299b Nr. 3 StGB und die sonstigen Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben sind. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. 5.4. Ergebnis Eine Strafbarkeit bei den Verträgen zwischen Medizineinrichtungen und Patientenbetreuungsunternehmen kommt nur dann in Betracht, wenn auf Seiten des Patientenbetreuungsunternehmens ein Angehöriger eines Heilberufs im Sinne des § 299a StGB tätig wird und dieser sich die Zuführung eines Patienten bezahlen lässt. Darüber hinaus müssen die sonstigen Voraussetzungen für die Strafbarkeit im Einzelfall gegeben sein. Sind alle Voraussetzungen für die Strafbarkeit erfüllt, dann macht sich der Patientenbetreuer, der Angehöriger eines Heilberufs im Sinne des § 299a StGB ist, nach § 299a Nr. 3 StGB wegen Bestechlichkeit im Gesundheitswesen strafbar. Dagegen ist die Person, die in diesem Fall für die Medizineinrichtung tätig wird, wegen Bestechung im Gesundheitswesen nach § 299b Nr. 3 StGB zu bestrafen. 6. Strafbarkeiten auf Seiten von Medizineinrichtungen und Patientenbetreuungsunternehmen nach § 299 StGB Zudem wurde in der dieser Ausarbeitung zugrunde liegenden Anfrage die Frage nach einem Verstoß der Beteiligten gegen § 299 StGB aufgeworfen. Sofern die Vertragspartner der Patientenunternehmen Vertragsärzte sind, scheidet eine Strafbarkeit nach § 299 StGB für die Vertragsärzte aufgrund des Beschlusses des BGH von 201274 von vornherein aus. 6.1. Taugliche Täter Demgegenüber sind Krankenhäuser und Medizineinrichtungen, genau wie Patientenbetreuungsunternehmen , Unternehmen im Sinne von § 299 StGB.75 Die für sie tätigen Angestellten oder Be- 74 BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 29. März 2012, GSSt 2/11, BGHSt 57, S. 202-218, abrufbar unter: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht =bgh&Art=en&sid=1982cfa4d20d7fa547ffaaf87db100ff&nr=60679&pos=9&anz=29 (Abrufdatum: 26. April 2017), u. a. in Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2012, S. 2530 ff.; Medizinrecht (MedR) 2012, S. 656 ff; für nähere Informationen siehe Punkt 2.1. 75 Momsen, Carsten / Laudien, Sebastian, in: Beck´scher Online Kommentar StGB von Heintschel-Heinegg, 33. Edition, Stand: 1. Dezember 2018, § 299, Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 19 auftragten sind taugliche Täter im Sinne des § 299 StGB. Der Unternehmensinhaber selbst ist dagegen nicht erfasst.76 Diskutiert wird sogar, ob § 299 StGB nicht nur den Wettbewerb, sondern auch den Unternehmensinhaber schützt.77 Sofern die Unternehmensinhaber selbst handeln, scheidet eine Strafbarkeit somit von vornherein aus. Nichts anderes kann deshalb für die Medizineinrichtungen und Patientenbetreuungsunternehmen gelten. Da es sich bei Patientenbetreuungsunternehmen nicht selten um Einzelpersonen handelt, wird eine Strafbarkeit bereits häufig hieran scheitern. Anders ist dies, wenn für die Unternehmen tätige Angestellte oder Beauftragte handeln. Eine etwaige Kenntnis des Unternehmensinhabers über diese Handlungen wird überwiegend als unschädlich für die Strafbarkeit angesehen.78 Auf der Seite der Medizineinrichtungen kommt dann eine Strafbarkeit wegen Bestechung nach § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht und auf der Seite der Patientenbetreuungsunternehmen eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB. 6.2. Der Bezug von „Dienstleistungen“ im Sinne des § 299 StGB Gegenleistung für den Vorteil, die Bezahlung durch die Medizineinrichtung, müsste die unlautere Bevorzugung „bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen“ sein. Einzig in Betracht kommende Bezugsentscheidung auf Seiten des Patientenbetreuungsunternehmens ist die Wahl der den Patienten behandelnden Medizineinrichtung. Dafür müsste zunächst die Behandlung des Patienten als Bezug von Dienstleistungen im Sinne von § 299 StGB einzuordnen sein. Für den Bezug ist es unschädlich, dass die Dienstleistung nicht durch das Unternehmen selbst bezogen wird, sondern nur an einen Dritten, den Patienten, vermittelt wird.79 Der Begriff der „Dienstleistungen “ wurde erst 2015 in die Vorschrift eingefügt.80 Vorher waren neben Waren nur gewerbliche Leistungen Gegenstand des Tatbestandes. Die Änderung bewirkt, dass nun erstmalig auch die Leistungen von Freiberuflern erfasst sind.81 Gemäß § 18 Einkommensteuergesetz (EStG)82 gehört zu der freiberuflichen Tätigkeit unter anderem die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte. Die freiberufliche Behandlung durch einen Arzt ist somit eine Dienstleistung im Sinne des § 299 StGB; dann gehört aber die medizinische Behandlung durch einen angestellten Arzt erst recht zu den Dienstleistungen im Sinne des § 299 StGB. Zudem müssten auch im Rahmen des § 299 StGB die 76 Vgl. Krick, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2014, § 299, Rn. 3. 77 Zur Diskussion: Dannecker, Gerhard, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, § 299, Rn. 6. 78 Krick, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2014, § 299, Rn. 28. 79 Krick, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2014, § 299, Rn. 26. 80 Gesetz zur Bekämpfung von Korruption vom 20. November 2015, BGBl I 2015, Nr. 46 vom 25. November 2015, S. 2025. 81 Momsen/Laudien, in: Beck´scher Online Kommentar StGB von Heintschel-Heinegg, § 299, Rn. 21. 82 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/BJNR010050934.html (Abrufdatum: 25. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 20 gezahlten „Organisationspauschalen“ bzw. „Marketingpauschalen“ im Einzelfall als verdeckte Prämien für die vorangegangene Zuweisung des Patienten einzustufen sein.83 Denn nur in diesem Fall wird der Vorteil, die Bezahlung, für den Bezug von Dienstleistungen, die vermittelte ärztliche Behandlung, angenommen. 6.3. Die Unrechtsvereinbarung bei Zuweiser-Provisionen Des Weiteren müsste Gegenleistung für die Bezahlung eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb seitens des Patientenbetreuungsunternehmens sein, also eine Unrechtvereinbarung vorliegen . 6.3.1. Gegenseitigkeitsverhältnis und Handeln im geschäftlichen Verkehr Im Rahmen des § 299 StGB müssen der Vorteil und das bevorzugende Wettbewerbsverhalten in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen84. Der Vorteil – die Vermittlerprovision an den Patientenvermittler – und das bevorzugende Wettbewerbsverhalten – die Zuführung der Patienten durch die Patientenvermittler an die Medizineinrichtung – stehen in einem solchen Gegenseitigkeitsverhältnis . Fraglich ist jedoch, ob der jeweilige Täter „im geschäftlichen Verkehr“ im Sinne des § 299 StGB handelt. Dieses Tatbestandsmerkmal, das sich dem Wortlaut nach auf das Handeln des Täters bezieht , lässt sich jedoch nicht isoliert prüfen, sondern nur im Rahmen der Unrechtsvereinbarung, weil sich diese in dem bevorzugenden Wettbewerbsverhalten im geschäftlichen Verkehr zeigt. Das Tatbestandsmerkmal „im geschäftlichen Verkehr“ soll das Handeln gegen privates und hoheitliches Handeln abgrenzen85. Schuhr kommt deshalb für den Fall, dass ein Apotheker einen Arzt besticht, damit dieser Patienten gezielt zu ihm schickt zu dem Ergebnis, dass sich hier das Bezugsverhältnis zwischen Apotheke und Patient nicht im geschäftlichen Verkehr abspiele, denn der Arzt beziehe keine Leistung der Apotheke und diese keine des Arztes. Das Bezugsverhältnis bestehe vielmehr erst zwischen der Apotheke und dem Patienten. Dieses sei aber ein rein privates Verhältnis. Entsprechendes vertritt Schuhr für den Fall, dass einem Arzt die Überweisung seiner Patienten von einer anderen Medizineinrichtung, zum Beispiel einem Krankenhaus, vergütet werde. Denn in diesem Fall entscheide der Arzt weder verbindlich, zu wem der Patient zu gehen habe, noch ob letztlich Behandlungsbedarf bestehe.86 Gegen diese Argumentation spricht jedoch Folgendes: Schuhr bezieht das Merkmal „im geschäftlichen Verkehr“ auf den Patienten, der aber weder der Bestochene noch der Bestechende ist, also 83 Medienbericht über einen solchen Fall: Stuttgarter Zeitung, Medizintourismus auf dem Prüfstand, 9. April 2017, abrufbar unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.einkommensquelle-fuer-kliniken-medizintourismusauf -dem-pruefstand.3ba3a207-a4e1-434b-95bf-1e5a2294df9b.html (Abrufdatum: 25. April 2017). 84 Schuhr, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 302 StGB, Rn. 47. 85 Schuhr, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 302 StGB, Rn. 47. 86 Schuhr, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 302 StGB, Rn. 37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 21 gar nicht zum Täterkreis des § 299 StGB gehört. Das Merkmal im „geschäftlichen Verkehr“ bezieht sich aber auf die Tathandlung, so dass folglich die Handlung des Bestechenden und die des Bestochenen keine im privaten oder hoheitlichen Bereich sein darf, sondern im geschäftlichen Verkehr erfolgen muss. Betrachtet man das Verhältnis zwischen den Patientenbetreuungsunternehmen und den Medizineinrichtungen, dann ist deren Verhältnis dadurch gekennzeichnet, dass das Patientenbetreuungsunternehmen der Medizineinrichtung Patienten zuführt und dafür von dieser eine Provision erhält87. Das sind die „Leistungen“, die zwischen der „bestechenden“ Medizineinrichtung und dem „bestochenen“88 Patientenvermittler ausgetauscht werden. Diese „Leistungen “ erfolgen aber nicht im privaten Bereich, sondern betreffen sowohl auf Seiten der Medizineinrichtung als auch auf Seiten des Patientenbetreuungsunternehmens deren geschäftlichen Bereich . Für die Patientenbetreuungsunternehmen ist schließlich die Vermittlung von Patienten deren spezifisches Geschäft. Und für die Medizineinrichtungen gilt, dass diese nur dann wirtschaftlich sinnvoll arbeiten können, wenn sie über genügend Patienten verfügen, die sie behandeln können. Die Zuführung von Patienten liegt im unmittelbaren Vorfeld ihrer Dienstleistung und ist damit nicht privat, sondern untrennbar mit dem unternehmerischen Betrieb verbunden; sie erfolgt im geschäftlichen Verkehr. Außerdem handelt es sich bei dem vermittelten Patienten um den Dritten, der die nach § 299 StGB wettbewerbswidrig verschaffte Dienstleistung, die medizinische Behandlung, bezieht. Dass diese wettbewerbswidrig verschaffte Dienstleistung nicht vom Unternehmen selbst bezogen wird, sondern an einen Dritten, den Patienten, vermittelt wird, ist im Rahmen des § 299 StGB, wie oben gesehen (Punkt 6.2), unschädlich. Es bleibt also dabei, dass die Handlung des Täters bei der Zuführung von Patienten im Rahmen des Medizintourismus „im geschäftlichen Verkehr“ erfolgt. 6.3.2. Urteil des Landgerichts Kiel zur Sittenwidrigkeit von Zuweiser-Provisionen Für die unter dem vorangegangen Gliederungspunkt vertretene Auslegung des § 299 StGB spricht auch ein Urteil des Landgerichts (LG) Kiel zur Sittenwidrigkeit von Zuweiser-Provisionen. Das LG Kiel hat 2011 entschieden, dass Verträge über Zuweiser-Provisionen gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit unzulässig seien.89 Zwar ist die Unlauterkeit im Sinne des § 299 StGB nicht mit Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) gleichzusetzen,90 allerdings ist eine Bevorzugung unlauter , wenn sie gegen die Grundsätze eines redlichen Wettbewerbs verstößt.91 Der Abschluss sittenwidriger Verträge ist ein Verstoß gegen den redlichen Wettbewerb, sodass ein Verstoß gegen § 138 BGB die Unlauterkeit begründen kann. 87 Jedenfalls dann, wenn eine Strafbarkeit nach § 299 StGB in Betracht kommen soll. 88 Die Adjektive“ bestechenden“ und“ bestochenen“ sind hier in Anführungszeichen gesetzt, um zu verdeutlichen , dass eine Strafbarkeit wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit erst dann zu bejahen sind, wenn alle dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. 89 Landgericht Kiel, Urteil vom 28. Oktober 2011, Az. 8 O 28/11, abrufbar unter: https://openjur.de/u/442482.html (Abrufdatum: 25. April 2017). 90 Momsen/Laudien, in: Beck´scher Online Kommentar StGB von Heintschel-Heinegg, § 299, Rn. 21.1. 91 Krick, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2014, § 299, Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 22 Das LG Kiel führte hierzu aus:92 Maklerverträge seien zwar vielfach im Wirtschaftsleben üblich und nicht per se sittenwidrig. Anders sei dies jedoch, wenn Provisionsvereinbarungen für die Vermittlung von Aufträgen in Lebensbereichen, in denen die Kommerzialisierung anstößig sei, getroffen würden. Dies sei unter anderem dann der Fall, wenn Provisionszahlungen für ärztliche Leistungen vereinbart würden. Begründet wird dies ferner mit dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.93 Bedeutung erlangt das Urteil jedoch auch für Vermittler, die selbst keine Ärzte sind, denn in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war der Patientenvermittler zu Beginn des Verfahrens noch kein Arzt. Entsprechend betont das LG Kiel, dass besonders Vermittler, die selbst keine Ärzte sind, durch ihre finanziellen Interessen das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient stören können.94 Dass medizinisch unsachliche Vermittlungen tatsächlich fatale Folgen für den Patienten haben können, belegen Medienberichte.95 Dass Zuweiser-Provisionen im medizinischen Bereich unüblich sind, ergibt sich aus einschlägigen Regelungen. Wie bereits oben angemerkt (Punkt 5.2.2.), sind Kooperationen im Rahmen der medizinischen Behandlung zwar nicht verboten, ja sogar erwünscht. Auch der Zuführung von Patienten zu Ärzten oder zu bestimmten medizinischen Einrichtungen wohnt an sich kein Unrechtsgehalt inne. Sie darf aber nicht durch eine unlautere Bevorzugung beeinflusst werden. Sind für die Zuführung nicht mehr allein die Interessen des Patienten entscheidend, wird die Handlung zu tatbestandlichem Unrecht. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es Ärzten nicht gestattet ist, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren, § 31 Abs. 1 MBO. Außerdem dürfen sie Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen, § 31 Abs. 2 MBO. Nach § 73 Abs. 7 SGB V ist es Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Auch bestimmte landesrechtliche Krankenhausgesetze enthalten entsprechende Verbote, wonach es Krankenhäusern und ihre Trägern nicht erlaubt ist, für die Zuführung von Patienten Vorteile zu gewähren oder sich gewähren zu lassen.96 92 Landgericht Kiel, Urteil vom 28. Oktober 2011, Az. 8 O 28/11, Rn. 21. 93 Landgericht Kiel, Urteil vom 28. Oktober 2011, Az. 8 O 28/11, Rn. 21, 22. 94 Landgericht Kiel, Urteil vom 28. Oktober 2011, Az. 8 O 28/11, Rn. 22. 95 Deutschlandfunk Kultur, Medizintourismus in Deutschland- Der Scheich auf Zimmer 7, 26. Juli 2016, abrufbar unter: http://www.deutschlandfunkkultur.de/medizintourismus-in-deutschland-der-scheich-auf-zimmer- 7.976.de.html?dram:article_id=361134 (Abrufdatum: 26. April 2017); Der Spiegel, Medizin- Der russische Patient , 11. November 2013, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-120780532.html (Abrufdatum: 26. April 2017). 96 § 31 a Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW), GV NRW S. 702, § 31 a eingefügt durch Gesetz vom 16. März 2010, GV NRW S. 184, in Kraft getreten am 31. März 2010. § 32 des Bremischen Krankenhausgesetzes Gesetz vom 11. Dezember 2007, Gesetz vom 12. April 2011, Brem.GBl. S. 252. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 038/17 Seite 23 Vermittelt daher ein Patientenbetreuungsunternehmen einen Patienten an ein Krankenhaus, weil es dafür eine Zuweiser-Provision erhält, dann ist aufgrund der Sittenwidrigkeit dieser Absprache eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb anzunehmen. Solche Absprachen sind nachteilig für solche Mitbewerber, die die Zuweisung eines Patienten nicht honorieren. Eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb würde somit vorliegen. Damit wäre auch eine Unrechtsvereinbarung gegeben . 6.4. Ergebnis Sofern die restlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorliegen, würde sich der Angestellte oder Beauftragte des Patientenbetreuungsunternehmens mit der Annahme einer Zuweiser-Prämie der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar machen. Eine Strafbarkeit wird jedoch häufig bereits deshalb nicht in Frage kommen, weil es sich bei den Patientenbetreuungsunternehmen nicht selten um Einzelpersonen handelt. Spiegelbildlich würde sich ein Angestellter oder Beauftragter der Medizineinrichtung durch die Gewährung dieser Prämie gemäß § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen Bestechung strafbar machen. Im Gegensatz zu §§ 299a, b StGB, die auf Angehörige von Heilhilfsberufen abzielen, könnte über § 299 StGB auch das kaufmännische Personal einer Medizineinrichtung erfasst werden. Die Strafbarkeit wird jedoch auch hier nicht selten daran scheitern, dass kein taugliches Bestechungsopfer vorliegt. Handelt es sich bei dem Patientenbetreuungsunternehmen um eine Einzelperson, dann wird nämlich kein Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens bestochen, wie dies aber für § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB erforderlich ist. 7. Fazit für die Vertragsabsprachen zwischen Patientenunternehmen und Medizineinrichtungen Vertragsabsprachen, nach denen Patientenbetreuer der behandelnden Medizineinrichtung Dolmetscher - und/oder Betreuungsleistung in Rechnung stellen, sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie verdeckte Zuweiser-Prämien erhalten. Die Zahlungsabsprachen müssen transparent genug erfolgen, um keinen derartigen Verdacht aufkommen zu lassen. Schriftlichkeit der Vertragsabsprachen ist zwar nicht zwingend erforderlich, allerdings erleichtert es die Wahrung der Transparenz und kann einen entsprechenden Beweis erleichtern. Ob die Vertragsabsprachen, auch bei gewahrter Transparenz, im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden sind, lässt sich nur im Einzelfall klären. ***