© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 036/21 Familienrechtlicher Status des Samenspenders bei einer Solomutterschaft Zur Rechtslage in ausgewählten Staaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 036/21 Seite 2 Familienrechtlicher Status des Samenspenders bei einer Solomutterschaft Zur Rechtslage in ausgewählten Staaten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 036/21 Abschluss der Arbeit: 30. April 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 036/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtslage in Deutschland 4 3. Rechtslage in ausgewählten Staaten 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 036/21 Seite 4 1. Einleitung Alleinstehende Frauen, die sich bewusst entschließen, ohne Partner ein Kind zu bekommen – so genannte „Solomütter“, engl. „Single moms by choice“1 –, sind hierzu auf Samenspenden angewiesen , unter deren Verwendung eine künstliche Befruchtung vorgenommen wird (heterologe Insemination).2 Familienrechtlich wirft eine solche Konstellation die Frage auf, ob der Samenspender als Vater des Kindes anzusehen ist.3 2. Rechtslage in Deutschland Nach deutschem Familienrecht kann die Vaterschaft eines nicht mit der Mutter verheirateten Samenspenders auf zwei Wegen begründet werden: mittels Anerkennung der Vaterschaft durch den Mann – was die Zustimmung der Mutter voraussetzt – oder durch gerichtliche Feststellung (§ 1592 BGB4). Die gerichtliche Feststellung greift Platz, wenn keine Anerkennung vorliegt (§ 1600d Absatz 1 BGB). Im Fall einer Samenspende ist die gerichtliche Feststellung dann möglich, wenn es sich um eine private Samenspende handelt.5 Ist das Kind hingegen durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nr. 9 TPG6 unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 SaRegG7 zur Verfügung gestellt wurde, kann der Samenspender gemäß § 1600d Absatz 4 BGB nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden. 1 Vgl. hierzu etwa Markert, Dann krieg ich das Kind eben allein, Stuttgarter Zeitung vom 30.01.2021, Seite M13; Kröning, Kind ohne Papa – die medizinische Lösung eines Dilemmas, Die Welt vom 13.06.2019, Seite 24. 2 Zur rechtlichen Zulässigkeit vgl. Raude, Wunschkindvereinbarungen bei privaten Samenspenden unter besonderer Berücksichtigung des neuen Samenspenderregisterrechts, RNotZ 2019, 451, 453 m.w.N. 3 Vgl. hierzu vertieft etwa Raude, Wunschkindvereinbarungen bei privaten Samenspenden unter besonderer Berücksichtigung des neuen Samenspenderregisterrechts, RNotZ 2019, 451. 4 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 607) geändert worden ist. 5 Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1600d Rn. 100. 6 Transplantationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2007 (BGBl. I S. 2206), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 14. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2115) geändert worden ist. 7 Samenspenderregistergesetz vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2513), das durch Artikel 16a Absatz 1 des Gesetzes vom 28. April 2020 (BGBl. I S. 960) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 036/21 Seite 5 3. Rechtslage in ausgewählten Staaten In zahlreichen Staaten ist eine heterologe Insemination bei alleinstehenden Frauen bereits nicht zulässig, da Voraussetzung einer entsprechenden Behandlung das Bestehen einer Ehe, eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder Lebenspartnerschaft ist.8 Hinsichtlich derjenigen Staaten, in denen eine heterologe Insemination bei alleinstehenden Frauen grundsätzlich möglich ist, gelten, soweit anhand der zur Verfügung stehenden Quellen ermittelbar, bezüglich des familienrechtlichen Status des Samenspenders folgende Regelungen9: – Im dänischen Recht ist festgelegt, dass ein Samenspender, der seinen Samen für die künstliche Befruchtung einer Frau abgegeben hat, die nicht seine Ehefrau oder seine Partnerin ist, nicht als Vater des Kindes angesehen werden kann (§ 28 Absatz 1 BL10).11 Ein Samenspender hingegen, der seine Genehmigung für die künstliche Befruchtung einer bestimmten Frau abgegeben hat, kann als Vater des Kindes angesehen werden, wenn angenommen werden muss, dass das Kind durch diese Befruchtung entstanden ist (§ 28 Abs. 2 BL).12 – In Estland ist die künstliche Befruchtung im Gesetz zur künstlichen Befruchtung und zum Embryonenschutz (Kunstliku viljastamise ja embrüokaitse seadus13) geregelt.14 Ist die künstliche Befruchtung einer unverheirateten Frau mit dem Samen eines bestimmten Mannes mit dessen schriftlicher Einwilligung erfolgt, gilt das infolge dieser Befruchtung geborene Kind als sein Nachkomme (§ 21 Absätze 1 und 2 des o.g. Gesetzes). Ein Samenspender hingegen hat keinen Anspruch auf die Feststellung der Person der Mutter oder des Kindes und ist nicht berechtigt, eine Vaterschaftsanerkennung zu verlangen (§ 26 Absätze 4 und 5 des o.g. Gesetzes).15 8 Dies ist – bei Zugrundelegung der Informationen im jeweiligen Länderbericht in Rieck, Ausländisches Familienrecht , Eine Auswahl von Länderdarstellungen, 20. Ergänzung 2021 – namentlich der Fall in Frankreich, Griechenland , Italien, Litauen, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, der Schweiz, Slowenien, Tschechien, Ungarn und wohl auch in der Slowakei. 9 Erfragt war vorliegend die Rechtslage in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie der Schweiz und Norwegens. Anhand der zur Verfügung stehenden Quellen nicht oder nicht hinreichend klar ermittelt werden konnte aus der so umschriebenen Gruppe die einschlägige Rechtslage in Belgien, Bulgarien, Irland, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Spanien und Zypern. 10 Børneloven – Kindergesetz, Gesetz Nr. 1047 vom 08.11.2012 (abrufbar unter https://www.retsinformation .dk/eli/lta/2015/1817). Stand dieser und sämtlicher nachfolgender Online-Quellen: 30.04.2021. 11 Reinel, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Dänemark, Rn. 30. 12 Reinel a.a.O. 13 Gesetz vom 11.06.1997, abrufbar unter https://www.riigiteataja.ee/akt/KVEKS. 14 Degener, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Estland, Rn. 28. 15 Degener a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 036/21 Seite 6 – In Finnland ist 2007 das Gesetz über die künstliche Befruchtung (Laki hedelmöityshoidoista 16) in Kraft getreten – in diesem Zusammenhang wurde auch das Vaterschaftsgesetz geändert .17 Wurde die Mutter künstlich befruchtet und hat sie die Befruchtung allein vornehmen lassen, so ist hiernach derjenige Mann als Vater festzustellen, dessen Samen verwendet wurde, sofern er die Zustimmung gegeben hat.18 Hat der Spender zugestimmt, dass seine Vaterschaft festgestellt werden kann, haben die Mutter und das Kind einen Anspruch gegen den die Befruchtung Durchführenden auf Herausgabe der Spenderkennung, mit deren Hilfe die Spenderinformationen zugänglich sind.19 – In Kroatien haben Spender nach dem Gesetz über medizinisch unterstützte Befruchtung (Zakon o medicinski pomognutoj oplodnji20) gegenüber den mit ihren Geschlechtszellen gezeugten Kindern keine familienrechtlichen Verpflichtungen und Rechte (Artikel 19 Absatz 5 des Gesetzes).21 – Durch das Gesetz zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit (Seksua¯la¯s un reproduktı ¯va¯s veselı¯bas likums22) ist im lettischen Recht festgelegt worden, dass die potentiellen Eltern, deren Eltern oder Betreuer, das Kind, dessen Eltern oder der Vormund nicht berechtigt sind, vom Samenspender eine Vaterschaftsanerkennung zu verlangen, ebenso wenig sind der Samenspender selbst oder dessen Eltern oder Betreuer dazu berechtigt, die Vaterschaft anzuerkennen oder anerkennen zu lassen (§ 22 des Gesetzes).23 16 Gesetz vom 22.12.2006, abrufbar unter https://www.finlex.fi/fi/laki/ajantasa/2006/20061237. 17 Pöpken/Huhtala, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Finnland, Rn. 30. 18 Pöpken/Huhtala a.a.O. 19 Pöpken/Huhtala a.a.O. 20 Gesetz NN 86/2012 vom 27.07.2012, abrufbar unter https://narodne-novine.nn.hr/clanci/sluzbeni /2012_07_86_1962.html. 21 So schon die durch Artikel 63 des o.g. Gesetzes außer Kraft getretene vorherige Fassung der einschlägigen Regelungen im Gesetz NN 88/09 vom 22.07.2009, vgl. hierzu Jelic, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Kroatien, Rn. 33. 22 Gesetz vom 31.01.2002, abrufbar unter https://likumi.lv/ta/id/58982-seksualas-un-reproduktivas-veselibas-likums . 23 Luters-Thümmel, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Lettland, Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 036/21 Seite 7 – In Portugal wurden mit dem Gesetz zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung24 im Jahr 2006 medizinische Maßnahmen der Fortpflanzung geregelt.25 Artikel 21 dieses Gesetzes bestimmt ausdrücklich, dass der Samenspender nicht als Vater des ungeborenen Kindes gilt und auch keine Befugnisse oder Pflichten gegenüber dem Kind hat.26 – Das rumänische Recht enthält im Zivilgesetzbuch27 einen eigenen Unterabschnitt zur ärztlich assistierten menschlichen Reproduktion mit einem Fremdspender (Artikel 441 ff.). Artikel 441 Absatz 1 Zivilgesetzbuch bestimmt ausdrücklich, dass die ärztlich unterstützte menschliche Fortpflanzung mit einem Fremdspender kein Abstammungsverhältnis zwischen dem Kind und dem Spender begründet.28 * * * 24 Lei n.º 32/2006 vom 26.07.2006, Procriação medicamente assistida, abrufbar unter https://www.pgdlisboa .pt/leis/lei_mostra_articulado.php?nid=903&tabela=leis&ficha=1&pagina=1. 25 Vgl. Schäfer, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Portugal, Rn. 41. 26 Schäfer a.a.O. 27 Codul civil vom 17.07.2009, abrufbar unter http://legislatie.just.ro/Public/DetaliiDocument/175630. 28 Barsan, in: Rieck (o. Fußn. 8), Länderteil Rumänien, Rn. 36.