© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 036/20 Das Zeugnisverweigerungsrecht für Medienmitarbeiter gemäß § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO Geltung für Beiträge in sozialen Netzwerken? Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 2 Das Zeugnisverweigerungsrecht für Medienmitarbeiter gemäß § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO Geltung für Beiträge in sozialen Netzwerken? Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 036/20 Abschluss der Arbeit: 27. März 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Ratio legis, Genese, Systematik 4 3. Die einzelnen Tatbestandselemente 7 3.1. Erfasste Medien 7 3.2. Berufsmäßige Mitwirkung bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung 8 3.3. Redaktioneller Bezug 9 3.4. Erfasste Informationen 10 4. Anwendung auf Beiträge in sozialen Netzwerken 10 4.1. Social-Media-Dienste als Informations- und Kommunikationsdienste 10 4.2. Redaktioneller Bezug 13 4.3. Berufsmäßige Tätigkeit 15 4.4. Glaubhaftmachung 16 5. Ergebnis 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 4 1. Fragestellung Gemäß § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO1 sind zur Verweigerung des Zeugnisses im Strafverfahren berechtigt „Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.“ Fraglich ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich ein als Zeuge geladener Autor eines in sozialen Netzwerken2 geposteten3 Beitrags – etwa eines Tweets – auf dieses Zeugnisverweigerungsrecht für Medienmitarbeiter4 berufen kann. 2. Ratio legis, Genese, Systematik § 53 StPO gewährt Angehörigen ausgewählter Berufsgruppen ein rollenbezogenes Zeugnisverweigerungsrecht .5 § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO ist dabei für die Berufsgruppe der Medienmitarbeiter einschlägig.6 Der Schutz für Medienmitarbeiter stellt sich als derzeitiger Endpunkt einer schrittweisen Öffnung des Zeugnisverweigerungsrechts für die entsprechende Berufsgruppe dar: Hatte die Reichsstrafprozessordnung von 1877 noch keinerlei Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten vorgesehen, wurde ein solches pressebezogen 1927 für „Redakteure, Verleger und Drucker einer periodischen Druckschrift sowie das technische Hilfspersonal“ in § 53 Absatz 1 Nr. 4 StPO a. F. eingeführt.7 1953 wurde dieses Zeugnisverweigerungsrecht modifiziert und in 1 Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652) geändert worden ist. 2 Soziale Netzwerke bzw. Netzwerkplattformen stellen eine Unterform von „Social Media“ dar (Kremer, in: Auer- Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, § 28 Rn. 73 f.; Schmidt, Social Media, 2. Auflage, S. 12). Unter „Social Media“ wird dabei die „Gesamtheit der digitalen Technologien und Medien wie Weblogs, Wikis, soziale Netzwerke uÄ, über die Nutzerinnen und Nutzer miteinander kommunizieren und Inhalte austauschen können“, verstanden (vgl. Kremer a.a.O.). Sozialen Netzwerken wiederum sei „gemein, dass sie dem Nutzer die Möglichkeit zur Erstellung eigener Profile bieten, und dieses mit allerlei Daten wie beispielweise Namen, Geburtstag und -ort, Wohnort, Fotografien oder auch ganzen Alben, Beziehungsstatus, einer Historie ehemaliger Wohnorte, Bildungseinrichtungen und Arbeitgeber zu versehen“ (Kremer a.a.O.). Für die vorliegende Ausarbeitung werden auch Micro-Blogging-Plattformen (vgl. hierzu Schmidt a.a.O. S. 13 f.) unter den Begriff der Netzwerkplattformen subsummiert. 3 Zum Begriffsverständnis wird auf die Einträge „Posting“ in Munzinger Online/Duden – Die deutsche Rechtschreibung ; 27. Auflage 2017 sowie zum Verb „posten“ in Munzinger Online/Duden − Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 4. Auflage 2012 Bezug genommen: „(EDV): a) mit Fragen, Antworten, Kommentaren an Internetforen und Weblogs teilnehmen; b) in Internetforen und Weblogs schreiben“. 4 Zur Begrifflichkeit Tsambikakis StraFo 2002, S. 145; Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung , mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 48. 5 Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 1. 6 Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 48. 7 Gesetz zur Abänderung der Strafprozessordnung vom 27.12.1926, RGBl. I S. 529. Vgl. Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 40, 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 5 § 53 Absatz 1 Nr. 5 StPO a. F. verschoben sowie durch ein Zeugnisverweigerungsrecht für bestimmte Rundfunkangehörige in § 53 Absatz 1 Nr. 6 StPO a. F. ergänzt.8 1975 wurden diese beiden Zeugnisverweigerungsrechte in § 53 Absatz 1 Nr. 5 StPO zusammengeführt.9 Im Jahr 2002 schließlich erfolgte die Erweiterung auf „Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von (…) der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben."10 Das Zeugnisverweigerungsrecht für Medienmitarbeiter dient dem Schutz der Freiheit der Medien , die konstituierend für die freiheitlich demokratische Grundordnung ist.11 Im engeren Sinne nimmt es hierfür das Redaktionsgeheimnis in den Fokus, das es durch Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Medien und Informanten einzuhegen sucht.12 Der Schutz dieses Vertrauensverhältnisses wird als Teil der verfassungsrechtlich von Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG13 verbürgten Pressefreiheit angesehen.14 Bei der Ausgestaltung dieses Schutzes in § 53 StPO obliegt es dem Gesetzgeber, auch das Interesse an einer möglichst umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren zu berücksichtigen und die Reichweite des Zeugnisverweigerungsrechts auf das unabdingbar erforderliche Maß zu beschränken: „Der Gesetzgeber ist weder gehalten noch steht es ihm frei, der Presse- und Rundfunkfreiheit absoluten Vorrang vor anderen wichtigen Gemeinschaftsgütern einzuräumen. Er hat insbesondere auch den Erfordernissen einer an rechtsstaatlichen Garantien ausgerichteten Rechtspflege Rechnung zu tragen, deren Aufgabe es ist, in dem ihr vorgegebenen verfahrensrechtlichen Rahmen die Durchsetzung von Gerechtigkeit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 33,367 [383]). Das Bundesverfassungsgericht hat die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung wiederholt anerkannt (vgl. BVerfGE 19, 342 [347]; 20, 45 [49]; 20,144 [147]; 8 Drittes Strafrechtsänderungsgesetz vom 04.08.1953, BGBl. I S. 735. Vgl. Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 45. 9 Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk vom 25.07.1975, BGBl. I S. 1973. 10 Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung vom 15. Februar 2002, BGBl. I S. 682. 11 BVerfG StV 2016, 65; BVerfGE 77, 65; Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 27. 12 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 31. 13 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1546) geändert worden ist. 14 BVerfG, Beschluss vom 28.11.1973 – 2 BvL 42/71; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019, Rn. 26; Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014, § 53 Rn. 31; Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 48. Prägnant Ernst, CR 2013, 318, 320: „Dieses Zeugnisverweigerungsrecht ist eine einfach gesetzliche Kodifizierung der in Art. 5 Abs. 1 GG statuierten Pressefreiheit.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 6 33,367 [383]), das Interesse an einer möglichst umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont (vgl. BVerfGE 32, 373 [381]; 33, 367 [383]) und die Aufklärung schwerer Straftaten als wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet (vgl. BVerfGE 29, 183 [194]; 33, 367 [383]). Dieses Anliegen kann durch verfahrensrechtliche Vorschriften, die der Ermittlung der Wahrheit und damit einem gerechten Urteil entgegenstehen (vgl. BVerf GE 57, 250 [275]), empfindlich berührt werden. Gleiches gilt für den ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip begründeten Anspruch des Beschuldigten auf ein faires, rechtsstaatliches Strafverfahren . Gegenstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrechte oder Beschlagnahmeverbote beziehen, sind grundsätzlich nicht nur der Anklage, sondern auch der Verteidigung entzogen . Diese Rechte beschränken die Möglichkeiten des von Strafe bedrohten Bürgers, den gegen ihn bestehenden Verdacht in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren auszuräumen. Auch von daher kann der Gesetzgeber strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrechte und Beschlagnahmeverbote nicht beliebig begründen oder erweitern. Sie stellen Ausnahmen von der Pflicht zur umfassenden Aufklärung der materiellen Wahrheit dar und bergen demzufolge die Gefahr in sich, daß die Gerichte ihre Entscheidungen auf mangelhafter Tatsachengrundlage treffen. Die Begründung und Erweiterung solcher Rechte bedarf daher stets einer Legitimation , die vor dem Rechtsstaatsprinzip Bestand hat (vgl. BVerfGE 33, 367 [383]).“15 Dies gilt auch für den Schutz von Medienmitarbeitern: „Danach kann die Vertraulichkeit journalistischer Arbeit nicht umfassend gewährleistet sein. Die Erfordernisse der Gewähr rechtsstaatlich geordneter Rechtspflege, die sowohl für eine wirksame Strafverfolgung als auch für nachhaltige Sicherung der Rechte des Beschuldigten zu sorgen hat, müssen ebenso beachtet werden, wie der Sicherung der Freiheit journalistischer Arbeit, die ihrerseits einen Teil rechtsstaatlicher und demokratischer Freiheitsgewähr darstellt, Rechnung zu tragen ist. Presse- und Rundfunkfreiheit dürfen nicht nur vom Blickpunkt der Medien aus gesehen und nicht als umfassende Privilegierung für jegliche der Nachrichtensammlung und -verbreitung dienende Handlung verstanden werden. Wo sie auf andere gewichtige Interessen des freiheitlich-demokratischen Staates oder des von Strafe bedrohten Bürgers stoßen, können diese nicht einfach hintangesetzt werden; vielmehr bedarf es sorgfältiger Abwägung, ob und inwieweit die Erfüllung der publizistischen Aufgaben einen Vorrang der Presse- und Rundfunkfreiheit erfordert oder Presse- und Rundfunkfreiheit ihrerseits an diesen Interessen ihre Grenzen zu finden haben (vgl. BVerfGE 25, 296 [306]). Dies zu entscheiden, kommt in erster Linie dem Gesetzgeber zu.“16 Der Gesetzgeber hat dem insofern Rechnung getragen, als er das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO an verschiedene Voraussetzungen knüpfte, die kumulativ vorliegen müssen, um es auszulösen: So muss die zeugnisverweigerungsberechtigte Person berufsmäßig im institutionell geschützten Presse- bzw. Medienbereich tätig und mit der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Beiträgen, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil bzw. redaktionell aufbereiteten Informations- und Kommunikationsdienste befasst sein (§ 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 StPO). Eine erweiternde Auslegung von § 53 StPO 15 BVerfgE 77, 65, 76. 16 BVerfgE 77, 65, 76 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 7 kommt aufgrund der o.g. verfassungsrechtlichen Grenzziehungen grundsätzlich nicht in Betracht .17 3. Die einzelnen Tatbestandselemente 3.1. Erfasste Medien Gegenständlicher Bezugspunkt der das Zeugnisverweigerungsrecht potentiell auslösenden Tätigkeit sind dem Wortlaut nach Druckwerke, Rundfunksendungen, Filmberichte oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienende Informations- und Kommunikationsdienste. Letztere wurden mit dem Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung vom 15. Februar 200218 eingefügt und werden in der Strafprozessordnung nicht näher definiert. In der Kommentarliteratur wird in Anlehnung an das Telemedienrecht19 ausgeführt, Informations- und Kommunikationsdienste seien als Mediendienste an jedermann gerichtete Angebote in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels einer Leitung verbreitet werden.20 Erfasst seien „insbes. Verteilerdienste in Form von Fernsehtext , Radiotext und vergleichbaren Textdiensten sowie Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden “21, namentlich „über das Internet zugängliche online-Ausgaben von Fernsehnachrichten, Tageszeitungen , Magazinen sowie juristische Datenbanken“22. Durch die Einschränkung des Gesetzgebers auf den Zweck der Unterrichtung oder Meinungsbildung würden verschiedene Medien- 17 Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019 Rn. 2; Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 50 („§ 53 als ‚closedshop ‘-Regelung“); Huber, in: BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, 36. Edition, Stand: 01.01.2020, § 53 StPO Rn. 2. Ausnahmsweise sowie unter besonders strengen Voraussetzungen soll sich im Einzelfall ein Zeugnisverweigerungsrecht auch unmittelbar aus dem Grundgesetz ergeben können, vgl. BVerfGE 33, 367; BVerfG NStZ 1988, 418. 18 BGBl. I S. 682. 19 Zum Zeitpunkt der Einfügung der fraglichen Variante in die StPO definierte der inzwischen außer Kraft getretene Mediendienste-Staatsvertrag in § 2 Absatz 1 seinen Geltungsbereich wie folgt: „Dieser Staatsvertrag gilt für das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten (Mediendienste) in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden“ (Staatsvertrag über Mediendienste vom 31.01.1997). 20 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 37; Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung , 8. Auflage 2019 Rn. 30; Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz , Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 52. 21 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 30. 22 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 8 dienste aus dem Anwendungsbereich von § 53 StPO ausgeschlossen, namentlich solche mit reinem Unterhaltungsinhalt23, mit dem bloßen Anbieten kommerzieller Leistungen des Betreibers24 sowie lediglich zur Individualkommunikation fungierende Dienste25. Das Merkmal der redaktionellen Aufbereitung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die Mediendienste an eine mindestens beschränkte Allgemeinheit wenden und ein Mindestmaß an redaktioneller Gestaltung aufweisen müssten.26 Privat eingerichtete „Homepages“ etwa erfüllten dieses Kriterium in der Regel nicht.27 3.2. Berufsmäßige Mitwirkung bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung Die im Gesetz genannten Varianten der Mitwirkung umfassen einen breiten Bereich. Die Vorbereitung betrifft die Informationsbeschaffung bzw. die Recherche, Herstellung sind alle Tätigkeiten , die sich auf die inhaltliche, sprachliche oder technische Gestaltung beziehen.28 Verbreitung sind alle Handlungen, durch die das Druckwerk oder die Sendung einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird.29 Um angesichts dieses breiten Mitwirkungsbegriffs eine ausufernde, vom Schutzzweck der Norm nicht mehr gedeckte Anwendung zu verhindern, muss die Mitwirkung berufsmäßig erfolgt sein.30 Eine feste Anstellung bei dem fraglichen Pressebetrieb oder Medienunternehmen ist hierfür zwar nicht erforderlich, erfasst ist vielmehr auch die freiberufliche und nebenberufliche Tätigkeit.31 Erforderlich ist jedoch in den letztgenannten Fällen, dass die Tätigkeit in der Absicht erfolgt, sie durch wiederholte Ausübung zu einer dauernden oder doch 23 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 37; Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 52. 24 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 37. 25 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 30; Gercke, in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019 Rn. 28; Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 168; Kunert NStZ 2002, 169, 170; Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz , Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 52. 26 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 52. 27 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 52. 28 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 39. 29 BGHSt 13, 257; BGHSt 18, 63, BGHSt 19, 63; Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 33. 30 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 31. 31 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 54. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 9 wiederkehrenden Beschäftigung zu machen32. Nur dann soll ausreichend auch schon die Mitwirkung in einem – ggf. auch unentgeltlichen – Einzelfall sein.33 Eine Gewinnerzielungsabsicht ist dabei nicht erforderlich.34 Nicht berufsmäßig handelt aber etwa, wer „nur gelegentlich eine Nachricht weitergibt oder ein Manuskript zur Veröffentlichung einsendet“35. „Gelegenheitsjournalisten “ fallen nicht in den Anwendungsbereich.36 Ebenso wenig kann sich der Informant des Medienmitarbeiters selbst darauf berufen, er habe durch seine Information an der Vorbereitung des Medienerzeugnisses mitgewirkt und falle in den Anwendungsbereich der Norm.37 3.3. Redaktioneller Bezug § 53 Absatz 1 Satz 3 StPO sieht als weitere Einschränkung des Anwendungsbereich des Zeugnisverweigerungsrechts für Medienmitarbeiter vor, dass es sich nur auf „Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations - und Kommunikationsdienste“ bezieht. Grund für die Beschränkung ist die Annahme, dass die Aufgabe der Presse – die öffentliche Kontrolle der Staatsgewalt und der Beitrag zur politischen Meinungsbildung – im Wesentlichen durch den redaktionellen Teil wahrgenommen werden kann, während der – diesem traditionell antagonistisch gegenübergestellte – Inseratenteil hauptsächlich wirtschaftlichen Interessen dient.38 In Konsequenz erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht grundsätzlich nicht auf den Anzeigenteil und den Werbefunk.39 Lediglich, wenn in Sonderfällen auch Anzeigen eine meinungsbildende Funktion zukommt, kann es der Rechtsprechung zufolge geboten sein, „unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Recht zur Zeugnisverweigerung unmittelbar aus dem Grundrecht der Pressefreiheit herzuleiten “40. Am erforderlichen redaktionellen Bezug fehlt es nach ständiger Rechtsprechung elektronischen Beiträgen, auch Artikeln, die jeder Nutzer zu jeder Zeit in frei zugänglichen Internet-Dis- 32 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 55; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019 Rn. 31; Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 31. 33 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 31 unter Verweis auf BGHSt 7, 129. 34 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 55. 35 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 55. 36 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 31; Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 158. 37 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 31. 38 Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 41. 39 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 34. 40 BVerfGE 64, 108, 118. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 10 kussionsforen platzieren kann und die von dem Presseorgan bzw. Mediendienst nicht redaktionell aufbereitet werden.41 Bei Leserbriefen hingegen, die vor der Veröffentlichung seitens der Redaktion geprüft würden, wird ein hinreichender redaktioneller Bezug bejaht.42 3.4. Erfasste Informationen Das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt sich gemäß § 53 Absatz 1 Satz 2 StPO auf die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten, die den Medienmitarbeitern im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, deren Inhalt sowie den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen . Der Begriff der Mitteilung ist umfassend.43 Der Medienmitarbeiter wird jedoch gegebenenfalls die Berufsbezogenheit nach § 56 StPO glaubhaft zu machen haben.44 4. Anwendung auf Beiträge in sozialen Netzwerken Voraussetzung dafür, dass sich der Autor eines in sozialen Netzwerken geposteten Beitrags hinsichtlich dessen Inhalts auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO berufen kann, ist, dass sämtliche o. g. Voraussetzungen sowohl in persönlicher als auch in sachlicher Hinsicht vorliegen. Ob dies der Fall ist, kann nur im jeweils konkreten Einzelfall unter Einbeziehung sämtlicher relevanter Umstände beurteilt werden. Allgemein und grundsätzlich lassen sich die folgenden, je nach Konstellation des Einzelfalls potentiell relevanten Implikationen aufzeigen . 4.1. Social-Media-Dienste als Informations- und Kommunikationsdienste Bei sozialen Netzwerken als einer Unterform von Social Media handelt es sich regelmäßig und unproblematisch um Informations- und Kommunikationsdienste, also Mediendienste: „Prägendstes Merkmal … und zugleich Kern von Social Media ist die Diskussion über Sachthemen, also das Verbreiten von Inhalten und der anschließende Dialog hierüber. Sie sind damit, nach einem unrechtlichen Verständnis, auf Kommunikation – im Sinne eines 41 OLG Köln BeckRS 2013, 7155; LG Duisburg NStZ-RR 2013, 215, 216; LG Augsburg NStZ-RR 2013, 480, 481; LG Hof BeckRS 2014, 60048; LG Darmstadt AfP 2015, 463, 464; LG Oldenburg, NStZ 2011, 655, 656; AG Duisburg BeckRS 2013, 17521; Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 34; Gercke, in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019 Rn. 34; Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 42 42 Siehe Belege aus vorhergehender Fußnote. 43 BGH NJW 1979, 1212, 1214; Gercke, in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019 Rn. 31. 44 Gercke, in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019 Rn. 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 11 Meinungsaustausches – und die Erzeugung von ‚user generated content‘ angelegt. Bei Social Media handelt es sich daher regelmäßig um Telemediendienste iSd § 1 Abs. 1 S. 1 TMG.“45 Fraglich ist jedoch, ob es sich bei ihnen auch um Mediendienste im Sinne von § 53 StPO handelt . Jene müssen, wie gesehen, zum einen der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienen. Dieses – in der Literatur als „fast schon tautologisch“ kritisierte46 – Merkmal wird in der Strafprozessordnung gesetzlich nicht definiert oder – bis auf den Hinweis auf eine redaktionelle Aufbereitung – spezifiziert.47 Hinweise auf das Verständnis des Gesetzgebers finden sich in der Gesetzesbegründung . Hiernach ist „Voraussetzung für die Einräumung des Zeugnisverweigerungsrechts …, dass die Informations- und Kommunikationsdienste der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienen und damit nicht lediglich – wie etwa beim Telebanking – für die Allgemeinheit nicht relevante Informations- oder Kommunikationsbedürfnisse befriedigen. Die genannten Tätigkeiten erscheinen im Hinblick auf Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht minder schutzwürdig als Tätigkeiten auf dem Gebiet der Presse oder des Rundfunks, zumal in der heutigen Zeit die klassischen Medien häufig zusätzlich diese neuen Formen der Informationsvermittlung und Meinungsbildung nutzen.“48 Informations- und Kommunikationsdienste, so die weitere Begründung des Gesetzentwurfs, müssten „redaktionell bearbeitet sein, sollen sie in den Schutzbereich fallen.“49 Aus der Gesetzesbegründung lässt sich insofern ableiten, dass es dem Gesetzgeber offenbar vorschwebte , Mediendienste, die institutionell und funktionell dem Pressebereich zuzurechnen sind und redaktionell arbeiten, nicht nur deshalb nicht ebenso wie klassische Medien zu schützen, 45 Kremer, in: Auer-Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, § 28 Rn. 74. 46 Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 168. Vgl. auch Schulz/Korte AfP 2000, 530, 531: „Es ist zunächst schwer vorstellbar, welcher ‚Informations- und Kommunikationsdienst‘ nicht der ‚Unterrichtung oder Meinungsbildung‘ dienen soll. (…) Auf die eine oder andere Weise leistet nämlich praktisch jedes (massenkommunikative) Angebot einen Beitrag zur ‚Unterrichtung oder Meinungsbildung‘.“ 47 Die Unbestimmtheit der gesetzlichen Terminologie wurde während des Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen der Ausschussberatung kritisiert: Es sei „fraglich, ob angesichts der kaum überschaubaren Vielzahl von Diensten – auch unter Hinzuziehung der in den Entwürfen enthaltenen zusätzlichen Kriterien – eine trennscharfe Umschreibung der Schutzwürdigen unter ihnen möglich ist. Die Frage, ob und wann die Dienste der ‚Berichterstattung ‘, ‚Unterrichtung‘ oder ‚Meinungsbildung‘ dienen bzw. ‚Informationsangebote enthalten‘, dürfte für die Praxis zumindest erhebliche Abgrenzungsprobleme nach sich ziehen“ (Schröder, Schriftliche Stellungnahme für die Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu dem 1. Gesetzentwurf der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig und weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P. – Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Pressefreiheit (BT-Drs. 14/1602) 2. Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung (BR-Drs. 441/00), in: Protokoll der 60. Sitzung des Rechtsausschusses der 14. Wahlperiode, 20.09.2000, S. 81). 48 BT-Drs. 14/5166, S. 7. 49 BT-Drs. 14/5166, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 12 weil sie sich moderner Kommunikationstechnologien bedienen.50 Beabsichtigt gewesen sei eine Ausdehnung über die klassischen Medien hinaus auf „das neue Medium ‚Internet‘“.51 Dieser Bereich kann wie folgt beschrieben werden: „… Angebote wie zeit.de, pinneberger-tageblatt.de oder auch die Tagesschau-App werden von journalistischen Redaktionen bestritten. Sie erfüllen die Merkmale des professionellen Journalismus, wozu beispielsweise bestimmte Standards der Recherche und der Aufbereitung von Informationen in journalistischen Textsorten wie Berichten, Reportagen, Kommentaren oder Glossen gehören. Zudem halten sie sich – hoffentlich – alle an ethische Standards des Journalismus, darunter die Verpflichtung auf Wahrheit, Neutralität und Ausgewogenheit in der Berichterstattung.“52 Hiermit konform gehend wurde und wird das Zeugnisverweigerungsrecht für Medienmitarbeiter entsprechend seiner systematischen Verortung gerade nicht allgemein aus der Meinungs- oder gar der allgemeinen Handlungsfreiheit abgeleitet, sondern aus der Pressefreiheit, woraus sich ein institutioneller Bezug herleiten lässt53: „Schutzgut ist die Institution Presse und ihre Tätigkeit als solche; die Norm dient der Pressefreiheit als Institution.“54 Dieser Ratio entspricht wiederum, dass der Anwendungsbereich von § 53 StPO wie gesehen55 grundsätzlich eng gehalten werden soll, um das Ziel der Wahrheitserfoschung im Strafprozess nicht zu stark zu gefährden. Ob es sich bei Social-Media- bzw. Netzwerk-Plattformen um der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienende Informations- und Kommunikationsdienste im Sinne von § 53 StPO handelt, erscheint bei Heranziehung dieser Prämissen zweifelhaft, kann aber nicht pauschal abschließend beurteilt werden. Für eine Einbeziehung mag sich anführen lassen, dass Netzwerkplattformen im allgemeinen Wortsinne häufig der Unterrichtung und Meinungsbildung dienen und sie insofern hinsichtlich der mit dem öffentliche Diskurs potentiell einhergehenden Kontrollfunktion ein funktional presseähnliches Element aufweisen. Andererseits gehört es regelmäßig gerade zum Wesenskern dieser Plattformen, dass sie keine eigenen – geschweige denn recherchierten – Beiträge vorhalten, sondern allein ihren Nutzern die Möglichkeit einräumen, direkt und unmittelbar eigene Beiträge auf den Plattformen einzustellen, ohne dass sich der Betreiber der Plattform diese Beiträge dadurch zu eigen bzw. zurechenbar machen würde, dass er sie überprüfte, auswählte, 50 So auch Herzog, Schriftliche Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am 20.09.2000, in: Protokoll der 60. Sitzung des Rechtsausschusses der 14. Wahlperiode, 20.09.2000, S. 61, sowie mündliche Stellungnahme ebendort, S. 11. Kritisch Schulz/Korte AfP 2000, 530, 531: „Die Begründung verweist auf Strukturen der Medienlandschaft, die in der beschriebenen Art in Auflösung begriffen sind oder bereits nicht mehr existieren.“ 51 Barton, Schriftliche Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am 20.09.2000, in: Protokoll der 60. Sitzung des Rechtsausschusses der 14. Wahlperiode, 20.09.2000, S. 49. 52 Schmidt, Social Media, 2. Auflage, S. 49 f. 53 S. o. Gliederungspunkt 2. 54 Ernst, CR 2013, 318, 320. 55 S. o. bei Fußn. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 13 gestaltete oder redigierte.56 Funktionell und institutionell ähneln Social-Media-Plattformen damit eher dem erwähnten57 Beispiel, dass Leser Kommentare in Online-Foren einstellen. 4.2. Redaktioneller Bezug Gerade im Bereich von sozialen Netzwerken dürfte dem für die Annahme eines Zeugnisverweigerungsrechts nach § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 StPO erforderlichen Merkmal des redaktionellen Bezugs bzw. Inhalts eine regelmäßig entscheidende Bedeutung zukommen. Den redaktionellen Teil bzw. die redaktionelle Aufbereitung eines Mediums kennzeichnen hierbei zum einen die Zweckbestimmung der Kontrolle und Meinungsbildung, vor allem aber auch der Tätigkeitsprozess eines verantwortlichen Organs.58 Wie gesehen, wird ein so verstandener redaktioneller Bezug von Rechtsprechung und Literatur gerade für solche Fälle einhellig verneint, in denen Nutzer Inhalte direkt und unredigiert in Online-Foren veröffentlichen können.59 Stimmig wird insoweit auf den Schutzzweck des § 53 StPO – die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit und die redaktionelle Aufarbeitung – verwiesen.60 Stellten die Medien nur eine Plattform bzw. ein Forum zur Verfügung , dann unterfallen sie hinsichtlich der Inhalte insofern nicht selbst dem Schutzbereich von Artikel 5 GG, sondern profitieren etwa von der Haftungsprivilegierung nach § 7 Absatz 2 TMG61 – dem entsprechend bestehe insofern weder Bedarf noch Rechtfertigung für ein Zeugnisverweigerungsrecht .62 Es sei von entscheidender Bedeutung, wenn Foreninhalte von Nutzern eingestellt und sodann ohne weitere Bearbeitung veröffentlicht würden.63 Ein „von einem Internetnutzer verfasster Beitrag, der in einem Internetforum automatisch veröffentlicht wird, kann auch bei weiter Auslegung nicht dem Merkmal der redaktionellen Aufbereitung unterfallen. (…) Zwar beginnt die Pressefreiheit nicht erst mit der pressemäßigen Verbreitung einer Meinung, sondern umfasst bereits die Beschaffung der Information und deren Verbreitung (BVerfGE 20, 162, 176). Im Gegensatz zu einem Leserbrief richtet sich ein Beitrag in einem Forum eines journalistischen 56 Vgl. Ernst, CR 2013, 318, 320 ff.: „Eine vom Gesetz gem. § 53 Abs. 1 S. 3 StPO geforderte ‚Aufbereitung‘ der Onlinebeiträge findet daher gerade nicht statt. Auch hier gilt: Wer nicht einmal liest, redigiert auch nicht. Er unterfällt somit nicht der Norm.“ 57 S. o. bei Fußn. 41. 58 Heidrich/Quante, MMR 2013, 334, 335. 59 S. o. bei Fußn. 41. Percic, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 42: „Stellen die Mediendienste lediglich einen fremden Text unverändert ein, fehlt es an der redaktionellen Aufbereitung, zB wenn jeder Nutzer eines Diskussionsforums jederzeit einen von ihm verfassten Artikel auf einem frei zugänglichen Internetforum platzieren kann und er keinerlei Kontrolle durch den Betreiber unterliegt.“ 60 Huff, K & R 2013, 422, 423. 61 Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) geändert worden ist. 62 Huff, K & R 2013, 422, 423. 63 Heidrich/Quante, MMR 2013, 334, 335. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 14 Mediums aber in aller Regel nicht speziell an den Betreiber, sondern an die Allgemeinheit.“64 Bestünde der Sinn und Zweck eines Postings darin, mit dem Beitrag die Öffentlichkeit anzusprechen , entspreche die Konstellation „schon im Grundsatz auf Grund des fehlenden Geheimhaltungsinteresses (vgl. dazu BVerfGE 36, 193, 210 f.) nicht der typischen Interessenverteilung i.R.d. Zeugnisverweigerungsrechts für die Presse. Insbesondere mangelt es auch an einer Tätigkeit des Betreibers i.R.e. Auswahl oder Bearbeitung des veröffentlichten Beitrags. Allein das Einstellen eines Textes i.R.d. Internetangebots eines Presseunternehmens, ohne dass eine Prüfung und Änderung der Beiträge vor Veröffentlichung erfolgt, reicht also nicht aus, um von einer redaktionellen Aufbereitung i.S.d. § 53 StPO ausgehen zu können. Denn allein das Bereitstellen eines nichtmoderierten Forums kann für eine solche Einordnung auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Garantie der Meinungs- und Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG nicht genügen .“65 Es gehört regelmäßig zum Wesenskern von sozialen Netzwerken, dass sie ihren jeweiligen Nutzern die Möglichkeit einräumen, direkt und unmittelbar eigene Beiträge auf den Plattformen einzustellen – und zwar ohne, dass eine vom Betreiber der Plattform vorgehaltene Redaktion diese Beiträge zuvor überprüfen, auswählen, gestalten oder redigieren würde.66 Insofern kann auf Feststellungen zu Bewertungsportalbetreibern verwiesen werden: „Der Bewertungsportalbetreiber stellt also unrecherchierte Meinungen nicht identifizierter (oder gar nicht identifizierbarer) Dritter vor, nicht aber redaktionell selbst er- oder bearbeitete Bewertungen ein. Es geht demnach nicht um einen Quellenschutz, der Grund für den Schutz der journalistischen Leistung sein kann, sondern allein darum, einen anonym bleiben wollenden Dritten davor zu schützen, für seine Postings zivil- oder strafrechtliche Verantwortung übernehmen zu müssen. Der Portalbetreiber ist kein Journalist i.S.d. § 53 StPO. Wer nicht einmal liest und erst recht nicht schreibt, übt auch keine redaktionelle Tätigkeit aus.“67 Sollte eine Social-Media-Plattform im Gegensatz zu diesem Regelfall darüber hinaus über einen redaktionellen Bereich verfügen, wäre Voraussetzung für einen potentiellen Schutz eines Beitrags nach § 53 StPO, dass er sich gerade in diesen redaktionellen Bereich einfügte. In Ermangelung eines solchen Bezugs bzw. im Regelfall einer Social-Media-Plattform, die ausschließlich , etwa als Micro-Blogging-Dienst, den Nutzern einen ungefilterten Zugang für den Austausch von Nachrichten einräumt, können die jeweiligen Beiträge der Nutzer mithin nicht aufgrund der Tatsache, dass sie auf der Plattform gepostet wurden, in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO fallen. Unerheblich wären insofern infolgedessen auch der Inhalt und die Reichweite eines entsprechenden Postings und/oder des für das Posting genutzten betreffenden Accounts, da weder die Quantität noch die Reichweite einer als nicht redaktionell einzustufenden Nutzung derselben zu entsprechender Qualität verhelfen könnte. 64 Heidrich/Quante, MMR 2013, 334, 335. 65 Heidrich/Quante, MMR 2013, 334, 335. 66 Kremer, in: Auer-Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Auflage 2019, § 28 Rn. 73 f. 67 Ernst, CR 2013, 318, 323. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 15 Kann der erforderliche redaktionelle Bezug mithin nicht aus der Tatsache des Postens auf der Plattform selbst abgeleitet werden, erscheint allerdings nicht ausgeschlossen, dass sich ein solcher Bezug mittelbar daraus ergeben kann, dass der betreffende Autor in dem Posting lediglich einen Inhalt doppelt oder auszugsweise auf einen Inhalt verweist, der andernorts oder über eine andere funktionale Anknüpfung – etwa über eine berufliche Tätigkeit – den erforderlichen redaktionellen Bezug aufweist. Dies dürfte namentlich für die verbreitete Praxis gelten, mittels kurzer Hinweistexte auf Micro-Blogging-Plattformen auf journalistische Beiträge und Veröffentlichungen auf anderen Präsenzen hinzuweisen.68 In einem solchen Fall wäre zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 StPO hinsichtlich der in Bezug genommenen Tätigkeit bzw. Veröffentlichung vorliegen und damit ein heteronomer Schutz auch des Inhalts des Social-Media-Postings vorliegt. Denn erfüllen jene Beiträge, Veröffentlichungen oder Tätigkeiten das Kriterium des redaktionellen Bezugs am jeweiligen (ggf. Erst-)Veröffentlichungsort oder im anderweitigen Kontext, dürfte dieser Bezug schon aufgrund des Schutzzwecks und der systematischen Anlage des Zeugnisverweigerungsrechts nicht dadurch untergehen können, dass dieselben Inhalte auch auf Social-Media-Plattformen auszugsweise gedoppelt werden. Vielmehr dürfte der redaktionelle Bezug insofern heteronom – nämlich nicht aus der Tatsache des Postens, sondern aus der redaktionellen Einbettung an anderem Ort bzw. in anderem Kontext abgeleitet – im Gleichlauf mit dem Schutzstatus der originären Tätigkeit zu beurteilen sein. 4.3. Berufsmäßige Tätigkeit Um sich auf § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO berufen zu können, muss der Autor des fraglichen Postings beruflich als Medienmitarbeiter tätig sein. Das heißt nach den oben dargestellten Kriterien , dass er haupt-, neben- oder freiberuflich grundsätzlich regelmäßig für Presse- bzw. Medieninstitutionen tätig sein muss.69 Erheblich ist nach dem Willen des Gesetzgebers die berufsmäßige Einbindung: „Außerdem muss zur Vermeidung nicht hinnehmbarer Strafverfolgungsdefizite verhindert werden, dass das Zeugnisverweigerungsrecht allen zugute kommt, die irgendwann einmal in irgendeiner Weise ohne berufsmäßige Einbindung in den Medienbereich im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung eines Druckwerks, eines Informationsund Kommunikationsdienstes, einer Rundfunksendung oder eines Filmberichts tätig geworden sind. Dies würde nämlich zu empfindlichen Einbußen bei der Erforschung von Straftaten führen und insbesondere zur missbräuchlichen Inanspruchnahme des Zeugnisverweigerungsrechts einladen. Schließlich könnte sich sogar der Informant des Medienmitarbeiters grund- 68 Vgl. Schmidt, Social Media, 2. Auflage, S. 54: „Journalistische Inhalte und Themen sind auf unterschiedlichen Wegen in diese vernetzten Öffentlichkeiten eingebunden. In den letzten Jahren hat die Zahl der journalistischen Angebote, die eigene Profile und Accounts in den sozialen Medien betreiben, stark zugenommen. Sie bestücken Facebook-Seiten mit ihren Inhalten, weisen über eigene Twitter-Konten auf neue Artikel hin oder führen redaktionelle Weblogs. Nutzer können dadurch das Medienangebot ihrem eigenen »Radar« zufügen und sich über neue Artikel der Tagesschau oder von Spiegel Online auf dem Laufenden halten.“ 69 Vgl. Eser, mündliche Stellungnahme, Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am 20.09.2000, in: Protokoll der 60. Sitzung des Rechtsausschusses der 14. Wahlperiode, 20.09.2000, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 16 sätzlich auf das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StPO-E mit dem Hinweis darauf berufen, durch seine Mitteilung an der Vorbereitung des Medienerzeugnisses mitgewirkt zu haben.“70 Nicht abgeleitet werden kann eine solche Stellung aus der bloßen – gegebenenfalls extensiven – Nutzung von jedermann zur Verfügung stehenden Netzwerkplattformen.71 Eine berufsmäßige Einbindung läge aber unproblematisch etwa dann vor, wenn der Autor als Journalist bei einer Tageszeitung oder einem Rundfunkunternehmen angestellt ist und dort Artikel oder audiovisuelle Beiträge veröffentlicht. Ebenfalls unproblematisch dürfte dies der Fall sein, wenn ein Autor regelmäßig auf von einem Dritten betriebenen und redaktionell betreuten Internetpräsenzen oder Blogs derartige Inhalte veröffentlicht. Nicht von vornherein klar und jeweils im Einzelfall zu prüfen wären eigene Internetpräsenzen, Blogs und „Homepages“, auf denen allein der Autor veröffentlicht , bei denen mithin keine im engeren Sinne redaktionelle Einbindung vorliegt und die Abgrenzung zum eher privaten denn pressemäßigen Agieren fraglich sein kann.72 Im Regelfall dürften solche Angebote nicht das Merkmal des berufsmäßigen Agierens erfüllen.73 Allein aus der Tatsache jedoch, dass bei der Tätigkeit kein Entgelt erzielt wird, dürfte jedoch nicht geschlossen werden, dass keine berufsmäßige Tätigkeit vorliegt.74 4.4. Glaubhaftmachung Gemäß § 56 StPO ist die Tatsache, auf die der Zeuge die Verweigerung des Zeugnisses in den Fällen des § 53 StPO stützt, auf – im Ermessen des Gerichts stehendem75 – Verlangen glaubhaft zu 70 BT-Drs. 14/5166, S. 8. 71 Anschaulich Schmidt, Social Media, 2. Auflage, S. 50: „… das Internet erlaubt es eben auch normalen Nutzern, Informationen zu verbreiten und unter Umständen ein Massenpublikum zu erreichen. Manche sehen daher das Zeitalter der »Bürgerjournalisten« anbrechen, in dem jeder Bürger dank Digitalkamera und Internetzugang über die Ereignisse um ihn herum berichten könne. Doch stimmt das? Machen die sozialen Medien uns alle zu Journalisten ? … Nein, Menschen werden nicht automatisch zu Journalisten, wenn sie soziale Medien nutzen.“ 72 Vgl. Ernst, CR 2013, 318, 323 ff. Schmidt, Social Media, 2. Auflage, S. 51 weist insofern treffend unter dem Oberbegriff „persönliche Öffentlichkeiten“ auf die gegenüber journalistisch-redaktionellen Angeboten andersartige Ausrichtung persönlicher Homepages und Blogs hin: „In meinem Blog, in meinem YouTube-Kanal oder auf meiner Facebookseite kann ich veröffentlichen, was ich erlebe, denke und für wichtig halte. Bei der Wahl der Themen kann ich mich also von meinen eigenen Vorlieben und Interessen leiten lassen.“ 73 Vgl. auch Abschlussvotum und Begründung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags zu einer die Streichung des Merkmals der Berufsmäßigkeit mit dem Ziel der Einbeziehung von Bloggern fordernden Petition: „Eine noch größere Ausweitung des Kreises der Weigerungsberechtigten kann im Interesse einer funktionsfähigen Rechtspflege nicht befürwortet werden. Insbesondere wäre es in der Praxis oft nicht hinreichend klar erkennbar , ob es sich bei einem Blogger tatsächlich um einen fachlich tätigen Journalisten oder einen privaten Bürger handelt. Ein Ausdehnen auf alle Bürger, die bloggen, ist nicht möglich, da das Strafrecht dann in wichtigen Bereichen ins Leere liefe.“ (Petition 19350 vom 14.08.2011, abrufbar unter https://epetitionen.bundestag .de/petitionen/_2011/_08/_14/Petition_19350.nc.html). 74 Vgl. Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 55. 75 Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 17 machen. Entbehrlich ist die Glaubhaftmachung nicht nur dort, wo die Voraussetzungen des Weigerungsrechts klar zu Tage liegen, sondern auch dann, wenn sich aus den Erkenntnissen der Beweisaufnahme zweifelsfrei ergibt, dass das Zeugnisverweigerungsrecht nicht besteht und diese Überzeugungsbildung mit Mitteln der Glaubhaftmachung nicht mehr erschüttert werden könnte.76 Glaubhaftmachung bedeutet, ein nach den Umständen hinreichendes Maß an Wahrscheinlichkeit darzutun, so dass das Gericht ohne weitere Ermittlungen eine Entscheidung treffen kann.77 Bei § 53 StPO ist glaubhaft zu machen, dass dem Zeugen die Tatsachen, über die er aussagen soll, bei der Ausübung seines Berufs anvertraut oder bekanntgeworden sind und dass er von ihnen nicht auch auf andere Weise Kenntnis erlangt hat.78 Auch die Selbsterarbeitung von Materialien oder die Bestimmung für den redaktionellen Teil von Medienerzeugnissen kann Gegenstand der Glaubhaftmachung sein.79 Zur Glaubhaftmachung können grundsätzlich alle Beweismittel verwendet werden.80 Im Falle von § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO käme hier etwa bei Zweifeln an der berufsmäßigen Tätigkeit des Zeugen als Journalist das Vorlegen eines Presseausweises in Betracht. So dürfte etwa das Vorliegen eines aktuellen bundeseinheitlichen Presseausweises 81 regelmäßig die Journalisteneigenschaft hinreichend belegen. Umgekehrt dürfte jedoch aus der Tatsache, dass der Zeuge nicht über einen Presseausweis verfügt, nicht geschlossen werden , dass die Medienmitarbeitereigenschaft nicht gegeben ist, da die Erteilungsvoraussetzungen für einen Presseausweis – namentlich etwa hinsichtlich des Erfordernisses der hauptberuflichen Tätigkeit – enger sein können, als das Merkmal der „Berufsmäßigkeit“ in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO verstanden wird.82 Da § 56 StPO die Glaubhaftmachung genügen lässt, ist kein Nachweis zur vollen Überzeugung des Gerichts erforderlich; es reicht vielmehr aus, dass dem Gericht die Richtigkeit der behaupte- 76 Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 16. 77 BGHSt 21, 334, 350; Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019 Rn. 2; Huber, in: BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, 36. Edition, Stand: 01.01.2020, § 56 StPO Rn. 1 f.; Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 56 Rn. 5. 78 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar , 27. Auflage 2017, § 53 StPO Rn. 4; Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 9. 79 Rogall, in: Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, mit GVG und EMRK - Band 1, §§ 1-93, 5. Auflage 2018, § 53 Rn. 9. 80 Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014 Rn. 12. 81 Vgl. hierzu Omsels, K & R 2018, 468; VG Düsseldorf, NVwZ 2019, 498. 82 Vgl. VG Düsseldorf, NVwZ 2019, 498. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 036/20 Seite 18 ten Tatsachen in einem Maße wahrscheinlich gemacht wird, welches nach Lage der Dinge vernünftigerweise als hinreichend anzusehen ist.83 Das Gericht braucht dem Zeugen allerdings keinen Glauben zu schenken, wenn andere Tatsachen die Unrichtigkeit seiner Angaben erweisen; auch der Grundsatz in dubio pro reo findet keine Anwendung.84 5. Ergebnis Ein in einem Strafverfahren als Zeuge geladener Autor eines Beitrags in einem sozialen Netzwerk dürfte sich regelmäßig nicht schon allein deshalb auf § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO berufen können, weil er für den Beitrag das fragliche Netzwerk genutzt hat. Dies dürfte auch dann gelten, wenn er das Netzwerk auch sonst in beträchtlichem Umfang und gegebenenfalls mit erheblicher Reichweite nutzt. Denn Nutzerbeiträgen in sozialen Netzwerken fehlt es regelmäßig am für ein Zeugnisverweigerungsrecht gesetzlich geforderten redaktionellen Kontext. Zudem macht die gegebenenfalls auch extensive und im Sinne einer erheblichen Öffentlichkeitswirkung erfolgreiche Nutzung sozialer Medien aus dem so agierenden privaten „Jedermann“ keinen berufsmäßigen Medienmitarbeiter im Sinne von § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO. Ein Recht zur Zeugnisverweigerung aufgrund von § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO hinsichtlich des Inhalts eines entsprechenden Beitrags ist jedoch grundsätzlich dann denkbar, wenn der Zeuge aufgrund von einschlägigen, berufsbezogenen Aktivitäten außerhalb des sozialen Netzwerks als Medienmitarbeiter anzusehen ist und der Inhalt des Beitrags diesem Bereich zuzuordnen ist. Insofern verliert ein Medienmitarbeiter seinen berufsmäßigen Status und den gegebenenfalls daraus abgeleiteten Schutz nach § 53 Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 StPO nicht dadurch, dass er Inhalte auch über soziale Medien teilt. * * * 83 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar , 27. Auflage 2017, § 56 StPO Rn. 6. 84 Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar , 27. Auflage 2017, § 56 StPO Rn. 6; Huber, in: BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, 36. Edition, Stand: 01.01.2020, § 56 StPO Rn. 1.