WD 7 - 3000 - 033/20 (12. März 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Nach § 127 Abs. 1 BauGB erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen i.S.d § 127 Abs. 2 BauGB einen Erschließungsbeitrag. § 127 Abs. 1 BauGB räumt dabei nicht lediglich die Möglichkeit zur Beitragserhebung ein, sondern begründet eine diesbezügliche Verpflichtung (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, § 127 BauGB, Rn. 7 m.w.N.). Der Erhebungszwang soll dabei nicht nur der Kostendeckung und Beitragsgerechtigkeit dienen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.1977), sondern vielmehr auch einen bodenpolitischen Zweck erfüllen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, § 127 BauGB, Rn. 7). Das Halten eines Grundstücks soll demnach verteuert und der Druck auf den Eigentümer das Grundstück selbst zu bebauen oder an einen Bauwilligen zu veräußern, soll erhöht werden (vgl. ebd.). Dieser Erhebungspflicht darf sich die Gemeinde nicht entziehen, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 135 Abs. 5 BauGB vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1988). Der in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung steht zudem etwaigen vertraglichen Regelungen über einen Beitragsverzicht entgegen, beispielsweise um die Ansiedlung von Gewerbebetrieben zu fördern (vgl. BeckOK, Rn. 19). Der Erhebungszwang umfasst auch die gemeindliche Pflicht zur Nacherhebung von Beiträgen für zuvor irrtümlich nicht abgerechnete Kosten (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1996). Nach § 135 Abs. 5 S. 1 BauGB kann die Gemeinde im Einzelfall von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Entgegen seinem Wortlaut regelt § 135 Abs. 5 S. 1 BauGB dabei nicht das Absehen von einer Beitragserhebung, sondern vielmehr den vollständigen oder teilweisen Erlass des Erschließungsbeitrags (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, §135 BauGB, Rn. 19). Ein Erlass wegen einer unbilligen Härte kommt nach der Rechtsprechung insbesondere dann in Betracht , wenn der mit einer Erschließung verbundene Vorteil wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls nur in wesentlich vermindertem Umfang eintritt (vgl. BVerwG Urt. v. 30.01.1970). Dies sei etwa bei sehr großflächigen Grundstücken anzunehmen, die formell als Bauland ausgewiesen sind, rein faktisch, aber weder baulich noch gewerblich genutzt werden, wie z.B. Friedhöfe oder Kleingärten (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 04.05.1979). Nach § 135 Abs. 6 BauGB bleiben weitergehende landesrechtliche Billigkeitsregelungen unberührt. Damit sollen weitere, im Kommunalabgabenrecht enthaltene oder einzuführende Billigkeitsregelungen auch für Erschließungsbeiträge anwendbar gemacht werden (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, § 135 BauGB, Rn. 27). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach § 127 BauGB Kurzinformation Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach § 127 BauGB Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Einschränkend zu beachten ist letztlich insbesondere noch die Sonderregelung des § 154 Abs. 1 S. 3 BauGB. Danach werden in förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten und in städtebaulichen Entwicklungsbereichen Erschließungsbeiträge nicht erhoben; vielmehr werden etwaige Bodenwertsteigerungen , deren Abschöpfung auch dem Erschließungsbeitrag innewohnt, innerhalb von Sanierungsgebieten über den dort zu entrichtenden Ausgleichsbetrag verwirklicht (vgl. BeckOK, Rn. 16). Quellen: – BauGB: Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/ (letzter Abruf: 11.03.2020). – Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, Kommentierung zu §§ 127, 135 BauGB. – BVerwG, Urteil vom 18.11.1977, Az.:IV C 104/74, VerwRspr 1978, 963. – BVerwG, Urteil vom 25.11.1988, Az.: 8 C 58/87 (NVwZ-RR 1990, 433). – Eiding, in: BeckOK BauGB, Spannowsky/Uechtritz, Stand: 01.11.2019, Kommentierung zu § 127 BauGB. – BVerwG, Urteil vom 26.01.1996,Az.: 8 C 14/94, NVwZ-RR 1996, 465. – BVerwG, Urteil vom 30.01.1970, Az.: IV C 151.68VG, (BeckRS 1970, 31293495). – BVerwG, Urteil vom 04.05.1979, Az.: IV C 25.76 (BeckRS 1979, 00892). ***