© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 033/19 Rechtsgrundlagen des Lärmschutzes an Sonn- und Feiertagen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 033/19 Seite 2 Rechtsgrundlagen des Lärmschutzes an Sonn- und Feiertagen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 033/19 Abschluss der Arbeit: 22. Februar 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 033/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Bundesrecht 4 3. Landesrecht 6 4. Fazit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 033/19 Seite 4 1. Einleitung Bei Arbeiten an Sonn- und Feiertagen sind spezielle bundes- und landesrechtliche Vorschriften zum Immissionsschutz zu beachten. Immissionen sind grundsätzlich in § 3 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG)1 als „auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche , Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen“ legaldefiniert . Für Sonn- und Feiertage bestehen insbesondere gesonderte Regelungen hinsichtlich des Schutzes vor Geräuschimmissionen. Vorliegend soll daher ein summarischer Überblick über die bestehende Regulierung des Lärmschutzes an Sonn- und Feiertagen gegeben werden 2. Bundesrecht Bundesrechtlich kommen zunächst die Vorschriften der 32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (32. BImSchV)2 in Betracht. Ihr Anwendungsbereich ist in § 1 der 32. BImSchV auf die im Anhang der Verordnung aufgeführten Geräte und Maschinen beschränkt . Gemäß § 7 Abs. 1, Satz 1, Nr. 1 der 32. BImSchV dürfen „in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten, Kleinsiedlungsgebieten, Sondergebieten, die der Erholung dienen, Kur- und Klinikgebieten und Gebieten für die Fremdbeherbergung nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 10 und 11 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung sowie auf dem Gelände von Krankenhäusern und Pflegeanstalten“3 die im Anhang der Verordnung aufgeführten Geräte und Maschinen an Sonn- und Feiertagen ganztägig nicht betrieben werden. In § 7 Abs. 1, Satz 2 der 32. BImSchV wird von diesem Betriebsverbot eine Ausnahme für Bundesfernstraßen und Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes, die durch die in Satz 1 der Vorschrift aufgeführten Gebiete führen, zugelassen. Durch diese Ausnahme soll sichergestellt werden , dass Verkehrsbelangen jederzeit Rechnung getragen werden kann.4 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.05.2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 18.07.2017 (BGBl. I S. 2771), abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/bimschg/ (Stand dieser und sämtlicher nachfolgender Online-Quellen: 22.02.2019). 2 32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung - 32. BImSchV) vom 29.08.2002 (BGBl. I S. 3478), zuletzt geändert durch Art. 83 der Verordnung vom 31.08.2015 (BGBl. I S. 1474), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_32/. 3 Vgl. hierzu die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.11.2017 (BGBl. I S. 3786), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/baunvo/. 4 Vgl. die Begründung der Bundesregierung zu der von der Bundesregierung beschlossenen Bundesimmissionsschutzverordnung in der BR-Drs. 422/02, Seite 22 (der in der Begründung der Bundesregierung angesprochene § 9 Abs. 1 und 3 entspricht § 7 Abs. 1 und 2 der 32. BImSchV). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 033/19 Seite 5 Gemäß § 7 Abs. 1, Satz 3 der 32. BImSchV können auch die Landesgesetzgeber die Geltung des Verbots für Landesstraßen und nicht bundeseigene Schienenwege, die durch die in § 7 Abs. 1, Satz 1 der 32. BImSchV aufgeführten Gebiete führen, einschränken. Weiterhin kann die nach dem Landesrecht zuständige Behörde nach § 7 Abs. 2, Satz 1 der 32. BImSchV im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Gemäß § 7 Abs. 2, Satz 2 der 32. BImSchV bedarf es einer solchen Zulassung durch die Behörde nicht, wenn der Betrieb der Maschinen und Geräte im Einzelfall zur Abwendung einer Gefahr erforderlich ist. Nach § 7 Abs. 3 der 32. BImSchV bleiben weitergehende landesrechtliche Vorschriften zum Schutz von Wohn- und sonstigen lärmempfindlichen Gebieten und allgemeinen Vorschriften des Lärmschutzes unberührt. Aus der Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften des Lärmschutzes folgt, dass Geräte und Maschinen, deren Betrieb nicht bereits durch § 7 Abs. 1 der 32. BImSchV eingeschränkt ist, den allgemeinen Anforderungen des § 22 BImSchG genügen müssen.5 Gemäß § 22 Abs. 1, Satz 1 BIm- SchG sind Anlagen unter anderem so zu errichten und zu betreiben, dass „schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind“ (Nr. 1) und „nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden“ (Nr. 2). Diese behördliche Einzelfallbeurteilung richtet sich für Baumaschinen nach den speziellen Anforderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen (AVV Baulärm)6, bei sonstigen Geräten und Maschinen sind die Anforderungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm)7 maßgeblich .8 Grundsätzlich finden die allgemeinen Anforderungen des § 22 BImSchG darüber hinaus auch Anwendung für den Betrieb von Geräten und Maschinen im Rahmen einer gesetzlichen Ausnahme nach § 7 Abs. 2, Satz 2 oder 3 der 32. BImSchV, wobei die Prüfung der Vermeidbarkeit insbesondere an der Dringlichkeit der Maßnahme zur Abwendung von Gefahren zu messen ist.9 5 Vgl. die Begründung der Bundesregierung zu der von der Bundesregierung beschlossenen Bundesimmissionsschutzverordnung in der BR-Drs. 422/02, Seite 23. 6 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen (AVV Baulärm) vom 19.08.1970 (Beilage zum BAnz Nr. 160 vom 01.09.1970), abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriftenim -internet.de/bsvwvbund_19081970_IGI7501331.htm. 7 Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26.08.1989 (GMBl Nr. 26/1998 S. 503), abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriften -im-internet.de/bsvwvbund_26081998_IG19980826.htm. 8 Vgl. die Begründung der Bundesregierung zu der von der Bundesregierung beschlossenen Bundesimmissionsschutzverordnung in der BR-Drs. 422/02, Seite 23. 9 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 033/19 Seite 6 Die behördlich zugelassenen Ausnahmen für den Betrieb von Geräten und Maschinen nach § 7 Abs. 2, Satz 1 der 32. BImSchV sind dagegen gegenüber § 22 BImSchG abschließend.10 Gemäß § 8 der 32. BImSchV können die Länder weitergehende Einschränkungen für den Betrieb von Geräten und Maschinen in von ihnen als empfindlich eingestuften Gebieten treffen (Nr. 1) sowie weitergehende Ausnahmen zulassen (Nr. 2). Der Regelung in § 8 Nr. 2 der 32. BImSchV liegt zugrunde, dass der Betrieb von Geräten und Maschinen etwa wegen bautechnologischen Abläufen auch in dem Zeitraum, für den das Betriebsverbot nach § 7 Abs. 1 der 32. BImSchV gilt, erforderlich sein könnte.11 In diesen Fällen sollen die Länder den Betrieb von Geräten und Maschinen , die dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprechen, zulassen können.12 Die Beurteilung , ob Geräte lärmarm sind, soll sich nach den europäischen und deutschen Umweltzeichen richten.13 3. Landesrecht Die landesrechtlichen Regelungen zum Lärmschutz an Sonn- und Feiertagen können unterschiedlich ausgestaltet sein. Vorliegend soll am Beispiel des Berliner Landesrechts aufgezeigt werden, welche einschlägigen Regelungen auf Länderebene existieren. Gemäß § 4 des Landes-Immissionsschutzgesetzes Berlin (LImSchG Bln)14 ist es an Sonn- und Feiertagen verboten, Lärm zu verursachen, durch den jemand in seiner Ruhe erheblich gestört werden könnte. Einschränkungen hiervon gelten gemäß § 6 LImSchG Bln für Kinderlärm (Abs. 1) und kirchliches Glockenläuten, Gefahrenabwehrmaßnahmen, Winterglättemaßnahmen sowie bestimmte landwirtschaftlichen Maßnahmen (Abs. 2). Nach § 10 Abs. 1 LImSchG Bln ist überdies die zuständige Behörde ermächtigt, Ausnahmen zuzulassen. Solche Ausnahmen können zugelassen werden, wenn die Störung unbedeutend ist oder das Vorhaben Vorrang gegenüber dem Ruheschutz genießt. Eine Störung wird dann als unbeachtlich angesehen, wenn sie den Immissionsrichtwert des jeweiligen Gebietes um nicht mehr als 5 dB (A) überschreitet.15 Anderenfalls kann 10 Vgl. die Begründung der Bundesregierung zu der von der Bundesregierung beschlossenen Bundesimmissionsschutzverordnung in der BR-Drs. 422/02, Seite 23. 11 Vgl. Empfehlungen der Ausschüsse zur Verordnung zur Einführung der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung , BR. Drs. 422/1/02, Seite 13 (Der in den Empfehlungen angesprochene § 9a entspricht § 8 der 32. BIm- SchV). 12 Ebenda. 13 Ebenda, Seite 14. 14 Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin (LImSchG Bln) vom 05.12.2005 (GVBl. S. 735), berichtigt am 13.01.2006 (GVBl. S. 42), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 03.02.2010 (GVBl. S. 38), abrufbar unter: http://gesetze .berlin.de/jportal/portal/t/3zz/page/bsbeprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste &fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-ImSchGBErahmen&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=0. 15 Vgl. Die Information der Stadt Berlin zu „Ausnahmezulassungen nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin “, Seite 1, abrufbar unter: https://senstadtfms.stadt-berlin.de/intelliform/forms/eabau/berlin/ii_270/index. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 033/19 Seite 7 ein Vorhaben deshalb Vorrang vor den Ruheschutzinteressen haben, weil es technisch erforderlich ist, die Maßnahme zu Schutzzeiten durchzuführen, oder ein öffentliches Interesse überwiegt, etwa bei Verkehrsangelegenheiten.16 Überdies sind für Lärmimmissionen an Sonn- und Feiertagen die Regelungen der Feiertagsschutz -Verordnung (FSchV)17 zu beachten. Die Verordnung bezieht sich auf die im Gesetz über die Sonn- und Feiertage (FeiertG BE)18 aufgeführten Feiertage und legt deren Schutzumfang fest. Gemäß § 2 Satz 1 FSchV sind an Sonn- und Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten verboten. Nach § 2 Satz 2 FSchV gelten Einschränkungen dieses Verbots für Arbeiten, die bundes- oder landesrechtlich allgemein oder im Einzelfall zugelassen wurden (Nr. 1), für bestimmte unaufschiebbare Arbeiten (Nr. 2, Nr. 3) und spezielle Gewerbe und Märkte (Nr. 4). Darüber hinaus kann die zuständige Behörde im Einzelfall nach § 5 FSchV beim Vorliegen eines dringenden Bedürfnisses Ausnahmen zulassen. 4. Fazit Der Lärmschutz an Sonn- und Feiertagen wird durch bundes- und landesrechtliche Immissionsschutzregelungen reguliert. Während grundsätzlich ein strenger Lärmschutz gilt, sind auch Ausnahmen normiert, so etwa für Bundesfernstraßen und Schienenwege. Hiermit soll sichergestellt werden, dass wichtigen Verkehrsbelangen jederzeit Rechnung getragen werden kann. * * * 16 Vgl. Die Information der Stadt Berlin zu „Ausnahmezulassungen nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin “, Seite 1, abrufbar unter: https://senstadtfms.stadt-berlin.de/intelliform/forms/eabau/berlin/ii_270/index. 17 Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage (Feiertagsschutz-Verordnung - FSchV) vom 05.10.2004 (GVBl. 2004, 441), abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/portal/t/16s2/page/bsbeprod.psml?pid=Dokumentanzeige &showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-FeiertVBErahmen &doc.part=X&doc.price=0.0. 18 Gesetz über die Sonn- und Feiertage (FeiertG BE) vom 28.10.1954 (GVBl. 1954, 615), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 30.01.2019 (GVBl. S. 22), abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/portal /t/eym/page/bsbeprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc =yes&doc.id=jlr-FeiertGBErahmen&doc.part=X&doc.price=0.0.