WD 7 - 3000 - 033/18 (14. Februar 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Im Zuge der Debatte über die Entpönalisierung von Drogenkonsumenten (vgl. BT-Drs. 18/11610) ist auch die Frage aufgeworfen worden, ob § 31a Betäubungsmittelgesetz (BtMG) dahingehend geändert werden könnte, dass bei einem Vergehen nach § 29 BtMG unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur von einer Strafverfolgung abgesehen werden kann bzw. soll (vgl. § 31a Absatz 1 Satz 1 und 2 BtMG), sondern vielmehr muss. Nach dem im Strafverfahren geltenden Legalitätsprinzip (vgl. § 152 Absatz 2 Strafprozessordnung – StPO) ist die Staatsanwaltschaft bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat zur Verfolgung verpflichtet. Mangelt es aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an einem hinreichenden Tatverdacht, fordert das Legalitätsprinzip die zwingende Einstellung des Verfahrens nach § 170 Absatz 2 StPO. § 31a BtMG ist in seiner geltenden Fassung jedoch Ausfluss des Opportunitätsprinzips und damit , ebenso wie die Fälle der §§ 153 ff. StPO, eine Ausnahme vom grundsätzlichen Legalitätsprinzip : Denn nach § 31a BtMG kann aus Opportunitätsgründen ausnahmsweise von der Verfolgung abgesehen werden, obwohl dem Beschuldigten die Straftat – im Gegensatz zur Konstellation des § 170 Absatz 2 StPO – voraussichtlich nachgewiesen werden kann. Würde den Strafverfolgungsorganen das Absehen von der Verfolgung im Rahmen einer Änderung des § 31a BtMG nunmehr verbindlich vorgeschrieben, handelte es sich bei § 31a BtMG nicht mehr um eine dem Opportunitätsprinzip zuzuordnende Vorschrift. Er erscheint grundsätzlich fraglich, ob eine solche Regelung noch mit dem Bestimmtheitsgebot in Einklang zu bringen sein könnte. Nach diesem in Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) sowie in § 1 StGB verankerten Grundsatz müssen Straftatbestände so konkret formuliert sein, dass das verbotene Verhalten und die Rechtsfolgen für die Normadressaten eindeutig zu erkennen sind. Aus § 29 BtMG selbst wäre jedoch, wenn die Verfolgbarkeit an einer anderen Stelle des BtMG für bestimmte Fälle zwingend von vornherein ausgeschlossen würde, gerade nicht mehr in Gänze ersichtlich, bei welchem Verhalten der Tatbestand in einer Art und Weise verwirklicht wäre, dass tatsächlich eine Strafverfolgung drohte. Beabsichtigte der Gesetzgeber, in bestimmten Konstellationen eine Strafverfolgung wegen eines Straftatbestandes von vornherein auszuschließen, dürfte sich vielmehr im Lichte des Bestimmtheitsgebots grundsätzlich der jeweilige Straftatbestand selbst als der richtige Anknüpfungspunkt und Regelungsort anbieten. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Absehen von der Verfolgung nach § 31a Betäubungsmittelgesetz Kurzinformation Absehen von der Verfolgung nach § 31a Betäubungsmittelgesetz Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Literatur und Quellen: – Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 16. Juni 2017 (BGBl. I S. 1670) geändert worden ist. – Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist. – Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Juli 2017 (BGBl. I S. 2347) geändert worden ist. – Bundestagsdrucksache 18/11610, 22.03.2017, S. 1-3. – Peters, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2016, § 152 Rn. 26, 75-78. – Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 59. Auflage 2016, § 152 Rn. 2-7, § 153 Rn. 1, 3, 20a, § 170 Rn. 6. – Kotz/Oğlakcıoğlu, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 31a BtMG Rn. 1, 9 f., 60 ff. – Weber, Kommentar zum BtMG, 5. Auflage 2017, § 31a Rn. 61. – Fischer, Kommentar zum StGB, 65. Auflage 2018, § 1 Rn. 2 ff. ***