© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 032/21 Einzelaspekte des Bauplanungsrechts im Zusammenhang mit Kleingartenflächen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 2 Einzelaspekte des Bauplanungsrechts im Zusammenhang mit Kleingartenflächen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 032/21 Abschluss der Arbeit: 8. April 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtswirkungen der Darstellungen im Flächennutzungsplan 4 3. Die Bedeutung des Begriffs „Bauerwartungsland“ nach § 5 Abs. 2 ImmoWertV für die Bewertung von Kleingartenflächen 6 4. Rechtswirkungen von Kleingartenentwicklungsplänen 7 5. Modelle für eine Entwicklung von Kleingartenflächen in den Bundesländern bzw. Kommunen 8 6. Umfang einer ergänzenden Planung von Kleingartenflächen im Falle des Baus neuer Wohnquartiere im Geschosswohnungsbau in den Bundesländern bzw. Gemeinden 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 4 1. Einleitung Das Kleingartenwesen erfüllt „wichtige soziale, ökologische und städtebauliche Funktionen“.1 Kleingartenanlagen fördern den Erhalt der Artenvielfalt, leisten einen stadtklimatischen Beitrag und dienen der Erholung.2 In großen und wachsenden Städten sind Kleingärten zunehmend nachgefragt, während gleichzeitig ein steigender Bedarf „nach Baupotenzialen für Wohnen, Infrastruktur und Gewerbe, nach Grün- und Freiräumen sowie Flächen für Naturschutz- und Klimabelange “ besteht.3 Nachfolgend werden verschiedene (insbesondere bauplanungs-)rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Kleingartenflächen beleuchtet. Im Fokus stehen die Rechtswirkungen von Darstellungen in Flächennutzungsplänen (2.), von Kleingartenentwicklungsplänen (4.), sowie die Bedeutung des Begriffs „Bauerwartungsland“ nach § 5 Abs. 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV)4 für die Bewertung von Kleingartenflächen (3.). Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages prüfen landespolitische bzw. landesrechtliche Fragestellungen nur bei bundespolitischen bzw. bundesrechtlichen Bezügen. Daher können in Bezug auf die Frage, welche „zukunftsfähigen“ Entwicklungsmodelle in Bezug auf Kleingartenflächen in den Bundesländern bzw. Gemeinden bestehen (5.), lediglich allgemeine, überblicksartige und stichprobenhafte Ausführungen erfolgen. In Bezug auf die Frage, in welcher Größenordnung beim Bau neuer Wohnquartiere im Geschosswohnungsbau in den Bundesländern bzw. Gemeinden aktuell ergänzend auch Kleingartenflächen geplant werden (6.), konnte darüber hinaus nur bedingt relevantes Material recherchiert werden. 2. Rechtswirkungen der Darstellungen im Flächennutzungsplan Nach § 1 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB)5 ist es Aufgabe der Bauleitplanung, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe des BauGB vorzubereiten und zu leiten. Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 2 BauGB der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). Im Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. In ihm können gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB 1 Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.), Kleingärten im Wandel, Innovationen für verdichtete Räume, Stand: Dezember 2018, im Folgenden : „Kleingärten im Wandel“, S. 5, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen /sonderveroeffentlichungen/2019/kleingaerten-im-wandel-dl.pdf?__blob=publicationFile&v=1, letzter Abruf – auch für alle weiteren Internetlinks – 08.04.2021. 2 Kleingärten im Wandel, S. 6, 19. 3 Kleingärten im Wandel, S. 5. 4 Immobilienwertermittlungsverordnung vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639), die durch Artikel 16 des Gesetzes vom 26. November 2019 (BGBl. I S. 1794) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/immowertv/BJNR063900010.html. 5 Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/BJNR003410960.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 5 auch Grünflächen, wie beispielsweise Dauerkleingärten, dargestellt werden. Darstellungen der Flächennutzungspläne haben grundsätzlich keine Außenwirkung, sondern wirken gemeindeintern .6 Flächennutzungspläne werden überwiegend als Rechtsakte eigener Art (sui generis) angesehen , die „selbst unmittelbar keine eigenen Rechtswirkungen“ entfalten.7 Allerdings bekommen sie Rechtswirkungen durch andere Vorschriften des BauGB vermittelt, welche auf Flächennutzungspläne Bezug nehmen.8 Eine Bindungswirkung des Flächennutzungsplans besteht gegenüber der Gemeinde, welche nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB Bebauungspläne grundsätzlich aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln hat.9 Sofern im Flächennutzungsplan für Gebiete, in denen sich Kleingärten befinden, Flächen dargestellt sind, die andere als kleingärtnerische Nutzungen vorsehen (beispielsweise gewerbliche Bauflächen), dürfte es daher nahe liegen, dass die Gemeinde diese Vorgaben dann in einem Bebauungsplan umsetzt, welcher gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen wird und daher einen verbindlichen Außenrechtssatz darstellt.10 Andererseits liegt ein „Entwickeln“ im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB auch im Falle von Abweichungen des Bebauungsplans vom Flächennutzungsplan noch vor, sofern sich die Abweichungen aus dem Übergang in eine konkretere Planstufe rechtfertigen und der Bebauungsplan dabei der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans nicht widerspricht.11 Weiterhin dürfte beispielsweise die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB dem Flächennutzungsplan Rechtswirkungen vermitteln:12 Gemäß § 29 Abs. 1 BauGB gelten u.a. für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, die §§ 30 bis 37 BauGB. Im Außenbereich können gemäß § 35 Abs. 2 BauGB sonstige (nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte)13 Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Eine Anwendung dieser Vorschrift dürfte beispielsweise bei einer Errichtung, Ände- 6 Dirnberger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2018, § 1 Rn. 25. 7 Jaeger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2020, § 5 Rn. 10, 12. 8 Jaeger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2020, § 5 Rn. 12. 9 Dirnberger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2018, § 1 Rn. 26. 10 Vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 1 Rn. 24. 11 Vgl. Petz, in: Beck’scher Online-Kommentar BauGB, Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.), 51. Edition, Stand: 01.08.2019, § 8 Rn. 25 sowie BVerwG, Urteil vom 28.02.1975, Az. IV C 74/72, NJW 1975, 1985, 1986. 12 Vgl. Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 5 Rn. 47. 13 Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 35 Rn. 63. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 6 rung oder Nutzungsänderung eines in einem Kleingarten gelegenen bzw. zu errichtenden Gartenhauses im Außenbereich in Betracht kommen.14 Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB insbesondere vor, wenn das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. 3. Die Bedeutung des Begriffs „Bauerwartungsland“ nach § 5 Abs. 2 ImmoWertV für die Bewertung von Kleingartenflächen In § 5 ImmoWertV finden sich Definitionen des Entwicklungszustands von Grundstücken, die für die Belange der Wertermittlung von Grundstücken relevant sind.15 Die Begriffsbestimmungen sollen insbesondere gewährleisten, dass im Rahmen der Anwendung des Vergleichswertverfahrens (§ 15 ImmoWertV) „sowohl die zum Preisvergleich herangezogenen Grundstücke, als auch die zu bewertenden Grundstücke nach einheitlichen Kriterien eingestuft werden“.16 Bauerwartungsland sind gemäß § 5 Abs. 2 ImmoWertV Flächen, die nach ihren weiteren Grundstücksmerkmalen (§ 6 ImmoWertV), insbesondere dem Stand der Bauleitplanung und der sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, eine bauliche Nutzung auf Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen. Das Bauerwartungsland stellt ein Übergangsstadium zum Rohbauland und baureifen Land dar.17 Rohbauland sind nach § 5 Abs. 3 ImmoWertV Flächen, die nach den §§ 30, 33 und 34 BauGB für eine bauliche Nutzung bestimmt sind, deren Erschließung aber noch nicht gesichert ist oder die nach Lage, Form oder Größe für eine bauliche Nutzung unzureichend gestaltet sind. Baureifes Land sind gemäß § 5 Abs. 4 ImmoWertV Flächen, die nach öffentlich -rechtlichen Vorschriften und den tatsächlichen Gegebenheiten baulich nutzbar sind. Aus § 5 Abs. 3 und 4 ImmoWertV kann im Wege eines Umkehrschlusses gefolgert werden, dass „die als Bauerwartungsland zu qualifizierenden Flächen (noch) nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB), eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) oder eines Gebiets liegen, für das eine Planreife“ nach § 33 BauGB vorliegt.18 Eine Bewertung als Bauerwartungsland kann sich beispielsweise aus einer Darstellung im Flächennutzungsplan ergeben .19 Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bau, Stadt und Raumforschung (BBSR), Stand Dezember 2018, in deren Rahmen „kommunale Verwaltungen, Landesverbände des Bundesver- 14 Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.1984, Az. 4 C 55/81, NJW 1984, 1576. 15 Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 5 Immo WertV Rn. 1. 16 Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 5 Immo WertV Rn. 1. 17 Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 5 Immo WertV Rn. 59. 18 Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 5 Immo WertV Rn. 59. 19 Rixner/Biedermann/Charlier, in: Rixner/Biedermann/Charlier (Hrsg.), Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Auflage 2018, § 5 ImmoWertV Rn. 6, juris. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 7 bands Deutscher Kleingartenfreunde, Stadt-, Bezirks- und Regionalverbände sowie Kleingärtnervereine “ zu verschiedenen Aspekten des Kleingartenwesens befragt wurden20, werden Kleingärten zwar nicht grundsätzlich als Bauerwartungsland angesehen.21 Allerdings bestehe für diese insbesondere „in Kommunen mit Wachstumsdruck die Gefahr […], auch für andere Nutzungen aktiviert zu werden“, sofern „sie weder als Dauerkleingärten gesichert[22] noch als Grünflächen im Flächennutzungsplan“ dargestellt23 seien, „sondern als Wohnen, Gewerbe, gemischte Bauflächen, Sonderbauflächen“ oder Gemeinbedarf.24 Derartige Flächen existierten in ca. 40 % der befragten Kommunen; durchschnittlich sei ca. eine von zehn Anlagen betroffen.25 4. Rechtswirkungen von Kleingartenentwicklungsplänen Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung zu berücksichtigen. Die Vorschrift nimmt Bezug auf informelle städtebauliche Planungen.26 Bei Entwicklungsplanungen handelt es sich um solche informellen städtebaulichen Planungen außerhalb formeller Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB.27 So dürfte beispielsweise der Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, welcher momentan dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorliegt,28 im Falle eines entsprechenden Beschlusses „eine sonstige von der Gemeinde beschlossene Planung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB“ darstellen.29 Aufgabe der Entwicklungsplanung ist es, den Rahmen für eine den kulturellen , wirtschaftlichen und sozialen Anforderungen dienende städtebauliche Entwicklung und 20 Vgl. Kleingärten im Wandel, Vorwort. 21 Kleingärten im Wandel, S. 24. 22 Anmerkung durch Verfasser des Sachstands: Gemäß § 1 Abs. 3 des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG; Bundeskleingartengesetz vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 19. September 2006 (BGBl. I S. 2146) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/bkleingg/BJNR002100983.html) ist ein Dauerkleingarten ein Kleingarten (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 BKleingG) auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist (vgl. auch § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB). 23 Vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB. 24 Kleingärten im Wandel, S. 24. 25 Kleingärten im Wandel, S. 24. 26 Vgl. Dirnberger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.) Beck‘scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2018, § 1 Rn. 126 sowie Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 1 Rn. 78. 27 Dirnberger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.) Beck‘scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2018, § 1 Rn. 126, 127; Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand : 140. EL Oktober 2020, § 1 Rn. 173. 28 Vgl. Internetseite des Landes Berlin, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, abrufbar unter https://www.berlin.de/senuvk/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/de/kleingartenentwicklungsplan/. 29 Kleingärten in Berlin, Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, S. 12, abrufbar unter https://www.berlin .de/senuvk/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/kep/Broschuere_KEP.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 8 Ordnung zu setzen.30 Es wird vertreten, städtebauliche Entwicklungskonzepte und sonstige städtebauliche Planungen lösten „als solche keine unmittelbare Rechtswirkung“ aus.31 Sie dienten allerdings insbesondere der „Vorbereitung formeller Planungen oder sonstiger Maßnahmen im Sinne des BauGB“32. Die Ergebnisse dieser beschlossenen Konzepte bzw. informellen Planungen haben eine „die Bauleitplanung unterstützende Bedeutung“, beispielsweise in Bezug auf die Frage der Erforderlichkeit der Bauleitplanung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.33 Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zum Ausdruck gebracht, „dass solche städtebaulichen Konzepte und Planungen in der Bauleitplanung zu berücksichtigen sind“, weshalb die Ergebnisse durch die „Bauleitplanung aufgegriffen werden können“.34 Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Inhalte der beschlossenen Entwicklungskonzepte sowie der sonstigen städtebaulichen Planungen sind im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen .35 Allerdings besteht bei der Abwägung keine strikte Bindung an die Ergebnisse der städtebaulichen Entwicklungskonzepte oder sonstigen städtebaulichen Planungen.36 Dabei kann die Bauleitplanung auch von deren grundlegenden Aussagen nach den gleichen Abwägungsregeln abweichen, wie dies im Rahmen einer Zurückstellung abwägungsrelevanter Belange zugunsten anderer Belange erfolgen kann.37 5. Modelle für eine Entwicklung von Kleingartenflächen in den Bundesländern bzw. Kommunen Mit dem planerischen Instrument des Kleingartenentwicklungskonzepts können anhand von Bedarfs - und Standortanalysen die Bedeutung und Entwicklungsmöglichkeiten von Kleingartenflächen in den jeweiligen Gemeinden diskutiert und abgeklärt bzw. entworfen werden.38 Laut der 30 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 1 Rn. 79. 31 Rixner/Biedermann/Charlier, in: Rixner/Biedermann/Charlier, Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Auflage 2018, § 1 BauGB Rn. 96; vgl. auch Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch , 14. Auflage 2019, § 1 Rn. 81. 32 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 1 Rn. 81. 33 Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 1 Rn. 175. 34 Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 1 Rn. 175. 35 Dirnberger, in: Spannowsky/Uechtritz (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BauGB, 51. Edition, Stand: 01.11.2018, § 1 Rn. 129. 36 Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 1 Rn. 175. 37 Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 140. EL Oktober 2020, § 1 Rn. 175. 38 Kleingärten im Wandel, S. 32. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 9 bereits erwähnten Studie des BBSR (Stand 2018) lag der Anteil der Kommunen mit Kleingartenentwicklungskonzepten bei 45 %; unter Großstädten lag er bei 56 %.39 In ca. 40 % der Kommunen gibt es einen Kleingartenbeirat, welcher aus Vertretern von Kleingartenorganisationen, Verwaltung , Politik und Fachkreisen besteht.40 Über die Hälfte der im Rahmen der BBSR-Studie befragten „kommunalen Verwaltungen und der Stadt- und Regionalverbände verweisen auf eine enge Zusammenarbeit“.41 Fast jeder zweite befragte (Kleingärtner-)Verein und 48 % der befragten Stadt- oder Regionalverbände kooperieren „mit sozialen Trägern und Bildungseinrichtungen“.42 Auch arbeiten Kleingärtnervereine und -verbände vermehrt mit Natur- und Umweltinitiativen zusammen.43 Wenn sich Kommunen entscheiden, neue Kleingartenanlagen auszuweisen, erfolgt zunehmend eine Planung derselben als Kleingartenparks.44 Unter einem Kleingartenpark versteht man „eine Fläche, die aus verschiedenen privat genutzten (Kleingärten, Wochenendgrundstücken usw.) und öffentlichen (Spielplatz, Grillwiese usw.) zugänglichen Grundstücken besteht. Ein Kleingartenpark unterscheidet sich von einer herkömmlichen Kleingartenanlage dadurch, dass er durch den höheren Anteil an öffentlich nutzbaren Flächen einen ausgeprägten Erholungscharakter für die Bevölkerung besitzt“.45 Derzeit wird ein Forschungsprojekt betrieben, welches sich mit dem Thema Kleingartenparks beschäftigt .46 Insoweit wird auf der Internetseite des BBSR ausgeführt: „Die gemeinsame Entwicklung von Kleingartenanlagen zu -parks stellt eine zukunftsorientierte Möglichkeit für Kleingartenvereine und Kommunen dar, ökologische, soziale und freiraumtechnische Potenziale zu aktivieren. Unter welchen Rahmenbedingungen Kleingartenparks bisher 39 Kleingärten im Wandel, S. 32. 40 Kleingärten im Wandel, S. 32. 41 Vgl. Kleingärten im Wandel, S. 31; Antwort des BBSR auf eine entsprechende Anfrage des Fachbereichs, übermittelt als Anhang zur E-Mail vom 29.03.2021. 42 Kleingärten im Wandel, S. 81. 43 Kleingärten im Wandel, S. 82. 44 Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/exwost/Studien /2020/kleingartenparks/01-start.html. 45 Lüthin, Die Zukunft des Kleingartenwesens – „Kleingartenparks“, Management: Renaturierung von aufgelassenen Kleingärten und Kleingartenanlagen, Schriftenreihe 227, herausgegeben vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V., S. 44, abrufbar unter https://www.agrar.hu-berlin.de/de/institut/departments/daoe/bk/forschung /klimagaerten/weiterfuehrende-materialien-1/2013_management-renaturierung-aufgelassener-kleingaerten .pdf. 46 Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/exwost/Studien /2020/kleingartenparks/01-start.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 10 entstanden sind und wie diese Erfahrungen für zukünftige Umgestaltungen genutzt werden können , soll dieses ExWoSt[47]-Projekt aufzeigen.“48 Dabei wurden sieben Kleingartenpark-Typen erarbeitet, welche sich auf die Art der Entstehung beziehen.49 Auf der Internetseite des BBSR findet sich eine geografische Karte, in der exemplarisch Standorte bestehender und geplanter Kleingartenparks in den jeweiligen Bundesländern abgebildet sind, wobei die Kleingartenparks ihrem jeweiligen Typ zugeordnet wurden („Abb. 3: Arbeitsstand der recherchierten Kleingartenparks, verortet in Deutschland, Stand der Recherche: März 2021“).50 Hinsichtlich weiterer Ausführungen zu Kleingartenparks bzw. Kleingartenparkkonzepten (auch in einzelnen Städten) wird auf die bereits erwähnte BBSR-Studie „Kleingärten im Wandel“, S. 47 ff. verwiesen. Weiterhin finden sich unabhängig von der Thematik der Kleingartenparks auf den S. 37 ff. der Studie Informationen zu Modellen für eine Entwicklung von Kleingartenflächen für die Städte Hamburg51, Hannover52, Jena53 und Münster54. Stichprobenartig soll außerdem auf Ausführungen des dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorgelegten Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030 hingewiesen werden: Danach sollen von den vorhandenen 877 Kleingartenanlagen mit 70.953 Parzellen 57.848 Parzellen dauerhaft gesichert oder dauerhaft erhalten bleiben.55 Darüber hinaus legt der Kleingartenentwicklungsplan fest, dass weitere 6.934 Parzellen nicht vor dem Jahr 2030 für andere Nutzungen in Anspruch genommen werden sollen.56 Ein Verlust von bis zum Jahr 2030 abgehenden Parzellen „und der daraus resultierende Bedarf soll durch die Bereitstellung von Ersatzflächen, Parzellenteilungen und 47 Anmerkung durch Verfasser des Sachstands: „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“, Forschungsprogramm , vgl. die Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme /exwost/exwost-node.html;jsessionid=A51246F14A28B11830C9CCDFD224D176.live11293. 48 Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/exwost/Studien /2020/kleingartenparks/01-start.html. 49 Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/exwost/Studien /2020/kleingartenparks/01-start.html. 50 Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/exwost/Studien /2020/kleingartenparks/01-start.html. 51 Kleingärten im Wandel, S. 41. 52 Kleingärten im Wandel, S. 39. 53 Kleingärten im Wandel, S. 40. 54 Kleingärten im Wandel, S. 38. 55 Kleingärten in Berlin, Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, S. 73, abrufbar unter https://www.berlin .de/senuvk/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/kep/Broschuere_KEP.pdf. 56 Kleingärten in Berlin, Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, S. 73, abrufbar unter https://www.berlin .de/senuvk/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/kep/Broschuere_KEP.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 032/21 Seite 11 Umstrukturierungen von Kleingartenanlagen ausgeglichen werden“.57 Außerdem sei darauf zu achten, den bis zum Jahr 2030 errechneten Mehrbedarf an ca. 1.900 zusätzlichen Parzellen zu befriedigen .58 6. Umfang einer ergänzenden Planung von Kleingartenflächen im Falle des Baus neuer Wohnquartiere im Geschosswohnungsbau in den Bundesländern bzw. Gemeinden Aktuelles statistisches Material oder Übersichten zu der Frage, in welcher Größenordnung beim Bau neuer Wohnquartiere im Geschosswohnungsbau in den Bundesländern bzw. Gemeinden ergänzend auch Kleingartenflächen geplant werden, war nicht zu erlangen. Insoweit kann lediglich auf einen vom Arbeitskreis Kommunales Kleingartenwesen der Ständigen Konferenz der Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag erstellten Fachbericht aus dem Jahre 2005 verwiesen werden , welcher 2006 ergänzt wurde.59 Darin finden sich – allerdings in Bezug auf den Zeitraum 1963-2005 – Ausführungen zum Kleingartenbestand bzw. zur Bedarfsberechnung in verschiedenen Städten, unter anderem orientiert an der Anzahl der Kleingärten pro Geschosswohnung bzw. der Anzahl der m² pro Einwohner.60 Weiterhin wird auf ein Modellvorhaben in Rostock hingewiesen , welches „im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes ‚Green Urban Labs‘[61] durchgeführt wird“ und sich einem gesamtstädtischen Kleingartenkonzept widmete.62 Hierbei erarbeitete das Gartenamt Leitlinien, welche „die Sicherung der erforderlichen Kleingartenflächen zum Ziel haben . Zentral ist dabei, dass der Versorgungsgrad mit Kleingärten mit einem Faktor von 1:9 an die Geschosswohnungen der Stadt gekoppelt ist (je ein Kleingarten auf neun Geschosswohnungen )“.63 *** 57 Kleingärten in Berlin, Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, S. 73, abrufbar unter https://www.berlin .de/senuvk/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/kep/Broschuere_KEP.pdf. 58 Kleingärten in Berlin, Kleingartenentwicklungsplan Berlin 2030, S. 73, abrufbar unter https://www.berlin .de/senuvk/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/kep/Broschuere_KEP.pdf. 59 Arbeitskreis Kommunales Kleingartenwesen, Die Ständige Konferenz der Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag, Kleingärten im Städtebau, Fachbericht 2005, Das Kleingartenwesen als Teil der Stadtentwicklung, Untersuchung über den Strukturwandel, Grundsätze und Tendenzen, S. 2 abrufbar unter https://galk.de/component /jdownloads/send/16-das-kleingartenwesen-als-teil-der-stadtentwicklung/30-fachbericht. 60 Arbeitskreis Kommunales Kleingartenwesen, Die Ständige Konferenz der Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag, Kleingärten im Städtebau, Fachbericht 2005, Das Kleingartenwesen als Teil der Stadtentwicklung, Untersuchung über den Strukturwandel, Grundsätze und Tendenzen, S. 16-18, abrufbar unter https://galk.de/component/jdownloads/send/16-das-kleingartenwesen-als-teil-der-stadtentwicklung/30-fachbericht . 61 Anmerkung durch Verfasser des Sachstands: vgl. bezüglich des Forschungsprojekts „Green Urban Labs“ die Internetseite des BBSR, abrufbar unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/exwost/Forschungsfelder /2016/green-urban-labs/01-start.html. 62 Antwort des BBSR auf eine entsprechende Anfrage des Fachbereichs, übermittelt als Anhang zur E-Mail vom 29.03.2021. 63 Antwort des BBSR auf eine entsprechende Anfrage des Fachbereichs, übermittelt als Anhang zur E-Mail vom 29.03.2021, folgende Quelle im Wortlaut zitierend: BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.), 2021 (im Druck): Green Urban Labs – Strategien und Ansätze für die kommunale Grünentwicklung. BBSR-Einzelpublikation, S. 53.