© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 031/17 Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit von Personenverkehrsdienstleistungen nach § 8 Abs. 4 PBefG Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 2 Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit von Personenverkehrsdienstleistungen nach § 8 Abs. 4 PBefG Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 031/17 Abschluss der Arbeit: 15. März 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Bedeutung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 4 3. Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit 4 4. Grundsatz bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge 5 5. Sicherung der Eigenwirtschaftlichkeit im Genehmigungsverfahren 6 6. Zulässigkeit Personenverkehrsdienstleistung selbst zu erbringen 6 7. Zwischenergebnis 7 8. Der Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit in der Praxis 7 8.1. Problematik des Defizitausgleichs 7 8.2. Problematik der Definition ausschließlicher Rechte 8 9. Fazit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 4 1. Einleitung Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG)1 regelt die Genehmigung und die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung. Dabei wird detailliert geregelt, unter welchen Voraussetzungen und unter welchen Kriterien eine entsprechende Vergabe erfolgen kann. Geprägt werden die einschlägigen Regelungen durch europarechtliche Vorgaben. Hierbei kommt insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1370/20072 eine tragende Bedeutung zu. Denn diese Verordnung bestimmt, wann eine eigenwirtschaftliche Verkehrsleistung vorliegt und wann die Vergabe von Dienstleistungen an gemeinwirtschaftliche Verkehre möglich ist. 2. Bedeutung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 Mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 wurde auf europäischer Ebene ein umfangreiches Regelwerk für die Finanzierung und Vergabe von Personenverkehrsleistungen auf Schiene und Straße geschaffen. Diese Verordnung gilt unmittelbar in den Mitgliedstaaten, gewährt hierbei jedoch gewisse Spielräume, die durch den nationalen Gesetzgeber auszufüllen sind.3 Um eine einheitliche Anwendung zu gewährleisten, gibt diese aber wesentliche Kriterien der Definition der Eigenwirtschaftlichkeit vor. Die neue Legaldefinition ist dadurch deutlich enger gefasst. So kann etwa nicht mehr jede Einnahme eines Verkehrsunternehmens zu deren Eigenwirtschaftlichkeit führen. Anders als noch vor Inkrafttreten der Verordnung kann daher auch nicht mehr die Mehrzahl, sondern nur noch ein geringer Teil der Verkehre im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) die Kriterien der Eigenwirtschaftlichkeit erfüllen. 3. Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit Ein maßgeblicher Aspekt bei der Vergabe der Dienstleistungsaufträge ist die Differenzierung zwischen eigenwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Verkehren. Der § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG 1 Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 29. August 2016 (BGBl. I S. 2082); abrufbar unter: http://www.gesetzeim -internet.de/bundesrecht/pbefg/gesamt.pdf [letzter Abruf: 09.März 2017]. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (ABl. L 315/1 vom 03.12.2007, S.1) über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates; abrufbar unter: http://eur-lex.europa .eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:315:0001:0013:DE:PDF [letzter Abruf: 09. März 2017]. 3 BT-Drucks. 18/11160 vom 13. Februar 2017, S. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 5 bestimmt, dass Verkehrsleistungen im ÖPNV eigenwirtschaftlich zu erbringen sind. Die Legaldefinition des Begriffs findet sich in § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG. Demnach sind Verkehrsleistungen dann eigenwirtschaftlich, wenn deren Aufwand gedeckt wird durch - Beförderungserlöse, - Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Art. 3 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und - sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Sinne der Verordnung darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden. Damit sind Verkehre im ÖPNV im Wesentlichen dann eigenwirtschaftlich, wenn sie frei am Markt erbracht werden. Dabei schadet eine staatliche Begünstigung einschließlich einer Teilfinanzierung nicht, sofern diese nicht auf der Erteilung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf Grundlage der Verordnung beruht. Keine Eigenwirtschaftlichkeit liegt hingegen vor, wenn der Aufgabenträger durch einen Dienstleistungsauftrag Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gewährt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Verkehrsunternehmen Zahlungen oder andere finanzielle Vorteile erhält, um einen zunächst defizitären Verkehr durchzuführen zu können. 4. Grundsatz bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge Aus § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG ergibt sich der Grundsatz des Vorranges der Eigenwirtschaftlichkeit bei der Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen. Dies bedeutet, dass immer dann, wenn die Möglichkeit eines unternehmerischen Leistungsangebots vorliegt, diesem der Vorzug vor einer alternativ stets denkbaren behördlichen Organisation des ÖPNV zu geben ist.4 Die Statuierung des Vorrangs der eigenwirtschaftlichen Verkehre dient dem Ziel, eine ausreichende Verkehrsversorgung durch Leistungen zu sichern, die möglichst geringe Kosten für die Allgemeinheit erzeugen. Demnach ist eine gemeinwirtschaftliche Leistungssicherung grundsätzlich erst dann geboten, wenn eine Bedarfsdeckung durch ein unternehmerisch kalkuliertes Verkehrsangebot am Markt nicht möglich ist.5 4 Knauff, Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre im ÖPNV auf Grundlage des novellierten Personenbeförderungsgesetzes , GewArch 2013, S. 283 (284); -Anlage -. 5 Ziekow, Die Direktvergabe von Personenverkehrsdiensten nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und die Zukunft eigenwirtschaftlicher Verkehre, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2009, S. 865. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 6 5. Sicherung der Eigenwirtschaftlichkeit im Genehmigungsverfahren Da die für die Verkehrsdurchführung im ÖPNV erforderliche Linienverkehrsgenehmigung jeweils nur einem Verkehrsunternehmer erteilt werden kann, bedarf der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit im Genehmigungsverfahren besonderer Sicherungsmechanismen, die durch Vorgaben des PBefG geregelt werden. Das PBefG verpflichtet die Genehmigungsbehörde jährlich ein Verzeichnis der bestehenden Linienverkehrsgenehmigungen , einschließlich Linienführung und Geltungsdauer, zu veröffentlichen. Dieses Verzeichnis soll einen Hinweis auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung eines eigenwirtschaftlichen Genehmigungsantrags enthalten (§ 18 Abs.1 PBefG). Anträge eigenwirtschaftlicher Unternehmen sind spätestens zwölf Monate vor dem Beginn des beantragten Geltungszeitraums zu stellen (§ 12 Abs. 5 PBefG). Für sogenannte beauftragte Verkehre gilt dagegen eine mit sechs Monaten sowohl kürzere als auch weniger verbindliche Antragsfrist (§ 12 Abs. 7 PBefG). Die Entscheidungsfrist der Genehmigungsbehörde bezüglich eingehender Anträge beginnt nach Ablauf der jeweiligen Antragsfristen. Die Fristengestaltung verhindert ein Zusammentreffen von Genehmigungsanträgen für eigenwirtschaftliche und beauftragte Verkehre und sichert den Vorrang der Vergabe an eigenwirtschaftliche Verkehre.6 Plant der Aufgabenträger eine Direktvergabe ohne ein Vergabeverfahren durchzuführen, so ist dennoch die Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr möglich (§ 12 Abs. 6 PBefG). Das Unternehmen muss dabei den Genehmigungsantrag spätestens drei Monate nach der Vorabbekanntmachung stellen. Die Genehmigungsbehörde prüft dann, ob der Antragsteller die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Ist dies der Fall, ist der eigenwirtschaftliche Antrag zu genehmigen und das geplante Vergabeverfahren des Aufgabenträgers wird hinfällig.7 6. Zulässigkeit Personenverkehrsdienstleistung selbst zu erbringen Der zuständigen Behörde bleibt gemäß § 8a Abs. 3 PBefG neben dem wettbewerblichen Vergabeverfahren die Möglichkeit, öffentliche Personenverkehrsdienstleistungen selbst zu erbringen oder an ein eigenes Unternehmen direkt zu vergeben. Voraussetzung hierfür ist, dass die zuständige Behörde über den Betreiber eine Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienstelle und dieser ausschließlich für den Auftraggeber tätig wird.8 Ferner besteht die Möglichkeit der Direktvergabe, wenn der öffentliche Dienstleistungsauftrag bestimmte Schwellenwerte nicht überschreitet (§ 8a 6 Vgl. hierzu im Einzelnen Knauff, Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre im ÖPNV auf Grundlage des novellierten Personenbeförderungsgesetzes, GewArch 2013,S. 283 (286). 7 BT-Drucks. 18/11160 vom 13. Februar 2017, S. 10. 8 Fehling, in: Heinze/Fehling/Fiedler, Kommentar PBefG, 2. Auflage 2014, § 8a, Rn. 49 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 7 Abs. 3 PBefG, Art. 5 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007).9 Für solche Aufträge wird der Aufwand eines förmlichen Vergabeverfahrens oftmals als zu hoch eingeschätzt.10 Macht die Behörde von der Möglichkeit einer Direktvergabe Gebrauch, so muss sie die Entscheidung gegen ein wettbewerbliches Verfahren begründen. Die Kenntnis von den Gründen soll potentiellen Konkurrenten die Überprüfung möglich machen, ob die Voraussetzungen für eine Direktvorgabe vorliegen und ob möglicherweise ein Rechtschutzantrag Erfolg verspricht.11 7. Zwischenergebnis Das PBefG ermöglicht durch den Grundsatz des Vorranges der Eigenwirtschaftlichkeit einen unternehmerisch geprägten ÖPNV. Die engen Voraussetzungen hierfür werden durch die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in wesentlichen Punkten vorgegeben. Daneben besteht für die zuständigen Behörden die Möglichkeit, von einem Vergabeverfahren abzusehen und die Leistungen selbst zu erbringen bzw. die Dienstleistungsaufträge an ein eigenes Unternehmen direkt zu vergeben. Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit wird in diesen Fällen dadurch gewahrt, dass die Direktvergabe nur dann erfolgen darf, wenn kein adäquater eigenwirtschaftlicher Antrag eines privaten Unternehmens vorliegt. 8. Der Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit in der Praxis Der Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit führt in der Praxis zu zahlreichen Anwendungsschwierigkeiten , unter anderem im Hinblick auf einen Defizitausgleich (Ziffer 8.1) und der Definition des Begriffs „ausschließlicher Rechte“ im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG (Ziffer 8.2), aber auch schließlich hinsichtlich der Konkurrenz zwischen behördlicher Verkehrsplanung und dem Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit. 8.1. Problematik des Defizitausgleichs Um die Betriebskosten zu decken und Gewinne zu erwirtschaften, ist in der Regel eine Bezuschussung nötig. Ausgleichszahlungen, die aufgrund allgemeiner Vorschriften ergehen, sind dabei bereits vom Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG ohne Einfluss auf die Eigenwirtschaftlichkeit . Allgemeine Vorschriften sind gemäß Art. 2 Buchstabe l der Verordnung bei Maßnahmen, die diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art in einem be- 9 Nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, wenn Dienstleistungsaufträge entweder einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 1 000 000 EUR oder eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 300 000 km aufweisen. 10 Fehling, in: Heinze/Fehling/Fiedler, Kommentar PBefG, 2. Auflage 2014, § 8a, Rn. 54. 11 Fehling, in: Heinze/Fehling/Fiedler, Kommentar PBefG, 2. Auflage 2014, § 8a, Rn. 56. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 8 stimmten geografischen Gebiet gelten, die also keine individuellen Regelungen für einzelne Verkehrsbetreiber enthalten. Gemäß § 8 Abs. 4 PBefG und Art. 3 Abs. 2 und 3 der Verordnung sind daher Ausgleichsleistungen zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, wie beispielsweise für die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter nach § 145 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX)12 oder die vergünstigte Schülerbeförderung nach § 8 Abs. 4 Satz 3 PBefG ohne Einfluss auf die Eigenwirtschaftlichkeit. Teilweise wird diese Regelung vor dem Hintergrund des § 8a Abs. 1 PBefG kritisch gesehen, da dieser den Erlass allgemeiner Vorschriften erst dann ermöglicht, wenn ein eigenwirtschaftlicher Betrieb unmöglich ist. Es handele sich um einen Zirkelschluss, wenn eine Ausgleichsleistung, die die Eigenwirtschaftlichkeit nicht berühren solle, diese erst herbeiführe.13 Auch „sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne“ können zur Finanzierung herangezogen werden, ohne dass die Eigenwirtschaftlichkeit entfällt, solange sie nicht mit der Erteilung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags in Zusammenhang stehen, vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG. Beihilfen außerhalb der Anwendungsbereichs der Verordnung, zum Beispiel solche im Sinne von Art. 93 Alt. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), sind somit unschädlich, ebenso wie sonstige wirtschaftliche Erträge, die nicht auf öffentlicher Unterstützung beruhen. Individuelle Ausgleichsleistungen an nur bestimmte Verkehrsdienstleister sorgen demgegenüber stets zum Entfall der Eigenwirtschaftlichkeit. 8.2. Problematik der Definition „ausschließlicher Rechte“ Zudem wird eine Linienverkehrsgenehmigung nach § 9 ff. PBefG aufgrund der Regelung in § 13 Abs. 2 PBefG von Teilen der Literatur als ausschließliches Recht im Sinne von § 8 Abs. 4 PBefG angesehen.14 § 13 Abs. 2 PBefG sieht eine Versagung der Genehmigung zum Beispiel dann vor, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann oder der beantragte Verkehr ohne eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung Verkehrsaufgaben wahrnehmen soll, die vorhandene Unternehmen oder Eisenbahnen bereits wahrnehmen. Dies stelle eine Schutzwirkung dar, die einem ausschließlichen Recht im Sinne von Art. 2 Buchstabe f) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gleichkomme.15 Vertreter dieser Auffassung beziehen sich dabei auch auf eine Mitteilung der EU-Kommission, in der diese davon ausgeht, dass auch 12 Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046, 1047), geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234). 13 So jedenfalls laut BT-Drucks. 18/11160, Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht nach § 66 des Personenbeförderungsgesetzes , S. 9. 14 Vgl. auch Knauff, Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre im ÖPNV auf Grundlage des novellierten Personenbeförderungsgesetzes , GewArch 2013, S. 283 (288). 15 Wiedergabe der Argumentation auch in BT-Drucks. 18/11160, Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht nach § 66 des Personenbeförderungsgesetzes, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 031/17 Seite 9 auf den ersten Blick nicht-ausschließliche Rechte, die durch Rechtsvorschriften oder Verwaltungspraktiken verliehen werden, vom Begriff der Ausschließlichkeit erfasst sein können, wenn sie tatsächlich zu einer Beschränkung der Zahl der Anbieter auf dem Markt führen. In der Folge läge keine Eigenwirtschaftlichkeit mehr vor, wenn der Markt gesättigt sei und weitere Genehmigungen nach den Vorgaben des § 13 Abs. 2 PBefG versagt werden müssten. Demgegenüber geht das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) davon aus, dass das Schutzniveau nicht derartig ausgeprägt sei, dass darin eine Ausschließlichkeit gesehen werden könne. Es würden nicht, wie in der Definition des Art. 2 Buchstabe f) der Verordnung verlangt, sämtliche anderen Anbieter ausgeschlossen; der Ausschluss sei abhängig von der befriedigenden Verkehrsabdeckung im Einzelfall. Zudem genüge das Genehmigungsverfahren den materiellen Anforderungen der Verordnung, sodass eine Ausschließlichkeit nicht vorliegen könne.16 9. Fazit Zwar soll grundsätzlich der eigenwirtschaftliche Verkehr Vorrang vor dem gemeinwirtschaftlichen Verkehr haben. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG. Jedoch hängt die Möglichkeit einer eigenwirtschaftlichen Leistungserbringung stark davon ab, wie der nach § 8 Abs. 3 PBefG zu erstellende Nahverkehrsplan ausgestaltet ist und welche Verkehrsbedienung als ausreichend angesehen wird. Hiervon abweichende Genehmigungsanträge können nach § 13 Abs. 2a Satz 1 PBefG abgelehnt werden. Auch die im Plan festgelegte Linienbündelung ist nach § 13 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe b) PBefG verbindlich. In der Praxis werden Nahverkehrspläne daher in der Regel nicht eigenwirtschaftlich umgesetzt werden können, so dass öffentliche Aufträge im Sinne von §§ 8a, 8b PBefG und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vergeben werden müssen. Die Vorrangregelung läuft daher faktisch leer. *** 16 BT-Drucks. 18/11160, Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht nach § 66 des Personenbeförderungsgesetzes , S. 8.