© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 030/21 Einzelfragen zur Geldwäsche Strafrechtliche Betrachtung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 2 Einzelfragen zur Geldwäsche Strafrechtliche Betrachtung Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 030/21 Abschluss der Arbeit: 7. April 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundlagen der Geldwäschestrafbarkeit 5 2.1. Objektiver Tatbestand 7 2.2. Subjektiver Tatbestand 9 3. Irreführende Buchhaltungsmethoden 10 3.1. Round Tripping 10 3.1.1. Allgemeine geldwäschestrafrechtliche Relevanz 10 3.1.2. Verbindung mit einer Provisionsauszahlung 12 3.2. Fälschung von Jahresabschlüssen 12 3.2.1. Allgemeine Strafbarkeitsrisiken 13 3.2.2. Urkundendelikte 14 3.2.2.1. Urkundenfälschung (§ 267 StGB)/Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) 14 3.2.2.2. Mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB) 16 3.2.2.3. Ergebnis 17 3.2.3. Auswirkungen auf die Geldwäschestrafbarkeit 17 4. Überteuerte Unternehmenskäufe 18 5. Abwicklung von Glücksspieltransaktionen 19 5.1. Taugliche Vortat 19 5.2. Tathandlung 20 5.3. Subjektiver Tatbestand 21 5.3.1. Vorsatz 21 5.3.2. Leichtfertigkeit 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 4 1. Einleitung Als Geldwäsche bezeichnet man allgemein ein Verhalten, das dazu dient, Gelder oder sonstige Vermögenswerte durch bewusstes Vertuschen ihrer kriminellen Herkunft in den legalen Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.1 In der internationalen Kriminologie werden herkömmlich drei aufeinanderfolgende Phasen unterschieden:2 In der ersten Phase (placement) werden illegal erworbene Vermögenswerte auf verschiedene Weise in den regulären Finanzkreislauf eingespeist (z.B. gestreute Bareinzahlung auf Bankkonten; Fingierung von Einnahmen durch scheinhaft betriebenen Gewerbebetrieb), um in einem zweiten Schritt (layering) deren „Papierspur“ durch eine Kette von (oftmals grenzüberschreitenden) Transaktionen zu verwischen. In der dritten Phase (integration) können die zurücklaufenden, nunmehr unkenntlichen Vermögenswerte dann „redlich “ reinvestiert werden. Die Bekämpfung der Geldwäsche fußt im deutschen Recht im Wesentlichen auf zwei Säulen: dem Aufsichtsrecht und dem Strafrecht.3 Die aufsichtsrechtliche Ebene ist vor allem im Geldwäschegesetz (GwG)4 geregelt; weitere Regelungen finden sich aber auch in anderen Gesetzen.5 Das Aufsichtsrecht begründet umfassende Pflichten für Akteure im Finanzwesen, die mit entsprechenden behördlichen Kontrollbefugnissen korrespondieren, etwa für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Hierdurch sollen Geldwäschetaten im Vorfeld verhindert, allerdings auch der Nachweis begangener Taten für eine nachträgliche strafrechtliche Ahndung erleichtert werden.6 Letztere erfolgt insbesondere über den speziellen Straftatbestand der Geldwäsche , § 261 Strafgesetzbuch (StGB).7 Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wurden mit der Prüfung der geldwäscherechtlichen Relevanz einiger abstrakter Sachverhaltskonstellationen beauftragt. Das vorliegende Gutachten des Fachbereichs WD 7 behandelt entsprechend der gezeigten Aufspaltung des Geldwäscherechts die sich ergebenden allgemeinen strafrechtlichen Aspekte. Eine weitere Arbeit 1 Leicht abgewandelt von Nestler, Bank- und Kapitalmarktstrafrecht, 2017, S. 349. 2 Überblick nach Herzog/Achtelik, in: Herzog, Geldwäschegesetz – Kommentar, 4. Auflage 2020, Einleitung, Randnummern 7 ff. mit weiteren Nachweisen. 3 Vergleiche auch Wahl, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummern 51.16 ff. Dort wird für den Begriff „Aufsichtsrecht“ die Bezeichnung „Verwaltungsrecht“ verwendet. 4 Geldwäschegesetz vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1822), das zuletzt durch Artikel 269 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/gwg_2017/. 5 Siehe Überblick bei Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 233. Ergänzungslieferung (Oktober 2020), Vorbemerkungen, Randnummer 3. 6 Wahl (Fußnote 3), Randnummer 51.19. 7 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 47 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ (letzter Abruf dieser und aller weiteren Internetquellen: 7. April 2021). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 5 des insoweit zuständigen Fachbereichs WD 4 – Haushalt und Finanzen – befasst sich mit den diesbezüglichen aufsichtsrechtlichen Implikationen.8 2. Grundlagen der Geldwäschestrafbarkeit Die Geldwäsche ist in § 261 StGB gesondert unter Strafe gestellt. Anders als im Aufsichtsrecht ist Ziel hier, die persönliche Verantwortlichkeit einzelner natürlicher Personen im Rahmen eines Strafverfahrens sicherzustellen.9 Unternehmen als Personenverbände können sich dagegen nach deutschem Strafrecht bisher nicht strafbar machen.10 Obwohl erst 1992 in das StGB aufgenommen,11 ist § 261 StGB bereits jetzt dessen am häufigsten geänderte Norm.12 Die vielen Gesetzesänderungen standen dabei im Zeichen einer stetigen Erweiterung des Anwendungsbereiches und der Verschärfung des Tatbestandes – nicht zuletzt auch in Umsetzung beständig steigender völker- und europarechtlicher Anforderungen.13 Vorläufiger Schlusspunkt dieser Entwicklung ist dabei die jüngst, am 18. März 2021, in Kraft getretene Neufassung von § 261 StGB.14 Die strafrechtliche Verantwortlichkeit bestimmt sich jedoch alleine nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt (Rückwirkungsverbot).15 So kann etwa vergangenes Verhalten, das zum Tatzeitpunkt nicht strafbar war, nicht nachträglich durch Gesetzesänderung strafbar werden.16 Nachfolgend wird bei der Beurteilung, ob für bestimmte Konstellationen abs- 8 Aktenzeichen: WD 4 – 3000 – 029/21. 9 Ähnlich Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 1. 10 Hierzu und zu aktuellen Reformbestrebungen ausführlich Joecks/Scheinfeld, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2020, Vorbemerkung zu § 25 StGB, Randnummern 16 ff. 11 Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302), abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl192s1302.pdf%27%5D #__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl192s1302.pdf%27%5D__1617195610740. 12 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 68. Auflage 2021, § 261 StGB, Randnummer 1. 13 Jahn, in: Satzger u.a., Strafgesetzbuch – Kommentar, 5. Auflage 2021, § 261 StGB, Randnummer 3. Vergleiche auch Überblick zur Gesetzgebungsgeschichte bei Fischer (Fußnote 12), Randnummern 1 ff. 14 Vergleiche Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327), abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl121s0327.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl121s 0327.pdf%27%5D__1617195333858. 15 § 2 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG). 16 Siehe auch Hecker, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 30. Auflage 2019, § 2 StGB, Randnummer 3. Ausnahmen bestehen etwa nur zugunsten eines Täters, dessen Verhalten vor und nach Gesetzesänderung strafbar war, nunmehr allerdings milder bestraft wird. Da stets das mildeste Gesetz anzuwenden ist (§ 2 Abs. 3 StGB), würde sich dann die Strafe rückwirkend nach der erst nach der Tat in Kraft getretenen Strafnorm richten (ebenda, Randnummern 14 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 6 trakt eine Geldwäschestrafbarkeit in Betracht kommt, eine Handlung vor Inkrafttreten der Neuregelung unterstellt und dementsprechend nur die vorherige, seit dem 3. Januar 2018 geltende Fassung von § 261 StGB („alte Fassung“ („a.F.“)) berücksichtigt.17 Diese lautet auszugsweise: „§ 261 Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte (1) 1Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind 1. Verbrechen, […] 4. Vergehen a. nach den §§ 152a, 181a, 232 Absatz 1 bis 3 Satz 1 und Absatz 4, § 232a Absatz 1 und 2, § 232b Absatz 1 und 2, § 233 Absatz 1 bis 3, § 233a Absatz 1 und 2, den §§ 242, 246, 253, 259, 263 bis 264, 265c, 266, 267, 269, 271, 284, 299, 326 Abs. 1, 2 und 4, § 328 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 348 [StGB] […] die gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind, […] (2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1 bezeichneten Gegenstand 1. sich oder einem Dritten verschafft oder 2. verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er die Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat. […] 17 Vergleiche Art. 24 Abs. 22 in Verbindung mit Art. 26 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. FiMaNoG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693), abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl117s1693.pdf%27%5D#__bgbl__%2F %2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s1693.pdf%27%5D__1615296865919 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 7 (5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. […] (8) Den in den Absätzen 1, 2 und 5 bezeichneten Gegenständen stehen solche gleich, die aus einer im Ausland begangenen Tat der in Absatz 1 bezeichneten Art herrühren, wenn die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht ist. (9) […]. 2Nach den Absätzen 1 bis 5 wird außerdem nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. 3Eine Straflosigkeit nach Satz 2 ist ausgeschlossen, wenn der Täter oder Teilnehmer einen Gegenstand, der aus einer in Absatz 1 Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, in den Verkehr bringt und dabei die rechtswidrige Herkunft des Gegenstandes verschleiert.“18 2.1. Objektiver Tatbestand Wie aus dem Wortlaut ersichtlich, stellt § 261 StGB a.F. in seinen Absätzen 1 und 2 verschiedene Handlungen beim Umgang mit „Gegenständen“ unter Strafe, etwa das Verbergen oder Verschleiern von deren Herkunft, aber auch bereits das bloße Verschaffen oder Verwahren. Der Begriff des Gegenstandes ist dabei weit zu verstehen und umfasst alle Rechtsobjekte, die einen Vermögenswert haben – beispielsweise körperliches Bargeld, unkörperliches Buchgeld oder Gesellschaftsbeteiligungen .19 Als strafwürdig erachtet das Gesetz die – isoliert betrachtet – teils eigentlich „neutralen“ Handlungen (z.B. das Verwahren von Bargeld) aufgrund der besonderen Eigenschaft der Gegenstände als aus einer rechtswidrigen Tat herrührend – den sogenannten Vortaten.20 Diese sind in Absatz 1 Satz 2 von § 261 StGB a.F. abschließend aufgezählt. Neben Verbrechen (Nr. 1)21 sind dies ansonsten (Nrn. 2 bis 5) vielfach Straftaten, die klassischerweise dem Bereich der organisierten Kriminalität (inklusive Terrorismus) oder im weiteren Sinne den Vermögensdelikten zugerechnet werden. Problematiken ergeben sich, soweit es sich bei der Vortat um eine Auslandstat handelt, die nicht notwendigerweise der deutschen Strafgewalt unterliegt.22 Auf welche Taten deutsches Strafrecht Anwendung findet, ergibt sich aus den §§ 3 ff. StGB. § 261 Abs. 8 StGB a.F. sieht ungeachtet des- 18 § 261 StGB a.F. [Hervorhebungen und Auslassungen diesseits]. 19 Ruhmannseder, in: Beck’scher Online-Kommentar zum StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 261 StGB, Randnummer 8 mit weiteren Nachweisen. 20 Vergleiche zur Begrifflichkeit statt vieler Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 33. 21 Verbrechen im Sinne des StGB sind schwere Straftaten mit einer Mindeststrafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe , § 12 Abs. 1, 3 StGB. Ein Beispiel ist etwa ein Totschlag nach § 212 StGB. 22 El-Ghazi, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 4. Auflage 2020, § 261 StGB, Randnummer 51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 8 sen vor, dass eine Auslandstat geldwäscherelevante Vortat sein kann, wenn sie auch am ausländischen Tatort mit Strafe bedroht sind und auch in Deutschland (hypothetisch) als Katalogtat zu bestrafen wäre. Durch die Notwendigkeit der Vortat wird die Geldwäsche auch als sogenanntes Anschlussdelikt bezeichnet.23 Der Begriff „herrühren" (aus der Vortat) erfasst nach dem gesetzgeberischen Willen bewusst auch eine Kette von Verwertungshandlungen, bei welcher der ursprüngliche Gegenstand unter Beibehaltung seines Wertes durch einen anderen ersetzt wird (Surrogat).24 Die genaue Reichweite einer solchen „Bemakelungskette“25 ist in der strafgerichtlichen Praxis jedoch hoch umstritten.26 Übergeordnetes Ziel dieses weiten Verständnisses der Geldwäschestrafbarkeit ist der umfassende Schutz der Rechtspflege.27 Der staatliche Zugriff auf Vermögensgegenstände aus besonders gefährlichen Straftaten soll gewährleistet werden,28 Straftaten dürfen sich unter keinen Umständen „lohnen“.29 Entsprechend geht die Straftat der Geldwäsche mit umfassenden Einziehungsmöglichkeiten von Vermögenswerten durch die Strafjustiz einher.30 Eine wichtige Einschränkung stellt in diesem Zusammenhang der persönliche Strafausschließungsgrund der „Selbstgeldwäsche“ dar, § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB a.F.31 Soweit sich der Betroffene bereits aufgrund Beteiligung an der Vortat strafbar gemacht hat, wird er grundsätzlich nicht auch noch wegen einer diesbezüglichen Geldwäschehandlung bestraft. Dem Gesetzgeber 23 Ruhmannseder, in: Beck’scher Online-Kommentar zum StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 261 StGB, Einleitung. 24 Denn es sei für die Geldwäsche typisch, dass sie sich jeder denkbaren wirtschaftlichen Transaktion bediene, bei der der wirtschaftliche Wert erhalten bleibe (Gesetzentwurf des Bundesrates zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 25. Juli 1991, Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 12/989, S. 27, abrufbar unter: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf). 25 Begriff etwa bei Hecker, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 30. Auflage 2019, § 261 StGB, Randnummer 21. 26 Vergleiche beispielhaft den Überblick bei Ruhmannseder, in: Beck’scher Online-Kommentar zum StGB, 49. Edition (Stand: 1. Februar 2021), § 261 StGB, Randnummern 15 ff. mit weiteren Nachweisen. 27 Siehe zur entsprechenden ursprünglichen gesetzgeberischen Intention bereits BT-Drs. (Fußnote 24). Siehe zuletzt aus der Gerichtspraxis Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 31. Oktober 2018 – 2 StR 281/18 –, Randnummer 57 (mit Betonung auf Abs. 2). Zusätzliche Nachweise auch bei Jahn, in: Satzger u.a., Strafgesetzbuch – Kommentar, 5. Auflage 2021, § 261 StGB, Randnummer 11. 28 BGH (Fußnote 27). 29 Ähnlich zu Abs. 2 Altenhain, in: Kindhäuser u.a., Strafgesetzbuch – Kommentar, 5. Auflage 2017, Randnummer 14 mit weiteren Nachweisen. 30 Vergleiche insoweit bereits Wissenschaftliche Dienste, Umgang mit festgesetzten Gewinnen aus schweren Straftaten , 22. Januar 2021, WD 4 - 3000 - 001/21 – WD 7 - 3000 – 002/21, S. 6 ff., abrufbar unter: https://www.bundestag .de/resource/blob/824626/947f744b915c89d4e4c0f0286630b747/WD-4-001-21-pdf-data.pdf. 31 Vergleiche zum Begriff der Selbstgeldwäsche und zu weiteren Hintergründen etwa Teixeira, Die Strafbarkeit der Selbstgeldwäsche, Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2018, S. 634. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 9 zufolge sollen dadurch dem Grundsatz der Straffreiheit von Selbstbegünstigungshandlungen entsprochen und eine verfassungswidrige Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz (GG)32) verhindert werden.33 Eine später eingeführte, weitreichende Rückausnahme dieses Grundsatzes in Abs. 9 Satz 3 a.F. lässt eine Geldwäschestrafbarkeit wiederum zu, sofern der Vortatbeteiligte den aus der Vortat herrührenden Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert. Denn dies ist in den Augen des Gesetzgebers geeignet, neues Unrecht zu schaffen.34 2.2. Subjektiver Tatbestand Schließlich muss für eine Bestrafung wegen Geldwäsche dem Täter die Tat auch subjektiv vorwerfbar sein (subjektiver Tatbestand = Vorsatz/Fahrlässigkeit). Einfacher Vorsatz bedeutet nach der Rechtsprechung allgemein, dass die Erfüllung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen (hier: Bestehen tauglicher Vortat, Tathandlung etc.) aus Tätersicht als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und dabei billigend in Kauf genommen wurde beziehungsweise sich der Täter wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abgefunden hat.35 Dabei ist vorsätzliches Handeln insbesondere zum bloß fahrlässigen Handeln abzugrenzen. Eine spezielle Form der Fahrlässigkeit , die Leichtfertigkeit, findet sich dagegen in § 261 Abs. 5 StGB a.F. Wer bei Vornahme der Tathandlungen leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer Katalogtat stammt, wird zwar ebenso bestraft; der Strafrahmen ist jedoch geringer als beim vorsätzlichen Nicht-Erkennen. Leichtfertiges Verhalten ist gegeben, wenn sich die Herkunft des Gegenstands aus einer Katalogtat nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter dennoch handelt, weil er dies aus grober Unachtsamkeit oder Gleichgültigkeit außer Acht lässt.36 Hierdurch wollte der Gesetzgeber vor allem Beweisschwierigkeiten für den Nachweis des entsprechenden Vorsatzes vermeiden.37 32 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 u. 2 Satz 2 des Gesetzes vom 29. September 2020 (BGBl. I S. 2048) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/. 33 Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP für ein Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 1. Oktober 1997, BT-Drs. 13/8651, S. 11, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/13/086/1308651.pdf. Siehe auch zuletzt BGH, Beschluss vom 27. November 2018 – 5 StR 234/18 –, Randnummer 12. 34 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 14. Oktober 2015 zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Bekämpfung der Korruption, BT-Drs. 18/6389, S. 11, abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/063/1806389.pdf. Vergleiche zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rückausnahme auch BGH (Fußnote 33), Randnummern 10 ff. 35 Vergleiche statt vieler BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 2 StR 50/08 –, Randnummer 4 mit weiteren Nachweisen (zitiert nach juris). 36 Siehe zuletzt BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 StR 311/17 –, Randnummer 7 (zitiert nach juris). Vergleiche auch die entsprechende gesetzgeberische Vorstellung: BT-Drs. (Fußnote 24), S. 28. 37 BT-Drs. (Fußnote 24), S. 27. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 10 3. Irreführende Buchhaltungsmethoden Im Folgenden werden bestimmte Buchhaltungstechniken im Hinblick auf eine Verwirklichung des Straftatbestandes der Geldwäsche geprüft. 3.1. Round Tripping Beim round tripping handelt es sich um zirkuläre, sich gegenseitig aufhebende oder ohne primäre wirtschaftliche Funktion bleibende Transaktionen eines Unternehmens unter Einbeziehung zwischengeschalteter Unternehmen.38 Vereinfacht ausgedrückt beschreibt dies ein Hin-und-her- Überweisen von Geldbeträgen, die der zwischenzeitliche Empfänger nur pro forma erhält. 3.1.1. Allgemeine geldwäschestrafrechtliche Relevanz In Anwendung der unter 2.1. dargelegten Grundlagen des Geldwäschetatbestandes als Anschlussdelikt dürfte es für die Frage von dessen Anwendbarkeit maßgeblich auf die Herkunft der dafür eingesetzten Geldmittel ankommen: Sofern diese aus einer in § 261 StGB a.F. genannten Vortat stammen, kommt eine Geldwäschestrafbarkeit der handelnden Personen jedenfalls dann in Betracht, wenn diese die zirkulären Transaktionen nutzen, um die Spur des daraus herrührenden Geldes zu verwischen (layering).39 Konkret könnte etwa die Tathandlung der „Verschleierung der Herkunft“ bei entsprechendem Vorsatz gegeben sein.40 Unter eine Verschleierung lassen sich alle irreführenden Machenschaften fassen, die darauf abzielen, einem Tatobjekt den Anschein einer anderen (legalen) Herkunft zu verleihen oder zumindest die wahre Herkunft zu verbergen.41 In dieser Konstellation könnte dies potenziell etwa der Anschein sein, dass die Geldbeträge nicht aus Straftaten, sondern aus der Geschäftstätigkeit stammen. Unbeachtlich dürfte hierbei auch sein, falls es sich um eine Selbstgeldwäsche des Vortäters handeln sollte. Denn wie bereits in 2.1. aufgezeigt, ist die Selbstgeldwäsche im Ausgangspunkt zwar straflos, aber nicht, wenn der Gegenstand in den Verkehr gebracht und dabei die rechtswidrige Herkunft des Gegenstandes verschleiert wird.42 Dem Gesetzgeber zufolge werden sämtliche Handlungen erfasst, die dazu führen, dass der Täter den inkriminierten Gegenstand aus seiner tatsäch- 38 Definition in Anlehnung an Anhang IV Teil II B Nr. 3 Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen (ABl. L 139 S. 1), abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32018L0822. 39 Vergleiche zu den drei Phasen der Geldwäsche bereits unter 1. 40 § 261 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 StGB a.F. 41 Zuletzt BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 – 3 StR 521/18 –, Randnummer 47 (zitiert nach juris). 42 § 261 Abs. 9 Satz 2 f. StGB a.F. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 11 lichen Verfügungsgewalt entlässt und ein Dritter die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt.43 Dazu können – wie hier – auch die Überweisung von Buchgeld von einem Konto an einen dritten Zahlungsempfänger im In- oder Ausland zählen.44 Sofern die eingesetzten Gelder jedoch nicht aus einer in § 261 StGB genannten Katalogstraftat stammen sollten, kommt eine Geldwäschestrafbarkeit kaum in Betracht. Denn dann dürfte es an einer tauglichen Vortat fehlen, die kausal für die Bemakelung von Geldern werden könnte. Ein Gegenstand ist nach der Rechtsprechung dann als entsprechend bemakelt anzusehen, wenn er sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lässt.45 Das Hin-und-her-Transferieren von Buchgeld an sich stellt jedoch prinzipiell noch keine Straftat dar. Dabei werden verschiedenste Motive für die Anwendung dieser Technik benannt – nicht notwendigerweise mit kriminellem Hintergrund: Neben dem vom Geldwäschetatbestand erfassten „Verschleiern“ von Geldbeträgen (s.o.) kann Hintergrund das „Aufblähen “ der Umsätze in den Geschäftsunterlagen, um etwa attraktiver für potenzielle Investoren zu wirken,46 aber auch Steuervermeidung47 sein. Sofern die zirkulären Transaktionen dazu dienen , den Anschein von insoweit legitimer Geschäftstätigkeit zu schaffen, kann dies zwar als Ausgangspunkt für etwaige Betrugstaten (§§ 263 ff. StGB) dienen. Der Betrug (§ 263 StGB), der Computerbetrug (§ 263a StGB) und der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), soweit sie gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind, sind auch taugliche Vortaten einer Geldwäsche.48 Der bloße Geldtransfer, dessen Verbuchung, oder auch die allgemeine Offenlegung eines Jahresabschlusses können hierzu jedoch nur Vorbereitungshandlungen sein. Denn bei den Betrugstatbeständen handelt es sich jedoch im Wesentlichen um Kommunikationsdelikte, die an konkrete Täuschungshandlungen anknüpfen.49 Insoweit bedarf es für eine diesbezügliche Strafbarkeit jedenfalls der Präsentation der Buchhaltungsunterlagen gegenüber konkreten Dritten.50 43 BT-Drs., 18/6389 (Fußnote 34), S. 14. Siehe entsprechend BGH (Fußnote 33), Randnummer 20. 44 BT-Drs., ebenda. 45 BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 4/09 –, Randnummer 11 (zitiert nach juris). 46 Siehe etwa Handelsblatt (Internetausgabe), „Illegale Bilanztricks auch bei AOL entdeckt“, Artikel vom 20. August 2002, abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/archiv/fragwuerdige-buchungen-illegale-bilanztricksauch -bei-aol-entdeckt/2190976.html?ticket=ST-687872-Sbw4fWyPaqTxeZxqBamG-ap5 47 Aktien- und Finanzlexikon von Aktien Prognose, Begriff: „Round Tripping“, abrufbar unter: http://www.aktienprognose .com/boersenlexikon/Round+Tripping/. 48 Vergleiche § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a StGB a.F. 49 Explizit wird der Begriff „Kommunikationsdelikt“ in der Wissenschaft vor allem bei § 263 StGB genutzt (siehe etwa Hefendehl, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 263 StGB, Randnummer 26). Allerdings ist auch etwa das spezielle Betrugsdelikt von § 264 StGB von kommunizierten Täuschungshandlungen charakterisiert (Saliger, in: Satzger u.a., Strafgesetzbuch – Kommentar, 5. Auflage 2021, § 264 StGB, Randnummer 1). 50 Wagenpfeil, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummer 41.52. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 12 3.1.2. Verbindung mit einer Provisionsauszahlung Ähnliches gilt, wenn die Methodik des round tripping mit der Auszahlung von Provisionen an beteiligte Akteure verbunden ist. Sofern das mit der Provision ausgezahlte Geld aus einer Katalogtat stammt, stellt dieser Vermögenstransfer – analog zu obigen Ausführungen – eine weitere Möglichkeit der Verwischung der „Papierspur“ des Geldes dar. Die Auszahlung einer Provision stellt grundsätzlich einen alltäglichen, legitimen geschäftlichen Vorgang dar und ist nur in speziellen Konstellationen strafrechtlich relevant. Letzteres kann etwa der Fall sein, wenn die Provision als sogenannter kickback ausgezahlt wird. Dabei arbeiten bei einem Geschäft zwischen zwei Beteiligten der Vertreter eines Beteiligten mit dem anderen Beteiligten insoweit zusammen, als dass in Unkenntnis des vertretenen Beteiligten der Preis des gehandelten Gutes künstlich erhöht wird und der hierdurch entstehende Überschuss zwischen den Zusammenarbeitenden geteilt wird.51 Als Delikte kommen dabei je nach Konstellation eine Untreue (§ 266 StGB) oder die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) in Betracht. Beide Tatbestände , soweit sie jeweils gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind, stellen auch Katalogtaten der Geldwäsche dar.52 Allerdings stellen weder die bloße Auszahlung noch der Erhalt einer illegalen Provision bereits eine strafbare Geldwäschehandlung dar. Insbesondere bestraft etwa die Tathandlung des „sich oder einem Dritten verschaffen“53 nicht den originären, sondern nur den abgeleiteten Erwerb.54 Nach herrschender Meinung muss dabei die rechtswidrige Vermögenslage im Interesse des Vortäters oder mit dessen Einverständnis verstetigt (und gerade nicht erst geschaffen) werden.55 Dementsprechend ist eine weitere kriminelle Handlung in Bezug auf den Geldbetrag nötig, etwa ein Verbergen oder ein Verschleiern der Herkunft.56 Erneut zu beachten wären dabei die Strafbarkeitseinschränkungen im Falle einer Selbstgeldwäsche. 3.2. Fälschung von Jahresabschlüssen Der Jahresabschluss besteht grundsätzlich aus einer Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), § 242 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB).57 In einer laufenden Bilanz wird das Ver- 51 Siehe auch Grützner/Jakob, in: Grützner/Jakob, Compliance von A-Z, 2. Auflage 2015, Stichwort „Kick-back“. 52 § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a StGB a.F. 53 § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. 54 Statt vieler Jahn, in: Satzger u.a., Strafgesetzbuch – Kommentar, 5. Auflage 2021, § 261 StGB, Randnummer 51 mit weiteren Nachweisen. 55 Ebenda. 56 Vergleiche § 261 Abs. 1 Satz Varianten 1 und 2 StGB a.F. 57 Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/hgb/. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 13 hältnis von Vermögen und Schulden von Kaufleuten zum Schluss eines Geschäftsjahres dargestellt .58 Die GuV ist eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres.59 Kapitalgesellschaften (u. a. Aktiengesellschaften) treffen bei der Erstellung des Jahresabschlusses zudem erweiterte Pflichten.60 3.2.1. Allgemeine Strafbarkeitsrisiken Der Begriff der „Fälschung“ kann im allgemeinen Sprachgebrauch eine Vielzahl von Verhaltensweisen beschreiben. Hierzu zählen in diesem Zusammenhang etwa die inhaltlich unrichtige oder verschleiernde Verbuchung von Geschäftsvorgängen, aber auch tatsächliche, irreführende Transaktionen , die im Anschluss Niederschlag im Jahresabschluss finden.61 In letztere Kategorie könnten etwa die Verbuchung des bereits unter 3.1. beschriebenen round tripping fallen. Juristisch betrachtet kann die „Fälschung“ von Jahresabschlüssen je nach Einzelfall eine Vielzahl von Straftatbeständen erfüllen.62 In Betracht kommen etwa eine Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB) oder handelsrechtliche Strafvorschriften (§§ 331 ff. HGB). Bei Aktiengesellschaften eventuell auch Formen von Marktmanipulation (§§ 119 Abs. 1, 120 Abs. 15 Nr. 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)63) oder spezielle aktienrechtliche Straftaten (§§ 399 ff. Aktiengesetz (AktG)).64 Im Falle der Unternehmenskrise können auch Bankrottdelikte einschlägig sein (§ 283 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 StGB). Wie bereits unter 3.1.1. dargestellt, können im Anschluss an, in aller Regel jedoch nicht alleine durch die Fälschung von Bilanzen/Jahresabschlüssen, zudem allgemeine oder spezielle Betrugstatbestände (§§ 263 ff. StGB) verwirklicht sein.65 Eine gesonderte Strafbarkeit eines „Bilanzbetruges “ existiert entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch jedoch nicht. 58 § 242 Abs. 1 HGB. 59 § 242 Abs. 2 HGB. 60 Vergleiche §§ 264 ff. HGB. 61 Beispiele bei Wagenpfeil, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummern 40.2 und 40.36. 62 Ausführlich zu den im Folgenden genannten Straftatbeständen: Wagenpfeil, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht , 7. Auflage 2021, Kapitel 40. 63 Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2708), das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2773) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/wphg/. 64 Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/aktg/. 65 Beispielsfallgruppen bei Wagenpfeil, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummern 40.40 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 14 3.2.2. Urkundendelikte Speziell fraglich ist, ob die Fälschung von Jahresabschlüssen durch Vortäuschen von Auslandsgewinnen auch ein Urkundendelikt verwirklichen kann. Unter den Oberbegriff der Urkundendelikte lassen sich dabei eine Vielzahl von Straftaten im StGB und anderen Gesetzen fassen; im Kern sind sie im 23. Abschnitt des StGB (§§ 267 ff.) geregelt.66 3.2.2.1. Urkundenfälschung (§ 267 StGB)/Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) Der Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) bezieht sich von vornherein nur auf Urkunden . Dies ist nach ständiger Rechtsprechung jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung , die allgemein oder für Eingeweihte verständlich, zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt.67 Eine Verkörperung bedarf einer festen Verbindung der Erklärung zu einer körperlichen Sache, z. B. einem Schriftstück.68 Eine solch feste Verbindung fehlt allerdings bei rein elektronisch gespeicherten, nicht etwa durch Ausdruck verkörperten Dateien.69 In diesen Fällen kann es sich allerdings um beweiserhebliche Daten im Sinne von § 269 StGB („Fälschung beweiserheblicher Daten“) handeln, der als sogenannter Auffangtatbestand der Urkundenfälschung entsprechende Tathandlungen im elektronischen Beweisverkehr bestraft. In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass kaufmännische Handelsbücher (§§ 238 ff. HGB) in ihrer Gesamtheit eine sogenannte Gesamturkunde bilden.70 Dabei dürfte auch für Jahresabschlüsse in Anwendung der Urkundendefinition nichts anderes gelten.71 Insbesondere sind etwa bei einer Aktiengesellschaft durch die notwendige Unterzeichnung des Jahresabschlusses durch alle Vorstände72 auch deren Aussteller erkennbar. Denn Aussteller ist derjenige, dem die Erklärung geistig zuzurechnen ist.73 Dadurch, dass die Unterzeichnungspflichtigen bei 66 Erb, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, Vorbemerkung zu § 267 StGB, Randnummern 3 ff. 67 Siehe statt vieler Weidemann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 49. Edition (Stand: 1. Februar 2021), § 267 StGB, Randnummer 3 mit weiteren Nachweisen. 68 Ebenda, Randnummer 7 mit weiteren Nachweisen. 69 Ebenda. 70 Konkret wurde dies etwa bei Inventurlisten für den Jahresabschluss so gesehen (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1959 – 1 StR 591/59 –, (zitiert nach juris)). Weitere Rechtsprechungsnachweise bei Dannecker, in: Staub, HGB – Großkommentar, 5. Auflage 2012, vor § 331 HGB, Randnummer 125. 71 So auch Dannecker, in: Staub, HGB – Großkommentar, 5. Auflage 2012, vor § 331 HGB, Randnummern 204, 206. 72 Vergleiche § 245 HGB. Siehe für die aktienrechtlichen Besonderheiten Ballwieser, in: Münchener Kommentar zum HGB, 4. Auflage 2020, § 245 HGB, Randnummer 8. 73 Statt vieler Weidemann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 49. Edition (Stand: 1. Februar 2021), § 267 StGB, Randnummer 13 mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 15 Jahresabschlüssen die persönliche Verantwortung für deren Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen ,74 spricht viel dafür, dass etwa bei Aktiengesellschaften grundsätzlich die Vorstandsmitglieder als Aussteller von deren Jahresabschlüssen zu betrachten sind. Sofern der Jahresabschluss nicht in Papierform, sondern rein elektronisch aufgestellt werden sollte, dürften entsprechend beweiserhebliche Daten gemäß § 269 StGB vorliegen (s.o.).75 Soweit eine Urkunde vorliegt, schützt § 267 StGB allerdings nicht die Wahrheit der in ihr getroffenen inhaltlichen Aussagen („schriftliche Lüge“), sondern lediglich das Interesse des Rechtsverkehrs an der Echtheit von deren Urheberschaft.76 Strafbewehrt ist somit lediglich, vermeintlichen Ausstellern Erklärungen „unterzuschieben“ und sich so deren Leumund zu sichern („Herstellen einer unechten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr“, § 267 Abs. 1 Variante 1 StGB). Auch der Aussteller selbst kann nach stetiger Rechtsprechung eine „echte“ Urkunde in strafbewehrter Weise „verfälschen“ (§ 267 Abs. 1 Variante 2 StGB). Dies geschieht dadurch, indem er deren gedanklichen Inhalt nach Verlust der Verfügungsgewalt über die Urkunde (Eintritt in den Rechtsverkehr)77 so verändert, dass der Eindruck entsteht, der Aussteller habe die Erklärung von Anfang in der Weise abgegeben.78 Die Tathandlungen von § 269 StGB sind entsprechend der Funktion als Auffangtatbestand denen der Urkundenfälschung nachgebildet. Ausgehend von dem Grundsatz, dass § 267 StGB nicht die inhaltliche Wahrheit schützt (s.o.), kann die unwahre Eintragung einzelner Posten in Jahresabschlüssen demnach grundsätzlich keine Urkundenfälschung sein. Anders ist dies lediglich, wenn Eintragungen nach Erstellung geschehen. Geht es um die Strafbarkeit der Aussteller selbst (beispielsweise Vorstände einer Aktiengesellschaft , s.o.), gilt dies ab dem Zeitpunkt, nachdem sie die Verfügungsbefugnis über die Urkunde verloren haben („Verfälschen einer echten Urkunde“, s.o.). In Bezug auf Jahresabschlüsse in Aktiengesellschaften könnte eine Urkundenfälschung demnach von vornherein nur vorliegen, wenn die Fälschungen durch oder im Einvernehmen mit dem Vorstand nach Eintritt des Jahresabschlusses in den Rechtsverkehr geschehen. Ab wann dies genau der Fall ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Die Rechtsprechung legt dabei jedoch einen großzügigen Maßstab an: So soll beispielsweise die Verfügungsbefugnis des Vorstands einer Aktiengesellschaft über die Aufstellung von Inventurlisten bereits nach Mitteilung einer vorläufigen Bilanz an den Aufsichtsratsvorsitzenden vor der eigentlichen Abschlussprüfung nicht mehr bestehen.79 74 Ruppelt, in: Beck’scher Online-Kommentar HGB, 31. Edition (Stand: 15. Januar 2021), § 245 HGB, Randnummern 14, 20. 75 Vergleiche zum Einsatz elektronischer Dokumente bei der Jahresabschlussprüfung in der Praxis: Vogl u.a., E-Files im Kontext der Jahresabschlussprüfung, Der Betrieb (DB) 2020, S. 2697 ff. 76 Vergleiche statt vieler Weidemann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 49. Edition (Stand: 1. Februar 2021), § 267 StGB, Randnummern 21 ff. mit weiteren Nachweisen. 77 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 68. Auflage 2021, § 267 StGB, Randnummer 34. 78 Ausführlich Weidemann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 49. Edition (Stand: 1. Februar 2021), § 267 StGB, Randnummern 26 ff. 79 BGH (Fußnote 70), Leitsatz. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 16 Hiernach dürfte jedenfalls nach Testierung beziehungsweise Veröffentlichung des Jahresabschlusses die Verfälschung einer Urkunde möglich sein, da zu diesen Zeitpunkten der Rechtsverkehr in deren Echtheit vertrauen darf.80 Soweit die Strafbarkeit von Dritten in Rede steht, etwa inhaltliche Änderungen einzelner Mitarbeiter am Jahresabschluss ohne Absprache mit dem Vorstand , können diese die Urkunde verfälschen, sobald der Jahresabschluss als echte Urkunde existiert – im Beispiel folglich nach Unterschriftsleistung des Vorstandes (s.o.). Darüber hinaus müsste zur Erfüllung des Tatbestandes im Einzelfall die Urkunde aus Tätersicht – neben dem allgemeinen Vorsatz – insbesondere auch zur Täuschung im Rechtsverkehr verfälscht worden sein. Zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt nach der Rechtsprechung, wer fest damit rechnet, dass ein anderer die Urkunde für echt hält und durch diese irrige Annahme zu einem rechtlich erheblichen Verhalten bestimmt wird.81 Entsprechend gilt dies auch gemäß § 269 StGB hinsichtlich der beweiserheblichen Daten anstatt der Urkunde.82 3.2.2.2. Mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB) Die umfassende inhaltliche Richtigkeit einer Urkunde wird hingegen nur für bestimmte öffentliche Dokumente über den Straftatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 StGB) strafrechtlich geschützt. Hiernach macht sich strafbar, wer „bewirkt, dass Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind“.83 Der Grund für den besonderen strafrechtlichen Schutz der inhaltlichen Richtigkeit liegt in der erhöhten Zuverlässigkeit, die der Rechtsverkehr Dokumenten zuspricht, die von Behörden oder anderen staatlich legitimierten Institutionen ausgestellt oder geführt werden.84 Hierbei kommt es jedoch auf die spezifische Beweisrichtung der Dokumente an, die staatliche Institution muss im Einzelfall die Gewähr der inhaltlichen Richtigkeit übernehmen.85 Nach diesen Grundsätzen dürfte der Jahresabschluss kein solch öffentliches Dokument darstellen. Zwar ist etwa der festgestellte und gebilligte Jahresabschluss einer Aktiengesellschaft durch deren Vorstand offenzulegen 80 So auch Louis, Strafrechtliche Konsequenzen bei Falsch- und Nichtbuchungen – Teil 3: Bilanz-, Urkunden- und Steuerdelikte, Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling (BC), 2002, S. 230, 231. 81 Vergleiche insgesamt Wittig, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2020, § 267 StGB, Randnummern 83 f. 82 Siehe auch § 270 StGB, wonach der Täuschung im Rechtsverkehr die fälschliche Beeinflussung einer Datenverarbeitung im Rechtsverkehr gleichsteht. 83 § 271 Abs. 1 StGB [Hervorhebungen diesseits]. 84 Heitmann, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummer 39.27. 85 Im Ergebnis ebenda, Randnummer 39.28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 17 und wird nach dessen Bekanntmachung im Bundesanzeiger im Unternehmensregister veröffentlicht .86 Die Prüfung bei der Offenlegung des Jahresabschlusses durch den Betreiber des Bundesanzeigers beschränkt sich dabei aber auf den formalen Aspekt der Vollständigkeit – nicht umfasst ist jede Art der Inhaltskontrolle.87 Sofern jedoch keine solch inhaltliche Prüfung vorgenommen wird, kann auch unter Berücksichtigung der Anschauungen des Rechtsverkehrs nicht davon ausgegangen werden, dass der Bekanntmachung des Jahresabschlusses hinsichtlich seiner inhaltlichen Richtigkeit öffentlicher Glaube zukommt.88 Dementsprechend dürfte eine Strafbarkeit nach § 271 StGB im Hinblick auf die Fälschung von Jahresabschlüssen ausscheiden. 3.2.2.3. Ergebnis Im Ergebnis dürfte die Begehung eines Urkundendeliktes durch Fälschung von Jahresabschlüssen von vornherein nur über § 267 oder § 269 StGB in Betracht kommen. Dabei ist nicht die inhaltliche Fälschung eines Jahresabschlusses an sich, sondern die Verletzung von dessen Beweisfunktion ab einem gewissen Zeitpunkt strafbegründend. Dies begrenzt die entsprechende Strafbarkeit auf bestimmte Konstellationen. 3.2.3. Auswirkungen auf die Geldwäschestrafbarkeit Hinsichtlich der Frage, ob die Fälschung von Jahresabschlüssen auch Relevanz in Bezug auf eine Geldwäschestrafbarkeit entfalten kann, scheint eine Differenzierung hinsichtlich des Motivs dieser Vorgehensweise angezeigt. Zu einer solchen Fälschung sind je nach Einzelfall verschiedenste Beweggründe denkbar: Sofern ein Unternehmen Bilanzfälschungen vornimmt, um die eigene wirtschaftliche Lage zu dramatisieren, kann dahinter etwa eine geplante Steuerhinterziehung oder die Täuschung von vollstreckungswilligen Gläubigern stehen.89 Hieraus ergibt sich allerdings kein geldwäschestrafrechtlicher Anknüpfungspunkt. Sofern die Unternehmenssituation beschönigt werden soll (z. B. Vortäuschung von Auslandsgewinnen ), kann dies in einem Täuschungsversuch von potenziellen Investoren oder einer Manipulation des Aktienkurses begründet sein.90 Nicht ausgeschlossen erscheint es im letzteren Fall jedoch , dass es sich hierbei um die erste Phase eines Geldwäschevorgangs (placement) handelt, bei 86 Vergleiche in Bezug auf den Bundesanzeiger §§ 325 ff. HGB, für das Unternehmensregister § 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB. 87 Fehrenbacher, in: Münchener Kommentar zum HGB, 4. Auflage 2020, § 329 HGB, Randnummer 8. 88 Vergleiche auch parallele Argumentation des BGH zum fehlenden öffentlichen Glauben des Handelsregisters in Bezug auf die inhaltliche Richtigkeit dortiger Angaben zum Grundkapital von Aktiengesellschaften (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 3 StR 128/16 –, Randnummer 6 (zitiert nach juris)). 89 Wagenpfeil, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummer 40.38. 90 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 18 dem illegal erworbene Vermögenswerte in den regulären Finanzkreislauf eingespeist werden sollen .91 Möglich ist beispielsweise die fälschliche Deklarierung als Einnahmen oder Gewinne. Dies setzt jedoch voraus, dass die fälschlich in den Jahresabschluss eingestellten Gelder tatsächlich existieren sowie – wie beim round tripping – aus einer tauglichen Vortat stammen. Dann könnte in der Falschverbuchung ebenfalls eine Verschleierungshandlung gesehen werden.92 Rechtliche Schwierigkeiten könnten sich dann jedoch ergeben, wenn der für die Jahresabschlussfälschung strafrechtlich Verantwortliche zugleich an der Vortat beteiligt war (Selbstgeldwäsche).93 Wie bereits dargestellt, ist für eine Strafbarkeit in diesen Fällen ein In-den-Verkehr-Bringen und eine Verschleierung der rechtswidrigen Herkunft des Gegenstandes vonnöten, gleichbedeutend mit insbesondere dem Verlust der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Vortäters. In solchen Konstellationen dürfte zu prüfen sein, ob die falsch deklarierten Gelder tatsächlich in den Verfügungsbereich des Unternehmens gelangt sind – etwa durch Überweisung auf ein Unternehmenskonto durch den Vortäter – oder dies lediglich „auf dem Papier“ geschehen ist. Deutlich weniger Berührung mit dem Geldwäschetatbestand dürfte jedoch die Beschönigung des Jahresabschlusses durch „Luftbuchungen“ haben, ohne dass es um die Umdeklarierung real existierender Gelder ginge. Zwar sind einzelne der hiermit oftmals in Zusammenhang stehenden Straftaten94 unter Umständen auch taugliche Vortaten einer Geldwäsche. Zu nennen sind hier etwa bestimmte Betrugstaten (§§ 263 bis 264 StGB) oder die vorsätzliche Marktmanipulation nach dem WpHG, soweit sie jeweils gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind.95 Bei gleicher Begehungsweise trifft dies auch für die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) beziehungsweise die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) zu.96 Soweit jedoch kein Geld vorhanden ist, das „gewaschen“ werden könnte, besteht auch kein Ansatzpunkt für eine Geldwäschestrafbarkeit . Ähnlich zum round tripping handelt es sich in dieser Konstellation um klassische Vorbereitungstaten für spätere Straftaten. 4. Überteuerte Unternehmenskäufe Fraglich ist darüber hinaus, inwieweit der Geldwäschetatbestand erfüllt sein kann, sofern der Vorstand einer Aktiengesellschaft für eine künstliche Überhöhung des Verkehrswertes eines von der Aktiengesellschaft erworbenen Unternehmens sorgt und dadurch eine höhere Provision erhält , als ihm eigentlich zustünde. Für die Beantwortung der Frage gilt grundsätzlich nichts anderes als bei der Provisionskonstellation im Zuge des round tripping (3.1.2.). Sofern die Aktiengesellschaft durch den erhöhten Kaufpreis einen Vermögensschaden erleidet, steht als klassische kickback-Konstellation zwar eine 91 Siehe dazu bereits unter 1. 92 § 261 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 StGB a.F. 93 Dazu bereits unter 2.1. und 3.1.1. 94 Siehe bereits unter 3.2.1. und 3.2.2. 95 Vergleiche Aufzählung in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StGB a.F. 96 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 19 Untreuestrafbarkeit im Raum, die unter Umständen auch taugliche Vortat einer Geldwäsche sein kann. Wie gezeigt, sind allerdings im Anschluss für eine Verwirklichung von § 261 StGB a.F. weitere Tathandlungen notwendig. Etwas anderes dürfte lediglich in der speziellen Konstellation gelten, dass der erhöhte Kaufpreis dazu diente, aus Katalogtaten herrührende Gelder in dieser Transaktion zu „verstecken“. Dann läge eine ähnliche Situation wie beim allgemeinen round tripping vor (3.1.1). 5. Abwicklung von Glücksspieltransaktionen Zuletzt stellt sich die Frage einer möglichen Geldwäschestrafbarkeit, falls ein Finanzdienstleistungsunternehmen die (digitale) Abwicklung von Transaktionen ermöglicht, die aus Glücksspielgeschäften resultieren. 5.1. Taugliche Vortat Wie gezeigt, handelt es sich bei der Geldwäsche um ein Anschlussdelikt, das – in der hier maßgeblichen Fassung – an einen bestimmten Vortatenkatalog anknüpft. Dementsprechend wäre im Einzelfall zu prüfen, inwieweit im Vorfeld eine Katalogtat begangen wurde, aus der das transferierte Geld „herrühren“ kann. In Bezug auf das Glücksspiel ist bei möglichen Vortaten zwischen dem Einsatz von durch andere Straftaten bemakelten Geldern bei einem Glücksspiel und Straftaten durch die eigentliche Durchführung des Glücksspiels zu differenzieren. Im ersten Fall (Einsatz bemakelter Gelder beim Glücksspiel) handelt es sich dabei um die „klassische “ Geldwäschekonstellation, bei der das Glücksspiel als ein Vehikel benutzt wird, um Vermögensgegenstände mit rechtswidriger Herkunft aus tauglichen Vortaten in den Vermögenskreislauf einzuschleusen (placement).97 In der zweiten Konstellation (Glücksspiel selbst als Vortat) ist von mehreren Tatbeständen im Glücksspielstrafrecht (§§ 284 ff. StGB) nur die gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangene unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 284 StGB) Bestandteil des Vortatenkataloges.98 Dabei kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass Glücksspiele, für welche Finanzdienstleister den Zahlungsverkehr organisieren, regelmäßig gewerbsmäßig betrieben werden.99 Nach § 284 StGB wird grundsätzlich bestraft, „wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt“.100 Soweit somit lediglich Vortaten in 97 Praxisbeispiele auf Spieler- und Betreiberseite bei Ennuschat, Bekämpfung der Geldwäsche in Spielhallen, Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) 2016, S. 85, 87 ff. 98 § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a StGB a.F. 99 Berberich/Kudlich, Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit Glücksspiel-Angeboten im Internet als Geldwäsche?, ZfWG 2016, S. 179, 182. 100 § 284 Abs. 1 StGB. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 20 Bezug auf das Glücksspiel selbst in Rede stehen, ist von vornherein nur die Abwicklung von Transaktionen für Glücksspielveranstalter relevant. Für die Frage, wann eine behördliche Erlaubnis vorliegt, kommt es dabei auf einen bestandskräftigen behördlichen Verwaltungsakt an (Verwaltungsakzessorietät).101 Einzelheiten ergeben sich demnach aus dem Verwaltungsrecht, wobei sich spezielle Probleme bei ausländischen (Internet -)Veranstaltern auf dem deutschen Markt ergeben.102 Neben der Schwierigkeit der materiellen Strafbarkeit ist bei diesen grenzüberschreitenden Konstellationen überhaupt die Frage der Anwendbarkeit des deutschen (Glücksspiel-)Strafrechts zu klären. Insbesondere bei § 284 StGB ist dies umstritten.103 Diese Frage wäre im Hinblick auf eine taugliche Vortat für die Geldwäschestrafbarkeit von Personen bei einem Finanzdienstleister zu klären, denn es wäre keine Berufung auf eine Auslandstat als Vortat nach § 261 Abs. 8 StGB a.F. möglich (hierzu allgemein bereits unter 2.1.).104 Hierfür müsste die Glücksspielveranstaltung im jeweiligen Staat strafbar sein, was sie bei entsprechender staatlicher Erlaubnis oder gar Genehmigungsfreiheit nicht wäre. Läge nach diesen Grundsätzen eine taugliche Vortat vor, könnten sich im Übrigen weitere Probleme auf die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts auf die eigentliche Geldwäschetat ergeben.105 5.2. Tathandlung Soweit von der umfassenden Anwendung des deutschen Strafrechts auszugehen wäre, könnte die eigentlich neutrale Handlung der Transaktionsabwicklung eine Geldwäschehandlung darstellen : In Betracht käme dabei etwa das Verwenden des Gegenstandes für einen Dritten,106 das nach der gesetzgeberischen Vorstellung vor allem Geldgeschäfte umfasst.107 Nach Ansicht der Rechtsprechung fällt hierunter gar jeder bestimmungsgemäße Gebrauch des Vermögensgegenstandes .108 101 Zuletzt BGH, Urteil vom 27. Februar 2020 – 3 StR 327/19 –, Randnummer 14 (zitiert nach juris). 102 Überblick zur glücksspielrechtlichen Lage bei Hollering, in: Beck’scher Online-Kommentar zum StGB, 49. Edition (Stand: 1. Februar 2021), § 284 StGB, Randnummern 30 ff. 103 Überblick zum Streitstand bei Heine/Hecker in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 30. Auflage 2019, § 284 StGB, Randnummer 35. 104 Berberich/Kudlich (Fußnote 99), S. 181. 105 Einzelheiten bei Duesberg/Rübenstahl, Geldwäsche im Glücksspielsektor, ZfWG 2016, S. 292, 297 ff. 106 § 261 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 StGB a.F. 107 BT-Drs. (Fußnote 24), S. 27. Für ein Unterfallen der Transaktion bei Glücksspielgeschäften unter diese Tathandlung auch Rock/Seifert, Abwicklung von Kreditkartenzahlungen für unerlaubtes Glücksspiel – ein Fall strafbarer Geldwäsche?, Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (ZBB) 2009, S. 382, 386. 108 Zuletzt BGH, Urteil vom 15. August 2018 – 5 StR 100/18 –, Randnummer 33 (zitiert nach juris). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 21 5.3. Subjektiver Tatbestand Im Einzelfall besonders problematisch bei solch neutralen Handlungen kann jedoch die Feststellung des subjektiven Tatbestandes (Vorsatz/Fahrlässigkeit) sein. Wie bereits unter 2.2. allgemein festgestellt, muss der Täter einer Geldwäsche insbesondere im Bewusstsein (einfacher Vorsatz) oder jedenfalls leichtfertig hinsichtlich der rechtswidrigen Herkunft des von ihm behandelten Vermögensgegenstandes handeln. 5.3.1. Vorsatz Dabei genügt es für den Vorsatz hinsichtlich der Vortat, dass der Täter Umstände gekannt hat, aus denen sich in groben Zügen bei rechtlich richtiger Bewertung, die er nur laienhaft erfasst haben muss, eine Katalogtat ergibt („Parallelwertung der Laiensphäre“).109 Unproblematisch dürfte dabei nur die Fallgestaltung der aktiven kriminellen Zusammenarbeit von Verantwortlichen des Finanzdienstleisters mit etwa einem Glücksspielveranstalter in Bezug auf den Transfer von mit Katalogtaten in Zusammenhang stehenden Geldbeträgen sein. Denn dann wäre von positiver Kenntnis seitens der Verantwortlichen auszugehen. In einem solchen Fall könnte sogar eine Beteiligung an der Vortat, beispielsweise eine Beihilfe zur unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels vorliegen.110 Dann wären vorliegend erneut die Voraussetzungen der Selbstgeldwäsche zu prüfen.111 Sofern im Einzelfall keine entsprechende positive Kenntnis nachgewiesen werden kann, wäre weiter zu prüfen, inwiefern der jeweilige Verantwortliche die generellen Umstände der Katalogtat zumindest laienhaft erfasst hat (s.o.). Die Problematik ergibt sich insbesondere aus der weiten Fassung der Geldwäschehandlungen, die auch durch berufstypisches Verhalten verwirklicht werden können. Somit sind Angehörige bestimmter Berufe, wie etwa im Bankensektor, einem erhöhten Strafbarkeitsrisiko ausgesetzt.112 Einige Stimmen in der Literatur fordern in Konsequenz gesteigerte Anforderungen an den Vorsatz in solchen Fällen.113 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat jedoch explizit nur bei der Annahme von Honoraren durch Strafverteidiger deren sichere Kenntnis von der illegalen Herkunft der Gelder zur Voraussetzung einer Geldwäschestrafbarkeit gemacht.114 Für andere Berufsgruppen gilt die Privilegierung nicht.115 Auch ansonsten ha- 109 Zuletzt BGH, Beschluss vom 26. Juli 2018 – 3 StR 626/17 –, Randnummer 14 (zitiert nach juris). 110 Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 386. 111 Siehe bereits unter 2.1. und 3.1.1. 112 El-Ghazi, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 4. Auflage 2020, § 261 StGB, Randnummer 105. 113 Siehe etwa Hecker, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 30. Auflage 2019, § 261 StGB, Randnummer 27. 114 Grundlegend BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 – 2 BvR 1520/01 –, (zitiert nach juris). Vergleiche auch nunmehr die Übernahme dieser Rechtsprechung in § 261 Abs. 6 Satz 2 StGB neue Fassung. 115 Wahl, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Auflage 2021, Randnummer 51.38. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 22 ben sich für Mitarbeiter von Banken oder sonstigen Finanzinstituten keine diesbezüglichen allgemeingültigen Grundsätze herausgebildet. Teilweise wird der Vorsatz bei Zahlungsdienstleistern in der Literatur pauschal verneint,116 speziell beim Glücksspiel teils auch differenziert zwischen der Zahlungsdienstleistung für Glücksspielteilnehmer (grundsätzlich kein Vorsatz) und der für Glücksspielveranstalter (grundsätzlich Vorsatz wegen näherer Kenntnis des Geschäftsmodells des Veranstalters aufgrund bankrechtlicher Verpflichtungen).117 Nach anderen Stimmen seien stattdessen stets die konkreten Umstände des Einzelfalls zu werten, wobei Verstöße gegen das GwG als Indiz zu werten seien.118 5.3.2. Leichtfertigkeit Schwerpunkt der rechtswissenschaftlichen Diskussion in Bezug auf Finanzdienstleister ist allerdings die Frage nach der leichter nachzuweisenden Leichtfertigkeit in Bezug auf die Vortat.119 Denn im Gegensatz zum Vorsatz muss dort nicht das subjektive Vorstellungsbild einer Person festgestellt werden, sondern nur, ob sich die Herkunft des Gegenstands aus einer Katalogtat nach der Sachlage geradezu aufdrängt hat und aus grober Unachtsamkeit oder Gleichgültigkeit dennoch gehandelt wurde. Im Kern entspricht dies der Prüfung einer vorwerfbaren, gravierenden Pflichtverletzung im Einzelfall.120 Dabei ist bei Finanzdienstleistungen umstritten, welcher Sorgfaltsmaßstab anzuwenden ist. Je nach interner Struktur und Leistungsangebot sind für Finanzdienstleister im Kreditwesengesetz (KWG),121 dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)122 und dem GwG allgemeine Pflichten festgelegt.123 Bei den mitunter komplexen Geschäftsmodellen von Zahlungsdienstleistern im Internet kann die Eingruppierung im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten .124 Soweit insbesondere das GwG anwendbar sein sollte, ist diesem Gesetz nach wohl herrschender Literaturansicht kein genereller Sorgfaltsmaßstab für die strafrechtliche Leichtfertigkeit 116 Berberich/Kudlich (Fußnote 99), S. 184. 117 Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 386. 118 Walther, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42, Randnummer 113. 119 Dazu allgemein bereits unter 2.2. 120 Ähnlich Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 383 („Missachtung ernstzunehmender Pflichten“). 121 Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2773) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/. 122 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2446), das zuletzt durch Artikel 9 Absatz 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2773) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/zag_2018/. 123 Vergleiche Fußnote 5. Vergleiche zu den näheren Pflichten aus dem GwG auch das Parallelgutachten (Fußnote 8). 124 Aktueller Überblick bei Kremer/Altenburg, Leichtfertige Geldwäsche durch Online-Zahlungsdienstleister, Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen (ZWH) 2020, S. 101 f. Vergleiche speziell zum Glücksspielrecht: Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 378 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 030/21 Seite 23 zu entnehmen.125 Allerdings wurde die (Verletzung einer) Sorgfaltspflicht des GwG, jedenfalls in der Fassung vor Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie im Jahr 2017,126 in der Literatur verschiedentlich als Indiz zur Beurteilung einer Leichtfertigkeit herangezogen.127 Gleichzeitig betonen andere Literaturstimmen, dass die bloße Einhaltung der Pflichten aus dem GwG den Leichtfertigkeitsvorwurf noch nicht zu entkräften vermöge.128 Teilweise werden auch andere Regelwerke zur Bestimmung des notwendigen Sorgfaltsmaßstabes herangezogen, wie die vom Zentralen Kreditausschuss und dem Bundeskriminalamt erstellten Anhaltspunkte oder Typologieberichte zur Geldwäsche.129 Meist kommen die Ansichten jedoch zum übereinstimmenden Ergebnis, dass stets eine Abwägung im Einzelfall vonnöten sei, wozu die diskutierten Kriterien – soweit anerkannt – eine Hilfestellung böten.130 Als ein wichtiges Abwägungskriterium wird in der Literatur dabei die interne Stellung des jeweiligen Mitarbeiters im Finanzunternehmen genannt.131 Aufgrund dessen hervorgehobenen Stellung könnten dabei insbesondere die (Nicht-)Handlungen des unter Umständen nach dem GwG zu bestellenden Geldwäschebeauftragten im strafrechtlichen Fokus stehen.132 * * * 125 Siehe etwa El-Ghazi, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 4. Auflage 2020, § 261 StGB, Randnummer 135; Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 100; Walther, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42, Randnummer 118. 126 Art. 1 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1822), abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s1822.pdf%27%5D #__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s1822.pdf%27%5D__1617182499663. Gegenüberstellung von vergangenen Fassungen des GwG abrufbar unter: https://www.buzer.de/gesetz /8342/l.htm. 127 Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 100; Walther, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42, Randnummern 119 f. Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 383 mit Betonung auf das „know your customer“ Prinzip. 128 El-Ghazi, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 4. Auflage 2020, § 261 StGB, Randnummer 136 mit weiteren Nachweisen . 129 Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 100; Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 384 f. 130 Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42, Randnummer 120; Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 100; Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 385. 131 Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 100. 132 Ausführlich El-Ghazi, in: Herzog, Geldwäschegesetz, 4. Auflage 2020, § 261 StGB, Randnummern 137 ff. Zur diesbezüglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Geldwäschebeauftragten in Bezug auf die Rechtslage im GwG vor 2017: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42, Randnummer 121 ff.; Neuheuser, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 261 StGB, Randnummer 100; Rock/Seifert (Fußnote 107), S. 385.