© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 028/16 Archiv- und Urheberrecht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 028/16 Seite 2 Archiv- und Urheberrecht Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 028/16 Abschluss der Arbeit: 16. Februar 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 028/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzeslage nach dem Bundesarchivgesetz und der Archivordnung für den Deutschen Bundestag 4 2.1. Die gesetzlichen Regelungen im BArchG und der ArchivO für den Deutschen Bundestag 4 2.2. Urteile des Bundesverwaltungsgericht vom 25.06.2015 7 2.3. Aktuelle Entwicklung 7 3. Fazit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 028/16 Seite 4 1. Einleitung Diese Kurzzusammenfassung soll sich mit den Abgabeverpflichtungen nach dem Bundesarchivgesetz (BArchG)1 sowie nach der Archivordnung für den Deutschen Bundestag2 befassen. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage, ob sich eine dem § 5 Abs. 4 Archivordnung für den Deutschen Bundestag entsprechende Regelung im Bundesarchivgesetz finden lässt. Insofern soll beleuchtet werden, ob Unterlagen, die von Verfassungsorganen, Behörden, Gerichten des Bundes, den bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie den sonstigen Stellen des Bundes vor dem 1. Januar 2006 an das Bundesarchiv bzw. von dem Plenum, den Ausschüssen und sonstigen Gremien oder der Verwaltung des Deutschen Bundestages vor dem 1. Januar 2006 das Parlamentsarchiv abgegeben wurden nicht dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)3 unterliegen. 2. Gesetzeslage nach dem Bundesarchivgesetz und der Archivordnung für den Deutschen Bundestag 2.1. Die gesetzlichen Regelungen im BArchG und der ArchivO für den Deutschen Bundestag Das Bundesarchivgesetz regelt in § 5 die Nutzungsrechte. § 5 Abs. 1 S. 1 BArchG bestimmt, dass das Recht, Archivgut des Bundes aus einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Zeit, jedermann auf Antrag zusteht, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Somit wird hier eine grundsätzliche 30-jährige Schutzfrist geregelt (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 BArchG), welche in Anlehnung an damals übliche internationale Regelungen gewählt wurde. Diese Schutzfrist entspricht auch der einschlägigen Vorschrift der Gemeinsamen Geschäftsordnung der 1 Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG) vom 06.01.1988 (BGBl. I S. 62), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 38 des Gesetzes vom 07.08.2013 (BGBl. I S. 3154) - https://www.bundesarchiv.de/bundesarchiv/rechtsgrundlagen/bundesarchivgesetz/index.html.de - zuletzt abgerufen am 16.02.2016. 2 Archivordnung für den Deutschen Bundestag in der Fassung vom 27.06.2008 – ersetzt die Benutzungsordnung für das Parlamentsarchiv (Archivordnung) vom 27.08.1976 - https://www.bundestag .de/blob/190272/4aeb08bc16eded370e056211a3a841d6/archivordnung-data.pdf - zuletzt abgerufen am 16.02.32016. 3 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5.09.2005 (BGBl. S. 2722), zuletzt geändert such Art. 2 Abs. 6 zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 07.08.2013 (BGBl. S. 3154) - http://www.gesetze-im-internet.de/ifg/ - zuletzt abgerufen am 16.02.2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 028/16 Seite 5 Bundesministerien und reicht nach den bisherigen Erfahrungen aus, um den notwendigen Schutz verwaltungsinterner Informationen zu gewährleisten.4 Soweit § 5 Abs. 1 S. 1 BArchG demnach eine 30-jährige Schutzfrist gewährleisten will, bestimmt § 5 Abs. 4 S. 1 BArchG einen Dispens von dieser Schutzfrist für solche Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren. Dies gilt insbesondere für Film- und Bildgut sowie Tonaufzeichnungen.5 Die Archivordnung für den Deutschen Bundestag hat in § 5 Abs. 2 eine entsprechende Regelung getroffen. Sodann bestimmt § 5 Abs. 4 S. 2 BArchG: „Gleiches gilt für Archivgut, soweit es vor der Übergabe an das Bundesarchiv oder die Archive der gesetzgebenden Körperschaften bereits einem Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz offen gestanden hat.“ Das bedeutet, der Dispens von der 30-jährigen Schutzfrist greift nach dieser Regelung ebenfalls, wenn es sich um Archivgut handelt, dass bereits einem Zugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) unterlag. In diesem Rahmen ist es unerheblich, ob ein entsprechender Antrag nach dem IFG tatsächlich gestellt worden ist. Der Sache nach kann diese Vorschrift somit nicht auf Informationen angewandt werden, die vor Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) an das Bundesarchiv abgegeben wurden.6 Die Vorschrift soll sicherstellen, dass eine Information, die von der Verwaltung zugänglich gemacht werden durfte, nach der Abgabe an das Bundesarchiv nicht strengeren Zugangsregelungen unterworfen wird.7 § 5 Abs. 4 S. 1 der Archivordnung für den Deutschen Bundestag normiert: „Unterlagen der Verwaltung des Deutschen Bundestages unterliegen, soweit sie jünger als 30 Jahre sind und nach dem 1. Januar 2006 an das Parlamentsarchiv abgegeben wurden, dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) in der jeweils gültigen Fassung.“ Diese Vorschrift soll eine ähnliche Regelung wie § 5 Abs. 4 S. 2 BArchG treffen. Denn gerade weil grundsätzlich nach dem BArchG und der ArchivO eine 30-jährige Schutzfrist gilt, ist seit 4 Siegfried Becker/Klaus Oldenhage, Kommentar zum Bundesarchivgesetz, BArchG, 1. Auflage 2007, § 5 Rn. 14. 5 Siegfried Becker/Klaus Oldenhage, Kommentar zum Bundesarchivgesetz, BArchG, 1. Auflage 2007, § 5 Rn. 45-47. 6 Schnabel in Beck’scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, Stand: 01.05.2015, § 13 Rn. 13. 7 BT-Drucks. 15/4493, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 028/16 Seite 6 dem Inkrafttreten des IFG zum 01.01.2006 der Spannungsfall möglich, dass bezüglich Akten, welche noch nicht dem Archiv übergeben wurden, ein Antrag auf Einsichtnahme nach dem IFG gestellt werden kann. Diesbezüglich richtet sich die Einsichtnahme nach den Vorschriften des IFG. Wenn nun jedoch ein Antrag nach dem IFG gestellt worden ist und die Unterlagen erst danach an das jeweilige Archiv übergeben werden, hätte dies zur Konsequenz, dass sich eine Einsichtnahme nach den Vorschriften des BArchG bzw. der ArchivO richtet – unter deren strengeren Voraussetzungen . Diesem Widerstreit wollte das IFG mit § 13 Abs. 2 IFG in der Fassung vom 01.01.2006 entgegentreten , indem es dem § 5 Abs. 4 BArchG folgenden Satz hinzufügte: „Gleiches gilt für Archivgut, soweit es vor der Übergabe an das Bundesarchiv oder die Archive der gesetzgebenden Körperschaften bereits einem Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz offen gestanden hat.“ Damit wurde das BArchG an die seit dem 01.01.2006 durch das IFG geänderte Gesetzeslage angepasst , indem ein Verzicht auf die Schutzfrist des § 5 Abs. 1 BArchG in solchen Fällen erfolgt, in denen eine Einsichtnahme gleichzeitig nach dem IFG möglich war. Zusammenfassend hat die Regelung des § 5 Abs. 4 BArchG damit folgende Auswirkungen: Nach dem BArchG beträgt die grundsätzliche Sperrfrist zur Einsichtnahme 30 Jahre. Aufgrund des Inkrafttretens des IFG zum 01.01.2006 ist jedoch eine Einsichtnahme auf entsprechenden Antrag hin möglich. Deswegen wird die Sperrfrist von 30 Jahren dispensiert, soweit zuvor eine Einsichtnahme nach dem IFG möglich war. Im Ergebnis bedeutet das, dass die 30jährige Sperrfrist nicht für solche Unterlagen gilt, die nach dem 01.01.2006 an das Archiv abgegeben worden ist. Dieser Regelung und der neuen Gesetzeslage nach Inkrafttreten des IFG entspricht nun auch die Archivordnung für den Deutschen Bundestag. Auch hier gilt grundsätzlich eine 30jährige Schutzfrist . Da seit dem 01.01.2006 jedoch eine Einsichtnahme nach dem IFG auf Antrag möglich war, bestimmt § 5 Abs. 4 ArchivO, dass die Sperrfirst nicht für solche Unterlagen gelten sollte, die nach dem 01.01.2006 an das Archiv abgegeben worden sind – vielmehr richte sich die Einsichtnahme nach dem IFG. Der Dispens der archivrechtlichen Schutzfristen wird somit hinsichtlich der Stichtagsregelung (Inkrafttreten des IFG zum 01.01.2006) gewährt. Nach der Beschlussempfehlung des Innenausschusses ist das IFG auf Unterlagen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des IFG bereits an das Archiv abgegeben worden waren, nicht anwendbar.8 8 BT-Drucks. 15/5606, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 028/16 Seite 7 2.2. Urteile des Bundesverwaltungsgericht vom 25.06.2015 Mit der Möglichkeit der Einsichtnahme in die Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes hatte sich im vergangenen Jahr auch das Bundesverwaltungsgericht zu befassen. Es hatte über zwei Klagen auf Einsichtnahme in Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu entscheiden , nachdem der Bundestag zuvor entsprechende Anträge per Bescheid abgelehnt hatte. Das Bundesverwaltungsgericht entschied in zwei Parallelurteilen, dass grundsätzlich ein Recht auf Einsichtnahme bestehe – dem IFG liege ein funktioneller Behördenbegriff zugrunde, wonach die Verwaltung des Deutschen Bundestages bei der mandatsbezogenen Unterstützung der Abgeordneten durch Zuarbeiten der Wissenschaftlichen Dienste nach § 1 Abs. 1 IFG informationspflichtig sei.9 2.3. Aktuelle Entwicklung Aufgrund der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und der Aktualität des Themas finden sich diesbezüglich vermehrt Beiträge in den Medien und im Internet. Es ist ein (von der gemeinnützigen Open Knowledge Foundation10 und dem Internetportal abgeordnetenwatch.de11 getragenes) Projekt mit dem Namen „FragDenBundestag“12 entstanden, mittels dessen Jedermann die bereits erstellten Analysen des Wissenschaftlichen Dienstes anfordern kann.13 3. Fazit Die Archivordnung für den Deutschen Bundestag – hier insbesondere § 5 Abs. 4 – entspricht im Wesentlichen dem Bundesarchivgesetz – insbesondere § 5 Abs. 4 S. 2 BArchG. Beide Regelungen möchten der veränderten Gesetzeslage nach dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes zum 1.1.2006 Rechnung tragen. Damit wird durch § 5 Abs. 4 ArchivO für den Deutschen Bundestag und § 5 Abs. 4 S. 2 BArchG im Ergebnis ein Dispens von der Schutz- und Sperrfristen für solche Unterlagen erreicht, für die die Möglichkeit der Einsichtnahme nach dem IFG bestand. Ende der Bearbeitung. 9 BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 – 7 C 1/14 –, juris; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 – 7 C 2/14 –, juris. 10 https://okfn.de/ - zuletzt abgerufen am 16.02.2016. 11 http://abgeordnetenwatch.de/ - zuletzt abgerufen am 16.02.2016. 12 https://fragdenstaat.de/fragdenbundestag/ - zuletzt abgerufen am 16.02.2016. 13 http://www.zeit.de/digital/internet/2016-01/frag-den-bundestag-portal-transparenz-wissenschaftliche-gutachten - zuletzt abgerufen am 16.02.2016.