WD 7 - 3000 - 027/20 (20. Februar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Fraglich ist, ob Mieter zur Zwangsräumung ihrer Wohnung und ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Eigentums verpflichtet werden kann, wenn der Mieter oder der Wohnungseigentümer vorbestraft ist oder einen „kriminellen Lebensstil“ führt bzw. sich nicht sozial verhält. 1. Möglichkeit der Zwangsräumung von Mietern Grundsätzlich ist das Verhältnis zwischen dem Vermieter und dem Mieter in den §§ 535 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt, BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete vom 21.12.2019 (BGBl. I S. 2911), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BGB.pdf (Stand 18.2.2019). Der Vermieter hat nach den Vorschriften zu Mietverhältnissen über Wohnräume (§§ 549 ff BGB) ein ordentliches (§ 573 BGB) und ein außerordentliches Kündigungsrecht (§ 573d BGB). Gemäß § 573 BGB kann der Vermieter nur ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen, damit die Kündigung fristlos erfolgen kann, vgl. § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies ist der Fall, wenn das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist, vgl. § 543 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB. Ein berechtigtes Interesse zur ordentlichen Kündigung liegt vor, wenn der Mieter eine vertragliche Pflicht schuldhaft verletzt, der Vermieter die Räume für sich oder Familienangehörige benötigt oder er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wird und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde, vgl. § 573 Abs. 2 BGB. Ist der Mieter vorbestraft oder führt er einen „kriminellen Lebensstil“ kommt eine Kündigung aufgrund der Verletzung einer vertraglichen Pflicht in Betracht (Hausfriedensstörung), vgl. § 573 Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Möglichkeit der Zwangsräumung von Mietern und Eigentümern Kurzinformation Möglichkeit der Zwangsräumung von Mietern und Eigentümern Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Abs.1 Nr.1 BGB (ordentliche Kündigung) bzw. § 543 Abs. 1 BGB sowie § 569 Abs. 2 BGB (außerordentliche Kündigung). Bei Vorliegen einer Störung des Hausfriedens kann der Vermieter wahlweise nach diesen Vorschriften kündigen. Die Hausfriedensstörung ist nicht gesetzlich definiert. Es wird darunter die gegenseitige Pflicht zur Rücksichtnahme von den Nutzern von Wohn- und sonstigen Räumen in einem Gebäude verstanden (abgeleitet aus § 242 BGB Treu und Glaube). Stellt das Verhalten des Mieters eine schwerwiegende Verletzung der Rücksichtnahmepflicht dar, ist der Hausfrieden gestört, vgl. Weidenkaff in Palandt, Beckscher Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 569, Rn. 12, 13. Hat der Mieter durch rechtswidrige Handlungen den Hausfrieden unter Beeinträchtigung eines Nachbarn gestört, kann der Vermieter unter Umständen die Kündigung im Wege der Klage auf Räumung der Wohnung gemäß § 257 Zivilprozessordnung (ZPO) durchsetzen, vgl. ZPO in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.12.2005 (BGBl. I S. 3202, ber. 2006 I S. 431 und 2007 I S. 1781), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/zpo/ZPO.pdf (Stand 18.2.2020). 2. Möglichkeit der Verpflichtung zur Veräußerung des Wohnungseigentums Nach § 18 Abs. 1 Wohnungseigentümergesetz (WEG) kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Veräußerung des Wohnungseigentums verlangen, wenn sich der Wohnungseigentümer einer schweren Verletzung schuldig gemacht hat, die ihm gegenüber den anderen Wohnungseigentümern obliegt, so dass die Fortsetzung der Gemeinschaft den anderen Wohnungseigentümern nicht mehr zugemutet werden kann, WEG, in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.3.1951 (BGBl. III 403-1), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 5.12.2014 (BGBl. I S. 1962), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/woeigg/WEG.pdf (Stand: 18.2.2020). In § 18 Abs. 2 WEG befindet sich ein Auflistung, wann eine schwere Verletzung insbesondere vorliegt. Diese listet eigentumsbezogene Pflichten auf, wie den Umgang und der Instandhaltung des Eigentums (vgl. §§ 18 Abs. 2 Nr. 1, 14 WEG) sowie der Verpflichtung zur Lasten- und Kostenübertragung zwischen den Wohnungseigentümern (vgl. §§ 18 Abs. 2 Nr. 2, § 16 Abs 2 WEG). Auf personenbezogene Merkmale wie das Führen eines „kriminellen Lebensstil“ bezieht sich § 18 WEG nicht explizit. Das Urteil, welches den Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Eigentums verpflichtet, berechtigt jeden Miteigentümer zur Zwangsvollstreckung, vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 WEG. Die Ausübung des Entziehungsrechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 WEG. ***