Deutscher Bundestag Festlegung von Flugrouten Zuständigkeiten, Verfahren und Bürgerbeteiligung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 25/13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 2 Festlegung von Flugrouten Zuständigkeiten, Verfahren und Bürgerbeteiligung Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 25/13 Abschluss der Arbeit: 25. Februar 2013 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zuständigkeitsordnung 4 2.1. Planung und Feststellung 4 2.1.1. Bundesverkehrsministerium und Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung 5 2.1.2. Deutsche Flugsicherung 5 2.1.3. Umweltbundesamt 6 2.1.4. Beratender Ausschuss 7 2.1.5. Flugkommissionen 7 2.1.6. Flugverkehrskontrollfreigabe 8 2.1.7. Flugroutenplanung und Flughafenplanung 8 2.1.8. Zwischenergebnis 9 2.2. Widerspruchsrechte der Planungsbehörden 9 2.3. Luftaufsicht 10 3. Verfahren und Beteiligung der Öffentlichkeit 12 3.1. Planungs- und Feststellungsverfahren 12 3.1.1. Erster Schritt: Initative, Sachverhaltsermittlung und Entwurf 13 3.1.2. Zweiter Schritt: Konsultation des Beratenden Ausschusses und der Flugkommission 13 3.1.3. Dritter Schritt: Prüfung und Festlegung 13 3.2. Strategische Umweltprüfung 14 3.3. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Gemeinden 14 4. Bürgerbeteiligung im Luftverkehr 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 4 1. Einleitung Die nachfolgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Verteilung der Zuständigkeiten, dem vorgeschriebenen Verfahren und den Möglichkeiten der Mitbestimmung bei der Planung und Festlegung der Flugrouten im Luftverkehr. Der Fokus der vorliegenden Betrachtung liegt dabei auf der Planung und Festsetzung im Bereich des stadtnahen Flugverkehrs, der den Schutzbedürfnissen der Stadtbevölkerung gegenüber Lärmbelästigungen im An- und Abflugverkehr Rechnung zu tragen hat. Zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen wird zunächst die Zuständigkeitsordnung nach dem LuftVG erläutert. Hierbei werden die Befugnisse sowohl in den Bereichen der Routenplanung und –festlegung als auch bei der Kontrolle über die ordnungsgemäße Einhaltung der Flugrouten zur Sprache kommen (hierzu unter 2.). Im Anschluss daran wird der Frage nachgegangen, wie das Verfahren einer Festlegung von Flugrouten abläuft und in welcher Form die betroffenen Bürger und Gemeinden in das Verfahren einbezogen sind (hierzu unter 3.). Schließlich sollen grundsätzliche Überlegungen dazu angestellt werden, ob und in welcher Form die Bürgerbeteiligung im Planfeststellungsverfahren auf die Planung im Luftverkehr übertragbar ist (hierzu unter 4.). 2. Zuständigkeitsordnung Im Folgenden soll zunächst dargestellt werden, zwischen welchen Akteuren die Zuständigkeiten im Bereich der Planung und Festlegung von Flugrouten verteilt sind und aus welchen Vorschriften sich dies im Einzelnen ergibt (hierzu unter 2.1). Dabei wird gesondert darauf einzugehen sein, welche Möglichkeiten den zuständigen Stellen eröffnet sind, Planungsentscheidungen zu widersprechen (hierzu unter 2.3). Im Anschluss soll auf die Kontrolle der Einhaltung der festgelegten Flugrouten durch Airlines und Piloten eingegangen werden (hierzu unter 2.4). 2.1. Planung und Feststellung Gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes (GG)1 hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr. Der Gesetzgebungskompetenz entspricht eine Verwaltungskompetenz : Gemäß Art. 87 d Abs. 1 GG wird der Luftverkehr durch den Bund selbst verwaltet . Die Einzelheiten, auch bezüglich der Planung und Festlegung von Flugrouten, bestimmen sich nach dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG)2. 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Änderungsgesetzes (Art. 93) vom 11. 7. 2012 (BGBl. I S. 1478). 2 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Durchführung der EU-Verordnung Nr. 1177/2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr sowie zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2454). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 5 Der Gesetzestext verwendet für sämtliche Flugmanöver – einschließlich der einzuhaltenden Flugrouten – den Sammelbegriff „Flugverfahren“. Flugverfahren geben dem verantwortlichen Flugzeugführer verbindliche, dreidimensionale Vorgaben für die einzuhaltenden Flugwege vor. Vorgeschrieben werden Steuerkurse, Peilungen, Meldepunkte oder Anflugsfixpunkte sowie Flughöhen. Es handelt sich um Verhaltensanweisungen oder – anders ausgedrückt – um Verkehrsregeln für Flugzeugpiloten.3 Die festgelegten Flugverfahren sind gemäß § 27 a Abs. 1 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)4 bei Flügen innerhalb von Kontrollzonen, bei An-und Abflügen zu und von Flugplätzen mit Flugverkehrskontrollstelle und bei Flügen nach Instrumentenregeln zu befolgen, soweit nicht die Flugverkehrskontrollstelle davon im Einzelfall eine Freigabe erteilt. 2.1.1. Bundesverkehrsministerium und Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Innerhalb der Bundesverwaltung obliegt die Zuständigkeit für die Festlegung dieser Flugverfahren gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8 LuftVG dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Das BMVBS hat im Rahmen dieser Zuständigkeit die eben genannte LuftVO erlassen, welche die Pflichten der Teilnehmer am Luftverkehr umfassend regelt. Im Einzelnen werden die Vorgaben für die Flugzeugführer durch Rechtsverordnung festgelegt, zu deren Erlass das BMVBS gemäß § 27 a Abs. 2 Satz 1 LuftVO das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) ermächtigt hat.5 2.1.2. Deutsche Flugsicherung Das Bundesaufsichtsamt arbeitet bei der Festlegung der Flugverfahren mit der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) zusammen, die vom BMVBS mit der Durchführung der fachlichen Vorbereitungsarbeiten beauftragt und mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zur Flugsicherung beliehen worden ist.6 Die DFS ist somit für den Aufgabenbereich zuständig, der bis zum 1. Januar 1993 noch von der Bundesanstalt für Flugsicherung wahrgenommen worden ist.7 3 vgl. Lübben, in: Hobe/von Ruckteschell (Hrsg.), Kölner Kompendium Luftrecht, Band 2 Luftverkehr, Köln 2009, S. 811 Rn 75; vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes – Prüfung von formell- und materiellrechtlichen Aspekten bei der Benehmensregelung zur Festlegung von Flugrouten nach § 32 LuftVG zwischen UBA und BAF, Dessau-Roßlau 2012, S. 5 f., einsehbar unter http://www.uba.de/uba-info-medien/4244.html (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 4 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 580), zuletzt geändert durch Art. 3 des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 8. Mai 2012 (BGBl. I S. 1032). 5 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 6 f. (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 6 Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens (FS-AuftragsV) vom 11. November 1992 (BGBl. I S. 1928), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der luftverkehrsrechtlichen Vorschriften vom 24. August 2009 (BGBl. I S. 2942). 7 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 15 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 6 Obgleich die DFS privatrechtlich ausgestaltet ist, liegt ihre Führung vollständig in öffentlicher Hand, da die Anteile an der DFS ausschließlich vom Bund gehalten werden. Dies stellt § 31 b Abs. 1 Satz 1 LuftVG ausdrücklich klar. Im Gesetzestext wird die DFS durchgängig als „Flugsicherungsorganisation “ bezeichnet.8 2.1.3. Umweltbundesamt Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8, Abs. 4 c Satz 2 LuftVG ist, wenn den festzulegenden Flugverfahren eine besondere Bedeutung für Lärmschutz zukommt, das Benehmen mit dem Umweltbundesamt (UBA) herzustellen. Eine besondere Bedeutung für Lärmschutz kommt Flugrouten im An- und Abflugbereich in der unmittelbaren Umgebung von Flughäfen und sonstigen Flugplätzen zu. Der Begriff des Benehmens umschreibt eine Form der Verfahrensmitwirkung. Obgleich das Benehmen sowohl im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)9 als auch in anderen Gesetzen10 vorkommt , ist an keiner Stelle im Gesetzestext eine Aussage dazu enthalten, was Benehmen konkret bedeutet. Insbesondere stellt sich die Frage, ob für die Rechtmäßigkeit der festzulegenden Flugrouten erforderlich ist, dass das UBA ihnen seine Zustimmung erteilt. In Literatur und Rechtsprechung wird ein Benehmen überwiegend als Gelegenheit zur Stellungnahme verstanden. Zwar soll nach einigen Stimmen in der Literatur eine Benehmensherstellung auf das Ziel der Verständigung ausgerichtet sein.11 Einigkeit besteht jedoch dahingehend, dass eine Willensübereinstimmung der beteiligten Behörden für die Wirksamkeit der Planungsentscheidung nicht erforderlich ist.12 Dass dem UBA keine gleichberechtigte Zuständigkeit bei der Planung von Flugrouten zukommen soll, lässt sich auch daraus ableiten, dass § 32 Abs. 1 LuftVG die Wirksamkeit einzelner Planungsentscheidungen von einem Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ab- 8 vgl. etwa § 18 a Abs. 1 a Satz 2, Abs. 2 Satz 2, § 27 a Abs. 2 Satz 2, § 27 c Abs. 2 Satz 7, Abs. 5, § 27 d Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 29 Abs. 1 Satz 1, § 29 b Abs. 2, § 30 Abs. 2 Satz 4, § 31 Abs. 2, Nr. 16 h, Nr. 18, Abs. 3, § 31 b Abs. 1 Satz 1 LuftVG u.a 9 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im patentanwaltlichen Berufsrecht vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827). 10 etwa in § 17 Abs. 1 und Abs. 2, § 18 Abs. 3 und Abs. 4, § 22 Abs. 5, § 32 Abs. 1, § 57 Abs. 1, § 58 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), § 58 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG), § 71 des Vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV) oder § 29 Abs. 6 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW-/AbfG); vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 37 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 11 Attendorn, in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster (Hrsg.): Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Auflage München 2006, § 132 TKG Rn. 14; vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 41 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 12 BVerwG, Urteil vom 31.10.2000, 11 VR 12.00 (NVwZ 2001, 90, 91); vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes , a.a.O., S. 41 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013) m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 7 hängig macht. Bei dem Begriff des Einvernehmens handelt es sich nach übereinstimmender Ansicht um eine stärkere Form der Mitbestimmung.13 Dem UBA, dessen Mitsprache auf die schwächere Beteiligungsform des Benehmens beschränkt ist, soll somit keine durchsetzbare Rechtsposition zukommen.14 Die Mitwirkung des Umweltbundesamtes beschränkt sich im Ergebnis also auf ein Recht zur Stellungnahme . 2.1.4. Beratender Ausschuss Beteiligt an der Flugroutenplanung ist zudem der Beratende Ausschuss nach § 32 a LuftVG. Der Beratende Ausschuss wird gemäß § 32 a Abs. 2 LuftVG aus Vertretern des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit einerseits und aus Vertretern des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung andererseits gebildet. Der Einfluss des Beratenden Ausschuss auf die Abwägungsentscheidung ist aber denkbar begrenzt . Zwar ist er gemäß § 32 a Abs. 1 Satz 1 LuftVG bei der Flugroutenplanung anzuhören und darf gemäß § 32 a Abs. 1 Satz 2 LuftVG Empfehlungen aussprechen. Jedoch sind diese Empfehlungen für die Bundesministerien nicht verbindlich. Halten die Bundesministerien diese für nicht sachdienlich, so sind sie lediglich nach § 32 a Abs. 3 Satz 3 LuftVG verpflichtet, dies dem Beratenden Ausschuss schriftlich mitzuteilen und zu begründen.15 2.1.5. Flugkommissionen Zudem schreibt § 32 b Abs. 1 LuftVG für jeden Verkehrsflughafen, der dem Fluglinienverkehr angeschlossen ist und für den ein Lärmschutzbereich nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluglärmG)16 festzusetzen ist, die Einrichtung einer örtlichen Flugkommission vor. Die Aufgabe der örtlichen Flugkommissionen besteht in der Beratung von BAF und DFS.17 Hierzu wird die Flugkommission nach § 32 b Abs. 2 Satz 1 LuftVG über sämtliche Maßnahmen des BAF und der DFS gegen Fluglärm und Luftverunreinigungen unterrichtet. Auch ein Genehmigungsantrag eines Flugplatzbetreibers ist der Kommission nach § 32 b Abs. 2 Satz 2 LuftVG zuzuleiten. Nach § 32 b Abs. 3 Satz 1 LuftVG hat die Flugkommission ein Vorschlagsrecht für Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gegen Fluglärm und Luftverunreinigungen in der Umgebung eines 13 vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 41 und 44 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 14 vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 44 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 15 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 18 (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 16 Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluglärmG) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2550). 17 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 32 b LuftVG Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 8 Flugplatzes. Soweit BAF und DFS diese Vorschläge für nicht sachgerecht halten, so haben sie dies der Flugkommission nach § 32 b Abs. 3 Satz 2 LuftVG mitzuteilen und zu begründen. Auch an die Vorschläge dieses Gremiums ist die Genehmigungsbehörde folglich nicht gebunden.18 Die Zusammensetzung der Flugkommissionen bestimmt sich nach § 32 b Abs. 4 und Abs. 5 LuftVG. Dem Gremium sollen einerseits Vertreter der betroffenen Gemeinden in der Umgebung des Flugplatzes und Vertreter der Bundesvereinigung gegen Fluglärm angehören und andererseits Vertreter der Luftfahrzeughalter, des Flugplatzunternehmers und der für die Flughafenplanung bestimmten Landesbehörde. § 32 b Abs. 4 Satz 3 LuftVG sieht eine Gesamtzahl von 15 Mitgliedern vor. Bei den Vorschriften zur Zusammensetzung handelt es sich um Soll-Vorschriften, so dass die genannten Vertreter dem Gremium angehören sollen, aber nicht müssen.19 Die Mitgliedschaft ist nach Abs. 4 Satz 4 ehrenamtlich. Berufen werden die Mitglieder nach § 32 b Abs. 5 Satz 1 LuftVG von der Genehmigungsbehörde, deren Zustimmung nach § 32 b Abs. 5 Satz 3 LuftVG auch für die Geschäftsordnung und die Wahl des Vorsitzenden erforderlich ist. 2.1.6. Flugverkehrskontrollfreigabe Um im konkreten Einzelfall auf besondere Situationen angemessen reagieren zu können, kann einem Luftfahrzeugführer die Erlaubnis erteilt werden, von dem vorgegebenen Flugverhalten abzuweichen. Für eine solche Flugverkehrskontrollfreigabe nach § 26 LuftVO ist die jeweilige Flugverkehrskontrollstelle des Flughafens zuständig. Der Luftfahrzeugführer hat in einem solchen Fall den Vorgaben der Kontrollstelle zur Bewegungslenkung, zum Flugverlauf, zu Flugweg und zur Flughöhe Folge zu leisten.20 2.1.7. Flugroutenplanung und Flughafenplanung Die insoweit beschriebene Routenplanung im Luftverkehr ist streng zu unterscheiden von der Planung eines Flughafens nach den §§ 6, 8 LuftVG. Letztere unterfällt dem Zuständigkeitsbereich der Landesbehörden und darunter in erster Linie der Planfeststellungsbehörde, die gemäß § 10 Abs. 1 LuftVG von der jeweiligen Landesregierung bestimmt wird. Gegenstand dieses Genehmigungsverfahrens sind – bezogen auf den Flughafen mitsamt der Start- und Landebahnen – Erfordernisse der Raumordnung, des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Städtebaus sowie des Lärmschutzes. Bei der Planung eines Flughafens erstellt die Planfeststellungsbehörde auch eine prognostische Flugroutenplanung in regelmäßiger Abstimmung mit BAF und DFS. Eine verbindliche Entscheidung über die Flugrouten obliegt aber den Beauftragten des Bundes.21 18 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 32 b LuftVG Rn. 2 a. 19 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 32 b LuftVG Rn. 6. 20 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 7 f. (Stand dieser Internet-Quelle: 20. Februar 2013). 21 vgl. BVerwGE 114, 364; 111, 276; 121, 152; 128, 177; 109, 192. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 9 2.1.8. Zwischenergebnis Die Flugverfahren und Flugrouten werden nach der geltenden Rechtslage durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und die Deutsche Flugsicherung GmbH in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt, dem Beratenden Ausschuss und der jeweiligen örtlichen Flugkommission festgelegt. Im Einzelfall ist die Flugverkehrskontrollstelle dazu befugt, eine Freigabe davon zu erteilen. Rechtsverordnungen der Exekutive dürfen nach Art. 80 Abs. 2 GG generell nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Obgleich es sich bei den Rechtsverordnungen des BAF um solche Rechtsakte handelt, wirkt der Bundesrat nicht an der Festlegung der Flugrouten mit. Dies wird ermöglicht durch den Mitwirkungsvorbehalt in Art. 80 Abs. 2 GG. § 32 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 4 c LuftVG bestimmen in Übereinstimmung mit dieser Verfassungsbestimmung, dass eine Mitwirkung des Bundesrates nicht erforderlich ist.22 2.2. Widerspruchsrechte der Planungsbehörden Im Folgenden soll näher erörtert werden, ob und in welcher Form es den am Planungsprozess beteiligten Organen möglich ist, einzelnen Planungsentscheidungen zu widersprechen oder in sonstiger Form dagegen vorzugehen. Dem BAF obliegt gemäß der dargestellten Zuständigkeitsverteilung das letzte Wort bei der Festsetzung der Flugrouten. Insoweit besteht für die Genehmigungsbehörde kein Bedürfnis nach einem Widerspruchsrecht. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung führt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAFG)23 die Fachaufsicht über das BAF. Die Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Erledigung der Verwaltungsaufgaben.24 Das Bundesministerium kann also im Einzelfall die Planungsentscheidung des BAF aufheben und ihre eigene Entscheidung an deren Stelle setzen. Der DFS stehen keine Möglichkeiten offen, gegen die Entscheidung der Genehmigungsbehörde Widerspruch einzulegen. Ihre Rolle beschränkt sich – wie dargelegt – auf die unverbindliche Vorbereitung der Planungsentscheidung im Sinne einer angebotenen Dienstleistung. Zwar wird nach aktueller Verwaltungspraxis der überwiegende Teil der Planung von der DFS ausgeführt. Das BAF hat jedoch in letzter Konsequenz die Verantwortung für eine gesetzesgemäße Planungsentscheidung inne.25 22 vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 16 f. (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 23 Gesetz über die Errichtung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAFG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424). 24 Maurer: Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage München 2011, § 22 Rn 32. 25 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 24 (Stand dieser Internet-Quelle: 22. Februar 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 10 Gleiches gilt für das Umweltbundesamt, den Beratenden Ausschuss und für die örtlichen Flugkommissionen . Die Gremien dürfen zwar der Genehmigungsbehörde Empfehlungen und Vorschläge zur Vermeidung von Fluglärm und Luftverunreinigungen unterbreiten. Die Bundesministerien und das BAF sind aber – wie dargestellt – nicht an diese Vorschläge gebunden. Weder das Umweltbundesamt noch der Beratende Ausschuss noch die Flugkommissionen haben eine Möglichkeit , der Entscheidung des BAF zu widersprechen oder Bedenken gar gerichtlich geltend zu machen.26 Es bleibt den einzelnen Gremien aber unbenommen, beim BMVBS Aufsichtsbeschwerde gegen die Planungsentscheidung des BAF einzulegen.27 Dieses außerprozessuale Verfahren erlaubt es, jegliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Planungsentscheidung vorzutragen. Jedoch können dabei nur Anregungen an die Aufsichtsbehörde vermittelt werden, von ihrem Aufsichtsrecht Gebrauch zu machen. Ein Anspruch auf Einschreiten besteht nicht.28 2.3. Luftaufsicht Die Aufgabe der Luftaufsicht umfasst gemäß § 29 Abs. 1 LuftVG die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die Luftfahrt. Davon umfasst ist auch die Kontrolle auf Einhaltung der festgelegten Flugverfahren und Flugrouten soweit dies der Gefahrenabwehr dient. Die Vorschrift weist diese Aufgabe in gemeinsamer Zuständigkeit den Luftfahrtbehörden und der DFS zu, wobei Letztere im Gesetzestext wiederum als „Flugsicherungsorganisation“ bezeichnet ist. Luftfahrtbehörden im Sinne der Vorschrift sind nicht nur staatliche Stellen, sondern insbesondere auch Privatpersonen und Privatinstitutionen.29 Eine Beleihung von Privatpersonen wird durch § 29 Abs. 2 LuftVG ermöglicht, gemäß welchem die Luftfahrtbehörden Aufgaben auf andere Stellen übertragen oder sich anderer geeigneter Personen als Hilfsorgane bedienen können. Bei den aufsichtspflichtigen Luftfahrtbehörden handelt es sich im Einzelnen zunächst um Behörden des Bundes und der Länder. Die Aufsichtsbehörden des Bundes sind das BMVBS, das BAF und das Luftfahrt-Bundesamt (LBA)30 sowie die von dem Bundesministerium beliehenen Personen und Institutionen. Das Ministerium kann einen Flughafenkoordinator nach § 31 a 26 vgl. Hofmann/Grabherr/Wysk, § 32 b LuftVG, Rn 7; Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung , Köln 2010, § 32 a LuftVG Rn 1 und 2, § 32 b LuftVG Rn. 5. 27 vgl. Hofmann/Grabherr/Wysk, § 32 b LuftVG, Rn 7; Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung , Köln 2010, § 32 b LuftVG Rn. 5; Maurer: Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage München 2011, § 22 Rn 33. 28 Maurer: Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage München 2011, § 22 Rn 33; Wolf/Bachof/Stober: Verwaltungsrecht Band I, 12. Auflage München 2007, § 01 Rn 26. 29 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 29 LuftVG Rn. 6. 30 vgl. Gesetz über das Luftfahrt-Bundesamt vom 30. November 1954 (BGBl. I S. 354), zuletzt geändert durch Art. 332 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 11 LuftVG und Luftsportvereine nach § 31 c LuftVG zum Zwecke der Flugsicherung mit hoheitlichen Befugnissen beleihen.31 Auch die Bundesländer richten eigene Luftfahrtbehörden ein. Dabei handeln sie entweder aufgrund eigenen Rechts gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 18 LuftVG oder als Beauftragte für den Bund entsprechend § 29 Abs. 2 LuftVG. Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um die Flugverkehrskontrollstellen der Länder, die durch das jeweilige Bundesland eingerichtet werden, aber für den Bund tätig werden.32 Aufgaben der Flugsicherung werden schließlich auch von der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (EUROCONTROL) übernommen. EUROCONTROL nimmt Aufgaben der Luftsicherung im oberen Luftraum wahr, und zwar jeweils im Auftrag des Unterzeichnerstaates, auf dessen Hoheitsgebiet sich die Maßnahme bezieht.33 Jede Aufsichtsbehörde ist für die Sicherheit in ihrem originären Zuständigkeitsbereich verantwortlich . Die Kontrolle auf Einhaltung der festgelegten Flugrouten fällt somit grundsätzlich in die Zuständigkeitsbereiche des BAF und der DFS.34 Sie werden dabei an den Flughäfen durch die dort vertretenen Behörden unterstützt, die einander zur Leistung von Amtshilfe verpflichtet sind.35 Fraglich ist, welche Konsequenzen es hat, wenn die vorgegebenen Flugrouten ohne zwingenden Grund verlassen werden. § 58 Abs. 1 LuftVG enthält einen Ordnungswidrigkeiten-Katalog. Gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG handelt ordnungswidrig, wer „einer auf Grund des § 32 LuftVG erlassenen Rechtsverordnung […] zuwiderhandelt, wenn die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist“. Ein Beispiel für eine solche Rechtsverordnung im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG ist die Luftverkehrs-Ordnung. § 43 Nr.30 LuftVO qualifiziert eine Abweichung von einem nach § 27 a LuftVO vorgeschriebenen Flugverfahren als Ordnungswidrigkeit in diesem Sinne. Eine auf diese Weise begangene Ordnungswidrigkeit kann nach § 58 Abs. 2 LuftVG mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet 31 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 29 LuftVG Rn. 6 a; vgl. auch die Aufzählung der im Vergleich zu den Landesbehörden vorrangig zuständigen Bundesbehörden in § 31 Abs. 2 Nr. 18 LuftVG. 32 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 29 LuftVG Rn. 6 a. 33 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 29 LuftVG Rn. 16. 34 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 29 LuftVG Rn. 9. 35 vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, Köln 2010, § 29 LuftVG Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 12 werden. Zuständig für die Festsetzung einer Geldbuße ist nach § 63 Nr. 4 LuftVG in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten36 das BAF. 3. Verfahren und Beteiligung der Öffentlichkeit Im Folgenden sollen die einzelnen Schritte dargestellt werden, welche die Prozedur der Routenplanung durchläuft, bevor eine Flugroute ihre finale und rechtsverbindliche Gestalt erhält. Bei der Änderung einer bestehenden Flugroute kommt ein identisches Verfahren zur Anwendung (hierzu unter 3.1). Schließlich wird sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Gesetz die Planungsakteure zu einer Einbeziehung der Öffentlichkeit und der betroffenen Gemeinden verpflichtet (hierzu unter 3.2). 3.1. Planungs- und Feststellungsverfahren Weder das LuftVG noch die LuftVO enthalten Vorgaben zu dem anzuwendenden Planungsverfahren ; auch finden sich hierzu keine anderweitigen Vorschriften.37 Die Gestaltung des Verfahrens steht somit grundsätzlich im Ermessen des BAF.38 Die Behörde ist aber insoweit an die Vorgaben über planerische Abwägungsentscheidungen der hoheitlichen Gewalt gebunden, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ableiten.39 Gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind diese Vorgaben dann verletzt, „wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, wenn in der Abwägung nicht alles an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge hätte eingestellt werden müssen, wenn das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt worden oder aber der Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Bedeutung der Belange außer Verhältnis gestanden hat“.40 Bei der Abwägung stehen die Erfordernisse der Luftsicherheit an erster Stelle.41 Diesen nachgeordnet sind Belange der Flüssigkeit des Luftverkehrs, der Flughafenkapazität, der Raumplanung 36 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2353). 37 vgl. Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 8; vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 17 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 38 OVG Münster, Urteil vom 4. März 2002, 20 D 120/97; vgl. auch Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung , Hamburg 2009, S. 8. 39 BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314 f.); 121, 152 (157 f.); vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes , a.a.O., S. 7 f. und 25 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 40 BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314 f.); vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 25 ff. (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 41 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 29 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 13 und des Schutzes der Bevölkerung vor Fluglärm zu berücksichtigen.42 Das gegenwärtig angewandte Verfahren wird im Folgenden dargestellt. 3.1.1. Erster Schritt: Initative, Sachverhaltsermittlung und Entwurf Die Initiative zur Erstellung einer Flugroute geht in der Regel von der für die Vorbereitungsarbeiten zuständigen DFS aus. Die DFS nimmt neben ihrer Rolle bei der Routenplanung – wie dargestellt – auch Aufgaben in der Flugsicherung wahr. Hat die DFS ausgehend von der damit einhergehenden Expertise Handlungsbedarf erkannt, so erarbeitet sie einen Entwurf für die als sachgerecht empfundenen Flugwege und Flugverfahren.43 Hierbei bedient sie sich des technischen Materials, welches nach den Vorgaben der International Civil Aviation Organization (ICAO) zusammengestellt wird.44 3.1.2. Zweiter Schritt: Konsultation des Beratenden Ausschusses und der Flugkommission Der Entwurf der DFS wird dem Beratenden Ausschuss und der betroffenen örtlichen Flugkommission vorgelegt. Insbesondere die örtlichen Flugkommissionen, die sich auch aus Vertretern der von Fluglärm betroffenen Gemeinden zusammensetzen, nehmen erfahrungsgemäß in erheblichem Maße Einfluss auf die Planung der Flugrouten.45 Dabei wird die geplante Festlegung oder Änderung der Flugrouten den zu beteiligenden Stellen bekannt gegeben, die erwarteten Lärmbeeinträchtigungen dargestellt und Alternativen aufgezeigt. Daraufhin steht es dem Beratenden Ausschuss und den Flugkommissionen offen, Empfehlungen und Vorschläge zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm zu formulieren. Wie bereits dargestellt wurde, sind aber weder DFS noch BAF an diese Vorschläge gebunden, sondern im Falle einer Zurückweisung lediglich nach §§ 32 a Abs. 3 Satz 3, 32 b Abs. 3 Satz 3 LuftVG zu einer begründeten Stellungnahme verpflichtet. 3.1.3. Dritter Schritt: Prüfung und Festlegung Das BAF nimmt den Entwurf entgegen und prüft die vorgeschlagene Routenplanung. Es erfolgt in der Regel eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle, ergänzt durch eine beschränkte inhaltliche Prü- 42 vgl. Lübben, in: Hobe/von Ruckteschell (Hrsg.), Kölner Kompendium Luftrecht, Band 2 Luftverkehr, Köln 2009, S. 817 Rn 89 ff.; vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 12 (Stand dieser Internet- Quelle: 21. Februar 2013). 43 vgl. Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 9; vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 15 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 44 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 18 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 45 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 18 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 14 fung. Die Sachverhaltsermittlung, die Abwägung der planungsrelevanten Belange und – verkürzt ausgedrückt – die tatsächliche planerische Entscheidung liegt vollständig in der Hand der DFS.46 Schließlich legt das BAF die Flugrouten kraft der ihr übertragenen hoheitlichen Befugnisse verbindlich mittels Rechtsverordnung fest. 3.2. Strategische Umweltprüfung Umstritten ist, ob vor der Festlegung von An- und Abflugrouten eine strategische Umweltprüfung durchzuführen ist. Dies wäre der Fall, wenn das Verfahren dem Anwendungsbereich der Europäischen Richtlinie 2001/42/EG47 unterfallen würde. Die Richtlinie wurde durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)48 in deutsches Recht umgesetzt. Jedenfalls das Umsetzungsgesetz sieht eine strategische Umweltprüfung für die Festsetzung von Flugrouten nicht vor.49 Entsprechend werden an dieser Stelle keine weiteren Ausführungen hierzu gemacht. Soweit man sich jedoch der Ansicht anschließt, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie sich auch auf eine Festlegung der Flugrouten erstreckt, müsste man in richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift eine strategische Umweltprüfung für verbindlich betrachten.50 3.3. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Gemeinden Eine Beteiligung der Öffentlichkeit ist in den gesetzlichen Vorschriften über die Flugroutenplanung nicht vorgesehen. Die Notwendigkeit einer solchen Beteiligung ergibt sich weder aus dem FlugVG noch aus der FlugVO noch aus sonstigen Vorschriften. Zwar schreibt § 13 VwVfG eine Beteiligung der Öffentlichkeit für jegliche Verwaltungsverfahren vor. Bei der Festlegung der Flugrouten handelt es sich aber um ein Rechtsetzungsverfahren. Entsprechend lässt sich eine Pflicht zur Beteiligung der Öffentlichkeit nicht aus § 13 VwVfG herleiten .51 Eine Pflicht zur Beteiligung der Öffentlichkeit könnte sich allenfalls aus völker- und unionsrechtlichen Verbindlichkeiten herleiten lassen. Im Bereich des Völkerrechts ist die Beteiligung der 46 vgl. Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 9 f.; vgl. auch Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 14 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). 47 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30) EU-Dok.-Nr. 3 2001 L 0042. 48 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. 1. 2013 (BGBl. I S. 95). 49 vgl. Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 159 f. 50 vgl. hierzu im Detail Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 160 ff. 51 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 19 f. (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 15 Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten in den Art. 6 und 7 der Aarhus-Konvention52 geregelt. Die Europäische Union, die selbst Vertragspartner des Übereinkommens ist, hat zu dessen Umsetzung die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie53 erlassen, welche durch das Umwelt- Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG)54 in deutsches Recht umgewandelt worden ist. Jedoch bezieht die Richtlinie der Union die Festlegung von Flugrouten nicht in die Verfahren mit ein, für welche eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist.55 Betrachtet man darüber hinaus eine strategische Umweltprüfung für erforderlich, so müsste jedenfalls im Rahmen dieser Prüfung eine Bürgerbeteiligung erfolgen.56 Dies ist jedoch gemäß dem UVPG nicht der Fall. Die von Fluglärm betroffenen Anwohner und Gemeinden in der Umgebung von Flugplätzen sind aber – wie dargestellt – über ihre Vertretung in den zu bildenden örtlichen Flugkommissionen in den Planungsprozess eingebunden. 4. Bürgerbeteiligung im Luftverkehr Die Feststellung, dass das beschriebene Festlegungsverfahren die Öffentlichkeit nur bedingt einbezieht , führt zu der Frage, ob und auf welche Weise die aus dem Bauplanungsrecht bekannten Formen der Bürgerbeteiligung auf den Luftverkehr übertragbar sind. Im Bauplanungsrecht ist die Beteiligung der Öffentlichkeit im Planfeststellungsverfahren in § 3 des Baugesetzbuches (BauGB)57 geregelt. Diese Beteiligung umfasst die öffentliche Auslegung der Bauleitplanentwürfe mitsamt der umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, die öffentliche Bekanntgabe der Auslegung sowie eine Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung. Grundsätzlich sprechen keine Bedenken von rechtlicher Seite dagegen, dieses Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit auf die Festlegung von Flugrouten zu übertragen. Letztendlich obliegt 52 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) in der Fassung der Unterzeichnung vom 25. Juni 1998; vgl. auch Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 22 ff. 53 Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten; vgl. auch Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 22 ff. 54 Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2816), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95). 55 vgl. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2003/35/EG; vgl. auch Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 26. 56 vgl. hierzu Schleiden, Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung, Hamburg 2009, S. 166 ff. 57 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden vom 22. Juli 2011 (BGBl. I S. 1509). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 25/13 Seite 16 es dem Gesetzgeber, im Rahmen seines Entscheidungsspielraums zu entscheiden, ob und in welchem Umfang betroffene Bürger und Gemeinden in das Planungs- und Festsetzungsverfahren einbezogen werden sollen. Bei einer entsprechenden Änderung der geltenden Gesetze sollte jedoch beachtet werden, dass bei der Luftverkehrsplanung Belange der öffentlichen Sicherheit von überragender Bedeutung sind.58 Jedenfalls in der Abwägung mit den Belangen der Luftsicherheit dürfte der Stellenwert einer basisdemokratischen Mitwirkung der Öffentlichkeit am Planungsprozess regelmäßig als nachrangig zu beurteilen sein. 58 vgl. Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, a.a.O., S. 12 (Stand dieser Internet-Quelle: 21. Februar 2013).