WD 7 - 3000 - 021/21 (12.03.2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Anordnung von forensischen Untersuchungen im Zivilprozess und Kostentragungspflicht Wenn eine Partei im Zivilprozess darlegungs- und beweispflichtig ist, muss diese die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Vorschrift vortragen und – falls diese durch die andere Partei bestritten werden – beweisen (Stein). Als Beweismittel stehen im Strengbeweisverfahren Augenschein , Zeugen, Sachverständige, Urkunden oder Parteivernehmung zur Verfügung (Muthorst). In Bezug auf forensische Untersuchungen dürfte insbesondere ein Beweis durch Augenschein und Sachverständige in Betracht kommen. Die Anordnung der Beweiserhebung erfolgt durch das Gericht (Muthorst). Im Falle eines erheblichen, dem Strengbeweisverfahren entsprechenden Beweisangebots durch die beweisbelastete Partei muss das Gericht grundsätzlich Beweis erheben (Daßbach). Der Sachverständige erhält gemäß § 413 ZPO eine Vergütung nach dem JVEG. Der Vergütungsanspruch richtet sich gegen den Staat (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG, Binz Rn. 1). Das Gericht kann aber die Erhebung eines Sachverständigenbeweises von der Zahlung eines Auslagenvorschusses abhängig machen, vgl. §§ 379, 402 ZPO. Weiterhin kann das Gericht in bestimmten Fällen von Amts wegen eine Beweiserhebung anordnen (Muthorst; vgl. §§ 144 Abs. 1, 142, 143, 448 ZPO). Beispielsweise kann es nach § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Die Kosten des Rechtsstreits hat aber letztlich grundsätzlich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die unterliegende Partei zu tragen. Zu diesen Kosten gehören auch die Kosten der Beweisaufnahme (Groh/Weber; vgl. auch Schulz, § 91 Rn. 1, § 94 Rn. 7, 8). 2. Finanzierung forensischer Untersuchungen in Strafverfahren Forensische Untersuchungen in Strafverfahren werden unter anderem von staatlichen kriminaltechnischen Instituten auf Bundes- und Landesebene durchgeführt, z.B. durch das Kriminaltechnische Institut (KT) des Bundeskriminalamtes (BKA) oder das Kriminaltechnische Institut (LKA KTI) der Polizei Berlin. Für die Personalkosten dieser staatlichen Dienststellen bzw. Abteilungen kommt der jeweilige Rechtsträger auf (z. B. der Bund oder das Land Berlin). Werden Sachverständige durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft herangezogen, so regelt das JVEG deren Vergütungsanspruch gegen den Staat (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG, § 84 StPO; Binz Rn. 1). Die Heranziehung eines Sachverständigen durch die Polizei im Auftrag oder mit vorheriger Billigung der Staatsanwaltschaft fällt ebenfalls unter das JVEG (vgl. § 1 Abs. 3 Satz Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation „Forensische Untersuchungen“ im Zivilprozess und Strafverfahren Kurzinformation „Forensische Untersuchungen“ im Zivilprozess und Strafverfahren Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 1 JVEG). Insoweit der Angeklagte verurteilt wird, hat dieser grundsätzlich die Kosten des Verfahrens zu tragen, zu denen auch die Kosten der Sachverständigengutachten gehören (vgl. §§ 465 Abs. 1 StPO; Temming/Schmidt Rn. 4). Insoweit er nicht verurteilt wird, trägt grundsätzlich die Staatskasse diese Kosten (vgl. § 467 Abs. 1 StPO). 3. Dauer forensischer Untersuchungen Die Dauer forensischer Untersuchungen ist nicht gesetzlich festgelegt. Im Strafverfahren kann sich aber ein großer Zeitraum zwischen Tat und Urteil bzw. der Umstand einer langen Verfahrensdauer strafmildernd auswirken (Heintschel-Heinegg Rn. 67). Sofern eine gegen das Beschleunigungsgebot verstoßende rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung durch die Justizbehörden vorliegt, kann unter Umständen ein Teil der verhängten Strafe für vollstreckt erklärt werden (Heintschel-Heinegg Rn. 71-73). Bezüglich der Frage, welche Arten forensischer Untersuchungen wie lange dauern, liegen hier keine Erkenntnisse vor. Quellen: – JVEG: Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3229) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze -im-internet.de/jveg/BJNR077600004.html, letzter Abruf – auch für alle weiteren Internetlinks – 11.03.2021. – StPO: Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 49 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/BJNR006290950.html; englische Übersetzung, Stand: Die Übersetzung berücksichtigt die Änderung(en) des Gesetzes durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I, S. 1066), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stpo/englisch_stpo.html. – ZPO: Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3320) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/BJNR005330950.html; englische Übersetzung, Stand: Die Übersetzung berücksichtigt die Änderung(en) des Gesetzes durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_zpo/englisch_zpo.html. – Binz: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage 2019, Kommentierung zu § 1 JVEG. – Daßbach: Die Arbeitstechnik des Zivilrichters – Grundlagen zur Einzelausbildung in der Zivilstation und zur Bearbeitung der Urteilsklausur im Zweiten Staatsexamen, JA 2019, 772, 777. – Groh/Weber: Creifelds, Rechtswörterbuch, 25. Edition 2020, Anhang, L. Beispiele für Prozesskosten, I. Zivilprozess . – Heintschel-Heinegg: v. Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck`scher Online-Kommentar StGB, 49. Edition, Stand: 01.02.2021, Kommentierung zu § 46. – Muthorst: Der Beweis im Zivilprozess, JuS 2014, 686, 688. – Schulz: Krüger/Rauscher, Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, Kommentierung zu § 91 und § 94. – Stein: Die Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozess – Ein Überblick, JuS 2016, 896, 897. – Temming/Schmidt: Gercke/Julius/Temming/Zöller (Hrsg.), Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019, Kommentierung zu § 464a. ***