© 2014 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 -021/14 Sperrung einer Bundesstraße für den Schwerlastverkehr von Seiten eines Bundeslandes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 -021/14 Seite 2 Sperrung einer Bundesstraße für den Schwerlastverkehr von Seiten eines Bundeslandes Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 - 3000 -021/14 Abschluss der Arbeit: 13. Februar 2014 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr , Bau und Stadtentwicklung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 -021/14 Seite 3 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen es von Seiten eines Bundeslandes möglich ist, auf einer Bundesstraße eine Sperrung für den Schwerlastverkehr durchzusetzen. Dazu werden zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchsetzung eines Durchfahrtverbotes auf Bundesstraßen erläutert. Anschließend werden die möglichen Rechtsgrundlagen für eine Sperrung von Bundesstraßen für den Schwerlastverkehr aufgezeigt. Dabei ist auf die für die Durchsetzung zuständigen Stellen und die Voraussetzungen der einzelnen Untersagungstatbestände einzugehen. Abschließend werden existierende Durchfahrtsverbote auf Bundesstraßen vorgestellt und die Hintergründe ihrer Einführung erläutert. 2. Rechtliche Rahmenbedingungen Im Straßenrecht wird zwischen Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht unterschieden. Das Straßenrecht beschäftigt sich mit Entstehung, Indienststellung, Einteilung und Einziehung der Straße und ihrer Widmung zu einer bestimmten verkehrsspezifischen Funktion.1 Das Straßenverkehrsrecht knüpft hier an und definiert die zugehörigen verkehrsbezogenen Verhaltensweisen im Rahmen der jeweiligen Widmung.2 Es dient dadurch der Minderung der mit der Straßenbenutzung verbundenen spezifischen Gefahren und der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.3 Die Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht hat der Bund, das Straßenrecht ist grundsätzlich Landesrecht.4 Bundesstraßen zählen wie Bundesautobahnen gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 iVm § 1 Abs. 2 Bundesfernstraßengesetz (FStrG)5 zu den Bundesfernstraßen. Das FStrG ist Teil des Bundesrechts, da der Bund hier von seiner konkurrierenden Gesetzgebung gem. Art. 72 Abs. 1, 2 GG i.V.m Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 Gebrauch gemacht hat. Damit besteht für Bundesstraßen eine Abweichung von dem Grundsatz der Länderkompetenz im Bereich des Straßenrechts. Nach Art. 90 Abs. 1 GG stehen 1 Vgl. Degenhart in Sachs, Grundgesetz Kommentar, Art. 74 Rn 95;, Pieroth in Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: Kommentar, Art. 74 Rn 63. Seiler in Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, Art. 74 Rn 82. 2 Vgl. Degenhart in Sachs, Grundgesetz Kommentar, Art. 74 Rn 95; Seiler in Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, Art. 74 Rn 82. 3 Vgl. Maunz in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 74 Rdn. 238; Degenhart in Sachs, Grundgesetz Kommentar, Art. 74 Rn 95. 4 Vgl. Herber in Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn 15 f.; Maunz in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 74 Rn. 237 f. 5 Bundesfernstraßengesetz vom 28. Juni 2007, Bundesgesetzblatt (BGBl.) I, Seite (S.) 1206. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 -021/14 Seite 4 Bundesstraßen im Eigentum des Bundes und werden durch die Länder im Auftrag des Bundes verwaltet (Art. 90 Abs.2 GG). Der Gebrauch der Bundesstraßen ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet (Gemeingebrauch). Grundsätzlich stehen Bundesstraßen also auch der Nutzung durch den Schwerlastverkehr offen. Der Begriff Schwerlastverkehr ist gesetzlich nicht definiert. Schwerlastverkehr bezeichnet hier in Anlehnung an § 1 Abs. 1 Satz 2 des Bundesfernstraßenmautgesetzes (BFStrMG)6 Kraftfahrzeuge, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder eingesetzt werden und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 Tonnen beträgt. Die Durchsetzung eines Durchfahrverbots für Schwerlastverkehr auf einer Bundestraße bedeutet eine Beschränkung des Gemeingebrauchs gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG und bedarf damit einer Rechtsgrundlage. 3. Rechtsgrundlagen für Durchfahrtsverbote Ein Durchfahrtsverbot für den Schwerlastverkehr auf Bundesstraßen kann sich aus Straßenrecht und aus Straßenverkehrsrecht ergeben (zur Abgrenzung siehe oben). 3.1 Straßenrecht Ein straßenrechtliches Durchfahrtsverbot für den Schwerlastverkehr wäre durch eine Teileinziehung gem. § 2 Abs. 4 FStrG durchsetzbar. Bei einer Teileinziehung wird die Widmung grundsätzlich aufrechterhalten, aber mit Beschränkungen hinsichtlich des zulässigen Straßengebrauchs verbunden. Vorliegend ist eine Beschränkung des Straßengebrauchs für den Schwerlastverkehr von Interesse. Dies hätte den Ausschluss dieser Fahrzeuge von der Nutzung der Bundesstraße zur Folge. Eine Teileinziehung gem. § 2 Abs. 4 FStrG setzt voraus, dass sich die Verkehrsbedeutung der Straße geändert hat und die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG („öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind“) weggefallen sind. Darüber hinaus setzt eine Einziehung nach § 2 Abs. 4 FStrG den Verlust jeder Verkehrsbedeutung der Bundesfernstraße oder Gründe des öffentlichen Wohls voraus. Das ordnungsgemäße Verfahren einer (Teil-)Einziehung ist in § 2 Abs. 5 FStrG geregelt. Zuständig für die (Teil-)Einziehung ist die oberste Landesstraßenbaubehörde gem. § 2 Abs. 6 Satz 1 FStrG, die von den jeweiligen Landegesetzen festgelegt wird.7 6 Bundesfernstraßenmautgesetz vom 12. Juli 2012, BGBl. I S. 1378. 7 S. dazu die jeweiligen Vorschriften der Länder, die diese Behörde bezeichnen, z.B. für Brandenburg § 1 Abs. 1 der Fernstraßenzuständigkeitsverordnung (FStrZV): „Oberste Landesstraßenbaubehörde im Sinne des Bundesfernstraßengesetzes ist das für den Straßenbau zuständige Ministerium.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 -021/14 Seite 5 3.2 Straßenverkehrsrecht Straßenverkehrsrechtliche Rechtsgrundlagen für Durchfahrtsverbote finden sich in § 45 StVO8 und § 40 Abs. 2 BImSchG9. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Neben dieser Auffangklausel enthält der § 45 StVO in den übrigen Absätzen eine Reihe von speziellen Tatbeständen, bei deren Vorliegen verkehrsbeschränkende Maßnahmen eingeleitet werden können. Für die Durchsetzung eines Durchfahrverbots für den Schwerlastverkehr sind von diesen Tatbeständen folgende von hervorgehobenem Interesse: Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 (zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße) und Nr. 3 (zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen) sowie Abs. 9 Satz 3 (Anordnung von Beschränkungen oder Verboten, soweit dadurch erhebliche Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut hervorgerufen worden sind, beseitigt oder abgemildert werden können.) StVO. Zuständig zur Ausführung der StVO sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörden . Dies sind gem. § 44 Abs. 1 StVO die nach Landesrecht zuständigen unteren Verwaltungsbehörden oder die Behörden, denen durch Landesrecht die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde zugewiesen sind.10 § 40 Abs. 2 BImSchG ermächtigt zu verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von Immissionswerten beiträgt, die in Rechtsverordnungen nach § 48 Abs. 1a BImSchG festgelegt sind. Adressat der Ermächtigung ist die zuständige Straßenverkehrsbehörde , die durch das Straßenverkehrsrecht und die zugehörigen Vorschriften festgelegt wird.11 Insoweit gelten obige Ausführungen entsprechend (§ 44 Abs. 1 StVO iVm mit den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften). 4. Bestehende Durchfahrtsverbote für den Schwerlastverkehr Durchfahrtsverbote für den Schwerlastverkehr haben seit Einführung der Maut am 1. Januar 2005 besondere Bedeutung erlangt. Die für die Nutzung der betroffenen Straßen anfallenden Gebühren wurden umgangen, indem auf nicht gebührenpflichtige Straßen ausgewichen wurde. Um diesem 8 Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013, BGBl. I S. 367. 9 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge vom 17. Mai 2013, BGBl. I S. 1274. 10 S. dazu die jeweiligen Vorschriften der Länder, z.B. für Brandenburg § 4 Abs. 1 der Straßenverkehrsrechtszuständigkeitsverordnung (StVRZV): „Die Landkreise und kreisfreien Städte sind untere Straßenverkehrsbehörden im Sinne des § 44 Abs.1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung“. 11 Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz: Kommentar, § 40 Rn 14. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 -021/14 Seite 6 Mautausweichverkehr wirksam begegnen zu können, wurde § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO12 eingeführt, der bereits oben unter 3.2 Erwähnung fand. Auf dessen Grundlage wurden in Deutschland bereits einige Durchfahrtsverbote erfolgreich durchgesetzt.13 Übersichten über die im deutschen Raum für den Schwerlastverkehr bestehenden Bundesstraßendurchfahrtsverbote existieren nicht.14 Teilweise geben Städte und Kreise auf ihren Internetauftritten Auskunft über bestehende bzw. neu eingeführte Durchfahrtsverbote.15 5. Ergebnis Durchfahrtsverbote für den Schwerlastverkehr auf Bundesstraßen sind sowohl nach Straßenrecht als auch nach Straßenverkehrsrecht durchsetzbar. Auf deutschen Bundesstraßen bestehen bereits zahlreiche Sperrungen für den Schwerlastverkehr. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Durchfahrtsverbote, die auf Grundlage des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO zur Beseitigung und Milderung des Mautausweichverkehrs erlassen wurden. 12 Eingefügt in § 45 StVO durch die 15. Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung vom 22. Dezember 2005, BGBl. I, S. 3714. 13 S. dazu z.B. das Urteil des BVerwG vom 15.12.2011 (3 C 40/10) zur Frage der Rechtmäßigkeit eines nach § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO ergangenen Durchfahrtsverbotes für LKW auf Bundesstraßen. 14 Für Baden-Württemberg so ausdrücklich erklärt in der LT-Drs. 14/1814, S. 2. 15 S. dazu z.B. http://www.landkreis.neu-ulm.de/de/strassenverkehr.html und http://www.leonberg.de/Wirtschaft-Bauen/Planen-und-Bauen/Umweltplanung/LKW-Durchfahrts-verbot.