© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 020/20 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes Regelungen zu Lademöglichkeiten für elektrisch betriebene Fahrzeuge Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 2 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes Regelungen zu Lademöglichkeiten für elektrisch betriebene Fahrzeuge Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 020/20 Abschluss der Arbeit: 20. Februar 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz 4 2.1. Grundsatz 4 2.2. Detailbetrachtung 5 2.2.1. Angemessenheit 5 2.2.2. Grundlegende Umgestaltung 6 2.2.3. Unbilliges Benachteiligen 6 2.3. Nutzungen und Kostentragung 7 3. Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch 9 3.1. Grundsatz 9 3.2. Detailbetrachtung 9 3.2.1. Interessen des Mieters 9 3.2.2. Interessen anderer Nutzer sowie Belange des Klimaschutzes 11 3.3. Nutzungen und Kostentragung 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 4 1. Einleitung Am 14. Januar 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes veröffentlicht.1 Gegenstand des Gesetzentwurfs sind unter anderem Änderungen im WEG2 und im BGB3 mit dem Ziel, die Position von Wohnungseigentümern sowie Mietern hinsichtlich der „Errichtung von Lademöglichkeiten zur Förderung der Elektromobilität“ zu stärken. Die im Referentenentwurf vorgesehene Ausgestaltung der einschlägigen Rechtslage soll nachfolgend näher betrachtet werden. 2. Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz 2.1. Grundsatz Maßgeblich für die beabsichtigte Erleichterung der Errichtung von Lademöglichkeiten für Wohnungseigentümer soll § 20 WEG-Entwurf4 sein: § 20 Bauliche Veränderungen (1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. (2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die (…) 2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge … (…) dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen. (3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. 1 Abrufbar unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/WEModG.html (Stand: 20.02.2020). 2 Wohnungseigentumsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1962) geändert worden ist. 3 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2911) geändert worden ist. 4 Nachfolgend: „WEG-E“. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 5 (4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden. Der Entwurf sieht damit vor, bauliche Maßnahmen zur Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge gegenüber sonstigen Baumaßnahmen insofern zu privilegieren, als jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich einen individuellen Rechtsanspruch darauf haben soll, dass ein Beschluss gemäß § 20 Absatz 1 WEG-E gefasst wird.5 Der inhaltliche Prüfungsmaßstab für diesen soll sich dabei der Entwurfsbegründung zufolge auch aus § 20 Absatz 4 WEG-E ergeben.6 Baulichen Veränderungen werden insofern zwei Grenzen gesetzt: Sie dürfen die Wohnanlage nicht grundlegend umgestalten und keinen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen.7 2.2. Detailbetrachtung Will ein Wohnungseigentümer gestützt auf § 20 Absatz 2 Nr. 2 WEG-E einen stattgebenden Beschluss über eine dem Laden elektrisch betrieber Fahrzeuge dienende bauliche Veränderung herbeiführen , muss er nach der Konzeption des Referentenentwurfs darlegen und ggf. beweisen, dass die Maßnahme angemessen ist.8 Der Beschluss hat zu unterbleiben, wenn die bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen würde. 2.2.1. Angemessenheit Der in diesem Kontext gebrauchte Begriff der „Angemessenheit“ ist ein normativer, also wertender Rechtsbegriff, über den nur im jeweilgen Einzelfall entschieden werden kann9: „Bei dem … Merkmal der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff . Er ermöglicht es im Einzelfall, objektiv unangemessene Forderungen zurückzuweisen. Wann eine Maßnahme unangemessen ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden. Ein Entscheidungsermessen oder Einschätzungsspielraum wird den Wohnungseigentümern dadurch aber nicht eingeräumt.“10 Ein Beispiel für die Relevanz des Merkmals der Angemessenheit führt der Referentenentwurf im Zusammenhang mit den räumlichen Voraussetzungen der Lademöglichkeit auf: 5 Vgl. Referentenentwurf, S. 24, 66. 6 Vgl. Referentenentwurf, S. 67, 70. 7 Vgl. Referentenentwurf, S. 70. 8 Vgl. Referentenentwurf, S. 66. 9 Vgl. Referentenentwurf, S. 67. 10 Vgl. Referentenentwurf, S. 67. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 6 „§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 räumt dem Wohnungseigentümer aber nicht das Recht ein, ein zu ladendes Fahrzeug für die Zeit des Ladevorgangs im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums abzustellen. Fehlt es an einem solchen Recht, ist die Herstellung einer Lademöglichkeit nicht angemessen. Ein Anspruch besteht deshalb in der Regel nur, wenn der Wohnungseigentümer das Recht hat, das zu ladende Fahrzeug im Bereich der begehrten Lademöglichkeit abzustellen. Keine Rolle spielt es, ob sich dieses Recht aus dem Sondereigentum, einem Sondernutzungsrecht oder lediglich dem Recht zum Mitgebrauch einer gemeinschaftlichen Abstellfläche ergibt.“11 Das geltende WEG verwendet den Begriff der Angemessenheit in vergleichbarem Zusammenhang nicht. 2.2.2. Grundlegende Umgestaltung Auch der Begriff der „grundlegenden Umgestaltung“ ist ein normativer Begriff. Dem entsprechend stellt die Begründung des Referentenentwurfs hierzu fest: „Ob eine bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestaltet, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden. Bezugspunkt ist dabei die Anlage als Ganze. Eine grundlegende Umgestaltung wird deshalb nur im Ausnahmefall und bei den nach § 20 Absatz 2 privilegierten Maßnahmen zumindest typischerweise gar nicht anzunehmen sein. Insbesondere führt nicht jede bauliche Veränderung, die nach dem geltenden § 22 Absatz 2 Satz 1 die Eigenart der Wohnanlage ändert, auch zu einer grundlegenden Umgestaltung . Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung ist vielmehr enger zu verstehen als der Begriff der Änderung der Eigenart im geltenden Recht. Dadurch soll die bauliche Veränderung von Wohnungseigentumsanlagen erleichtert werden (vergleich Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, ZWE 2019, 430, 447).“12 Das geltende WEG enthält den Begriff der „grundlegenden Umgestaltung“ nicht. 2.2.3. Unbilliges Benachteiligen Ein Verstoß gegen das Verbot des unbilligen Benachteiligens setzt der Entwurfsbegründung zufolge zunächst voraus, dass einem Wohnungseigentümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen würden.13 Darüber hinaus sei notwendig, dass die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führe, indem die Nachteile einem oder 11 Referentenentwurf, S. 68. 12 Referentenentwurf, S. 70. 13 Referentenentwurf, S. 70. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 7 mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet würden als den übrigen Wohnungseigentümern .14 Die Entwurfsbegründung weist darauf hin, dass der normative Begriff des „unbilligen Benachteiligens “ inhaltlich dem Begriff des „unbilligen Beeinträchtigens“ des geltenden § 22 Absatz 2 Satz 1 WEG entspreche und lediglich aus sprachlichen Gründen anders formuliert sei.15 Hinsichtlich des geltenden § 22 WEG wird eine unbillige Beeinträchtigung darin gesehen, „dass die beabsichtigte Maßnahme zu einem Nachteil für einen oder mehrere Wohnungseigentümer führt und das Maß einer Beeinträchtigung hat. Unbillig ist eine Maßnahme ferner, wenn sie zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt (BGH NJW 2011, 1220 Rn. 13; LG Frankfurt a. M. BeckRS 2018, 32698 Rn. 22). Für die Annahme eines unbilligen Nachteils genügt es – anders als bei § 22 Abs. 1 iVm § 14 Nr. 1 WEG – nicht schon, dass sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung nachvollziehbar beeinträchtigt fühlen kann (BGH NJW 2011, 1220 Rn. 12). Vor dem Hintergrund der von dem Gesetzgeber angestrebten Erweiterung des Gestaltungsspielraums der Wohnungseigentümer ist vielmehr von einer Ausweitung dessen auszugehen, was ein – zumal mit qualifizierter Mehrheit überstimmter – Wohnungseigentümer hinzunehmen hat (BGH NJW 2011, 1220 Rn. 12). Unbillig sein können nur darüberhinausgehende Nachteile, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der Modernisierung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfen (BGH NJW-RR 2018, 1165 Rn. 29). Die Beurteilung hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab. Wichtig ist, dass nicht jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung ausreicht. Das, was unbillige Beeinträchtigung ist, ist erheblich restriktiver auszulegen, als eine Beeinträchtigung iSv §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 (LG Frankfurt a. M. BeckRS 2018, 32698 Rn. 21; AG Hannover ZMR 2008, 251; Elzer IMR 2007, 399; Abramenko WEG in anwaltl . Prax. § 4 Rn. 42; zu eng LG Lüneburg ZMR 2011, 830; AG Konstanz NJW 2007, 3728).“16 2.3. Nutzungen und Kostentragung Die Allokation von Nutzungen und Kosten der in Zusammenhang mit Lademöglichkeiten für elektrisch betriebene Fahrzeuge aufgrund von § 20 Absatz 2 WEG-E vorgenommenen baulichen Maßnahmen sind in § 21 Absatz 1 WEG-E geregelt: „Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurden, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen .“ 14 Referentenentwurf, S. 70. 15 Referentenentwurf, S. 70. 16 Elzer, in: BeckOK WEG, 39. Edition, Stand: 01.11.2019, § 22 Rn. 228 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 8 Ausweislich der Begründung gilt diese Regelung „für alle Kosten, die auf der baulichen Veränderung beruhen, also nicht nur für die Baukosten, sondern insbesondere auch für die Folgekosten des Gebrauchs und der Erhaltung.“17 Beabsichtigt ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, gleichwohl , Nutzungen zu ziehen – etwa weil er zwischenzeitlich ein Elektro-Fahrzeug erworben hat –, kann er dies gemäß § 21 Absatz 4 WEG-E „nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich “ verlangen. Hierzu führt die Begründung des Entwurfs aus: „Der Anspruch besteht jedoch nur unter der Einschränkung, dass eine Teilhabe an den Nutzungen , insbesondere dem Gebrauch, billigem Ermessen entspricht. Besondere Umstände des Einzelfalls können den Anspruch deshalb auch ausschließen. Dabei ist aber zu berücksichtigen , dass Kapazitätsprobleme für sich genommen dem Anspruch regelmäßig nicht entgegenstehen . Denn die Billigkeit verlangt eine Gleichbehandlung der Wohnungseigentümer. Diejenigen Wohnungseigentümer, die die bauliche Veränderung ursprünglich beschlossen haben, haben deshalb grundsätzlich kein besseres Recht als ein Nachzügler; denn ungeachtet der zeitlichen Abfolge geht es um den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums. Entstehen durch den nachträglichen Mitgebrauch eines Wohnungseigentümers Kapazitätsprobleme, müssen diese nach allgemeinen Regeln gelöst werden, etwa durch einen Beschluss, der regelt, wann welcher Wohnungseigentümer das veränderte gemeinschaftliche Eigentum gebrauchen darf.“18 Die gerade bei Ladevorrichtungen denkbare Fallkonstellation, dass sich veränderte Kosten der baulichen Veränderung erst nachträglich daraus ergeben, dass nach und nach eine Mehrzahl von Wohnungseigentümern die Nutzung aufnimmt, soll hierbei nach Vorstellung des Referentenentwurfs nicht zulasten des zuletzt hinzutrenden Nutzers zu lösen sein: „§ 21 Absatz 4 ermöglicht es zugleich, die Probleme sachgerecht lösen, die dadurch entstehen , dass bauliche Veränderungen unterschiedliche Kosten verursachen, je nachdem wie viele Wohnungseigentümer sie nutzen. So kann es etwa bei der Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge vorkommen, dass die Kapazität des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Stromnetzes die Errichtung einer bestimmten Zahl von Ladevorrichtungen mit geringem finanziellen Aufwand ermöglicht. Sobald diese Schwelle aber erreicht ist, kann die Errichtung einer weiteren Ladevorrichtung eine Aufrüstung des Stromnetzes voraussetzen, die mit erheblichen Kosten verbunden ist. § 21 Absatz 4 verhindert, dass in diesem Fall die Kosten der Aufrüstung allein denjenigen Wohnungseigentümer treffen, der die genannte Schwelle überschreitet. Denn auch dieser Wohnungseigentümer hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, die begrenzten Kapazitäten des bestehenden Stromnetzes zu nutzen (vergleiche § 21 Absatz 4 Satz 1). Entweder alle an der Nutzung interessierten Wohnungseigentümer teilen sich diese Kapazitäten des bestehenden Stromnetzes oder sie rüsten das Stromnetz gemeinsam auf und tragen auch die dafür notwendigen Kosten gemeinsam (ver- 17 Referentenentwurf, S. 72. 18 Referentenentwurf, S. 74. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 9 gleiche § 21 Absatz 1 Satz 1). Zugleich ist jeder weitere Wohnungseigentümer, der das verbesserte Stromnetz nachträglich nutzen möchte, zum angemessen Ausgleich verpflichtet (vergleiche § 21 Absatz 4 Satz 1).“19 3. Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch 3.1. Grundsatz Maßgeblich für die beabsichtigte Erleichterung der Errichtung von Lademöglichkeiten für Mieter soll § 554 BGB-Entwurf20 sein: § 554 Barrierereduzierung, E-Mobilität und Einbruchsschutz (1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die (…) dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (…) dienen. (2) Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Bei der Abwägung sind auch die Interessen anderer Nutzer in dem Gebäude und die Belange des Klimaschutzes zu berücksichtigen. (3) Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend. (4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 bis 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam . § 554 BGB-E sieht kein gesetzliches Umbaurecht des Mieters vor, sondern normiert einen Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Zustimmung zu einer nachträglichen Vertragsänderung dergestalt, dass – in Erweiterung des ursprünglich vereinbarten Gebrauchsrechts – ihm der fragliche Umbau gestattet wird.21 § 554 BGB-E weist Parallelen zum geltenden § 554a BGB auf, der ein Recht des Mieters auf Zustimmung des Vermieters der Barrierefreiheit dienenden Maßnahmen normierte. 3.2. Detailbetrachtung 3.2.1. Interessen des Mieters Von der Konzeption her ist der Anspruch nach § 554 Absatz 1 BGB-E nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft. Vielmehr soll mit dem Ausschluss des Anspruchs bei Unzumutbarkeit für 19 Referentenentwurf, S. 75. 20 Nachfolgend: „BGB-E“. 21 Vgl. Referentenentwurf, S. 93. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 10 den Vermieter gemäß § 554 Absatz 2 Satz 1 BGB-E die Maßgeblichkeit einer umfassenden, möglichst breiten Interessenabwägung im jeweiligen Einzelfall erreicht werden.22 Das ausdrückliche Benennen der „Interessen des Mieters“ soll in diesem Zusammenhang verdeutlichen , dass der Mieter im Streitfall verpflichtet ist, sein konkretes Interesse an der baulichen Veränderung offenzulegen und die einschlägigen für ihn günstigen Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.23 Im Einzelnen führt der Referenentwurf hierzu aus: „Aus § 554 Absatz 1 folgt, dass das Veränderungsinteresse des Mieters aus gesamtgesellschaftlichen Gründen im Ausgangspunkt stets beachtenswert ist. (…) Für den Abwägungsvorgang bedeutet dies, dass es nicht zulässig ist, den Anspruch des Mieters mit dem Argument zurückzuweisen, an der begehrten baulichen Veränderung bestehe schon grundsätzlich kein anerkennenswertes Interesse. (…) Das Veränderungsinteresse des Mieters ist von seiner individuellen Situation und dem Ausstattungszustand der Mietsache abhängig. Verfügt der Mieter etwa bereits über eine Lademöglichkeit, so fällt zwar der Einbau einer neuen, technisch besseren Lademöglichkeit unter § 554 Absatz 1. Das Veränderungsinteresse des Mieters ist in dieser Situation aber deutlich geringer als in Fällen, in denen noch überhaupt keine Lademöglichkeit besteht. Aus diesem Grund kann der Vermieter auch auf das Veränderungsinteresse des Mieters einwirken. Dieses entfällt, wenn der Vermieter die vom Mieter begehrte bauliche Veränderung selbst ausführt.“24 Im Gegensatz zum geltenden § 554a BGB nennt der vorliegende Entwurf nicht mehr das Interesse des Vermieters „an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes“. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass dieses Interesse nicht mehr maßgeblich sein soll; vielmehr wird dieses Interesse der Begründung des Gesetzentwurfs zufolge als stets gegeben vorausgesetzt, so dass es in die o. g. vorzunehmende umfassende Interessenabwägung Einzug erhält: „Da der Vermieter stets sein Interesse entgegenhalten kann, dass die Mietsache baulich nicht verändert wird, ist in jedem Fall eine Interessenabwägung vorzunehmen. (…) Auf Seiten des Vermieters ist zunächst sein Konservierungsinteresse zu berücksichtigen. Dieses besteht darin , dass nicht durch eine bauliche Veränderung in die Substanz der Mietsache eingegriffen wird. Dieses Interesse ist typischerweise umso gewichtiger, je umfangreicher der beabsichtigte Eingriff ist. (…) Das Konservierungsinteresse des Vermieters gebietet es auch, dass der Mieter ihn hinreichend über die Einzelheiten der begehrten baulichen Veränderung informiert . Unterlässt der Mieter die notwendigen Informationen, wird sich das Interesse des Vermieters durchsetzen, die Erlaubnis zu verweigern.“25 22 Vgl. Referentenentwurf, S. 95. 23 Vgl. Referentenentwurf, S. 95. 24 Referentenentwurf, S. 96. 25 Referentenentwurf, S. 95. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/20 Seite 11 3.2.2. Interessen anderer Nutzer sowie Belange des Klimaschutzes Zu den in § 554 Absatz 2 Satz 2 BGB-E besonders genannten möglicherweise betroffenen Interessen anderer Nutzer in dem Gebäude sowie Belangen des Klimaschutzes führt der Referentenentwurf erläuternd aus: „Andere Nutzer im Gebäude sind zum einen andere Mieter. Daneben fallen unter den Begriff aber auch Personen, die Teile des Gebäudes, insbesondere Wohnungen, aus einem anderen Rechtsgrund nutzen, etwa Nießbrauchberechtigte oder selbstnutzende Wohnungseigentümer. Die Belange des Klimaschutzes können bei baulichen Veränderungen relevant werden, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Dieses Abwägungskriterium trägt dem mit der Gesetzesänderung verfolgten Ziel einer klimafreundlichen Umgestaltung der Mobilität Rechnung.“26 § 554a BGB sieht ähnlich wie der vorliegende Entwurf vor, bei der Interessenabwägung „die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen.“ 3.3. Nutzungen und Kostentragung Sowohl hinsichtlich der Nutzungen als auch der Kosten der baulichen Veränderung sieht der Referentenentwurf keine gesonderte ausdrückliche Regelung vor. Da es sich um eine Maßnahme des Mieters handelt, ist unproblematisch, dass der Mieter insofern auch die Kosten zu tragen hat.27 Entsprechend dürften ihm die Nutzungen zufallen. * * * 26 Referentenentwurf, S. 97. 27 So auch Referentenentwurf, S. 24.