© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 020/19 Der Erwerb von Parkscheinen in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/19 Seite 2 Der Erwerb von Parkscheinen in Deutschland Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 020/19 Abschluss der Arbeit: 06.02.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Erwerb von Parkscheinen in der Stadt Wien 4 2. Rechtslage in Deutschland 4 3. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/19 Seite 4 1. Erwerb von Parkscheinen in der Stadt Wien In den Parkraumbewirtschaftungszonen der Stadt Wien besteht die Möglichkeit, benötigte Parkscheine nicht nur an einem Automaten, sondern auch an verschiedenen anderen Verkaufsstellen zu erwerben, wobei die Höhe der Parkometerabgabe von der Parkdauer abhängig ist. Bis zu einer Parkdauer von fünfzehn Minuten kann in den gebührenpflichtigen Parkraumbewirtschaftungszonen mit einem entsprechenden Parkschein gebührenfrei geparkt werden. Die violetten Fünfzehn- Minuten-Parkscheine werden kostenlos in der Stadtinformation ausgegeben und müssen durch Eintragung der Uhrzeit des Parkbeginns entwertet werden. Die übrigen, gebührenpflichtigen Parkscheine variieren in ihren Farben je nach Parkdauer. Wiederum werden sie durch Eintragung des Parkbeginns entwertet. Sämtliche Parkscheine können überdies alternativ auch als elektronische Parkscheine (sogenannte „Handy-Tickets“) gebucht werden.1 2. Rechtslage in Deutschland Vor dem Hintergrund dieser Regelungen der Stadt Wien ist fraglich, ob nach der gegenwärtigen deutschen Rechtslage der Erwerb von Parkscheinen an anderen Verkaufsstellen als dem Parkscheinautomat zulässig ist. In Deutschland werden die Einrichtungen zur Überwachung der Parkzeit in § 13 der Straßenverkehrsordnung (StVO)2 geregelt. Gemäß § 13 Abs. 1, Satz 1 StVO darf an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr und an Parkscheinautomaten nur mit einem von außen gut sichtbaren Parkschein für die Dauer der zulässigen Parkzeit geparkt werden. Überdies kann als Einrichtung zur Überwachung der Parkzeit durch entsprechende Beschilderung die Benutzung einer Parkscheibe vorgeschrieben werden, § 13 Abs. 2 StVO. Nach § 13 Abs. 3, Satz 1 StVO müssen Parkuhren, Parkscheinautomaten und Parkscheiben nicht genutzt werden, wenn die Entrichtung der Parkgebühr und die Überwachung der Parkdauer auch durch elektronische Einrichtungen und Vorrichtungen wie Taschenparkuhren und Mobiltelefone sichergestellt werden kann. In § 13 StVO ist damit zunächst nicht ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, Parkscheine auch an anderen Verkaufsstellen als dem Parkscheinautomaten oder den elektronischen Vorrichtungen und Einrichtungen erwerben zu können. Fraglich ist allerdings, ob der Wortlaut des § 13 Abs. 1, Satz 1 StVO, nach dem „an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein (…) für die Dauer der zulässigen Parkzeit gehalten werden“ darf, zwingend den Erwerb des Parkscheins an dem jeweiligen Parkautomaten voraussetzt. 1 vgl. für weiterführende Informationen zu den Parkscheinen der Parkraumbewirtschaftung in Wien auch die Informationen der Stadt Wien, abrufbar unter: https://www.wien.gv.at/amtshelfer/finanzielles/rechnungswesen /abgaben/parkschein.html (Letzter Abruf: 01.02.2019). 2 Straßenverkehrs-Ordnung vom 6.03.2013 (BGBl. I S. 367), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 6.10.2017 (BGBl. I S. 3549), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/ (Letzter Abruf: 01.02.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/19 Seite 5 Die Parkscheinautomaten sind nach § 43 Abs. 1, Satz 2 StVO Verkehrseinrichtungen. Sie begründen ein modifiziertes Haltverbot verbunden mit dem Gebot, bei Nichtvorliegen oder Wegfall der Voraussetzungen, um parken zu dürfen, wegfahren zu müssen.3 Voraussetzung für das Parken an einem Parkscheinautomat ist es, einen Parkschein zu lösen und diesen von außen gut sichtbar im Fahrzeug zu platzieren. Der Wortlaut des § 13 Abs. 1, Satz 1 StVO schließt nach einer Auslegung den Erwerb eines Parkscheins an einer anderen Verkaufsstelle nicht aus. Durch die Möglichkeit, den Parkschein gleichermaßen an andern Verkaufsstellen erwerben zu können, würde der Regelungsgehalt des Parkscheinautomaten und seiner Hinweisschilder als modifiziertes Halteverbot nicht angetastet werden. In den Erläuterungen zu § 13 StVO in der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs -Ordnung (VwV-StVO)4 wird unter VI. ausgeführt, dass der Parkschein mindestens den Standort des Parkscheinautomaten, das Datum und das Ende der Parkzeit enthalten soll. Auch dies würde grundsätzlich einen Erwerb an einer anderen Verkaufsstelle nicht ausschließen, soweit der Fahrzeugführer die erforderlichen Angaben in den Parkschein einträgt. In strafrechtlicher Hinsicht sind Parkscheine Urkunden und kommen als taugliches Tatobjekt einer Urkundenfälschung nach § 267 des Strafgesetzbuchs (StGB) in Betracht.5 Die Rechtsqualität als Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuchs würde einem Erwerb an einer anderweitigen Verkaufsstelle und der eigenhändigen Eintragung der Parkzeit nicht entgegenstehen. Denn der Parkschein sagt als Urkunde nichts darüber aus, wie er in den Besitz des Fahrzeugführers gelangt ist. Dabei kommt beispielsweise auch ein Fund in Betracht, der nicht zu einer Strafbarkeit nach § 267 StGB führen würde. Der Parkschein bestätigt lediglich, dass „durch wen auch immer - eine Parkgebühr entrichtet und damit die Berechtigung zur Benutzung von Parkfläche in einem bestimmten Bereich - nämlich demjenigen des ausgewiesenen Automaten - für eine bestimmte Zeitspanne - nämlich bis zu dem ausgedruckten Parkzeitende - erworben worden ist“6. Daraus folgt, dass die Art der Besitzerlangung des Parkscheins keine Auswirkungen auf eine Strafbarkeit nach § 267 StGB hat, mithin wird ein Erwerb des Parkscheins am Parkscheinautomaten nicht zwingend vorausgesetzt. Dem Erwerb eines Parkscheins an anderen Verkaufsstellen könnten jedoch systematische Bedenken entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat in § 13 Abs. 3 StVO die Möglichkeit, elektronische Parkscheine zu lösen, ausdrücklich geregelt. Aus einem Umkehrschluss könnte folgen, dass andere 3 vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 29.11.2000, Az.: 3 Bf 275/99, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR) 2001, 694; BVerwG, Beschluss vom 26.01.1988, Az.: BVerwG 7 B 189.87, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV) 1988, 38. 4 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001, in der Fassung vom 22.05.2017 (BAnz AT 29.05.2017 B8), abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet .de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm (Letzter Abruf: 01.02.2019). 5 vgl. Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes vom 18.12.2018 (BGBl. I S. 2639), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/stgb/ (Letzter Abruf: 01.02.2019). 6 vgl. OLG Köln, Beschluss vom 10.08.2001, Az.: Ss 264/01, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV) 2001, 481 (482). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 020/19 Seite 6 Erwerbsmöglichkeiten von Parkscheinen einer vergleichbaren Zulassung durch Regelung des Gesetzgebers bedürfen. Für diese systematischen Bedenken kommt es entscheidend auf die Frage an, ob der Gesetzgeber die Zulassung der elektronischen Parktickets als klarstellende Regelung oder als Ausnahmeregelung eingeführt hat. Dabei ist nicht ersichtlich, dass es bei dem Erwerb des Parkscheins entscheidend auf dessen Modalität ankommen kann. Parkscheine dienen nach den Erläuterungen zu § 13 StVO in der VwV- StVO grundsätzlich dem Ziel, dass in Bereichen, wo kein ausreichender Parkraum vorhanden ist, möglichst viele Fahrzeuge nacheinander für möglichst kurze, genau begrenzte Zeit parken können . Dieses Ziel könnte gleichermaßen sichergestellt werden, wenn die Fahrzeugführer ihre Parkscheine an anderen Verkaufsstellen erwerben könnten und diese nach Bedarf selbst ausfüllen. Weiter sind auch keine Faktoren ersichtlich, die den Verkauf an anderen Stellen im Vergleich zu den Parkscheinautomaten bedeutend unwirtschaftlicher machen würden. Darüber hinaus zeigt gerade auch die bestehende Regelung des § 13 Abs. 3 StVO, dass es auf die Art des Parkscheinkaufs nicht ankommt, denn elektronische Parktickets berechtigen gleichermaßen zum Parken wie die Parktickets des Parkscheinautomaten. Der Wortlaut des § 13 Abs. 3 StVO verdeutlicht zudem die Anforderungen, die an die elektronischen Parktickets als Alternative zu den herkömmlichen Parktickets des Parkscheinautomaten zu stellen sind: Sie müssen die Entrichtung der Parkgebühr und die Überwachung der Parkdauer gleichermaßen sicherstellen können. Diesen Anforderungen könnten auch an anderen Verkaufsstellen als dem Parkscheinautomaten erworbene Parktickets genügen. 3. Fazit Der Wortlaut des § 13 Abs. 1, Satz 1 StVO steht dem Erwerb eines Parkscheins an anderen Verkaufsstellen grundsätzlich nicht entgegen. Auch in strafrechtlicher Hinsicht wäre dies unbedenklich . Der Zulässigkeit des Verkaufs an anderen Verkaufsstellen könnten systematische Bedenken entgegenstehen, da der Gesetzgeber die elektronischen Parktickets in § 13 Abs. 3 StVO ausdrücklich zugelassen hat. Aus einem Umkehrschluss könnte gefolgert werden, dass alternative Erwerbsmöglichkeiten für Parktickets einer ausdrücklichen Zulassung durch den Gesetzgeber bedürfen . Allerdings wäre der Verkauf an anderen Stellen nicht erkennbar unwirtschaftlicher und auch das Ziel der Parkscheinautomaten, eine ständige Fluktuation der parkenden Fahrzeuge zu erreichen, würde nicht gefährdet, sodass die systematischen Bedenken vorliegend nicht überwiegen . Nichtsdestotrotz wäre eine mit § 13 Abs. 3 StVO vergleichbare klarstellende Regelung des Gesetzgebers wünschenswert, um Auslegungsschwierigkeiten vorzubeugen und Rechtssicherheit zu schaffen. ***