© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 016/17 Aktuelle Entwicklungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 016/17 Seite 2 Aktuelle Entwicklungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 016/17 Abschluss der Arbeit: 16. Februar 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 016/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Maßnahmen zum Interessenausgleich 4 2.1. Zweite Verordnung zur Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung 5 2.2. Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes 6 2.3. Antrag mit dem Titel „Sport und Alltag verbinden – Lärmschutzregelungen für Sportanlagen den heutigen Anforderungen anpassen“ 6 3. Aktueller Stand 7 4. Ergebnis 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 016/17 Seite 4 1. Einleitung Die Sportanlagenlärmschutzverordnung1 ist am 26. Oktober 1991 in Kraft getreten und legte erstmals verbindliche Maßstäbe zur Beurteilung der von Sportanlagen ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärm fest. Gemäß § 1 der Sportanlagenlärmschutzverordnung soll diese für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Sportanlagen gelten, soweit sie zum Zwecke der Sportausübung betrieben werden und einer Genehmigung nach § 4 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes nicht bedürfen. Dabei sind unter Sportanlagen ortsfeste Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes2 zu verstehen, die zur Sportausübung bestimmt sind. Darüber hinaus zählen zu einer Sportanlage auch Einrichtungen, die mit der Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Zur Nutzungsdauer der Sportanlage gehören auch die Zeiten des An- und Abfahrverkehrs sowie des Zu- und Abgangs.3 2. Maßnahmen zum Interessenausgleich 25 Jahre nach Inkrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung besteht noch immer ein Konflikt zwischen dem Ruhebedürfnis der Nachbarschaft von Sportanlagen und dem Bedürfnis der Sportvereine nach einer ausgiebigen Nutzung der Sportanlagen. Abhilfe schaffen sollte die „Zweite Verordnung zur Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung“4 der Bundesregierung , der „Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes “5 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ihr weiterer Antrag „Sport und Alltag verbinden – Lärmschutzregeln für Sportanlagen den heutigen Anforderungen anpassen“6 . Zum Verordnungsentwurf , dem Gesetzesentwurf und dem Antrag hat der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) einen Bericht und eine Beschlussempfehlung 1 Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung - 18. BImSchV) vom 18. Juli 1991 (BGBl. I S. 1588, 1790), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 9. Februar 2006 (BGBl. I S. 324); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bimschv _18/gesamt.pdf [letzter Abruf: 13. Februar 2017], - Anlage 1 -. 2 Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 30. November 2016 (BGBl. I S. 2749); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/BJNR007210974.html [letzter Abruf: 13. Februar 2017]. 3 Vgl. § 1 der 18. BImSchV. 4 BT-Drucks. 18/10483 – Anlage 2 - ). 5 BT-Drucks. 18/10859. 6 BT-Drucks. 18/4329. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 016/17 Seite 5 vorgelegt.7 Ziel der geplanten Neuregelungen sollte es sein, eine wohnortnahe Sportausübung zu fördern und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.8 2.1. Zweite Verordnung zur Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung Kommunen und Sportverbände weisen darauf hin, dass vermehrt Beschwerden seitens der Nachbarschaft von Sportanlagen vorliegen, aufgrund derer sich die Sportvereine teilweise gezwungen sahen, die Nutzungszeiten von Sportanlagen zu begrenzen und die Zahl der Jugendmannschaften einzudämmen bzw. keine neuen Mitglieder mehr aufzunehmen. Die Ruhezeiten nach der Sportanlagenlärmverordnung stellen insoweit ein Hindernis für die Errichtung wohnortsnaher neuer Sportanlagen dar. Sportanlagen werden damit umweltpolitisch unerwünscht in den Außenbereich verdrängt. Auch wird hierdurch der städtebaulich erstrebten Verdichtung von Innenstädten entgegen gewirkt. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel der Änderungen, die Immissionsrichtwerte neu zu regeln. Für die abendlichen Ruhezeiten von 20 bis 22 Uhr sowie zusätzlich für die Ruhezeit an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr sollen die Immissionsrichtwerte um fünf Dezibel erhöht und somit an die tagsüber geltenden Werte angepasst werden. Die morgendlichen Ruhezeiten sollen dabei unberührt bleiben. Auf diesem Wege soll die Sportausübung auf wohnortnahen Sportanlagen gefördert werden.9 Des Weiteren sollen Altanlagen, die bereits vor Inkrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung im Jahr 1991 genehmigt wurden oder zulässigerweise ohne Genehmigung errichtet werden konnten, rechtlich besser geschützt werden. Vor allem werden Modernisierungsmaßnahmen geregelt , mit denen eine Sportanlage auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden soll, ohne dabei ihren „Altanlagenbonus“, der eine Grenzüberschreitung der durch die 18. BImSchV vorgegebenen Dezibel-Richtwerte ermöglicht, zu verlieren bzw. ihre weitere Nutzung in Frage zu stellen.10 Durch die Einführung einer Kriterienliste unschädlicher Modernisierungsmaßnahmen soll Rechtssicherheit geschaffen werden. 7 BT-Drucks. 18/11006. 8 Plenarprotokoll 18/215, S. 21542 (D). 9 Zu der bisherigen Praxis, vgl. bspw. Schul- und Sportamt Marzahn-Hellersdorf (Hrsg.), Handlungsanleitung für Nutzer von Sportstätten, erarbeitet in Zusammenarbeit mit dem bezirklichen Umweltamt, 2. Überarbeitung mit Stand vom 11.09.2013 – Anlage 3 -. 10 Plenarprotokoll 18/215, S. 21542 (D). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 016/17 Seite 6 Schließlich sieht der Verordnungsentwurf die Einführung von Immissionsrichtwerten für sogenannte Urbane Gebiete vor. Zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU11 soll in der Baunutzungsverordnung 12 eine neue Baugebietskategorie „Urbane Gebiete (MU)“ eingeführt werden. Bislang enthielt die Sportanlagenlärmschutzverordnung deshalb keine Immissionsrichtwerte für Sportanlagen in dieser Gebietskategorie. 2.2. Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Nachdem im Jahr 2011 durch Bundesgesetz beschlossen wurde, dass Kinderlärm keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des Lärmschutzrechts ist und somit keine erhebliche Belastung darstellt, zielt der vorliegende Gesetzesentwurf auf eine Gleichstellung des Kinderlärms auf Sportanlagen mit dem Kinderlärm von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ab.13 Bislang werden Geräusche von Kindern, die sich organisiert im Sportverein körperlich betätigen, als schädliche Umwelteinwirkungen gewertet und unterliegen den Beschränkungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung, während dieselben Geräusche vom Kinderspielplatz privilegiert werden.14 2.3. Antrag „Sport und Alltag verbinden – Lärmschutzregelungen für Sportanlagen den heutigen Anforderungen anpassen“ Mit dem Antrag soll die Bundesregierung ebenfalls dazu aufgefordert werden, Kinderlärm, der von Sportanlagen ausgeht, rechtsicher unter die „Kinderlärm-Privilegierung“ zu subsumieren und den sogenannten „Altanlagenbonus“ bei einer Modernisierung oder Änderung einer Sportanlage ebenfalls rechtssicher und bundeseinheitlich auszugestalten. Darüber hinaus sollte bei einer funktionalen Umwandlung einer Sportanlage zur Förderung der Ausübung von Trendsportarten in Urbanen Gebieten der sogenannte „Altanlagenbonus“ erhalten bleiben. Außerdem soll untersucht werden, ob es nicht geboten sei, die Prüfmethode bei der Lärmmessung zu vereinheitlichen . Auch soll die Bundesregierung prüfen, ob Sportanlagen mit hohen Zuschauerkapazitäten, welche nicht dem Breitensport (in Abgrenzung zum wettkampforientierten und trainingsintensiven Leistungssport)dienen, aus dem Regelungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung ausgenommen und stattdessen in den Regelungsbereich über genehmigungsbedürftige Anlagen aufgenommen werden können.15 11 Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, (Abl. L 124 vom 25. April 2014, S. 1); abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=OJ:JOL_2014_124_R_0001&from=DE [letzter Abruf: 13. Februar 2017]. 12 Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548); abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/baunvo/BJNR004290962.html [letzter Abruf: 13. Februar 2017]. 13 Vgl. § 22 Abs. 1a BImSchG. 14 Vgl. BT-Drucks. 18/11006, S. 6. 15 Vgl. BT-Drucks. 18/11006, S. 6 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 016/17 Seite 7 3. Aktueller Stand Der Bundestag hat am 26. Januar 2017 die Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung beschlossen. Dabei stimmten die Koalitionsfraktionen für den Verordnungsentwurf der Bundesregierung . Die Oppositionsfraktionen Die Linke und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthielten sich. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hatte zum Verordnungsentwurf der Bundesregierung eine Beschlussempfehlung vorgelegt, die eine Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in diesem Sinne befürwortete.16 Der entsprechende Antrag und der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wurden hingegen abgelehnt.17 Die Zweite Verordnung zur Änderung der Sportanlagenlärmverordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Sie wird danach voraussichtlich drei Monate nach der Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.18 4. Ergebnis Die Änderung der Sportanlagenverordnung sieht vor, die Richtwerte für die abendlichen Ruhezeiten zwischen 20 bis 22 Uhr sowie für die Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr um fünf Dezibel zu erhöhen. Damit gelten für diese Zeiten die gleichen Richtwerte wie tagsüber außerhalb der Ruhezeiten. Unberührt bleiben die morgendlichen Ruhezeiten. Der Verordnungsentwurf sieht zudem Richtwerte für die geplante neue Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ vor. Weiterhin werden die Regelungen für Sportanlagen, die vor 1991 genehmigt wurden oder die ohne Genehmigung errichtet werden konnten, konkretisiert. Geregelt werden soll in einem Anhang 2 dieser Rechtsverordnung, welche Umbauten oder Änderungen zulässig sind, damit die entsprechende Sportanlage weiterhin den „Altanlagenbonus“ nutzen kann, der eine Überschreitung Grenzwerte ermöglicht. Schließlich sollen unter anderem die erforderlichen Abstände zwischen Sportanlagen und beispielswiese benachbarter Wohnbebauung vermindert werden. *** 16 Plenarprotokoll 18/215, S. 21549 (D). 17 Plenarprotokoll 18/215, S. 21549 (D) – S. 21550 (A). 18 Deutscher Bundestag, Online-Dienste: „An Sportanlagen ist künftig mehr Lärm zulässig“, Dokument vom 26. Januar 2017; abrufbar unter: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw04-pa-umwelt-laermgrenzwerte /487742 [letzter Abruf: 13. Februar 2017].