© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 015/19 Sicherheitsabstand zwischen Hochspannungsfreileitungen und baulichen Anlagen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 015/19 Seite 2 Sicherheitsabstand zwischen Hochspannungsfreileitungen und baulichen Anlagen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 015/19 Abschluss der Arbeit: 06.02.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 015/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffsbestimmungen und deren Einordnung 4 3. Rechtliche Grundlagen für Abstandsflächen von Hochspannungsleitungen 5 3.1. Schädliche Umwelteinwirkungen durch elektrische und magnetische Felder 5 3.2. Elektrische Überschläge 6 4. Fazit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 015/19 Seite 4 1. Einleitung Bei der Stromversorgung müssen Massen an elektrischer Energie über weite Distanzen befördert werden, damit der einzelne Endverbraucher sie nutzen kann. Voraussetzung hierfür ist die Errichtung von Hochspannungsfreileitungen im gesamten Bundesgebiet. Die Hochspannungsfreileitungen weisen insbesondere für nahgelegene bauliche Anlagen und deren Bewohner Gefährdungspotential auf. Fernab von konkreten gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen soll vorliegend ein gedrungener Überblick über die gesetzlichen Regelungen zu Abstandsflächen, die baulichen Anlagen zu den Hochspannungsfreileitungen einzuhalten haben, gegeben werden. 2. Begriffsbestimmungen und deren Einordnung Für die elektrische Energieübertragung werden sowohl Freileitungen als auch Erdkabel verwendet .1 Eine Freileitung bezeichnet die Gesamtheit einer Anlage zur oberirdischen Fortleitung von elektrischer Energie, bestehend aus Stützpunkten und Leitungsteilen. Stützpunkte umfassen dabei Maste sowie deren Gründungen und Erdungen. Leitungsteile umfassen oberirdisch verlegte Leiter und Isolatoren und deren Zubehörteile.2 Die Erdkabel dienen der unterirdischen Fortleitung von Elektrizität und bestehen aus isolierten Leitern, die im Boden, Rohren, Tunneln, Mulden oder auf vergleichbare Weise verlegt sind. Die elektrischen und magnetischen Felder, die von einer oder mehreren Anlagen ausgehen und an einem maßgeblichen Minimierungsort auftreten und dort auf Menschen, Tiere und Pflanzen einwirken können3, werden als Immissionen zusammengefasst. Diese Immissionen haben einen bestimmten Einwirkungsbereich. Der Einwirkungsbereich einer Niederfrequenzanlage beschreibt den Bereich, in dem die Anlage einen signifikanten von der Hintergrundbelastung abhebenden Immissionsbeitrag verursacht, unabhängig davon, ob die Immissionen tatsächlich schädliche Umwelteinwirkungen auslösen.4 1 Vgl.: Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zum Thema: Was sind Hochspannungsleitungen, abrufbar unter: http://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/basiswissen/einfuehrung/einfuehrung_node.html (Stand dieser und sämtlicher nachfolgenden Online-Quellen: 07.02.2019). 2 Vgl.: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Amt für Bauordnung und Hochbau, Bauprüfdienst (BPD) 06/2016, Bauliche Anlagen im Nahbereich von Hochspannungsleitungen, S. 4, abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/153022/e6c0457e47429c52b1428fa404a2f5c3/data/bpdbauliche -anlagen-im-nahbereich-von-hochspannungsfreileitungen.pdf. 3 Vgl.: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUB) - Referat RS II 4 - Entwurf Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BIm- SchV (26. BImSchVVwV), abrufbar unter: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz /26_bmischv_avv_entwurf_bf.pdf. 4 Vgl.: Hinweise zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder, mit Beschluss der 54. Amtschefkonferenz , in der Fassung des Beschlusses der 128. Sitzung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz am 17. und 18.09.2014 in Landshut, abrufbar unter: https://www.lai-immissionsschutz .de/documents/ack_1503575775.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 015/19 Seite 5 3. Rechtliche Grundlagen für Abstandsflächen von Hochspannungsleitungen 3.1. Schädliche Umwelteinwirkungen durch elektrische und magnetische Felder Die durch Hochspannungsfreileitungen ausgestrahlten elektrischen und magnetischen Felder können unter Umständen zu gesundheitlichen Gefährdungen führen.5 Um insbesondere Gesundheitsschädigungen den Anwohner nahgelegener Gebäude auszuschließen, sind bei der Errichtung von baulichen Anlagen Abstandsflächen zu den Hochspannungsfreileitungen einzuhalten. Die Hochspannungsfreileitungen sind sonstige ortsfeste Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 5, Nr. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG)6. Sie unterliegen keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht nach § 4 Abs.1, Satz 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 der vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (4. BImSchV)7. Gemäß § 22 Abs. 1, Satz 1, Nr. 1 und 2 BImSchG sind sie daher so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. Ferner müssen unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.8 In Umsetzung dessen schreibt die 26. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (26. BImSchV)9 durch die Pflicht zur Einhaltung von Grenzwerten für elektrische und magnetische Felder einen Mindestabstand zu Hochspannungsfreileitungen vor. In Deutschland wird der Transport elektrischer Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher fast ausschließlich mittels Hochspannungsfreileitungen bewerkstelligt, in denen Wechselstrom mit einer 5 Vgl.: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Amt für Bauordnung und Hochbau, Bauprüfdienst (BPD) 06/2016, Bauliche Anlagen im Nahbereich von Hochspannungsleitungen, S. 6, abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/153022/e6c0457e47429c52b1428fa404a2f5c3/data/bpdbauliche -anlagen-im-nahbereich-von-hochspannungsfreileitungen.pdf. 6 Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.05.2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Art 3 des Gesetzes vom 18.07.2017 (BGBl. I S. 2771), abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/bimschg/. 7 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.05.2017 (BGBl. I S. 1440), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_4_2013/. 8 Vgl.: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Urteil vom 17.12.2013, Az.: 4 A 1/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2014, 669, Rn. 47. 9 Sechsundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.08.2013 (BGBl. I S. 3266), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_26/26._BImSchV.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 015/19 Seite 6 Frequenz von 50 Hertz fließt.10 Diese Hochspannungsfreileitungen sind sogenannte Niederfrequenzanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2, Nr. 2 der 26. BImSchV.11 Zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sind sie nach § 3 Abs. 1, Satz 1 der 26. BImSchV so zu betreiben, dass „sie in ihrem Einwirkungsbereich an Orten, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung die im Anhang 1a genannten Grenzwerte nicht überschreiten, wobei Niederfrequenzanlagen mit einer Frequenz von 50 Hertz die Hälfte des in Anhang 1a genannten Grenzwertes der magnetischen Flussdichte nicht überschreiten dürfen“. Für die Hochspannungsfreileitungen, die mit einer Frequenz von 50 Hertz betrieben werden, bedeutet dies, dass der Effektivwert der elektrischen Feldstärke von 5 kV/m und der Effektivwert der magnetischen Flussdichte von 100 µ nicht überschritten werden darf.12 Ausgehend von diesen Effektivwerten kann ein Mindestabstand für Gebäude von den Hochspannungsfreileitungen bestimmt werden.13 Jedoch ist der Mindestabstand unter anderem auch abhängig von den für die Immissionen bestehenden Minimierungsmöglichkeiten. In verschiedenen Arbeitsgemeinschaften wurden daher unterschiedliche Empfehlungen für einzuhaltende Abstände gegeben, abhängig von der Betriebsspannung liegen diese zwischen fünf und vierzig Metern .14 3.2. Elektrische Überschläge Darüber hinaus besteht für bauliche Anlagen die Gefahr sogenannter elektrischer Überschläge. Um solche elektrischen Überschläge zu verhindern, muss ein ausreichender Abstand zwischen 10 Vgl.: Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zum Thema: Grenzwerte für ortsfeste Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen , abrufbar unter: https://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/grenzwerte/grenzwerte .html 11 Vgl.: Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zum Thema: Grenzwerte für statische und niederfrequente Felder, abrufbar unter: https://www.bfs.de/DE/themen/emf/nff/schutz/grenzwerte/grenzwerte.html. 12 Vgl. zum Betrieb der Hochspannungsfreileitungen als Niederfrequenzanlagen mit 50 Hertz: Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zum Thema: Grenzwerte für ortsfeste Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen, abrufbar unter: https://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/grenzwerte/grenzwerte.html; vgl. zu den einzuhaltenden Grenzwerten auch: BVerwG Urteil vom 17.12.2013, Az.: 4 A 1/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2014, 669, Rn. 50. 13 Vgl. hierzu ausführlich unter Beachtung der verschiedenen Nennspannungen: BMUB - Referat RS II 4 - Entwurf Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BIm- SchV (26. BImSchVVwV) S. 3., abrufbar unter: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download _PDF/Strahlenschutz/26_bmischv_avv_entwurf_bf.pdf. 14 Vgl. etwa: Hinweise zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder, mit Beschluss der 54. Amtschefkonferenz, in der Fassung des Beschlusses der 128. Sitzung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz am 17. und 18.09.2014 in Landshut, S. 17, abrufbar unter: https://www.lai-immissionsschutz .de/documents/ack_1503575775.pdf; Gutachten Untersuchungen zu niederfrequenten elektrischen und magnetischen Feldimmissionen durch benachbarte Hochspannungsleitungen im Bereich eines für den Bau von Wohnungen vorgesehenen Grundstücks an der Uckendorfer Straße in 53844 Troisdorf-Rotter See, S. 22, abrufbar unter: http://www.troisdorf.de/MediaLibrary/Content/System/Stadtplanung/downloads/S91_Bl2a_Ae2_Begruendung _fruehzeitig_Anl2.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 015/19 Seite 7 baulichen Anlagen einschließlich ihrer Aufbauten (etwa Schornsteine oder Antennen) sowie ihrer Baustelleneinrichtung und den Leiterseilen der Hochspannungsfreileitungen eingehalten werden . Die einzuhaltenden Abstände sind vom Deutschen Institut für Normierung (DIN) in der DIN- Norm für Freileitungen über AC 45 kV15 festgelegt. Dabei hängt der Abstand von der Betriebsspannung der Freileitung, der Neigung des Dachs, von der Art der Dacheindeckung und der möglichen Nutzungen der Dachfläche, etwa als Parkdeck oder Dachterrasse, ab.16 Bei einer Betriebsspannung der Leitung von 100 kV beträgt der einzuhaltende Abstand abhängig von den Umständen des Einzelfalls zwischen drei und elf Metern, bei einer Betriebsspannung von 380 kV hingegen sind zwischen fünf und dreizehn Meter Sicherheitsabstand einzuhalten.17 4. Fazit Die einzuhaltenden Mindestabstände finden ihre rechtliche Grundlage im Immissionsschutzrecht und den DIN-Vorgaben des Deutschen Instituts für Normierung. Der Abstand ist dabei sowohl nach dem Immissionsschutzrecht als auch nach der DIN-Norm von den Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass ein pauschal einzuhaltender Abstand nicht festgelegt werden kann. *** 15 DIN EN 50341-1:2013-11 – Freileitungen über AC 45 kV. 16 Vgl. Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Amt für Bauordnung und Hochbau, Bauprüfdienst (BPD) 06/2016, Bauliche Anlagen im Nahbereich von Hochspannungsleitungen, S. 6, abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/153022/e6c0457e47429c52b1428fa404a2f5c3/data/bpdbauliche -anlagen-im-nahbereich-von-hochspannungsfreileitungen.pdf. 17 Die Angaben beruhen auf der Wiedergabe der DIN EN 50341-1:2013-11 in: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Amt für Bauordnung und Hochbau, Bauprüfdienst (BPD) 06/2016, Bauliche Anlagen im Nahbereich von Hochspannungsleitungen, S. 6, abrufbar unter: https://www.hamburg .de/contentblob/153022/e6c0457e47429c52b1428fa404a2f5c3/data/bpd-bauliche-anlagen-im-nahbereichvon -hochspannungsfreileitungen.pdf..