© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 – 3000 – 015/15 Reform der Struktur des Vergaberechts Für und Wider des Kaskadensystems Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 2 Reform der Struktur des Vergaberechts Für und Wider des Kaskadensystems Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 015/15 Abschluss der Arbeit: 28. April 2015 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Das Kaskadensystem des deutschen Vergaberechts 4 3. Kritik und Diskussion des Kaskadensystems 6 3.1. Bedeutung des Kaskadenprinzips für das deutsche Vergaberecht 6 3.2. Vorteile des Kaskadensystems 7 3.3. Ein einheitliches Bundesvergabegesetz als alternative Regelungsmöglichkeit 7 4. Zusammenfassung des derzeitigen Diskussionsstandes 8 5. Auswirkungen eines Systemwechsels auf die Arbeit des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 4 1. Fragestellung Das Bundeskabinett hat am 7. Januar 2015 „Eckpunkte zur Reform des Vergaberechts“ (im Folgenden : Eckpunkte) verabschiedet.1 Anlass zur Reform gibt die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, das vom Europäischen Gesetzgeber vorgelegte Paket zur Modernisierung des europäischen Vergaberechts, welches die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (RL 2014/24/EU), die Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Sektoren-Richtlinie, RL 2014/25/EU) und die neue Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen (RL 2014/23/EU) umfasst, bis zum 18. April 2016 umzusetzen. In den Eckpunkten hat die Bundesregierung ihre Vorstellungen für eine „Neue Struktur des Vergaberechts“ formuliert (Eckpunkte, III.), die in ihrem Gehalt als Systemwechsel beschrieben werden können, soweit sie eine Vergesetzlichung von Vergaberechtsregeln beinhalten, die bislang untergesetzlich geregelt wurden. Vor diesem Hintergrund wurde folgende Fragestellung aufgeworfen: Welche Vor- und Nachteile gibt es für diesen Systemwechsel? Kann diese Verrechtlichung zu Einschränkungen in der Arbeit des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen in seiner jetzigen Tätigkeit führen? Wenn ja, welche? Gegenstand der Frage nach Vor- und Nachteilen eines Systemwechsels ist der zukünftige Bestand der „Kaskadensystem“ benannten Regelungsmodells des deutschen Vergaberechts in seiner derzeitigen Form. Demgemäß werden im Folgenden die wesentlichen Argumente für und gegen das Kaskadensystem dargestellt. Zudem werden die Auswirkungen der geplanten Strukturreform auf die Arbeit des Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen angesprochen. 2. Das Kaskadensystem des deutschen Vergaberechts Das deutsche Vergaberecht ist oberhalb der von der EU-Kommission festgelegten Schwellenwerte vom sog. Kaskadensystem geprägt.2 1 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Eckpunkte zur Reform des Vergaberechts, Beschluss des bundeskabinetts , 7. Januar 2015, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eckpunkte-zurreform -des-vergaberechts,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 2 Oliver Dörr, in: Meinrad Dreher/Gerd Motzke, Beck´scher Vergaberechtskommentar 2. Auflage 2013, Einleitung Rn. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 5 Mit diesem Begriff wird das vom Gesetzgeber gewählte, dreistufige Regelungsprinzip bezeichnet: Die erste Stufe bildet der vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 3, dessen Regelungen auf der zweiten Stufe durch die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV)4, die Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (SektVO)5 und durch die Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit zur Umsetzung der Richtlinie 2009 / 81 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung von Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinie 2004 / 17/ EG und 2004/ 18 / EG (VSVgV)6 konkretisiert werden.7 Auf dritter Stufe stehen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A),8 die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A)9 und die Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen (VOF).10 Ergänzt und modifiziert wird dieses Kaskadensystem durch zahlreiche landesrechtliche Regelungen.11 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung 26. Juni 2013 (BGBl. I S.1750), zuletzt geändert durch Art. 5 G zur grundlegenden Reform des EEG und zur Änd. weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 22. 7. 2014 (BGBl. I S. 1066). 4 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S.169), zuletzt geändert durch Art. 1 Siebte ÄndVO vom 15.10.2013 (BGBl. I S.3584). 5 Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO), vom 23. September 2009 (BGBl. I S.3110), zuletzt geändert durch Art. 7 G zur Neuregelung des gesetzlichen Messwesens 3 vom 25.7.2013 (BGBl. I S.2722). 6 Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit zur Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung von Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinie 2004/17/EG und 2004/18/EG vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S.1509), zuletzt geändert durch Art.12 TarifautonomiestärkungsG vom 11.8.2014 (BGBl. I S. 1348). 7 Michael Probst/Fabian Winters, Einführung in das Vergaberecht, in: Juristische Schulung (JuS) 2015, S. 121, 122. 8 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A vom 31. Juli 2009 (BAnz Nr. 155, ber. 2010 Nr.36), zuletzt geändert durch Nr. I Änd. der VOB/A Abschnitt 1 und Änd. der VOB/B vom 26.6.2012 (BAnz AT 13.07.2012 B3). 9 Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A vom 20. November 2009 (BAnz Nr. 196a, ber.2010 S.755). 10 Vergabeverordnung für freiberufliche Dienstleistungen vom 18. November 2009 (BAnz Nr. 185a). 11 Oliver Dörr, , in: Meinrad Dreher/Gerd Motzke, Beck´scher Vergaberechtskommentar 2. Auflage 2013, Einleitung Rn. 84-103. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 6 3. Kritik und Diskussion des Kaskadensystems 3.1. Bedeutung des Kaskadenprinzips für das deutsche Vergaberecht Das Kaskadenprinzip ist ein prägendes Element des deutschen Vergaberechts.12 Der maßgebliche Grund für das Fortbestehen dieses Regelungsprinzips liegt in der deutschen Vergaberechtstradition , insbesondere in der rechtshistorischen Bedeutung der Verdingungsordnungen.13 Die Verdingungsordnungen bilden die dritte Stufe der Regelungskaskade und regeln die Einzelheiten des Vergabeverfahrens öffentlicher Aufträge. Erarbeitet und aktualisiert werden sie von dem Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Lieferungen und Dienstleistungen (DVAL) und dem Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA). Diese sog. Verdingungsausschüsse setzen sich aus Vertretern der Ressorts des Bundes, der Länder, kommunaler Spitzenverbände und privatwirtschaftlicher Spitzenorganisationen der Wirtschaft und der Technik zusammen .14 Die Zusammensetzung der Verdingungsausschüsse beruht auf der Überlegung, dass hinsichtlich des Vergabeverfahrens öffentlicher Aufträge nicht nur die Interessen der nachfragenden öffentlichen Hand, sondern auch die Interessen der anbietenden Privatwirtschaft Berücksichtigung finden müssen. Diesem Gedanken folgend, wurden bereits die ursprünglichen Fassungen von VOB und VOL von Verdingungsausschüssen erarbeitet. 15 Die von den Verdingungsausschüssen erarbeiteten Ordnungen aus den Jahren 1926 und 1936 sind konstitutiv für das Kaskadensystem des Vergaberechts, was sich daraus erklärt, dass sie rechtshistorisch den Ausgangspunkt des Vergaberechts bildeten.16 Erst im Rahmen der Transformierung des Vergaberechts von Haushalts-(Innen-)Recht in Wirtschafts-(Außen-)Recht wurden die Ordnungen um die noch heute bestehenden Normebenen ergänzt und es entstand die Regelungskaskade .17 Der Grund für die Beibehaltung dieser Regelungsstruktur ist demnach gleichbedeutend mit der Beibehaltung der Verdingungsordnungen und somit mit dem Erhalt des Einflusses der Verdingungsausschüsse auf das Vergabeverfahren. 12 Marcel Kau, Vergaberechtliches Kaskadensystem und europäisches Gemeinschaftsrecht, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW) 2005, S. 492. 13 Claudia Müller-Sedlaczek, Systematische Darstellung I, Die Geschichte der VOB Teil C, in: Beck´scher VOBund Vergaberechtskommentar VOB Teil C 3. Auflage 2014, Rn. 22. 14 Vergleiche hierzu die DVA- Mitgliederliste mit Stand vom Mai 2014, abrufbar unter: http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Bauwesen/dva_mitgliederliste_bf.pdf (zuletzt abgerufen: 8. April 2015) und das Arbeits- und Organisationsschema des DVAL, abrufbar unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/C-D/dval-deutscher-vergabe-und-vertragsausschuss-fuer-lieferungen -und-dienstleistungen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (zuletzt abgerufen: 8.April 2015). 15 Matthias Knauf, Das Kaskadensystem im Vergaberecht – ein Regelungsmodell mit Zukunft?, in: Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau) 2010, S. 657, 658. 16 Michael Fehling, GWB § 97, in: Hermann Pünder/Martin Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, Rn.7 ff. 17 Meinrad Dreher, Vorbemerkung Vor. §97 GWB, in: Ulrich Immenga/Ernst-Joachim Mestmäcker, Wettbewerbsrecht 5. Auflage 2014, Rn. 89. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 7 3.2. Vorteile des Kaskadensystems Für den Erhalt dieses Einflusses spricht zunächst die Rechtstradition des deutschen Vergaberechts .18 Als weiteres Argument wird angeführt, dass durch die aktive Mitgestaltung des Vergabeverfahrens die Akzeptanz der beteiligten Interessengruppen für dieses Verfahren gestärkt wird.19 3.3. Ein einheitliches Bundesvergabegesetz als alternative Regelungsmöglichkeit Als alternatives Regelungsmodell wurde allerdings bereits während des Gesetzgebungsverfahrens 1997/1998 seitens des Bundesrates die umfassende Normierung des deutschen Vergaberechts in einem einheitlichen Vergabegesetz vorgeschlagen.20 Dieser Vorschlag wurde auch von Teilen der Literatur begrüßt.21 Diese kritisierten insbesondere die Zersplitterung des Vergaberechts durch das vom Gesetzgeber präferierte Kaskadensystem.22 Auch Vertreter des Mittelstands äußerten Kritik an der durch das dreistufige Regelungsmodell eingetretenen Unübersichtlichkeit des Vergaberechts .23 Die im Frühjahr 2003 eingesetzte Arbeitsgruppe zur Verschlankung des Vergaberechts setzte sich mit der vorgebrachten Kritik und alternativen Regelungsmöglichkeiten des Vergaberechts auseinander , konnte sich jedoch nicht auf eine einheitliche Empfehlung einigen. 24 Die Arbeitsgruppe beschränkte sich vielmehr darauf, drei unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten, sowie Variationen herauszuarbeiten und die jeweiligen Vor-und Nachteile darzustellen. Als Alternative zum Kaskadenmodell wurde auch ein einheitliches Bundesvergabegesetz in Erwägung gezogen. Als Vorteile eines solchen Gesetzes wurden angesehen, dass es sich um ein geschlossenes Regelwerk handeln würde. Ein solches würde die landesrechtlichen Vergabegesetze verdrängen, was der 18 Matthias Knauf, Das Kaskadensystem im Vergaberecht – ein Regelungsmodell mit Zukunft?, in: NZBau 2010, S. 657, 658. 19 Ders. aaO. 20 Bundesrat Drucksache 646/4/97, S.3. 21 Meinrad Dreher, Die Zukunft des untergesetzlichen Vergaberechts – Zur Neuordnung von Vergabeverordnung und Verdingungsverordnung, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1999, S. 1265, 1275, mit weiteren Nachweisen. 22 Heiko Höfler/Birgit Bert, Die neue Vergabeordnung, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2000, S. 3310, 3317. 23 Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz , vom 11.11.2003, Drucksache 15/2034, S. 4. 24 Rüdiger Kratzenberg, Bericht der Arbeitsgruppe zur Verschlankung des Vergaberechts, in: NZBau 2004, S. 141, 143. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 8 Rechtsvereinheitlichung und damit der Rechtssicherheit dienen würde. Auch bestünde die Möglichkeit , Auftragswertgrenzen mit minimalistischen Verfahrensanforderungen zu verknüpfen, was nach Ansicht einiger Mitglieder der Arbeitsgruppe der Begrenzung des Anwendungsbereichs vorzuziehen wäre. Als Nachteil eines Bundesvergabegesetzes wurde angesehen, dass für jede Änderung des Vergaberechts eine Gesetzesänderung erforderlich wäre. Es bestanden auch Bedenken gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Letztlich wurde auch das Herauslösen des Vergaberechts aus dem GWB als nicht sinnvoll erachtet, da es erst vier Jahre zuvor ins Wettbewerbsrecht implementiert worden war und die Befürchtung bestand, dass eine eigenständige Kodifikation als Abkehr von den Geboten der Transparenz und des Wettbewerbs hätte missverstanden werden können. 25 Die Literatur steht dem Kaskadensystem nach wie vor kritisch gegenüber. So wird neben der Unübersichtlichkeit der Regelung und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit gerügt, dass die Verdingungsordnungen von demokratisch nicht legitimierten Gremien erlassen werden und somit die erforderliche demokratische Legitimation fehlt.26 Auch wird aufgrund der Unübersichtlichkeit der Regelungssystematik die Vereinbarkeit der Regelungskaskade mit Verfassungs- und Unionsrecht bezweifelt.27 Gegen die erhöhte Akzeptanz der Rechtsanwender für ein durch sie selbst konzipiertes Regelwerk wird angeführt, dass ein derartiges Vergabeverfahren nicht zwingend zu der notwendigen Praktikabilität des Verfahrens führe, da die Rechtsanwender keine Kompetenz auf dem Gebiet der Rechtssetzung haben.28 Auch sei aufgrund der starken europarechtlichen Überlagerung die faktische Möglichkeit zur Einflussnahme der privaten Interessengruppen stark reduziert.29 4. Zusammenfassung des derzeitigen Diskussionsstandes Die wesentlichen Argumente für die Beibehaltung des Kaskadenprinzips sind: - Die Rechtstradition des deutschen Vergaberechts. 25 Rüdiger Kratzenberg, Bericht der Arbeitsgruppe zur Verschlankung des Vergaberechts, in: NZBau 2004, S. 141, 143. 26 Meinrad Dreher, Die Zukunft des untergesetzlichen Vergaberechts – Zur Neuordnung von Vergabeverordnung und Verdingungsverordnung, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1999, S. 1265, 1266. 27 Meinrad Dreher, Vorbemerkung Vor. §97 GWB, in: Ulrich Immenga/Ernst-Joachim Mestmäcker, Wettbewerbsrecht 5. Auflage 2014, Rn. 74; Oliver Dörr, Einleitung: Vergaberecht in Deutschland – Das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe im Stufenbau der Rechtsordnung, in: Meinrad Dreher/Gerd Motzke, Beck´scher Vergaberechtskommentar 2. Auflage 2013, Rn. 66 mit weiteren Nachweisen. 28 Meinrad Dreher, Die Zukunft des untergesetzlichen Vergaberechts – Zur Neuordnung von Vergabeverordnung und Verdingungsverordnung, in: NVwZ 1999, S. 1265, 1266. 29 Matthias Knauf, Das Kaskadensystem im Vergaberecht – ein Regelungsmodell mit Zukunft?, in: NZBau 2010, S. 657, 661. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 9 - Die durch die Mitwirkung an der Verfahrensgebung erhöhte Akzeptanz der beteiligten Gruppen. - Für Änderungen des Vergabeverfahrens sind keine Gesetzesänderungen erforderlich, was die Rechtssetzung beschleunigt. Die wesentlichen Argumente gegen das Kaskadenprinzip und für ein einheitliches Bundesvergabegesetz sind: - Die Unübersichtlichkeit der bisherigen Regelung. - Den Verdingungsausschüssen fehlt die demokratische Legitimation. Der Verweis in den §§ 4 – 6 VfV, der den Verdingungsordnungen den Status von Rechtsverordnungen verleiht , stellt demnach eine unzulässige Verlagerung von Gesetzgebungskompetenz auf Private dar. - Die Mitwirkung der Verdingungsausschüsse in der derzeitigen Form ist nicht erforderlich um die Erfahrungen der Rechtsanwender nutzbar zu machen. Es reicht vielmehr eine beratende Funktion dieser Gremien.30 - Das Kaskadenprinzip verstößt aufgrund seiner Unübersichtlichkeit gegen das Transparenzverbot , gegen den Effektivitätsgrundsatz und gegen die Grundfreiheiten und steht daher in Widerspruch zu europäischen Recht.31 - Die Verdingungsordnungen tragen nicht zu einer erhöhten Akzeptanz bei den sie anwenden Parteien bei, da sie aufgrund der fehlenden Kompetenz der Verdingungsausschüsse auf dem Gebiet der Gesetzgebung inhaltlich von minderer Qualität sind. - Durch ein einheitliches Bundesvergabegesetz könnten die Landesvergabegesetze beseitigt werden, was zu einer Rechtsvereinheitlichung beitragen würde. Gleiches gilt für die Zweiteilung des deutschen Vergaberechts. Es wird aber die Gesetzgebungskompetenz des Bundes bezweifelt.32 5. Auswirkungen eines Systemwechsels auf die Arbeit des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen Die Auswirkungen einer Reform des deutschen Vergaberechts auf die Kompetenzen des Verdingungsausschusses für Bauleistungen hängen von der Reichweite dieser Reform ab. Im Falle einer 30 Meinrad Dreher, Die Zukunft des untergesetzlichen Vergaberechts – Zur Neuordnung von Vergabeverordnung und Verdingungsverordnung, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1999, S. 1265, 1272. 31 Ders. aaO.; Marcel Kau, Vergaberechtliches Kaskadensystem und europäisches Gemeinschaftsrecht, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW) 2005, S. 492; a.A. Jost Pietzcker, Vergabeverordnung und Kaskadenprinzip aus verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Sicht, in: NZBau 2000, S.64 ff. 32 Rüdiger Kratzenberg, Bericht der Arbeitsgruppe zur Verschlankung des Vergaberechts, in: NZBau 2004, S. 141, 143. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 015/15 Seite 10 umfassenden Kodifizierung des Vergaberechts in einem Gesetz würde sich die Mitwirkungsmöglichkeit der Verdingungsausschüsse auf eine beratende Tätigkeit reduzieren.33 Das Eckpunktepapier legt eine derart umfassende Reform des Vergaberechts allerdings nicht nahe. Vielmehr soll hiernach die kaskadenartige Regelungsstruktur des Vergaberechts beibehalten werden. Die angekündigten Änderungen der gesetzlichen Regelungen lassen den Kompetenzbereich des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen weitgehend unberührt. Einzig das Vorhaben, die grundsätzlichen Anforderungen an Eignung und Zuschlag im GWB zu regeln, betrifft eine derzeit im § 6 der VOB/A geregelte Materie. Die Einzelheiten bauspezifischer Vergabeverfahren bleiben allerdings weiterhin der VOB/A vorbehalten, sodass auch insofern eine Einschränkung der Kompetenz des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen nicht zu erwarten ist. Dies folgt schon daraus, dass eine Regelung, die grundsätzliche Anforderungen an die Eignung potentieller Bewerber aufstellt und im GWB geregelt ist, für sämtliche Vergabeverfahren gelten muss. Eine Berücksichtigung bauspezifischer Besonderheiten, wie sie nach dem Eckpunktepapier gerade weiterhin erfolgen soll (S. 4) wäre hier schon normhierarchisch nicht möglich. Zu erwarten ist daher, dass sich der Gesetzgeber auf die Festlegung grundsätzlicher Anforderungen beschränkt, die Regelung bereichsspezifischer Anforderungen aber weiterhin den Verdingungsausschüssen überlässt. Sämtliche anderen im Eckpunktepapier angesprochenen Reformvorhaben beziehen sich auf Regelungen , die bereits nach derzeitiger Rechtslage im GWB oder in der VgV normiert sind und daher auch nicht in die Zuständigkeit des besagten Ausschusses fallen. 33 Meinrad Dreher, Die Zukunft des untergesetzlichen Vergaberechts – Zur Neuordnung von Vergabeverordnung und Verdingungsverordnung, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1999, S. 1265, 1276.