© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 014/19 Voraussetzungen und Umfang des § 115 StGB Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Der § 115 StGB erweitert den persönlichen Schutzbereich der §§ 113 ff. StGB, indem die dort genannten Amtsträger anderen Personengruppen gleichgestellt werden.2 Die §§ 113 ff. StGB schützen die rechtmäßige „Betätigung des Staatswillens“3 und insbesondere die zu seiner Vollstreckung berufenen Organe durch einen mittlerweile deutlich erhöhten Strafrahmen. 2. Voraussetzungen und Umfang des § 115 StGB Sinn und Zweck der §§ 113 ff. StGB ist ein erhöhter Schutz für die Vollstreckungsbeamten, die im Falle eines Angriffs eben nicht als Individualpersonen den Tätern gegenübertreten, sondern als Repräsentanten des Staates.4 § 115 Abs. 1 StGB regelt daher die Gleichstellung von Vollstreckungshandlungen von Nichtamtsträgern mit denen von Amtsträgern. Die Vorschrift selbst nennt explizit die gleichzustellenden Personengruppen. Dabei handelt es sich einerseits um Personen, die mit den Rechten und Pflichten von Polizeibeamten ausgestattet sind sowie um Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Das gegenständliche Zugpersonal lässt sich keiner der genannten Gruppe zuordnen. Bestärkt wird dies durch das Erfordernis einer Vollstreckungs- bzw. Diensthandlung. Darunter sind Handlungen zu verstehen, die „kraft Hoheitsgewalt zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen , Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen erfolgen“5. Das Zugpersonal selbst führt keine dieser Handlungen aus. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob es sich um das verbeamtete oder angestellte Personal der Deutschen Bahn handelt. Der Gesetzgeber sieht nur bei bestimmten, vor allem bei Polizisten und ähnlich gelagerten Berufsgruppen, ein erhöhtes Gefahrenpotenzial, das den Berufen quasi immanent anhaftet.6 Daher sind die gleichzustellenden Personengruppen nicht auf alle Berufsgruppen übertragbar. § 115 Abs. 2 StGB erfasst Personen, die von einem Amtsträger bzw. einer nach § 115 Abs. 1 StGB gleichgestellten Person zur Unterstützung bei der Diensthandlung zugezogen werden.7 Auch dabei liegt der Fokus allerdings wieder auf dem konkreten Bezug zur Erforderlichkeit einer Diensthandlung , so dass von dieser Regelung insbesondere medizinisches Personal bei körperlichen 1 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist. 2 Dallmeyer, in: Heintschel-Heinegg (Hrsg.), BeckOK StGB, 40. Edition, München 2018, § 115 Rn. 1. 3 Heger, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, 29. Auflage, München 2018, § 113 Rn. 1. 4 BT-Drs. 18/11161, 1. 5 Eser, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage, München 2019, § 115 Rn. 6. 6 BT-Drs. 18/11161, 8; Eser, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage, München 2019, § 115 Rn. 8. 7 Dallmeyer, in: Heintschel-Heinegg (Hrsg.), BeckOK StGB, 40. Edition, München 2018, § 115 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 014/19 Seite 5 Untersuchungen erfasst wird oder die Beauftragten eines Abschleppdienstes. Diese werden dann im Zuge ihres Tätigkeitsfeldes in den praktischen Gefahrenbereich der Vollzugsbeamten einbezogen , so dass auch eine strafrechtliche Gleichstellung geboten erscheint. Sofern das Zugpersonal also nicht unterstützend tätig wird und sich somit ähnlichen Gefahren aussetzt, kommt eine Gleichstellung nach § 115 Abs. 2 StGB nicht in Betracht. § 115 Abs. 3 StGB wiederum lässt keinen Spielraum für einen auslegungsfähigen Personenkreis. Genannt werden drei Gruppen von professionellen Hilfeleistenden, die von der Gleichstellung profitieren. So handelt es sich ausdrücklich um die Feuerwehr, den Katastrophenschutz sowie die Rettungsdienste, die bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not von der Gleichstellung profitieren. 3. Fazit Eine Subsumtion des Zugpersonals unter den § 115 StGB ist unter der derzeitigen Fassung nicht ohne weiteres möglich. Dabei spielt es aus oben genannten Gründen auch keine Rolle, ob das Personal verbeamtet ist oder nicht. ***