© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 013/16 Rechtlicher Rahmen der Überwachung von Telekommunikation zum Zwecke der Strafverfolgung EZPWD-Anfrage #3032 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 013/16 Seite 2 Rechtlicher Rahmen der Überwachung von Telekommunikation zum Zwecke der Strafverfolgung EZPWD-Anfrage #3032 Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 013/16 Abschluss der Arbeit: Datum: 25. Januar 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 013/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Beantwortung der Fragen im Einzelnen 4 2.1. Gesetzliche Vorschriften zur Telekommunikationsüberwachung 4 2.2. Arten der Überwachung von Kommunikation 4 2.3. Voraussetzungen und Verfahren zur Genehmigung von Überwachungsmaßnahmen 5 2.4. Durchführung der Überwachungsmaßnahmen 6 2.5. Zulässige Höchstdauer und Schutz der gespeicherten Daten 6 2.6. Sicherung der Kommunikationsnetze 7 2.7. Aufsicht über die Überwachungstätigkeit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 013/16 Seite 4 1. Einleitung Auf die EZPWD-Anfrage aus Mazedonien hin wird der rechtliche Rahmen der Überwachung von Telekommunikation in Deutschland beschrieben. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der Überwachung im Zusammenhang mit Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgung, der anhand der Fragen aus der mazedonischen Musterantwort dargestellt wird. 2. Beantwortung der Fragen im Einzelnen 2.1. Gesetzliche Vorschriften zur Telekommunikationsüberwachung Frage 1: Which legal acts regulate the issues concerning the use of the investigative measure interception of communication? Der Bereich der Telekommunikationsüberwachung im Rahmen der Strafverfolgung ist durch die Strafprozessordnung1 geregelt. Hierin bestimmen die Paragraphen 100a und 100b die Voraussetzungen und das Verfahren unter denen eine Überwachung zulässig ist. Darüber hinaus regeln die Paragraphen 100g und 100i die Erhebung von Verkehrsdaten und die Standortbestimmung von Mobilfunkendgeräten. Im Einzelnen regelt das Telekommunikationsgesetz2 die Pflichten der Telekommunikationsanbieter zur Bereithaltung von Daten und Mitwirkung im Ermittlungsverfahren . 2.2. Arten der Überwachung von Kommunikation Frage 2: Which types of interception of communications are defined (or regulated) by the law (targeted interception, strategic interception)? Der 8. Abschnitt der Strafprozessordnung regelt nur die gezielte Überwachung der Kommunikation des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren. Hierbei ist genau bestimmt, welche Maßnahmen getroffen werden dürfen, und welche Kommunikation überwacht oder aufgezeichnet werden darf. 1 Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2525) geändert worden ist (Stand: 21. Dezember 2015), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/index.html; in englischer Sprache verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stpo/index.html (Stand: Die Übersetzung berücksichtigt die Änderung(en) des Gesetzes durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23.4.2014 (BGBl. I S. 410). Der Stand der deutschsprachigen Dokumentation kann aktueller sein [letzter Zugriff: 25. Januar 2016]. 2 Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2218) geändert worden ist (Stand: 10. Dezember 2015), abrufbar nur in deutscher Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/index.html [letzter Zugriff: 25. Januar 2016]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 013/16 Seite 5 Eine strategische Überwachung oder Aufzeichnung ist im Rahmen von Strafverfolgung nicht vorgesehen . 2.3. Voraussetzungen und Verfahren zur Genehmigung von Überwachungsmaßnahmen Frage 3: In which cases the measure of interception of communications can be applied (national security related cases, criminal investigation cases)? Is there a different procedure of authorization for different types of cases (national security vs criminal investigation)? Who authorizes the use of this measure? In Strafermittlungsverfahren ist die Überwachung der Telekommunikation ohne das Wissen des Betroffenen in streng geregelten Fällen zulässig. Die Voraussetzungen sind in §§ 100a, 100b StPO festgelegt und erfordern den durch Tatsachen begründeten Verdacht (Anfangsverdacht), dass die betroffene Person entweder Täter oder Teilnehmer einer in § 100a Absatz 2 StPO genannten schweren Straftat ist, die auch im Einzelfall schwer wiegt und dass die Erforschung des Sachverhalts sonst wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre. § 100a Abs. 1 StPO3 (1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn 1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat, 2. die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und 3. die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahmen dürfen gemäß § 100b StPO4 nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Zuvor wird eine Telekommunikationsüberwachung in der Regel durch die ermittelnde Polizeibehörde gegenüber der Staatsanwaltschaft angeregt. In zeitkritischen Fällen darf bei Gefahr im Verzug die Staatsanwaltschaft eine kurzfristige Anordnung treffen, die innerhalb von drei Werktagen gerichtlich bestätigt werden muss oder andernfalls außer Kraft tritt. 3 § 100a StPO, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__100a.html bzw. in englischer Sprache unter: http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stpo/index.html [letzter Aufruf: 25. Januar 2016]. 4 § 100b StPO, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__100b.html bzw. in englischer Sprache unter http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stpo/index.html [letzter Aufruf: 25. Januar 2016]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 013/16 Seite 6 2.4. Durchführung der Überwachungsmaßnahmen Frage 4: Which agency/agencies operate the technical systems for interception? Die nach § 100a StPO angeordnete Telekommunikationsüberwachung wird im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die ermittelnde Polizeibehörde durchgeführt. Zu diesem Zweck sind die Anbieter von Telekommunikationsdiensten aufgrund von § 110 TKG5 und der Telekommunikation Überwachungsverordnung6 verpflichtet, technische Einrichtungen zur Telekommunikationsüberwachung vorzuhalten und organisatorische Vorkehrungen für die unverzügliche Umsetzung der angeordneten Maßnahmen zu treffen. 2.5. Zulässige Höchstdauer und Schutz der gespeicherten Daten Frage 5: Which is the maximum duration of the period during which it is legally allowed to keep the date obtained by interception of communication? How is this data protected and who has access to it? Die Telekommunikationsüberwachung darf gemäß § 100b Absatz 1 StPO nur befristet für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten angeordnet werden. Eine Verlängerung ist für jeweils höchstens drei weitere Monate darf angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Überwachung weiterhin bestehen. Sobald die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen ist die Maßnahme gemäß § 100b Absatz 4 StPO unverzüglich zu beenden. Soweit durch die Maßnahme erlangte Daten weder für die weitere Strafverfolgung noch für eine etwaige gerichtliche Überprüfung benötigt werden, sind sie nach Maßgabe des § 101 Absatz 8 StPO zu löschen. Jegliche Erkenntnisse, die sich auf den Kernbereich der privaten Lebensführung beziehen, sind darüber hinaus unverzüglich zu löschen. Die Erhebung und Löschung sind aktenkundig zu machen. Für den Betreiber von Telekommunikationsanlagen besteht aus §§ 14 und 15 der Telekommunikation Überwachungsverordnung (TKÜV) die Pflicht, die technischen Einrichtungen der Steuerung , sowie die Übertragungsstrecken, nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Inanspruchnahme zu schützen. Ferner ist der Betreiber verpflichtet den Schutz der Informationen zu den Überwachungsmaßnahmen sicherzustellen. 5 § 110 Telekommunikationsgesetz (TKG), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet .de/tkg_2004/__110.html [letzter Aufruf: 25. Januar 2016]. 6 Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation auf Grund des § 110 Abs. 2, 6 Satz 2 und Abs. 8 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) verordnet die Bundesregierung: http://www.gesetze-im-internet.de/tk_v_2005/index .html [letzter Aufruf: 25. Januar 2016]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 013/16 Seite 7 2.6. Sicherung der Kommunikationsnetze Frage 6: Which institution(s) oversights the work of telecommunication service providers, especially on the matters regarding the security of their communication networks from unauthorized interception of communication? Die Anbieter und Betreiber von Telekommunikationsdiensten sind gemäß § 109 Absatz 1 und 2 TKG7 verpflichtet, die nach dem Stand der Technik erforderlichen technischen Vorkehrungen und sonstigen Maßnahmen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses und personenbezogener Daten zu treffen. Dabei sind insbesondere Maßnahmen zu treffen, um Telekommunikations- und Datenverarbeitungssysteme gegen unerlaubte Zugriffe zu sichern und Auswirkungen von Sicherheitsverletzungen für Nutzer oder für zusammengeschaltete Netze so gering wie möglich zu halten . Die Aufsicht über die Anbieter von Telekommunikationsdiensten führt die Bundesnetzagentur . Ihr sind gemäß § 109 Absatz 4 TKG Sicherheitskonzepte vorzulegen, die mindestens alle zwei Jahre überprüft werden. 2.7. Aufsicht über die Überwachungstätigkeit Frage 7: Can you provide us rules of procedures of the Special committees/subcommittees responsible for oversight of intelligence agencies? Do those bodies adopt annual plan of activities ? Unter dem Aspekt der Strafermittlung findet eine Aufsicht durch das Bundesamt für Justiz statt. Diesem gegenüber teilen die Bundesländer und der Generalbundesanwalt jährlich gemäß § 100b Absatz 5 und 6 StPO die Anzahl der angeordneten Überwachungsmaßnahmen sowie die jeweils zugrunde liegende Anlassstraftat mit. Aus diesen Mitteilungen wird ein im Internet zu veröffentlichender Bericht erstellt.8 7 § 109 Telekommunikationsgesetz, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/__109.html [letzter Aufruf: 25. Januar 2016]. 8 Die Berichte des Bundesamtes für Justiz ab 2008 finden sich unter: https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen /Buergerdienste/Justizstatistik/Telekommunikation/Telekommunikationsueberwachung.html [letzter Aufruf : 25. Januar 2016].