© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 012/20 Rechtliche Einzelfragen zum Import und zur Verwendung von Tropenhölzern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 012/20 Seite 2 Rechtliche Einzelfragen zum Import und zur Verwendung von Tropenhölzern Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 012/20 Abschluss der Arbeit: 30. Januar 2020 Fachbereich: WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 012/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. European Timber Regulation und Holzhandels- Sicherungs-Gesetz 4 2. Sanktionierung etwaiger Verstöße nach dem HolzSiG 4 3. Vergaberechtliche Implikationen 5 4. Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 012/20 Seite 4 1. European Timber Regulation und Holzhandels-Sicherungs-Gesetz Die EU-Verordnung Nr. 995/20101 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen (umgangssprachlich Holzhandelsverordnung oder „EUTR“ als Abkürzung von „European Timber Regulation“, nachfolgend nur „die Verordnung“), trat am 20.10.2010 EU-weit in Kraft und ist seit dem 03.03.2013 vollständig anzuwenden (vgl. Artikel 21 der Verordnung). Nach der Verordnung ist es allen Marktteilnehmern2 verboten, Holz und Holzerzeugnisse aus illegalem Einschlag auf dem Binnenmarkt in Verkehr3 zu bringen. Zur Unterstützung der weiteren Umsetzung der Verordnung wurde in der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung zum 09.05.2013 eine Änderung des Holzhandels-Sicherungs-Gesetzes (HolzSiG)4 vorgenommen . Das HolzSiG regelt insbesondere Anordnungsbefugnisse von Kontrollen sowie Maßnahmen zur Feststellung und zur Beseitigung festgestellter bzw. zur Verhinderung künftiger Verstöße (vgl. § 2 Absatz 1 S. 1 HolzSiG). 2. Sanktionierung etwaiger Verstöße nach dem HolzSiG Etwaige Verstöße gegen die Regelungen des HolzSiG sind nach § 7 HolzSiG bußgeld- bzw. nach § 8 HolzSiG strafbewährt. Ordnungswidrig handelt nach § 7 Absatz 2 HolzSiG dabei insbesondere , wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung dort genanntes Holz oder ein Holzerzeugnis in Verkehr bringt oder entgegen Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung eine dort genannte Sorgfaltspflichtregelung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig auf dem neuesten Stand hält oder nicht oder nicht mindestens einmal jährlich bewertet. Sofern und soweit die in § 7 HolzSiG in Bezug genommenen Handlungen vorsätzlich begangen werden und der Täter dadurch aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder die in § 7 HolzSiG in Bezug genommenen Handlungen beharrlich wiederholt , wird dieser nach § 8 HolzSiG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft . Holz- und/oder Holzerzeugnisse, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach § 7 HolzSiG oder eine Straftat nach § 8 HolzSiG bezieht, und Gegenstände, die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, können nach § 8 HolzSiG eingezogen werden. Die insoweit hierüber in jedem konkreten Einzelfall zu treffende Entscheidung obliegt 1 Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.10.2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen, Amtsblatt der Europäischen Union (L 295/23) abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32010R0995&from=DE (letzter Abruf: 30.01.2020). 2 Nach Artikel 2 c) der Verordnung ist „Marktteilnehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die Holz oder Holzerzeugnisse in Verkehr bringt. 3 Nach Artikel 2 b) der Verordnung bedeutet „Inverkehrbringen“ jede erstmalige entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Holz oder Holzerzeugnissen auf dem Binnenmarkt, unabhängig von der angewandten Verkaufstechnik , zum Vertrieb oder zur Verwendung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit. 4 Gesetz gegen den Handel mit illegal eingeschlagenem Holz vom 11.07.2011 (BGBl. I S. 1345), zuletzt geändert durch Artikel 415 der zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.08.2015 (BGBl. I S. 1474), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/holzsig/ (letzter Abruf 30.01.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 012/20 Seite 5 nach § 1 Absatz 2 HolzSiG der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bzw. den nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Behörden. 3. Vergaberechtliche Implikationen Neben den allgemeinen Grundsätzen der Vergabe, nämlich Wettbewerb, Transparenz, Wirtschaftlichkeit , Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung (vgl. insbesondere die Auflistung in § 97 Absätze 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)5) sind nach § 97 Absatz 3 GWB bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch umweltbezogene Aspekte zu berücksichtigen . Dieser Grundsatz wird in den Regelungen zu den einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens (Leistungsbeschreibung, Zuschlagskriterien, Ausführungsbestimmungen) näher ausgestaltet . So können die in der Leistungsbeschreibung darzustellenden Merkmale des Auftragsgegenstandes auch umweltbezogene Aspekte betreffen. Sie können sich auch auf den Prozess oder die Methode zur Herstellung oder Erbringung der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus des Auftragsgegenstands einschließlich der Produktions- und Lieferkette beziehen, auch wenn derartige Faktoren keine materiellen Bestandteile der Leistung sind, sofern diese Merkmale in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Beschaffungszielen verhältnismäßig sind (vgl. § 31 Absatz 3 der Vergabeverordnung (VgV)6, ähnlich § 15 Absatz 2 der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV)7 sowie § 28 Absatz 3 der Sektorenverordnung (SektVO)8). Der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Bei der Ermittlung des Angebots mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis dürfen neben dem Preis und den Kosten allerdings auch umweltbezogene Aspekte berücksichtigt werden (vgl. § 127 Absatz 1 S. 4 GWB). Dabei dürfen auch Zuschlagskriterien vorgegeben werden, die sich auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung beziehen, auch wenn sich diese Faktoren 5 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1750, ber. S. 3245), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12.7.2018 (BGBl. I S. 1151), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gwb/ (letzter Abruf: 30.01.2020). 6 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12.07.2019 (BGBl. I S. 1081), abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/VgV (letzter Abruf: 30.01.2020). 7 Verordnung über die Vergabe von Konzessionen vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624, 683), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der RL (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen vom 10.07.2018 (BGBl. I S. 1117), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/konzvgv/ (letzter Abruf: 30.01.2020). 8 Verordnung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624, 657), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der RL (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen vom 10.07.2018 (BGBl. I S. 1117), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/sektvo_2016/ (letzter Abruf: 30.01.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 012/20 Seite 6 nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken (vgl. § 127 Absatz 3 S. 2 GWB). Für die Ausführung des Auftrags darf der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen besondere Bedingungen festlegen, die unter anderem auch umweltbezogene Belange umfassen können (vgl. § 128 Absatz 2 GWB). Als Beleg dafür, dass die angebotene Leistung den geforderten Ausführungsbedingungen entspricht, kann er die Vorlage von Bescheinigungen, insbesondere Testberichten oder Zertifizierungen, einer Konformitätsbewertungsstelle oder von Gütezeichen verlangen (vgl. etwa §§ 61, 33, 34 VgV, § 52 Absatz 5, §§ 31, 32 SektVO). Nach § 124 Absatz 1 Nr. 1 GWB können öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zudem zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende Umweltverpflichtungen verstoßen hat. Ein entsprechender Ausschluss eines Bieters setzt jedoch voraus, dass der öffentliche Auftraggeber dem Bieter einen Verstoß gegen entsprechende Verpflichtungen tatsächlich nachweisen kann; Vermutungen oder Anhaltspunkte reichen hierfür ebenso wenig aus, wie laufende Ermittlungs- oder Verwaltungsverfahren oder dringende Verdachtsmomente.9 Auch unbelegte Behauptungen anderer Bieter genügen insoweit nicht; es müssen vielmehr Beweismittel vorliegen, die den Verstoß unter Würdigung aller Umstände ohne ernsthafte Zweifel belegen.10 Die Begründung einer Entscheidung ist zu dokumentieren, denn § 8 Absatz 1 VgV verlangt vom Auftraggeber, dass über die Vergabe eine Dokumentation zu fertigen ist, der die einzelnen Verfahrensstufen , die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält.11 Nach § 97 Absatz 6 GWB haben alle am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen einen Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden. Sofern und soweit ein (unterlegener) Bieter der Auffassung ist, in seinem subjektiven Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen verletzt zu sein, kann er vor der zuständigen Vergabekammer das Vergabenachprüfungsverfahren betreiben (vgl. zum Verfahren insbesondere die §§ 160 ff. GWB). Im Falle eines Nachprüfungsantrags wird die erstellte Dokumentation durch die Vergabekammer angefordert (§ 163 Absatz 2 S. 3 GWB). Dokumentationsmängel führen im Ergebnis dazu, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, fehlerbehaftet und in diesem Umfang zu wiederholen ist.12 9 Vgl. Stolz, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018, § 124 GWB, Rn. 9 m.w.N. 10 Vgl. Stolz, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018, § 124 GWB, Rn. 9. 11 Vgl. Mentzinis, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 8 VgV, Rn. 1 m.w.N. 12 Vgl. etwa VK Arnsberg, Beschluss vom 29.11.2002, Az.: VK 1-25/2002, IBRRS 2003, 0555. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 012/20 Seite 7 4. Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten In Ergänzung der vorstehend genannten Regelungen des HolzSiG und des Vergaberechts müssen Holzprodukte, die durch die Bundesverwaltung beschafft werden, nach dem „Gemeinsamen Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten“13 nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Ausweislich der den Erlass begleitenden Erklärung zur Beschaffung von Holzprodukten14 sind zudem die Regelungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts in der jeweils geltenden Fassung zu beachten, wonach im konkreten Fall Holzprodukte aus Recyclingmaterialien zu bevorzugen sind. Demnach kann der Nachweis von Legalität und Nachhaltigkeit durch Vorlage eines glaubwürdigen Zertifikats für nachhaltige Waldwirtschaft oder durch einen Einzelnachweis erfolgen . Akzeptiert werden demnach die in Deutschland gegenwärtig verbreiteten Zertifikate des „Forest Stewardship Council“ (FSC) und des „programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“ (PEFC). Holzprodukte mit einem anderen Zertifikat bzw. ohne Zertifikat können berücksichtigt werden, wenn seitens des Bieters bei Angebotsabgabe glaubhaft nachgewiesen wird, dass diese in Übereinstimmung mit den für das jeweilige Herkunftsland geltenden Standards von FSC oder PEFC produziert wurden. Die dazu notwendigen Prüfungen werden vom Johann Heinrich von Thünen-Institut in Hamburg und dem Bundesamt für Naturschutz in Bonn auf Kosten des Bieters durchgeführt. Andere Zertifikate, die nach dieser Prüfung zugelassen sind, werden wie Zertifikate von FSC und PEFC behandelt. *** 13 Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten vom 22.12.2010, abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriften -im-internet.de/bsvwvbund_22122010_NII4421040.htm (letzter Abruf 30.01.2020). 14 Begleitende Erklärung zur Beschaffung von Holzprodukten vom 22.12.2010, abrufbar unter: https://www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Waldpolitik/_texte/HolzbeschaffungErlassAnhang.html (letzter Abruf 30.01.2020).