Abgeordnetenkorruption Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 - 010/13 Abgeordnetenkorruption Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 - 010/13 Abschluss der Arbeit: 05.02.2013 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umwelt- schutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Der Sachstand basiert im Wesentlichen auf der Ausarbeitung „Rechtsfragen im Kontext der Abgeordnetenbestechung“ von vom 9.11.2008 (WD 7 - 3000 – 148/08) und wurde auftragsbedingt gekürzt und aktualisiert. Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Deutscher Bundestag 1. Einleitung Gegenstand des vorliegenden Sachstands bildet die Darstellung einer Abgeordnetenbestechung bzw. – bestechlichkeit (§ 108e Strafgesetzbuch [StGB]) nach geltendem deutschen Strafrecht. Anlass des Gutachtenauftrages ist die Verurteilung eines österreichischen Abgeordneten im Europaparlament in erster Instanz zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Bestechlichkeit. Mangels einer näheren Kenntnis des genauen Sachverhalts und der Kenntnis des österreichischen Urteils kann die Übertragbarkeit auf deutsche Verhältnisse naturgemäß nicht vorgenommen werden. Es verbietet sich also eine Subsumtion des Sachverhalts unter deutsches Recht. Daher werden im Folgenden nur die Grundstrukturen der einschlägigen strafrechtlichen Rechtsordnung behandelt. Dabei ist anzumerken, dass es keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition des komplexen Begriffs der „Korruption“ gibt1. Weiterhin existiert auch keine Legaldefinition für die „Abgeordnetenbestechung “. Der Terminus findet sich lediglich in der amtlichen Überschrift des § 108e StGB2, jedoch nicht im Text des Tatbestandes selbst. Auch wenn die vom Gesetzgeber gewählte Überschrift einer Norm nicht zu deren Tatbestandsmerkmalen zählt, so kommt ihr doch deshalb große Bedeutung zu, weil sie als schlagwortartige Wiedergabe des Inhalts der Norm angesehen und verwendet wird.3 In ihrer gegenwärtigen Form ist die Abgeordnetenbestechung erst wieder seit dem 14. Januar 19944 in § 108e StGB5 pönalisiert worden, nachdem sie zuvor über 40 Jahre lang nicht sanktioniert war.6 1 Vgl. Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle – Eine kriminologischstrafrechtliche Analyse, 2002, S. 11 ff.; Überhofen, Korruption und Bestechungsdelikte im staatlichen Bereich – Ein Rechtsvergleich und Reformüberlegungen zum deutschen Recht, Beiträge und Materialien aus dem Max- Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Freiburg i. Br., Band S 76, Dissertation, 1999, S. 36 ff. 2 Näher zur sprachlichen Entstehung der Überschrift: Epp, Die Abgeordnetenbestechung - § 108e StGB, Dissertation , 1997, S. 239 ff.; siehe ferner Überhofen (Fn. 1) S. 68. 3 Epp (Fn. 2), S. 239. 4 § 108e StGB wurde durch das 28. StÄG vom 13.1.1994 (BGBl. I S. 84) in das StGB eingefügt. 5 Detailliert zur Entstehungsgeschichte des § 108e StGB: Epp (Fn: 2), S. 35 ff.; Überhofen (Fn. 1), S. 183 ff.; Möhrenschlager , Die Struktur des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung auf dem Prüfstand - Historisches und Künftiges, in: Heinrich (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag, 2004, S. 217 ff. 6 Die Abgeordnetenbestechung wurde durch das 3. StÄG vom 4.8.1953 (BGBl. I S. 735) straflos gestellt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 4 2. Abgeordnetenbestechung gem. § 108e StGB 2.1. Straftatbestand, Rechtsgut und Anwendungsbereich Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung gem. § 108e StGB lautet: (1) Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach Absatz 1 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen. Geschütztes Rechtsgut des § 108e StGB ist die Integrität der Mandatsausübung und die Funktionsfähigkeit des repräsentativen parlamentarischen Systems sowie das darauf bezogene öffentliche Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unkäuflichkeit der Mandatsinhaber und die Sachbezogenheit ihrer Entscheidungen.7 Vom Anwendungsbereich her pönalisiert die Vorschrift die aktive und passive Bestechung von Parlamentsabgeordneten und Gemeindevertretern8, wobei allerdings nur ein Teilbereich des Phänomens „Abgeordnetenkorruption“, nämlich der Stimmenkauf bzw. –verkauf von Mandatsträgern in parlamentarischen Gremien, unter Strafe gestellt wird, nicht aber Fälle der allgemeinen wirtschaftlichen Interessenverflechtung erfasst werden.9 Der Gesetzgeber hat bewusst eine restriktive Tatbestandsfassung gewählt, so dass einzelne vermeintlich strafwürdige Verhaltensweisen weiterhin straffrei bleiben.10 Die Norm des § 108e StGB erfasst als Bezugsobjekt künftige Wahlen und Abstimmungen in11 Volksvertretungen, d.h. Europäisches Parlament, Bund (Bundestag, nicht Bundesrat), Länder, 7 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 4; Fischer, Strafgesetzbuch, 59. Auflage 2012, § 108e Rn. 2. 8 Näher zu dem besonderen abgeleiteten Korruptionstatbestand des § 108e: Überhofen (Fn. 1), S. 190 ff. 9 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 5; Fischer (Fn. 7), § 108e Rn. 3. 10 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 5. 11 Anders als bei den in § 108d StGB genannten Fällen der §§ 107-108c geht es bei § 108e StGB nicht um Wahlen zu einer Volksvertretung, vgl. nur Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage 2010, § 108e Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 5 Gemeinden oder Gemeindeverbände.12 Sanktioniert wird das strafwürdige Verhalten von Abgeordneten (Stimmenverkauf) sowie von außen stehenden Dritten (Stimmenkauf). 2.2. Tatbestandliche Voraussetzungen Die Tathandlung besteht im Kaufen oder Verkaufen einer Stimme für eine Wahl oder Abstimmung in einer der vorgenannten Volksvertretungen. Bei den Begriffen Kaufen bzw. Verkaufen handelt es sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal, welches nicht im Sinne des zivilrechtlichen Kaufrechts, sondern des allgemeinen Sprachgebrauchs bildlich zu verstehen ist und das letztlich entscheidende Kriterium der Käuflichkeit des Abgeordneten zum Ausdruck bringen soll.13 Erforderlich ist die Zuwendung eines geldwerten materiellen Vorteils, wohingegen immaterielle Vorteile nach überwiegender Auffassung wegen des Wortlauts („Kaufen“ statt „Vorteil“) - anders als bei den §§ 331 ff. StGB - nicht tatbestandsmäßig sind.14 Umstritten ist in diesem Zusammenhang ferner, ob auch Vorteilszuwendungen an Dritte (insbesondere an die Partei des Abgeordneten ) erfasst werden. Ferner wird der Anwendungsbereich des § 108e StGB durch das Erfordernis des Unternehmens einer sog. konkreten Unrechtsvereinbarung eingeschränkt, d.h. die materielle Vorteilzuwendung muss bezwecken, den Abgeordneten im Sinne eines finalen Kausalzusammenhanges zu einem bestimmten zukünftigen Wahl- oder Abstimmungsverhalten zu veranlassen.15 Erforderlich ist somit eine über die allgemeine Kontaktpflege hinausgehende Absprache über den unsachlichen Gebrauch des Stimmrechts in einer hinreichend konkretisierten Angelegenheit.16 Von der Unrechtvereinbarung abzugrenzen sind sozialadäquate und politisch übliche Verhaltensweisen .17 Die schwierige Bestimmung des strafbaren Bereichs ist unter sorgfältiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wobei u.a. Höhe und Art der geldwerten Zuwendung , zeitlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung sowie Mittel-Zweck- Relation als maßgebliche Kriterien heranzuziehen sind18 und die Verhaltensregeln für Mitglieder 12 Trüg, in: BeckOK StGB, § 108e Rn. 4. 13 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 5 ff. Eser (Fn. 11), § 108e Rn. 8. 14 Vgl. Fischer (Fn. 7), § 108e Rn. 4; Eser (Fn. 11), § 108e Rn. 8. 15 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 5 f.; Fischer (Fn. 7), § 108e Rn. 6 ff.; Trüg, in: BeckOK StGB, § 108e Rn. 6; Barton, NJW 1994, 1098 (1099). 16 Eser (Fn. 14), § 108e Rn. 9; van Aaken, ZaöRV 65 (2005), 407 (426). 17 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 4 f.; Barton, NJW 1994, 1098 (1099). 18 Vgl. Fischer (Fn. 7), § 108e Rn. 6; Eser (Fn. 11), § 108e Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 6 des Bundestages (Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages) als Auslegungshilfe dienen können.19 3. Amtsdelikte Der Gesetzgeber machte durch die Schaffung des § 108e StGB deutlich, dass Abgeordnete keine Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind und damit nicht unter die wesentlich schärferen Bestimmungen der §§ 331 ff. StGB (Amtsdelikte) fallen.20 Gesetzgeberischen Handlungsbedarf hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) allerdings angemahnt. In dem Urteil zum Wuppertaler Korruptionsskandal vom 9. Mai 2006 hat der BGH21 aufgrund einer historischen, systematischen und teleologischen Auslegung entschieden, dass kommunale Mandatsträger keine Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen. 4. Internationale und europäische Vorgaben für die Korruptionsbekämpfung Im Folgenden sollen die wesentlichen strafrechtsbezogenen Impulse zur Korruptionsbekämpfung , die von den einschlägigen Übereinkommen auf Ebene der OECD, der VN, der EU und des Europarats ausgehen und zu entsprechendem Umsetzungsbedarf im nationalen Strafrecht im Hinblick auf die Pönalisierung der Abgeordnetenbestechung führen, kurz im Überblick dargestellt werden. 4.1. Die OECD-Konvention Das Übereinkommen der OECD über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 21. November 1997 wurde von Deutschland am 17. Dezember 1997 unterzeichnet, am 10. November 1998 ratifiziert und trat am 15. Februar 1999 in Kraft.22 Es fand seine Umsetzung im Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung (Int- 19 Vgl. BT-Drs. 12/5927 vom 20.10.1993, S. 7, Barton, NJW 1994, 1098 (1099); Eser (Fn. 11), § 108e Rn. 8; Lackner /Kühl, StGB, 27. Auflage 2011, § 108e Rn. 3; Trüg (Fn. 12), § 108e Rn. 7. 20 Vgl. BT-Drs 12/5927 vom 20.10.1993, S. 4; Trüg, in: BeckOK StGB, § 108e Rn. 1. 21 BGH, Urteil vom 9.5.2006 – 5 StR 453/05, BGHSt 51, 44 ff. = NJW 2006, 2050 ff.; bestätigt durch den 2. Strafsenat des BGH zum Kölner Müllskandal, Urteil vom 12.7.2006 - 2 StR 557/05 = NStZ 2007, 36 f.; vgl. auch Feinendegen , NJW 2006, 2014 ff.; Wolf, NJW 2006, 2735 (2737); ders. ZRP 2007, 43 (46); Dolata, Kriminalistik 2007, 217; krit. Niehaus, ZIS 2008, 49 (54 ff.). 22 Eine amtliche deutsche Übersetzung des OECD-Übereinkommens findet sich im Anhang zum IntBestG, BGBl. II 1998, S. 2329. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 7 BestG)23 vom 10. September 1998, das die Vorgaben der Konvention in das deutsche Strafrecht überträgt.24 Die OECD-Konvention enthält in ihren Art. 1 - 3 die für den Bereich der Kriminalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger relevanten Regelungen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der weit gefasste Amtsträgerbegriff in Art. 1 Abs. 4 lit. a des Übereinkommens alle gewählten und ernannten Inhaber eines Amtes in Legislative, Exekutive oder Judikative und damit auch Abgeordnete umfasst.25 4.2. Die VN-Konvention gegen Korruption Deutschland hat das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 (VN-Konvention gegen Korruption)26 am 9. Dezember 2003 unterzeichnet, jedoch bislang nicht ratifiziert. Im Gegensatz zur Konvention der OECD enthält das Übereinkommen der VN umfassende Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, die sowohl die Bereiche Prävention und Verfolgung als auch Verhaltensvorschriften und Regelungen zur internationalen Zusammenarbeit umfassen.27 Die VN-Konvention bezieht Abgeordnete umfassend mit in die Regelung ein, indem der Begriff des Amtsträgers weit gefasst wird.28 Nach der Legaldefinition des Art. 2 a.) (i) der VN- Konvention bezeichnet der Ausdruck „Amtsträger“ jede Person, die in einem Mitgliedstaat durch Ernennung oder Wahl befristet oder unbefristet, bezahlt oder unbezahlt unabhängig vom Dienstalter ein Amt im Bereich der Gesetzgebung, der Exekutive, der Verwaltung oder Justiz innehat.29 Im Einzelnen gibt das Übereinkommen folgende Maßnahmen vor: 4.2.1. Präventive Maßnahmen Neben der allgemeinen Entwicklung politischer Konzepte zur Bekämpfung der Korruption ist vorgesehen, spezielle und unabhängige Behörden einzurichten, die mit der Aufklärung über Kor- 23 BGBl. II 1998 S. 2327; siehe dazu Taschke, StV 2001, 78 ff.; Korte, wistra 1999, 81 (86 ff.). 24 Brooks, in: Lutter/Scholz/Sigle (Hrsg.), FS Peltzer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 31. 25 Vgl. hierzu Wolf, FÖV Discussion Paper Nr. 31, S. 29; Zieschang, NJW 1999, 105 (107). 26 United Nations Convention against Corruption (UNCAC); der Text der durch die Resolution 58/4 angenommenen Konvention und weitere Hintergrundinformationen sind über die folgende Internetseite verfügbar: http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CAC/index.html [Stand: 30.1.2013]. 27 Siehe dazu auch van Aaken (Fn.16), 407 ff. 28 Vgl. van Aaken (Fn. 16), 410; Wolf, FÖV Discussion Paper Nr. 31, S. 54 f. 29 Vgl. Stünker, in: FS Meyer, 2006, S. 589 (594). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 8 ruption und der Überwachung der Umsetzung der politischen Konzepte betraut sind. Dabei kommt dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit in Art. 13 eine entscheidende Rolle zu. Hier wird gefordert, Entscheidungsprozesse transparenter zu gestalten und breitere Informationsmöglichkeiten bereitzustellen. Bei Kandidaturen für die Wahl zu einem öffentlichen Amt sollen gesetzliche Vorgaben bewirken, dass Verhaltensvorschriften, die für den Bereich des Dienstrechts entwickelt werden, soweit als möglich auch für Mandatsträger und ihre Wahl gelten30, indem feste Kriterien sowohl für die Kandidatur als auch für die Wahl selbst entwickelt werden. Unter diese Vorgaben fallen auch umfassende Offenlegungspflichten bezüglich der Nebentätigkeiten, Kapitalanlagen, Vermögenswerte und erhaltener Vergünstigungen oder Geschenke. Dabei fordert die Konvention darüber hinaus, sowohl die Finanzierung der Kandidatur selbst als auch den Bereich der Parteienfinanzierung gesetzlich effektiv zu regeln, um auf diesem Gebiet eine höchstmögliche Transparenz zu erreichen. Weitere Maßnahmen zur Prävention werden mit dem Verbot der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bestechungsgeldern31 und der Vorgabe umfassender Buchführungs- und Prüfvorschriften aufgestellt. 4.2.2. Strafbarkeit der Bestechung von Amtsträgern Zur Transformation in nationales Recht verpflichtend, verlangt die VN-Konvention, folgende Handlungen als Straftatbestände zu erfassen:32 - Unmittelbares und mittelbares Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines ungerechtfertigten Vorteils gegenüber einem inländischen oder ausländischen Amtsträger für ihn selbst oder für eine andere Person oder Stelle, damit der Amtsträger in Ausübung seiner Dienstgeschäfte eine Handlung vornimmt oder unterlässt (Art. 15 und 16). - Unmittelbares und mittelbares Fordern oder Annehmen eines solchen Vorteils als Gegenleistung für eine dienstliche Handlung für sich selbst oder eine andere Person oder Stelle (Art. 15 und 16). 30 Aufgrund der Weisungsunabhängigkeit des Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 GG ist eine Anlehnung an dienstrechtliche Vorschriften in Deutschland schwer realisierbar. 31 In Deutschland ist dies bereits seit 1999 auch für die Bestechung im Ausland geregelt (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG). 32 Vgl. dazu van Aaken (Fn. 16), 411. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 9 - Jede Veruntreuung, Unterschlagung oder sonstige Abzweigung von Vermögensgegenständen durch Amtsträger (Art. 17). - Versuch, Anstiftung und Beihilfe sollen ebenso strafbar sein. 4.3. Regelungen auf europäischer Ebene Die Rechtsinstrumente der EU befassten sich Mitte der 1990er Jahre mit der Abgeordnetenbestechung noch in einer sehr restriktiven Weise. Das Erste Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der EG vom 27. September 1996 (EU-Bestechungsprotokoll)33 und das Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der EG oder der Mitgliedstaaten der EU beteiligt sind, vom 26. Mai 1997 (EU-Bestechungsübereinkommen)34, die in Deutschland durch das EU-Bestechungsgesetz vom 10. September 1998 (EUBestG)35 umgesetzt wurden, enthielten in ihren jeweiligen Art. 2 und 3 nur Vorschriften zur Bestechung von „Beamten “ i.S.v. Amtsträgern, deren Definition sich jedoch gem. Art. 1 lit. c nach der Rechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaates richtete. Da § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB in den nationalen Amtsträgerbegriff Abgeordnete nicht einschließt, bestand für den deutschen Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung von Protokoll und Übereinkommen folglich keine Notwendigkeit zu einer Änderung des § 108e StGB.36 Ferner war auch im Hinblick auf die in Art. 4 Abs. 2 des EU- Bestechungsprotokolls enthaltene Assimilationsregelung für die Bestechung von Abgeordneten des Europäischen Parlaments (EP) keine Erweiterung des § 108e StGB erforderlich, da die Abgeordneten des EP nach deutschem Recht bereits in die Strafbarkeit einbezogen waren.37 4.4. Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption Das Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption (Europarat-Übereinkommen, ETS Nummer 173)38 wurde am 27. Januar 1999 durch Deutschland unterzeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert. Entsprechend der Zielsetzung des Europarats, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und 33 ABl. EG Nr. C 313 vom 23.10.1996, S. 2. 34 ABl. EG Nr. C 195 vom 25.6.1997, S. 2. 35 BGBl II 1998 S. 2340; siehe hierzu: Korte, wistra 1999, 81 (83 ff.); Wolf, NJW 2006, 2735; Sanchez-Hermosilla, Kriminalistik 2003, 74 (76); Zieschang, NJW 1999, 105 (105 f.); Dölling, ZStW 2000, 334 (351 f.); s.a. BT-Drs. 16/6588 vom 4.10.2007, S. 8. 36 Vgl. Möhrenschlager (Fn. 5), S. 227 f.; Wolf, FÖV Discussion Paper Nr. 31, S. 6. 37 Vgl. Korte, wistra 1999, 81 (84). 38 Der deutsche Wortlaut des Übereinkommens findet sich unter folgender Internet-Adresse: http://conventions.coe.int/Treaty/GER/Treaties/Html/173.htm [Stand: 30.1.2013]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 010/13 Seite 10 Menschenrechte zu schützen, beschränkt sich das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Übereinkommen nicht auf die Bekämpfung internationaler Korruption39, sondern zielt auf einen Mindeststandard auch bei den Strafvorschriften über die Korruption im innerstaatlichen Bereich ab.40 Art. 4, 6 und 10 i.V.m. Art. 2 und 3 des Übereinkommens verpflichten die Vertragsstaaten zur Kriminalisierung der aktiven und passiven Bestechung nationaler, ausländischer und internationaler Parlamentarier und gehen damit in ihrer Reichweite sowohl über § 108e StGB als auch Art. 2 § 2 IntBestG hinaus.41 Es kann sich nach Art. 37 Abs. 1 des Übereinkommens jeder Vertragsstaat aber das Recht vorbehalten, Abgeordnete betreffende Strafvorschriften in seinem Recht nicht oder nur teilweise einzuführen. 5. Parlamentarische Initiativen zur Bekämpfung der Abgeordnetenkorruption Dem 17. Bundestag liegen drei Gesetzentwürfe42 zur verschärften Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung vor, die sich auf die dargestellten internationalen Verpflichtungen Deutschlands sowie auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. 5. 2006 beziehen. 39 Ferner sei im Kontext der Korruptionsbekämpfung auch auf das Zivilrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption vom 4.11.1999, das Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarats vom 15.5.2003 (Europarat-Protokoll; ETS Nummer 191) sowie den Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor vom 22.7.2003 (EU-Rahmenbeschluss, ABl. EU Nr. L 192 vom 31.7.2003, S. 54) hingewiesen; vgl. hierzu auch: BT-Drs. 16/6588 vom 4.10.2007, S. 8; Wolf, FÖV Discussion Paper Nr. 31, S. 21 f. 40 Vgl. BT-Drs. 16/6588 vom 4.10.2007, S. 8; Sanchez-Hermosilla, Kriminalistik 2003, 74 (76 f.). 41 Vgl. Sanchez-Hermosilla, Kriminalistik 2003, 74 (77); Möhrenschlager (Fn. 5), S. 229; Stünker (Fn. 29), S. 593 f.; Wolf, GWP 2007, 161 (163). 42 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung der AbgeordnetenWolfgang Neskovic u.a. (BT-Drs. 17/1412); Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten - der Abgeordneten Jerzy Montag u.a. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BT-Drs. 17/5933); Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung - - der Abgeordneten Christine Lambrecht u.a. und der Fraktion der SPD (BT-Drs. 17/8613).