Wiedergutmachung für durch Zwangsaussiedlung in der ehemaligen DDR erlittenes Unrecht - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 010/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Wiedergutmachung für durch Zwangsaussiedlung in der ehemaligen DDR erlittenes Unrecht Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 010/09 Abschluss der Arbeit: 4. Mai 2009 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 5 2. Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen nach den Rehabilitierungsgesetzen 6 3. Rehabilitierung und Entschädigung von Zwangsausgesiedelten nach verwaltungsrechtlichem Rehabilitierungsrecht 7 3.1. Rehabilitierungsgesetz der DDR 7 3.2. Regelungen des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG) 8 3.3. Moralische Rehabilitierung (§ 1a VwRehaG) 9 3.3.1. Gesetzgebungsverfahren zum Zweiten SED- Unrechtsbereinigungsgesetz 9 3.3.2. Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften 9 4. Zusätzliche Wiedergutmachungsleistungen für Zwangsausgesiedelte 10 4.1. Einmalige Kapitalentschädigung 10 4.1.1. Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10 4.1.2. Stiftung Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen 11 4.1.3. Mecklenburg-Vorpommern 12 4.1.4. Haltung der Bundesregierung 13 4.2. Monatlich wiederkehrende Leistung (Opferpension) 14 4.2.1. Besondere Zuwendung für Haftopfer gemäß § 17a StrRehaG 14 4.2.2. Forderungen nach Erweiterung des Kreises der Empfänger einer Opferpension 14 4.2.3. Haltung der Bundesregierung 15 - 4 - 4.2.4. Gebot der Gewährung zusätzlicher Leistungen aufgrund verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes? 15 - 5 - 1. Einleitung Die an der Westgrenze der ehemaligen DDR durchgeführten Zwangsaussiedlungen, die auf die Verordnungen vom 26. Mai 1952 und 24. August 19611 zurückgehen, sind Maßnahmen politischer Verfolgung durch das SED-Regime, die zu tiefgreifenden Veränderungen der Vermögenssituation der Betroffenen und in nicht wenigen Fällen zu nachhaltiger Beeinträchtigung deren Gesundheit und beruflichen Werdeganges geführt haben.2 Die im Rahmen der SED-Unrechtsbereinigung eingeführten Vorschriften des Rehabilitierungsrechts stellen Regelungen bereit, auf deren Grundlage die mit der Zwangsaussiedlung verbundenen Eigentumsverluste und Folgeschäden rückgängig gemacht und ausgeglichen werden. Oftmals wird der Einwand erhoben, durch die bislang getroffenen Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen werde den durch die Zwangsaussiedlung erlittenen persönlichen Verlusten und Beeinträchtigungen nicht in ausreichendem Maße Anerkennung verliehen . Um dem abzuhelfen, hat das Land Thüringen aus den Mitteln einer von ihm eingerichteten Stiftung Zwangsausgesiedelten eine Einmalzahlung in Höhe von 4000 DM zukommen lassen. Neuerdings wird zudem der Vorschlag gemacht, den von den Maßnahmen der Zwangsaussiedlung Betroffenen eine Opferpension zu gewähren, wie sie der Gesetzgeber 2007 in Gestalt der besonderen Zuwendung für Haftopfer eingeführt hat. Im Folgenden wird nach einem Überblick über die in den bestehenden Vorschriften des Rehabilitierungsrechts generell gewährten Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen (2.) und die den Zwangsausgesiedelten im Besonderen auf der Grundlage des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsrechts zustehenden Ansprüche (3.) der Frage nachgegangen , ob es für den Bundesgesetzgeber geboten ist, den Zwangsausgesiedelten zusätzliche Entschädigungsleistungen zu gewähren (4.) 1 Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands vom 26. Mai 1952, GBl DDR, 405; Verordnung über die Aufenthaltsbeschränkung vom 24. August 1961, GBl DDR II, 343. 2 Ablauf und Folgen der Zwangsaussiedlungen werden vertieft dargestellt in Inge Bennewitz/ Rainer Potratz, Zwangsaussiedlungen an der innerdeutschen Grenze – Analysen und Dokumente, Berlin 1994; Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThLLM Bad Berka), Der totgeschwiegene Terror – Zwangsaussiedlung in der ehemaligen DDR, Materialien Heft 82, 2003. - 6 - 2. Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen nach den Rehabilitierungsgesetzen Nach Maßgabe der 1992 und 1994 in Kraft getretenen sogenannten SED- Unrechtsbereinigungsgesetze3 und der anschließenden Gesetze zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften sehen die sogenannten Rehabilitierungsgesetze (Strafrechtliches, Verwaltungsrechtliches und Berufliches Rehabilitierungsgesetz)4 die Rehabilitierung der Opfer des SED-Regimes vor, auf deren Grundlage Entschädigungsund Ausgleichsleistungen für infolge politischer Verfolgung oder willkürlichen Verwaltungshandelns erlittene Schäden an Leib und Leben, Freiheitsentzug, Beeinträchtigungen der beruflichen Entwicklung und Vermögensverluste geltend gemacht werden können . Inhabern einer Rehabilitierungsentscheidung stehen unter den jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen im Falle der Freiheitsentziehung Kapitalentschädigung (§ 17 StrReha G), eine besondere Zuwendung für Haftopfer (§ 17a StrRehaG) und Unterstützungsleistungen (§ 18 StrRehaG) zu. Im Falle von Gesundheitsbeeinträchtigung bestehen Ansprüche auf Heil- und Versorgungsmaßnahmen, auf eine monatliche Rente und Berufsschadensausgleich nach den §§ 30 ff. Bundesversorgungsgesetz (BVG)5. Bei Tod eines Angehörigen kommen eine monatliche Grund- und Ausgleichsrente (§§ 38 ff. BVG), Schadensausgleich (40a BVG) und Unterstützungsleistungen (§ 18 Abs. 3 StrRehaG) in Betracht. Bei Eingriffen in den beruflichen Werdegang werden Ausgleichsleistungen , bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung sowie Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung (§ 8, §§ 6, 7 und § 10 ff. BerRehaG) zuerkannt . Im Falle des Eingriffs in Vermögenswerte sieht § 7 VwRehaG Rückübertra- 3 Erstes Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Erstes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz – 1. SED-UnBerG); Zweites Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Zweites SED- Unrechtsbereinigungsgesetz – 2. SED-UnBerG) vom 23. Juni 1994 (BGBl. I S. 1311). 4 Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904); Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1620), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904); Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (Berufliches Rehabilitierungsgesetz - Ber- RehaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1625), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. August 2007 (BGBl. I S. 2118). 5 Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2959). - 7 - gung, Rückgabe oder Entschädigung nach Maßgabe der Regelungen des Vermögensgesetzes (VermG)6 vor. Zur Unterrichtung über Voraussetzungen und Verfahren der Rehabilitierung und der Feststellung der durch sie begründeten Folgeansprüche hat das Bundesministerium der Justiz Merkblätter herausgegeben.7 Die zu den Rehabilitierungsgesetzen bislang ergangene Rechtsprechung ist unlängst im juristischen Schrifttum dargestellt worden.8 Die bisherige Entwicklung und weiterhin offene Fragestellungen der SED- Unrechtsbereinigung werden bündig in jüngeren Veröffentlichungen von Jörg Siegmund 9, Ulrike Guckes10 sowie Rolf Gröschner und Oliver Lembcke11 herausgearbeitet. 3. Rehabilitierung und Entschädigung von Zwangsausgesiedelten nach verwaltungsrechtlichem Rehabilitierungsrecht 3.1. Rehabilitierungsgesetz der DDR Die Volkskammer der DDR verabschiedete das Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990 (RehaG-DDR), das die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung für Personen vorsah, „die in Verletzung oder unzulässiger Einschränkung verfassungsmäßig garantierter Grundrechte durch Verwaltungsakte zur Durchsetzung politischer Ziele erhebliche Nachteile erlitten haben“ (§ 21 Absatz 1 RehaG-DDR). Zu diesen Personen gehören kraft Gesetzes diejenigen, „denen rechtswidrig und missbräuchliche Nachteile zugefügt worden sind, indem (…) sie aus dem Grenzgebiet der DDR zur BRD oder zu Berlin (West) zwangsweise ausgesiedelt wurden“ (§ 21 Absatz 2 Nr. 3). Die Rehabilitierung begründete Ansprüche der Zwangsausgesiedelten auf Rückerstattung der ihnen entzo- 6 Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2005 (BGBl. I S. 205), zuletzt geändert durch Artikel 78 Abs. 14 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2614 mWv 30.11.2007). 7 Bundesministerium der Justiz (Hg.), Strafrechtliche Rehabilitierung (Stand: 6. August 2008); Bundesministerium der Justiz (Hg.), Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung / Berufsrechtliche Rehabilitierung , 13. Auflage (Stand: 1. Januar 2005), im Internet abrufbar unter http://www.bmj.de/files/- /1108/2008-08-06%20Merkblatt%20StrRehaG.pdf und http://www.bmj.de/files/-/1441/2008-08- 06%20Merkblatt%20VwRehag-BerRehaG.pdf. 8 Bodo Wermelskirchen, Die Rechtsprechung zum Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, in: Neue Justiz 2008, S. 342-348, Ulrich Keßler, Die Rechtsprechung zum Verwaltungsrechtlichen und Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, in: Neue Justiz 2008, S. 439-442. 9 Jörg Siegmund, Die Rehabilitierung und Entschädigung politisch Verfolgter. Eine Zwischenbilanz der Wiedergutmachung des DDR-Unrechts, in: Andreas Wagner (Hrsg.), Politische Strafjustiz 1945 - 1989. Der Gefängnisstandort Bützow als Gedenk- und Lernort (Beiträge zur Geschichte Mecklenburg -Vorpommerns Band 14), S. 120-135. 10 Ulrike Guckes, Opferentschädigung nach zweierlei Maß?: Eine vergleichende Untersuchung der gesetzlichen Grundlagen der Entschädigung für das Unrecht der NS-Diktatur und der SED-Diktatur, Berlin 2008. Siehe dort insbesondere Fazit und Nachwort, S. 183-191. 11 Rolf Gröschner/ Oliver Lembcke, Zur rechtlichen Situation der SED-Opfer: Gesetzeslage, Gerichtsbeschlüsse und Behördenpraxis, in: Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (Hg.), Zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen, Mai 2008, S. 15-38. - 8 - genen Vermögenswerte nach Maßgabe des § 23 RehaG-DDR (Rückgabe oder Entschädigung unter Anrechnung von Wertminderungen). Diese Regelungen hatten nur kurzen Bestand, da die Geltung des DDR- Rehabilitierungsgesetzes durch die Vereinbarung zwischen den beiden deutschen Staaten zur Durchführung und Auslegung des Einigungsvertrages auf die Vorschriften über die strafrechtliche Rehabilitierung und die Rehabilitierung rechtsstaatswidriger Einweisung in die Psychiatrie begrenzt wurde. 3.2. Regelungen des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwReha G) Im Mai 1993 legte die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht12 vor, mit dem das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) eingeführt wurde. Auf dessen Grundlage kommt die Aufhebung von verwaltungsrechtlichen Entscheidungen der ehemaligen DDR in Betracht, wenn sie - mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates grundsätzlich unvereinbar sind - zu einem Eingriff in Gesundheit, Vermögenswerte im Sinne des Vermögensgesetzes oder in das berufliche Fortkommen im Sinne der Vorschriften der beruflichen Rehabilitierung geführt haben und - deren Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken. (§ 1 Absatz 1 VwRehaG) Für die Zwangsausgesiedelten wird im VwRehaG ausdrücklich klargestellt, dass die damaligen Aktionen und die mit ihnen in Zusammenhang stehenden Eingriffe in Vermögenswerte mit den tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar sind (§ 1 Absatz 3 VwRehaG)13. Nach der Rehabilitierungsentscheidung durch die zuständige Behörde stehen Zwangsausgesiedelten Folgeansprüche zu, deren Art und Umfang je nach Eingriff - nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 3 ff. VwRehaG), - nach dem Vermögensgesetz ($ 7 VwRehaG) oder - nach dem beruflichen Rehabilitierungsgesetz (§ 8 VwRehaG)14 bestimmt werden. 12 Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bereinigung von SED- Unrecht (Zweites SED-Unrechtsbereinigungsgesetz – 2. SED-UnBerG) vom 19. Mai 1993, Bundestagsdrucksache 12/4994. 13 Zur Begründung im Einzelnen siehe Bundestagsdrucksache 12/4994, S. 27 (Ziffern 25 und 26). 14 Möglich sind Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung; Hilfen zur Selbsthilfe durch bevorzugte Förderung der beruflichen Fortbildung, Umschulung und Ausbildung sowie Ausgleichsleistungen bei besonderer verfolgungsbedingter Bedürftigkeit. - 9 - Das VwRehaG trat am 1. Juli 1994 in Kraft. 3.3. Moralische Rehabilitierung (§ 1a VwRehaG) 3.3.1. Gesetzgebungsverfahren zum Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz Der Bundesrat hatte schon in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf für das 2. SED-UnBerG gefordert, den Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, die Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung im Sinne von § 1 VerwRehaG oder die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer solchen Verwaltungsentscheidung, soweit sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar sei, auch dann beantragen zu können, wenn ihre Folgen nicht mehr schwer und unzumutbar fortwirken. Dies sollte mit der Maßgabe einer reinen moralischen Rehabilitierung ohne Folgeansprüche erfolgen.15 Die Bundesregierung stimmte dem Vorschlag nicht zu.16 Die SPD-Fraktion griff den Bundesratsvorschlag erneut auf und stellte ihn im Rechtsausschuss in der Gestalt ihres späteren Änderungsantrags zur zweiten Lesung des 2. SED-UnBerG zur Abstimmung.17 Auch die damaligen Koalitionsfraktionen erkannten ein Bedürfnis nach moralischer Rehabilitierung bei den Personen an, bei denen keine Folgeansprüche in Betracht kommen, folgten jedoch der Auffassung, dass diesem Umstand bereits vom Gesetzgeber hinreichend Rechnung getragen worden sei. In der anlässlich der Verabschiedung des Ersten Gesetzes zur SED-Unrechtsbereinigung am 17. Juni 1992 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Ehrenerklärung für die kommunistische Gewaltherrschaft18 sei auch das Schicksal dieser Betroffenen gewürdigt und ihnen Respekt und Anerkennung gezollt worden.19 3.3.2. Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften In der folgenden Wahlperiode wurden Bestrebungen aufgenommen, Verbesserungen der Rehabilitierung von DDR-Unrecht vorzunehmen, in deren Zusammenhang die Oppositionsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erneut die Einführung 15 Bundestagsdrucksache 12/4994, S. 55. Der Bundesrat schlug demgemäß die Einfügung eines § 1a VwRehaG mit der Überschrift „Diskriminierung von Personen aus politischen Gründen“ und folgendem Text vor: „Eine Verwaltungsentscheidung ist auf Antrag aufzuheben oder ihre Rechtsstaatswidrigkeit festzustellen, soweit sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar ist und aus Gründen der politischen Verfolgung zu einer schweren Herabwürdigung des Betroffenen im persönlichen Lebensbereich geführt hat.“ 16 Bundestagsdrucksache 12/4994, S. 65. 17 Bundestagsdrucksache 12/7050 vom 10. März 1994. 18 Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, 97. Sitzung am 17. Juni 1992, Stenographischer Bericht S. 7953. Darin wird unter anderem der Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft gedacht, die „unter Mißachtung elementarer Grundsätze der Menschlichkeit aus ihrer Heimat, von Haus und Hof und aus ihren Wohnungen vertrieben wurden“. 19 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) vom 10. März 1994, Bundestagsdrucksache 12/7048, S. 35, unter Anführung weiterer Ablehnungsgründe im Übrigen. - 10 - einer moralischen Rehabilitierung von Verwaltungsunrecht forderten.20 Der Entwurf der Koalitionsfraktionen eines Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung vom 11. Dezember 199621 sah dies dagegen nicht vor. Schließlich wurde im Rahmen der Beratungen des Rechtsausschusses durch Ergänzung des VwRehaG um den § 1a in der Fassung, wie sie derzeit gilt, die Möglichkeit geschaffen , die Rechtsstaatswidrigkeit gravierender Verfolgungsmaßnahmen auch in den Fällen festzustellen, in denen bislang eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung nicht möglich war, weil die Verfolgungsmaßnahmen nicht zu einem Gesundheits- oder Vermögensschaden geführt haben und auch nicht in Ausbildung und Beruf eingegriffen worden ist.22 4. Zusätzliche Wiedergutmachungsleistungen für Zwangsausgesiedelte 4.1. Einmalige Kapitalentschädigung Zu den Forderungen der Interessenvertretungen der Zwangsausgesiedelten in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern23 im Zusammenhang mit der Einführung des VwRehaG gehörte die Zahlung einer einmaligen Summe an jeden Zwangsausgesiedelten für den zu Unrecht erlittenen seelischen Schaden.24 4.1.1. Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Auf Bundesebene hatte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung der Opfer der SED-Diktatur vom 21. November 1995 vorgesehen, Zwangsausgesiedelten aufgrund ihres harten Lebensschicksals in Anlehnung an das Gesetz über eine einmalige Zuwendung an die im Bei- 20 Antrag der SPD-Fraktion vom 27. September 1995 zu Verbesserungen bei der Rehabilitierung von SED-Unrecht über die Verlängerung von Antragsfristen hinaus (Bundestagsdrucksache 13/2445); Entwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung der Opfer der SED-Diktatur vom 21. November 1995 (Bundestagsdrucksache 13/3038); Entwurf der SPD-Fraktion eines Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungs- und häftlingshilferechtlicher Vorschriften (Rehabilitierungs- und häftlingshilferechtliches Verbesserungsgesetz - Reha- VerbG) vom 19. März 1996 (Bundestagsdrucksache 13/4162). 21 Bundestagsdrucksache 13/6496 22 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) vom 22. April 1997, Bundestagsdrucksache 13/7491, Begründung S. 12. 23 Bund der Zwangsausgesiedelten e.V. mit Sitz in Erfurt; Föderative Vereinigung Zwangsausgesiedelter e.V. in Schwerin. 24 Inge Bennewitz, Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer von Zwangsaussiedlungen, in: Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht (VIZ) 1994, S. 117 (121); dieselbe, Die Auswirkungen des 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes auf die Zwangsausgesiedelten, VIZ 1996, S. 194. Laut Antwort der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern auf eine Kleine Anfrage zum Thema Zwangsausgesiedelte vom 5. Juli 1993 wurde für die Kapitalentschädigung ein Betrag von 10.000 DM angesetzt (Landtagsdrucksache 1/3360, S. 11). - 11 - trittsgebiet lebenden Vertriebenen25 eine einmalige pauschale Entschädigung in Höhe von 4000 DM für jedes unmittelbar von der Zwangsaussiedlung mitbetroffene Familienmitglied höchstpersönlich zuzuerkennen. Voraussetzung sollte ein eigenes Zwangsaussiedlungsschicksal sein26. 4.1.2. Stiftung Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen Die Fraktionen von CDU und SPD im Thüringer Landtag hatten schon Anfang 1994 die Landesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf zu einem Landesgesetz zur Beschleunigung der Entschädigung von Zwangsausgesiedelten in Thüringen vorzulegen. Das Gesetz sollte Zwangsausgesiedelten, die im Besitz einer vorläufigen Rehabilitierungsbescheinigung des Landesamtes für Rehabilitierung und Wiedergutmachung sind, ein Wahlrecht einräumen zwischen der Restituierung von Vermögenswerten und einer durch das Land erfolgenden Einmalzahlung von 4.000 Deutsche Mark. Die Einmalzahlung sollte auch denjenigen Zwangsausgesiedelten zugute kommen, welche ausschließlich die Zwangsenteignung beweglichen Eigentums glaubhaft machen können.27 Inhalt des Antrages war es ausdrücklich, auch den Zwangsausgesiedelten, die keine Folgeansprüche geltend machen können, weil sie beispielsweise in Mietwohnungen gewohnt und keinen Vermögenseingriff erfahren hatten, die Einmalzahlung als Ausgleich für erlittenes Leid und oftmals jahrelang fortwirkendes Unrecht zukommen zu lassen. Die Antragsteller bezogen sich auch hier ausdrücklich auf die Regelung über die oben angesprochene Vertriebenenzuwendung.28 Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken sah der Thüringer Landtag allerdings von einer gesetzlichen Einführung einer Landesentschädigung der dargestellten Art ab und beschloss am 14. November 1996 auf Antrag der Fraktionen von CDU und SPD29, die Landesregierung aufzufordern, eine Stiftung des bürgerlichen Rechts zum Zwecke der flexiblen Vergabe von Zuwendungen und Hilfen an Zwangsausgesiedelte einzurichten. Sodann wurde mit Stiftungsgeschäft vom 24. März 1997 die rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts „Stiftung Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen“ mit Sitz in Erfurt zum Zweck der „Gewährung einer einmaligen Zuwendung an die von der deutschen Teilung und von Unrechtsmaßnahmen besonders betroffenen Zwangsausgesiedelten aus 25 Gesetz über eine einmalige Zuwendung an die im Beitrittsgebiet lebenden Vertriebenen (Vertriebenenzuwendungsgesetz - VertrZuwG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2624, 2635), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 43 des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809). 26 Bundestagsdrucksache 13/3038, Begründung S. 10. 27 Antrag vom 12. Februar 1994, Landtagsdrucksache 2/2916. 28 Vgl. den Debattenbeitrag des Abgeordneten Bonitz (CDU) in der Sitzung des Thüringer Landtags am 22. Februar 1996, Plenarprotokoll 2/31, S. 2360. 29 Landtagsdrucksache 2/1478 vom 8. November 1996. - 12 - dem Thüringer Grenzgebiet“ errichtet. Bis zum 31. Dezember 1999 konnten die einmalige Zuwendung in Höhe von 4.000 DM solche Personen beantragen, die auf der Grundlage der Verordnungen von 1952 und 196130 zwangsausgesiedelt wurden, wie auch solche , bei denen der Nachweis nicht geführt werden kann, dass die Zwangsaussiedlung auf Grund einer der genannten Verordnungen erfolgte, jedoch die Maßnahme in ihrer Intensität, Art und der willkürlichen Personenauswahl vergleichbar und mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates unvereinbar ist. Die Antragsteller mussten (bis auf besondere Härtefälle) allerdings ihren ständigen Wohnsitz vor dem 3. Oktober 1990 ohne Unterbrechung im Gebiet des heutigen Freistaats Thüringen innegehabt haben. Die Auszahlung der Zuwendung erfolgte gestaffelt nach Altersgruppen, wobei die älteren Geburtsjahrgänge vor den jüngeren zu berücksichtigen waren. Verstarb der Zuwendungsberechtigte nach dem 31. Dezember 1996, war die Zuwendung nach Maßgabe der Erbteile den Erben zu gewähren. Die Stiftung wurde zum 30. Juni 2000 aufgehoben, nachdem 2.430 Anträge bei ihr eingegangen waren. 2.044 Zuwendungen mit einem Zahlungsumfang von insgesamt 8,2 Millionen DM wurden bewilligt. Die abzuweisenden 386 Anträge stammten in etlichen Fällen von Zwangsausgesiedelten, die das Wohnsitzkriterium nicht erfüllten.31 4.1.3. Mecklenburg-Vorpommern In Mecklenburg-Vorpommern wurde die beschriebene Initiative des Landes Thüringen zur finanziellen Unterstützung der Zwangsausgesiedelten durch eine einmalige Zuwendung zurückhaltend aufgenommen: In ihrer Antwort vom 4. November 1997 auf eine Kleine Anfrage begründete die Landesregierung ihre rechtlichen Bedenken wie folgt: „Mit dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz vom 23. Juli 1994 hat der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Nr. 1 (Bürgerliches Recht) und Art. 74 Nr. 7 GG (Öffentliche Fürsorge) Gebrauch gemacht und insbesondere die Ansprüche der Opfer von Zwangsaussiedlungen erschöpfend geregelt. Er hat sich dabei aber bewusst auf den Ausgleich konkreter gesundheitlicher Schädigungen, vermögensrechtlicher Eingriffe und beruflicher Nachteile beschränkt . Bereits seinerzeit erhobene Forderungen nach einer Pauschalentschädigung für Zwangsausgesiedelte wurden wegen befürchteter Präzedenzwirkung für andere Opfergruppen nicht erfüllt. Planmäßige Lücken, die als Vorbehalt für landesgesetzliche Regelungen verstanden werden könnten, bestehen daher nicht (vgl. hierzu auch die Begründung zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht - Bundestagsdrucksache 12/4994 -, S. 29, Ziff. 8). Auf- 30 Siehe oben unter Fn. 1. 31 Siehe die Darstellung des Landessozialministers Dr. Pietzsch in der Sitzung des Thüringer Landtags am 14. September 2001, Plenarprotokoll 3/25, S. 1767. - 13 - grund der Verpflichtung der Länder zu bundesfreundlichem Verhalten (Art. 20 Abs. 1 GG) ist diese Grundentscheidung des Bundesgesetzgebers auch beim Erlaß untergesetzlicher Regelungen zu beachten. Deshalb ist die als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts genehmigte Stiftung ‚Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen ’ nicht frei von rechtlichen Bedenken.“ „Des Weiteren dürften an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Regelung auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes gemäß Art. 3 GG Bedenken bestehen, weil die Zwangsausgesiedelten im Vergleich zu anderen Opfergruppen eine Besserstellung erfahren. In diesem Sinne hat sich bereits die Landesregierung in ihrem Bericht ‚Bericht über die eingeleiteten Maßnahmen und erzielten Ergebnisse zur Umsetzung der Forderungen der Enquete-Kommission, Leben in der DDR - Leben nach 1989 - Aufarbeitung und Versöhnung’ (Drucksache 2/1621 vom 03.06.96) geäußert.“32 In den Ländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen sind ebenfalls keine der „Stiftung Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen“ vergleichbare Entschädigungsmöglichkeiten für Opfer von Zwangsaussiedlungen geschaffen worden. 4.1.4. Haltung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat ihre Haltung zur Frage einer zusätzlichen Kapitalentschädigung für Zwangsausgesiedelte in der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hartenbach vom 21. Februar 2007 auf eine Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fromme (CDU/CSU) dargestellt, der mit Blick auf Möglichkeiten einer Entschädigung für Opfer von DDR-Zwangsaussiedlungsmaßnahmen fragt, welcher Handlungsbedarf im Bereich des Kapitels Zwangsausgesiedelter aus dem Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze aus Sicht der Bundesregierung noch bestehe. Danach ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das geltende System der Rehabilitierung und die damit verbundenen sozialen Ausgleichsleistungen in Verbindung mit den Vorschriften zur Wiedergutmachung von Vermögenseingriffen eine tragfähige Grundlage der Entschädigung für DDR-Unrecht bildet und sieht hinsichtlich der Zwangsausgesiedelten keinen gesonderten Handlungsbedarf.33 32 Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 2/3254, S. 5 f. Anders der Fünfte Bericht des Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den Berichtszeitraum vom 1. Januar - 31. Dezember 1999, in dem eine Stiftung nach Thüringer Vorbild empfohlen wird. Siehe im Internet unter http://www.buergerbeauftragtemv .de/index.phtml?Aktion=showdata&ID=148&Instanz=250&Datensatz=8&SpecialTop=8. 33 Bundestagsdrucksache 16/4638, S. 16 f. - 14 - 4.2. Monatlich wiederkehrende Leistung (Opferpension) 4.2.1. Besondere Zuwendung für Haftopfer gemäß § 17a StrRehaG Im Dritten Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 21. August 200734 hat der Gesetzgeber mit einer „besonderen Zuwendung für Haftopfer“ - die sogenannte Opferpension (§ 17a StrRehaG) - eine pauschalierte monatlich wiederkehrende Leistung in Höhe von 250 Euro eingeführt, die Beziehern einer Haftentschädigung nach § 17 StrRehaG gewährt wird, die eine Haftzeit von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten haben und in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind. Das Gesetz beruht auf einem Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im Deutschen Bundestag und ist in seiner konkreten Form Ergebnis einer langjährigen politischen Diskussion innerhalb und außerhalb des Parlaments. 4.2.2. Forderungen nach Erweiterung des Kreises der Empfänger einer Opferpension Schon während des Gesetzgebungsverfahrens zum Dritten Gesetz zur Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Lage der politisch Verfolgten war umstritten, welcher Personenkreis die zukünftige Opferpension empfangen sollte. So sahen die Vorschläge der Fraktionen BÜNDNIS/DIE GRÜNEN und DIE LINKE neben den Haftopfern auch Opfergruppen wie die Opfer von „Zersetzungsmaßnahmen“ und verfolgte Schüler vor.35 Auf Seiten der Betroffenen kritisiert die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG), dass verschiedene Opfergruppen von der Gewährung der Opferpension ausgeschlossen seien, obwohl sie ein ähnlich schweres Schicksal erlitten haben wie die Opfer rechtsstaatswidriger Haft. Hierzu zählten insbesondere die um 1945 in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit verschleppten Frauen, die in Haftanstalten geborenen Kinder sowie die von der innerdeutschen Grenze Zwangsausgesiedelten. Auch diese Gruppen müssten in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen werden36 34 BGBl. 2007 I S. 2118. 35 Vgl. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Wirksame Unterstützung für die Verfolgten des DDR-Regimes“ vom 28. Februar 2007, Bundestagsdrucksache 16/4404; Gesetzentwurf der Abgeordneten Volker Schneider und anderer und der Fraktion DIE LINKE, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für politisch Verfolgte im Beitrittsgebiet und zur Einführung einer Opferrente (Opferrentengesetz) vom 27. März 2007, Bundestagsdrucksache 16/4846. 36 Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG), Verbesserungsvorschläge der UOKG betreffend die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze, Berlin, Oktober 2008 http://www.uokg.de/Archiv/uokg_zur_Bundestags-Wahl.pdf. - 15 - 4.2.3. Haltung der Bundesregierung In der Antwort vom 28. Januar 2008 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE beantwortete die Bundesregierung die Frage, ob sie einen Anlass sehe, weitere bisher unzureichend berücksichtigte Personengruppen wie politisch verfolgte Schüler und Opfer von Zersetzungsmaßnahmen des Staatssicherheitsdienstes in den berechtigten Personenkreis der besonderen Zuwendung nach § 17a StrRehaG aufzunehmen, wie folgt: „Dass weitere Gruppen von in der DDR politisch Verfolgten gefordert haben, in die Regelung einer besonderen monatlichen Zuwendung einbezogen zu werden, ist der Bundesregierung bekannt. Mängel des Gesetzes liegen in der Beschränkung auf Haftopfer mit einer Haftdauer von mindestens sechs Monaten jedoch nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber nur dieser besonders schwer betroffenen Gruppe von Verfolgten eine feste monatliche Zuwendung auf Lebenszeit zugute kommen lassen wollte.“37 Diesen Ansatz hat die Bundesregierung in der Antwort vom 5. Januar 2009 auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion bestätigt. Darin äußert sie zu der Frage, ob sie bereit sei, in Anbetracht des 20-jährigen Jubiläums des Mauerfalls im Jahr 2009 die Anspruchsvoraussetzungen zum Erhalt der Opferpensionen noch einmal kritisch zu überprüfen , sie sei darauf bedacht, das System der Rehabilitierung und Entschädigung von SED-Unrecht laufend zu überprüfen. Offenbarem Regelungsbedarf sei in der Vergangenheit mit den erforderlichen Anpassungen und Leistungsverbesserungen Rechnung getragen worden. Die Regelung über die Besondere Zuwendung für Haftopfer sei erst 16 Monaten zuvor in Kraft getreten. Änderungsbedarf bestehe aus Sicht der Bundesregierung derzeit nicht. Ferner begründet sie, warum sie keinen Bedarf für weitere Regelungen zur Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Situation von politisch Verfolgten , die eine Haft von weniger als sechs Monaten erlitten haben, von Verfolgten, die Zersetzungsmaßnahmen der Stasi zum Opfer fielen, und von politisch verfolgten Schülern sehe.38 4.2.4. Gebot der Gewährung zusätzlicher Leistungen aufgrund verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes? Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es für den Bundesgesetzgeber gleichwohl nicht aus Gründen des in Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verankerten Gleichbehandlungsgrundsatzes geboten wäre, den Zwangsausgesiedelten über die Folgeansprüche des VwRehaG hinaus zusätzliche einmalige oder wiederkehrende Entschädigungsleistungen zu gewähren. 37 Bundestagsdrucksache 16/7915, S. 11. 38 Bundestagsdrucksache 16/11555, S. 3 f. - 16 - Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts39 ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Ein strenger Prüfungsmaßstab ist danach insbesondere angezeigt, wenn eine gesetzliche Regelung zu einer Differenzierung zwischen Personengruppen und nicht lediglich zwischen Sachverhalten führt. Weiter ergeben sich aus dem Gleichheitssatz für den Gesetzgeber umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Die Gewährung unterschiedlicher Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen im Rahmen der rehabilitierungsrechtlichen Vorschriften der SED-Unrechtbereinigungsgesetze knüpft nicht an die Zugehörigkeit der Empfänger zu einer bestimmten Personengruppe an, sondern an die Beeinträchtigung bestimmter Rechtsgüter von Personen durch Eingriffe der Organe des SED-Regimes. Das ist ein rein sachverhaltsbezogenes Kriterium. Zudem wirkt sich die Ungleichbehandlung nicht auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten aus. Die Entschädigung ist eine Form der Leistungsgewährung, nicht der Leistungsverkürzung. Es gibt keine grundgesetzlichen Ansprüche, die durch die Entschädigungsregelungen beeinträchtigt werden könnten. Wiedergutmachung ist nicht Ausfluss der Grundrechte, sondern hat ihre Wurzeln ausschließlich im Rechtsund Sozialstaatsgedanken.40 Danach ist die Frage, ob zusätzliche Leistungen für Zwangsausgesiedelte geboten sind, lediglich am allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot zu messen. Insoweit verlangt Artikel 3 Absatz 1 GG nicht, dass der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen die zweckmäßigste oder vernünftigste wählt. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vielmehr erst dann, wenn offenkundig ist, dass sich für die angegriffene gesetzliche Regelung und die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung kein sachlicher Grund finden lässt. 39 Siehe zum Folgenden Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 (= BVerfGE 116, 135), Rn. 87 ff. mit weiteren Nachweisen. 40 Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 23. April 1991 - 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 (= BVerfGE 84, 90), Rn. 139 f.