© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 008/15 Grundhochwasser und Hochwasserschutz sowie Haftungsfragen bei Schäden durch Grundwasserhochstände Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 2 Grundhochwasser und Hochwasserschutz sowie Haftungsfragen bei Schäden durch Grundwasserhochstände Verfasserinnen: Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 008/15 Abschluss der Arbeit: 9. März 2015 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffsbestimmungen 5 3. Anwendbarkeit der Vorschriften des Hochwasserschutzes aus dem WHG auf das Grundhochwasser unter besonderer Berücksichtigung des § 5 Abs. 2 WHG (Fragenkomplex 1) 6 3.1. Die Hochwasserschutzvorsorge nach dem WHG 7 3.1.1. Die Hochwasserschutzvorsorge im Rahmen der §§ 72 bis 81 WHG 7 3.1.2. Der Hochwasserschutz durch die in § 5 Abs. 2 WHG verankerte Sorgfaltspflicht 7 3.2. Der Hochwasserbegriff des § 72 WHG 9 3.3. Anwendbarkeit der Hochwasserschutzvorsorge nach den §§ 72 bis 81 WHG auf das Grundhochwasser 10 3.4. Anwendbarkeit der in § 5 Abs. 2 WHG verankerten Sorgfaltspflicht auf Grundhochwasser 11 3.5. Fazit zum Fragenkomplex 1 11 4. Die Haftung für Sanierungskosten (Fragenkomplex 2) 11 4.1. Öffentlich-rechtliche Ansprüche gegen die Kommune oder das Land 12 4.1.1. Verstoß gegen Vorschriften des Hochwasserschutzes 12 4.1.2. Verstoß gegen die Vorschriften des BauGB 14 4.2. Privatrechtliche Ansprüche gegen Architekten, Bauunternehmer und Sonderfachleute 16 4.3. Fazit zum Fragenkomplex 2 18 5. Ausdehnung des § 5 Abs. 2 WHG auf reine Grundhochwasser und Vernässung der Böden (Fragenkomplex 3) 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 4 1. Einleitung In Anbetracht verheerender Hochwasserereignisse in den vergangen Jahren wurde das Wasserhaushaltsgesetz (WHG1) mehrfach geändert, um einen möglichst effizienten und wirkungsvollen Hochwasserschutz zu implementieren.2 Ziel dieses Schutzsystems ist es unter anderem, die durch Hochwasser verursachten erheblichen Sachschäden und damit die finanzielle Belastung der Betroffenen zu minimieren. Die wesentlichen Kernelemente dieses Hochwasserschutzes sind deshalb Maßnahmen zur Vorsorge und Schadensminimierung. Grundsätzlich ist der Hochwasserschutz Teil der Daseinsvorsorge, die der öffentlichen Verwaltung - dem Land oder der Kommune - obliegt.3 Die §§ 72 bis 81 WHG enthalten einen gesonderten Abschnitt zum Hochwasserschutz, der im Zuge der Umsetzung der europäischen Hochwasserrisikomanagementrichtlinie 4 2009 in das WHG aufgenommen wurde5. Danach obliegt es gemäß § 76 Abs. 2 WHG den Landesregierungen sogenannte Überschwemmungsgebiete festzulegen. In diesen Gebieten gelten dann besondere Vorschriften und Pflichten der Gemeinden. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch nicht, dass der Eigentümer eines möglicherweise betroffenen Grundstücks von jeder Eigenverantwortung freizusprechen ist, denn gemäß § 5 Abs. 2 WHG trifft ihn eine allgemeine Sorgfaltspflicht zur Abwehr von Hochwasserrisiken. In der diesem Sachstand zugrundeliegenden Anfrage geht es darum, das Spannungsverhältnis dieser beiden Verantwortungsbereiche und eine damit möglicherweise einhergehende Haftung für Hochwasserschäden zu untersuchen. Dabei soll insbesondere die Reichweite des Hochwasserschutzes analysiert werden. Denn die konkret aufgeworfenen Fragen beschäftigen sich jeweils mit Schäden, die sich aus sogenannten Grundwasserhochständen ergeben. Konkret geht es in der Anfrage um die Beantwortung folgender Fragen: Fragenkomplex 1: Wem obliegt die Sorgfaltspflicht nach § 5 Abs. 2 WHG für Grundwasserhochstände in Baugebieten, die sich in Überschwemmungsgebieten befinden? Liegt die Sorgfaltspflicht bei dem Bauherr bzw. der Bauherrin6 oder bei der baugenehmigungserteilenden Kommune? 1 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 15. November 2014 (BGBl. I S. 1724); abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/whg_2009/BJNR258510009.html [Stand: 23. Februar 2015]. 2 Für eine detaillierte Darstellung der historischen Entwicklung und der wesentlichen Änderungen des WHG vgl. Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Kommentar zum Umweltrecht, 73. Ergz. Lfg. 2014,Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 1 – 13b. 3 Günther, Münchner Kommentar zum VVG, 1. Aufl. 2010, Elementarschadenversicherung Rn. 128. 4 Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken, ABl. L 288 vom 06.11.2007 S. 27 ff.; abrufbar unter: http://eur-lex.europa .eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:288:0027:0034:de:PDF [Stand 24. Februar 2015]. 5 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 13. 6 Im Folgenden wird unter dem Begriff Bauherr auch die Bauherrin verstanden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 5 Fragenkomplex 2: Wer trägt im Streitfall zwischen dem Bauherrn und der baugenehmigungserteilenden bzw. baugebietsausweisenden Gemeinde die Sanierungskosten bei Vernässung und bei nicht hochwasserbedingtem Grundwasserhochstand? Sind Gerichtsurteile zur Übernahme von grundwasserhochstandsbedingten Sanierungskosten ergangen und welches Ergebnis hatten diese Urteile? Fragenkomplex 3: Ist eine Ausdehnung des § 5 Abs. 2 WHG auf einen generellen Grundwasserhochstand angebracht? 2. Begriffsbestimmungen Bevor auf die einzelnen Fragen eingegangen wird, sollen zunächst die grundlegenden Begriffe erläutert werden. In § 72 WHG wird Hochwasser wie folgt definiert: Hochwasser ist eine zeitlich beschränkte Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land, insbesondere durch oberirdische Gewässer oder durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser. Davon ausgenommen sind Überschwemmungen aus Abwasseranlagen. Danach liegt ein Hochwasser nur dann vor, wenn es sich um eine Überschwemmung von Land handelt. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 3 WHG ist Grundwasser das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht .7 Bei normalem Wasserstand fließt das Grundwasser zum Fluss oder einem anderen tieferliegenden Gewässer hin. Jedoch hat der Gesetzgeber es bisher unterlassen, den Begriff des Grundhochwassers legal zu definieren . In Fachkreisen wird er synonym zu der Formulierung „hohe Grundwasserstände“ oder 7 Vgl. auch OVG Münster, Natur und Recht (NuR) 2011, S. 293. Die Begriffsbestimmung bezieht sich auf die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie), Abl. L 327 vom 22.12.2000 S. 1ff.; abrufbar unter: http://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:5c835afb-2ec6-4577-bdf8-756d3d694eeb.0003.02/DOC_1&format=PDF [Stand 05. März 2015]. In Art. 2 Nr. 2 dieser Richtlinie wird Grundwasser als „alles unterirdische Wasser in der Sättigungszone , das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht“ definiert. Nach der DIN 4049 wird Grundwasser definiert als unterirdisches Wasser, das die Hohlräume der Erdrinde zusammenhängend ausfüllt und dessen Bewegung ausschließlich oder nahezu ausschließlich von der Schwerkraft und den durch die Bewegung selbst ausgelösten Reibungskräften bestimmt wird. Vgl. WIKIPEDIA, Grundwasser , abrufbar unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Grundwasser [Stand: 22. September 2014]. Siehe auch: Faßbender, in Landmann/Rohmer, Kommentar zum Umweltrecht, 73. Ergz. Lfg. 2014, Stand 63. Ergz. Lfg. 2011, § 3 WHG, Rn. 47. Die Sättigungszone umfasst das Erdreich in dem alle Hohlräume in Poren-, Kluft- und Karstgrundwasser zu 100% mit Wasser ausgefüllt sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 6 „Hochwasser im Grundwasser“ verwendet. Er knüpft zunächst an die Definition des Grundwassers an8. Unter einem Grundhochwasser versteht man einen zeitlich begrenzten, unkontrollierten Anstieg des Grundwasserstandes, welcher durch ein Flusshochwasser, eine erhöhte Grundwasserneubildung , eine Einstellung von Grundwassererhaltungsmaßnahmen oder durch Veränderungen aufgrund von Baumaßnahmen entstehen kann.9 Insbesondere oberirdische Hochwasser führen dazu, dass sich die Fließrichtung des Grundwassers ändert und es deshalb zu einem Anstieg des Grundwasserspiegels kommt.10 Hiermit muss auch bei lang anhaltenden Nässeperioden und Starkregenereignissen11 gerechnet werden. Problematisch an diesen Grundhochwasserständen ist, dass durch den Auftrieb des Grundwassers und unter Umständen auch durch dessen Druck auf die unterirdischen Fundamentaußenmauern die Stabilität der Gebäude gefährdet ist. Deshalb kommt es zu Schäden an den Häusern, die zwar durch eine Flutung der Keller gemindert werden können, jedoch noch immer erheblich sind. Außerdem können Schäden an sonstigen tiefer gelegenen Räumen, z.B. bei Eindringen von Grundwasser in Tiefgaragen, entstehen. Unter Vernässung versteht man den Zustand hohen Bodenwassergehaltes oder Wasser auf dem Boden, die durch oberflächennahes/oberflächengleiches Grundwasser oder nicht versickerndes bzw. abfließendes Niederschlagswasser verursacht werden kann.12 Die Vernässung ist damit eigentlich keine eigene Kategorie, weil sie sowohl durch hohe Grundwasserstände als auch durch starke Niederschläge entstehen kann. 3. Anwendbarkeit der Vorschriften des Hochwasserschutzes aus dem WHG auf das Grundhochwasser unter besonderer Berücksichtigung des § 5 Abs. 2 WHG (Fragenkomplex 1) Wie in der Einleitung angemerkt worden ist, geht es in dem vorliegenden Sachstand vor allen Dingen darum, inwieweit die Vorschriften zum Hochwasserschutz, insbesondere die Regelung des § 5 Abs. 2 WHG, auf Grundhochwasser und auf Vernässung anzuwenden sind. Die Beantwortung des Fragenkomplexes 1 setzt zunächst voraus, den Hochwasserschutz des WHG kurz vorzustellen . 8 Vgl. Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR, Hochwasserschutzzentrale; abrufbar unter: http://www.stebkoeln .de/Redaktionell/Downloads/Hochwasserschutz/Grundhochwasser-die-untersch%C3%A4tzte-Gefahr.pdf [Stand 24. Februar 2015]. 9 Vgl. Climate Service Center Germany, Eine Einrichtung des Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Zentrum für Material und Küstenforschung; abrufbar unter: http://www.climate-service-center.de/049191/index_0049191.html.de [Stand 24. Februar 20015]. 10 Vgl. Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR, Hochwasserschutzzentrale. 11 Vgl. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV), Hochwasserschutz – Aktionsprogramm 2020plus, 1. Auflage Juni 2014, S. 19; abrufbar unter: http://www.stmuv.bayern.de/umwelt/wasserwirtschaft /hochwasser/index.htm [Stand 23. Februar 2015]. 12 Vgl. bspw. Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, Bericht über die Grundwassersituation im Freistaat Sachsen unter besonderer Berücksichtigung der hydrologischen Situation 2010 / 2011, April 2K012, S. 25; abrufbar unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/wasser/download/Bericht _SMUL_LT_Grundwassersituation_Sachsen_2010_2011.pdf [Stand: 24. Februar 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 7 3.1. Die Hochwasserschutzvorsorge nach dem WHG Wie bereits erwähnt, ist der Hochwasserschutz Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, die von den einzelnen Bundesländern und von den Kommunen zu leisten ist. Daneben ist in § 5 Abs. 2 WHG eine allgemeine Sorgfaltspflicht konzipiert. 3.1.1. Die Hochwasserschutzvorsorge im Rahmen der §§ 72 bis 81 WHG Im Rahmen des besonderen Hochwasserschutzes der §§ 72 bis 81 WHG wird zwischen zwei Gebieten differenziert, die für den Hochwasserschutz besonders relevant sind, zwischen den Risikogebieten nach § 73 WHG und den Überschwemmungsgebieten nach § 76 WHG. Für die Anfrage relevant sind nur die Überschwemmungsgebiete, die in § 76 Abs. 1 WHG wie folgt definiert werden : Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 76 Abs. 2 WHG setzen die Landesregierungen durch Rechtsverordnung diese Überschwemmungsgebiete fest, damit im Falle eines Hochwassers genug Retentionsfläche bleibt und sich das Wasser auf diesen Flächen ausbreiten kann. Dementsprechend ist zu erwarten, dass ein solcher Bereich im Falle eines Hochwasserereignisses überschwemmt wird. Eine Bebauung dieser Gebiete erscheint daher besonders riskant, weil hohe Sachschäden kaum vermeidbar sind und der Abfluss des Hochwassers dadurch gestört wird. Um die oben beschriebenen Risiken zu minimieren, werden in § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG einige baurechtliche Verbote angeordnet. Beispielsweise wird unter § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die Ausweisung von neuen Baugebieten in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB)13 untersagt. Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG ist zudem die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des BauGB grundsätzlich verboten. In den Abs. 2 bis 4 sind Ausnahmen von diesen grundsätzlichen Verboten enthalten. Strukturell handelt es sich bei diesen Regelungen um repressive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt. 3.1.2. Der Hochwasserschutz durch die in § 5 Abs. 2 WHG verankerte Sorgfaltspflicht Gemäß der Anfrage soll geklärt werden, wem die Sorgfaltspflicht nach § 5 Abs. 2 WHG obliegt, ob dem Bauherrn oder der baugenehmigungserteilenden Kommune. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WHG lautet: 13 Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. November 2014 (BGBl. I S. 1748) geändert worden ist", Stand: neugefasst durch Bek. v. 23.9.2004 I 2414; zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 20.11.2014 I 1748; abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/BJNR003410960.html [Stand: 9. März 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 8 Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen. Nach der Vorschrift muss jede Person, also Jedermann einen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten . Dieser kann nicht allein durch staatliche Schutzmaßnahmen gesichert werden.14 Die Zielrichtung dieser Sorgfaltspflicht ist es, dem einzelnen Betroffenen eine Mitverantwortung für den Hochwasserschutz aufzuerlegen, der grundsätzlich dem Staat obliegt.15 Demzufolge trifft die Sorgfaltspflicht nach § 5 Abs. 2 WHG den Bauherrn, der vom Hochwasser betroffen sein könnte. Die Sorgfaltspflicht aus § 5 Abs. 2 WHG gilt auch in Überschwemmungsgebieten, denn, systematisch gesehen, findet sich die Vorschrift im allgemeinen Teil des WHG und ist damit auf das gesamte WHG anwendbar. Zwar können Spezialregelungen, wie in den §§ 72 ff. WHG oder behördliche Anordnungen, geeignete Vorsorgemaßnahmen bestimmen. Dies lässt jedoch die Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 2 WHG nicht entfallen. Vielmehr wird der Umfang der Vorsorgepflicht durch die Spezialvorschriften konkretisiert. Enthalten diese zu bestimmten Gefahrensituationen keine Regelungen, gilt hierfür § 5 Abs. 2 WHG. Für die Geltung der Sorgfaltspflicht auch in Überschwemmungsgebieten spricht zudem der Umstand, dass es gerade in diesen Gebieten besonders wichtig ist, einen umfassenden Hochwasserschutz auch durch den Betroffenen selbst zu gewährleisten . Allerdings wendet sich § 5 Abs. 2 WHG nur insoweit an die Behörden, als diese die Einhaltung der Sorgfaltspflicht durch polizeiliches oder ordnungsrechtliches Einschreiten durchsetzen können .16 Die Befugnis dazu ergibt sich aus § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. der jeweiligen landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage.17 Danach ordnet die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden, zu beseitigen oder die Erfüllung von ihrer Verpflichtungen nach dem WHG sicherzustellen. Dementsprechend kann bei einer drohenden Gefahr durch Hochwasser für Menschen, Umwelt und andere Sachwerte eine behördliche Verfügung ergehen, die den jeweiligen Betroffenen zur Erfüllung seiner Pflicht aus § 5 Abs. 2 WHG anhält.18 Denn das Hochwasserschutzrecht gehört zum allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts, das der Abwehr von 14 Knopp, in Siedler/Zeitler, Kommentar zum WHG, AbwAG, 47. Ergz. Lfg. 2014, Stand 42. Ergz. Lfg. 2011, § 5 WHG, Rn. 55. 15 Vgl. bspw. Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, April 2012, S. 22. 16 Faßbender, in Landmann/Rohmer, Kommentar zum Umweltrecht, 73. Ergz. Lfg. 2014, Stand 63. Ergz. Lfg. 2011, § 5 WHG, Rn. 45; Knopp, in Siedler/Zeitler, § 5 WHG, Rn. 72. 17 Faßbender, in Landmann/Rohmer, § 5 WHG, Rn. 45. 18 Faßbender, in Landmann/Rohmer, § 5 WHG, Rn. 48. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 9 Gefahren für die allgemeine Sicherheit und Ordnung, hier der Hochwassergefahr, dient. Sie bezweckt deshalb nicht, den Einzelnen vor selbstschädigendem Handeln zu schützen.19 Eine Handlungspflicht trifft die Behörde deshalb nur, soweit Dritte bei Nichteinhaltung der Sorgfaltspflicht gefährdet sind und insoweit ist die Vorschrift fremdgerichtet.20 Inwieweit daraus auch der Schluss gezogen werden kann, § 5 Abs. 2 WHG sei auch drittschützend, ist umstritten.21 Jedenfalls würde sich dieser Schutz nicht auf den Bauherrn selbst beziehen, sondern auf umliegende Nachbarn. Selbst wenn man daher davon ausgeht, dass § 5 Abs. 2 WHG drittschützend ist, profitiert davon jedenfalls nicht der Bauherr. 3.2. Der Hochwasserbegriff des § 72 WHG Zu klären bleibt, ob die beschriebenen Vorschriften auch auf das Grundhochwasser und auf die Vernässung anzuwenden sind. Durch die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie waren alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) verpflichtet, entsprechende Vorschriften zum Hochwasserschutz zu erlassen. Bei der Umsetzung der Richtlinie hatte die Bundesrepublik Deutschland zunächst die Auffassung vertreten , dass Überschwemmungen, die durch hohe Grundwasserstände ausgelöst werden, nicht unter die genannte Hochwasserrisikomanagementrichtlinie fallen. Nachdem gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurde, hat der deutsche Gesetzgeber entsprechend reagiert.22 Durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom 21. Januar 2013 wurde die Hochwasserdefinition in § 72 WHG ergänzt. Vor der Änderung konnten Überschwemmungen nur durch oberirdische Gewässer und durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser ausgelöst werden. Indem der Gesetzgeber vor die Verursacherquellen von Überschwemmungen das Wort „insbesondere“ eingefügt hat, hat er deutlich gemacht, dass fortan auch dann von einem Hochwasser i.S.d. WHG auszugehen ist, wenn die Überschwemmungen andere Ursachen haben. Im Gesetzgebungsverfahren wurden als weitere Quellen für Überschwemmungen ausdrücklich das Grundwasser und lokale Starkregenereignisse genannt.23 19 Faßbender, in Landmann/Rohmer, § 5 WHG, Rn. 46f. 20 Faßbender, in Landmann/Rohmer, § 5 WHG, Rn. 46, 47. Faßbender verdeutlicht dies an folgendem Beispiel: Ist ein Fahrzeug in einem hochwassergefährdeten Gebiet abgestellt und steht zu befürchten, dass das Fahrzeug bei einer Überschwemmung zum Treibgut wird und damit eine Gefahr für Menschen, Umwelt und andere Sachwerte darstellt, so ist eine Ordnungsverfügung, die sich auf diese Erwägungen stützt, von § 5 Abs. 2 WHG i.V.m. § 100 WHG und der jeweiligen landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dies ist nicht der Fall, wenn die Verfügung bezweckt, dass Fahrzeug selbst vor Beschädigungen zu schützen. 21 Bejahend: Faßbender, in Landmann/Rohmer, § 5 WHG, Rn. 48; verneinend: Czychowski/Reinhardt, Kommentar zum WHG, 11. Auflage 2014, § 5 Rdnr. 16. 22 Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, April 2012, S. 22 f. 23 Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 10. Oktober 2012, BT-Drs. 17/10957, S. 22. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 10 Durch diese Ergänzung der Hochwasserdefinition hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass Grundwasser und damit insbesondere Grundwasserhochstände als Ursachen für Hochwasser in Frage kommen. Nach wie vor kann aber von einem Hochwasser nur dann die Rede sein, wenn die Geländeoberkannte überschwemmt wird, so dass also Grundwasserstände unterhalb der Geländeoberkante 24 nicht als Hochwasser im Sinne des § 72 WHG eingeordnet werden können.25 Deshalb bezweckt der Hochwasserschutz nicht die Abwehr von Schäden, die durch Grundhochwasser unterhalb der Geländeoberkante entstehen, gleichwohl spielt das Phänomen der Grundhochwasser eine Rolle bei der Entstehung von Hochwasser und damit auch bei der Bekämpfung von Hochwasser. Eine Vernässung der oberen Bodenschichten kann die Entstehung eines Hochwassers begünstigen und kann damit ebenfalls eine Ursache für Hochwasser sein. Allerdings ist es bei der Vernässung noch schwieriger als beim Grundhochwasserstand festzustellen, wann die Grenze von der bloßen Vernässung zum Hochwasser überschritten ist. Diese Frage muss die Rechtsprechung durch die Auslegung der Formulierung „zeitlich beschränkte Überschwemmung“ in § 72 WHG klären. Für die vorliegende Bearbeitung wird allerdings davon ausgegangen, dass eine reine Vernässung noch kein Hochwasser i.S.d. § 72 WHG ist. 3.3. Anwendbarkeit der Hochwasserschutzvorsorge nach den §§ 72 bis 81 WHG auf das Grundhochwasser Durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz hat der Gesetzgeber nicht nur die Definition in § 72 WHG erweitert, sondern auch die Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 WHG. Hiernach können nunmehr auch Gebiete, in denen (oberirdische) Überschwemmungen aus Grundwasser stammen, in Gefahrkarten erfasst werden. Die Einbeziehung der Grundwasserstände in die Gefahrkarten verdeutlicht , dass dem Grundwasser bei der Hochwasserschutzvorsorge seit der Gesetzesänderung eine größere Bedeutung beigemessen wird. Neben der Erstellung von Gefahren- und Risikokarten gehört zur Hochwasserschutzvorsorge auch die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten nach § 76 WHG. Bereits an der Überschrift „Überschwemmungsgebiete an oberirdische Gewässern“ von § 76 WHG wird deutlich, dass es um das Hochwasser von oberirdischen Gewässern geht. Entsprechendes ergibt sich auch aus § 76 Abs. 1 Satz 1 WHG, der ebenfalls auf oberirdische Gewässer beschränkt ist. Deshalb hat die Erweiterung des Hochwasserbegriffes in § 72 WHG auf die Festsetzung von Überschwemmungsgebiete keine Auswirkung.26 24 Ulrich, in: BMBF, Unterschätzte Gefahr Grundhochwasser – Schadensbewertung und -vorsorge nach der Jahrhundertflut ; abrufbar unter: http://ressourcewasser.fona.de/reports/bmbf/annual/2010/nb/German/304040/- 1_4_04-unterschaetzte-gefahr-grundhochwasser-schadensbewertung-und--vorsorge-nach-der-jahrhundertflut .html [Stand: 24. Februar 2015]. 25 Vgl. Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft des Freistaates Sachsen, April 2012, S. 25. 26 Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz unter Berücksichtigung der Landeswassergesetze, 11. Auflage, München 2014, § 72 Rn. 20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 11 3.4. Anwendbarkeit der in § 5 Abs. 2 WHG verankerten Sorgfaltspflicht auf Grundhochwasser Trotz der Erweiterung der Hochwasserdefinition bezweckt auch § 5 Abs. 2 WHG nur die Abwehr von hochwasserbedingten Schäden und nicht die durch reine Grundhochwasserstände verursachten Schäden. Allerdings macht die Sorgfaltspflicht nur dann einen Sinn, wenn bereits im Vorfeld eines Hochwassers entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Da das Grundhochwasser eine der Ursachen für Hochwasser ist, sollten auch Grundhochwasserstände vermieden werden. Folglich erstreckt sich die Sorgfaltspflicht auch auf die Vermeidung von Grundhochwasserständen , soweit sie die Gefahr von Hochwasser erhöhen. Eine Überforderung des Einzelnen ist nicht zu befürchten, weil er nach § 5 Abs. 2 WHG nur „im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet“ ist. 3.5. Fazit zum Fragenkomplex 1 Aufgrund der Ausführungen hat sich ergeben, dass grundsätzlich dem Bauherrn die Pflicht aus § 5 Abs. 2 WHG obliegt und diese Verpflichtung auch in Überschwemmungsgebieten gilt. Welche Maßnahmen im Rahmen dieser Vorsorgepflicht geeignet sind, kann in den Überschwemmungsgebieten zwar durch die Verbote des § 78 WHG bzw. durch dahingehende behördliche Anordnung konkretisiert werden. Dennoch gilt die Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 2 WHG zur Minimierung von Hochwassergefahren für die Gefahrenszenarien, die durch die Spezialvorschriften nicht abgedeckt sind, weiterhin. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WHG nicht der Abwehr von Schäden durch Grundhochwasser und Vernässung dient. Die Vorsorgepflicht hat nur insofern einen Bezug zu Grundhochwasserhochständen und Vernässung, als dass diese als mögliche Ursache für ein Hochwasser gelten und daher vermieden werden sollten. 4. Die Haftung für Sanierungskosten (Fragenkomplex 2) Wie bereits dargestellt, können durch Grundwasserhochstände erhebliche Schäden an Gebäuden entstehen, sei es durch Vernässung oder durch die Beeinträchtigung der Statik. Deshalb ist folgender Fragenkomplex an dieser Stelle zu klären. Fragenkomplex 2: Wer trägt im Streitfall zwischen dem Bauherrn und der baugenehmigungserteilenden bzw. baugebietsausweisenden Gemeinde die Sanierungskosten bei Vernässung und bei nicht hochwasserbedingtem Grundwasserhochstand? Sind Gerichtsurteile zur Übernahme von grundwasserhochstandsbedingten Sanierungskosten ergangen und welches Ergebnis hatten diese Urteile? Die einschlägigen Gerichtsurteile werden nicht gesondert aufgelistet, sondern jeweils bei der Bestimmung des Sanierungspflichtigen ausgewertet. Grundsätzlich gilt, dass der Eigentümer für die Sanierungskosten an seinem Gebäude aufkommen muss, weil er als Eigentümer das Risiko für solche Schäden trägt. Wurde die Planung oder Realisierung des Bauvorhabens jedoch fehlerhaft durchgeführt, kann der Bauherr eventuell Ansprüche Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 12 gegen die beteiligten Akteure haben. Hierbei kommt eine Haftung der Kommunen oder des Staates , des Architekten oder der Sonderfachleute in Betracht.27 4.1. Öffentlich-rechtliche Ansprüche gegen die Kommune oder das Land Ein Amtshaftungsanspruch gegen die Gemeinde nach Art. 34 Grundgesetz (GG28) in Verbindung mit § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB29) kann möglicherweise aufgrund eines Verstoßes gegen Amtspflichten entstehen, die sich aus dem WHG oder dem BauGB ergeben. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass ein Amtsträger in Ausübung seiner Amtstätigkeit eine ihm obliegende Pflicht schuldhaft verletzt und diese Pflichtverletzung kausal für den bei dem Anspruchssteller eingetreten Schaden ist.30 Ein solcher Anspruch entsteht jedoch nur, wenn die vom Amtsträger verletzte Pflicht den Geschädigten vor dem eingetretenen Schadensereignis schützen soll.31 4.1.1. Verstoß gegen Vorschriften des Hochwasserschutzes Soweit es um Amtshaftungsansprüche wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften des WHG geht, ist zunächst festzuhalten, dass ein solcher Amtshaftungsanspruch in Rechtsprechung und Literatur bisher nur in Bezug auf Hochwasserschäden, nicht in Bezug auf Schäden aus Grundhochwasser diskutiert worden ist. Dies ist auch konsequent. Da die Vorschriften des WHG nicht den Schutz vor Grundhochwasserschäden bezwecken, besteht auch keine Amtspflicht zur Abwehr solcher Schäden und folglich scheidet auch ein entsprechender Amtshaftungsanspruch gegen die Kommune oder das Land für reine Grundhochwasserschäden aus. Wie gesehen, wird aber ein Grundhochwasser, sobald es über die Geländeoberkante tritt, zum Hochwasser. Insoweit kann daher ein Amtshaftungsanspruch in Betracht kommen, wenn gegen eine drittschützende Amtspflicht verstoßen wird. 27 Hertwig, Haftung für Planungsfehler des Architekten, des Bauingenieurs und der Planungsbehörde, Neue Zeitschrift für Bau und Vergaberecht (NZBau), 2003, 359, 360. 28 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) in der Fassung vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG (Art. 91b) vom 23. 12. 2014 (BGBl. I S. 2438); abrufbar unter: http://www.gesetzeim -internet.de/gg/BJNR000010949.html [Stand: 24. Februar 2015]. 29 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909 und BGBl. 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 1 G zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änd. des EEG vom 22. 7. 2014 (BGBl. I S. 1218); abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet .de/bgb/BJNR001950896.html [Stand: 24. Februar 2015]. 30 Grzeszick, in Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar GG, Stand 01.12.2014, Art. 34, Rn. 5 - 20. 31 Grzeszick, in Epping/Hillgruber, Art. 34, Rn. 9 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 13 Bejaht wird dies zum Beispiel bei den Pflichten zum Gewässerausbau gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 WHG 32, bei der Wasserunterhaltung gemäß § 39 WHG33 und bei der Gewässeraufsicht34. Außerdem können konkrete Handlungen, wie ein unsachgemäßer Gewässerausbau, der zu einem Überschwemmungsschaden führt, Ansprüche wegen enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff 35 auslösen.36 In der Praxis scheitern solche Ansprüche jedoch oft aufgrund der mangelnden Vorhersehbarkeit des Hochwassers. Außerdem kann meistens weder ein Verschulden des Amtsträgers noch eine Kausalität zwischen der Amtspflichtverletzung und dem Schaden nachgewiesen werden.37 Als drittschützend werden z.B. auch die Informationspflichten aus § 79 WHG angesehen.38 So müsse vor einer Überflutungsgefahr aufgrund eines drohenden Deichbruches gewarnt werden, damit der Betroffene selbst die nötigen Schutzmaßnahmen treffen könne.39 Aufgrund dieser nicht nur allgemeinen Schutzrichtung der Informationspflicht habe diese Vorschrift auch drittschützende Funktion.40 Ansonsten ist die drittschützende Wirkung der Hochwasserschutzvorschriften nach dem WHG jedoch umstritten41. Da der Hochwasserschutz grundsätzlich dem öffentlichen Interesse dient, besteht kein Individualanspruch darauf. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) 1972 zur Vorgängervorschrift des § 76 WHG entschieden, dass ihr keine drittschützende Wirkung zukomme. Diese Vorschrift diene erkennbar allein dem Allgemeinwohl und 32 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 30; a.A. Schwender, in: Sieder/Zeitler, WHG, AbwAG, 47. Ergz. Lfg. 2014, Stand: 39. Ergz. Lfg. 2010, § 40 Rn. 13 33 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 30. 34 BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 – Az. III ZR 137/07 - Versicherungsrecht (VerR) 2009, 219, 220 f. 35 Wesentlicher Unterschied des enteignungsgleichen Eingriffs vom enteignenden ist, dass bei ersterem die hoheitliche Maßnahme rechtswidrig, bei letzterem die Maßnahme hingegen rechtmäßig ist. Gemeinsam ist beiden, dass sie bei Eigentumsbeeinträchtigungen Entschädigungspflichten auslösen. Beide Eingriffe werden aus Gewohnheitsrecht und Art. 74 ,75 ALR abgeleitet. - Rösch in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 903 BGB, Rn. 29ff. - Juris. 36 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 31. 37 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 30; Günther, in: Münchener Kommentar zum VVG, 1. Auflage 2010, Elementarschadensversicherung, Rn. 127. 38 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 32. 39 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 32. 40 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 32. 41 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 14 schütze nicht bestimmte Nachbarn. Sie sehe weder ausdrücklich noch nach ihrem Sinn die Berücksichtigung von Interessen oder Rechten Dritter vor.42 Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat in einem Beschluss von 2013 die Frage offen gelassen, ob der Rechtsprechung des BVerwG weiterhin zu folgen ist oder ob zumindest einzelne Hochwasserschutzvorschriften drittschützende Wirkung entfalten, wenn in ihnen ein hochwasserrechtliches Rücksichtnahmegebot enthalten ist. Eine solche Wirkung käme möglicherweise auch der Vorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG zu.43 Auch für § 5 Abs. 2 WHG ist umstritten, ob er drittschützend ist.44 Für die zugrundeliegende Anfrage muss dieser Streit jedoch nicht entschieden werden, weil – wie bereits oben angemerkt – ein Amtshaftungsanspruch aufgrund eines Grundhochwassers ausscheidet. 4.1.2. Verstoß gegen die Vorschriften des BauGB Zudem kommt eine Amtshaftung der Gemeinde aufgrund fehlerhafter Bauleitplanung in Betracht .45 Zur Aufstellung der Bauleitpläne ist die Kommune gemäß § 2 Abs. 1 BauGB verpflichtet. Durch das Abwägungsgebot in § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB wird die Bauleitplanung mit dem Hochwasserschutzes verknüpft. Danach muss die planende Kommune die Belange des Hochwasserschutzes beachten. In Anknüpfung an die §§ 72 ff. WHG ist davon der Rückhalt von Hochwasser sowie die Sicherung eines schadlosen Wasserabflusses ebenso erfasst wie die Vorbeugung von Hochwasserschäden.46 Inwieweit die Hochwasserschutzvorschriften eine drittschützende Wirkung haben47, wurde bereits erläutert und kann hier ebenfalls dahinstehen. Denn sie bezwecken nur die Abwehr von Schäden durch Hochwasser, nicht aber von Schäden durch Grundhochwasserstände oder Vernässung. Auch auf dieser Grundlage scheidet demnach eine Haftung der Kommune aus. Darüber hinaus müssen die Kommunen bei der Bauleitplanung gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit 42 BVerwG, Beschluss vom 17. August 1972 - Az. IV B 162.71 - Rn. 4 - Juris. So für den vorbeugenden Hochwasserschutz auch: OVG Bautzen, Urteil vom 9. Juni 2011 – Az. 1 A 504/09 - Neue Juristische Online Zeitschrift (NJOZ) 2012, 434, 436; Günther, in: Münchener Kommentar zum VVG, Elementarschadensversicherung, Rn. 122. Die Frage des Drittschutzes hat offen gelassen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. November 2013 - Az. 5 S 2037/13 - Rn. 6 ff. - Juris. 43 VGH Mannheim, Beschluss vom 18. November 2013 - Az. 5 S 2037/13 - Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2014, 238, 239. 44 Bejahend: Faßbender, in Landmann/Rohmer, § 5 WHG, Rn. 48; verneinend: Czychowski/Reinhardt, Kommentar zum WHG, 11. Auflage 2014, § 5 Rdnr. 16. 45 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 33. 46 Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar zum BauGB, 114. Ergz. Lfg. 2004, Stand Ergz. Lfg. 94, Januar 2010, § 1 Rn. 178; Queitsch, Hochwasser- und Überflutungsschutz unter dem Blickwinken des Bau- und Haftungsrechts, Umwelt und Planungsrecht (UPR) 2014, 321, 323. 47 Faßbender/Gläß, Drittschutz im Hochwasserschutzrecht, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2011, 1094, 1095. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 15 der Wohn- und Arbeitsbevölkerung berücksichtigen. Demnach müssen die Bewohner des Planungsgebietes bzw. die dort Arbeitenden darauf vertrauen können, dass die Beschaffenheit des Bodens keine Gefahr für sie darstellt.48 Daraus schlussfolgerte der BGH in den sogenannten „Altlasten -Fällen49“, dass eine drittbezogene Amtspflicht zum Schutz vor Gesundheitsgefahren und – beeinträchtigungen besteht.50 Die in diesen Fällen diskutierten Ansprüche sind vergleichbar mit den Schadensersatzansprüchen, die zur Beseitigung von Grundhochwasserschäden geltend gemacht werden. Allerdings ist zu beachten, dass die Amtspflichten im Rahmen der Bauleitplanung lediglich dem Schutz der Gesundheit dienen. Sie zielen jedoch nicht auf die Abwendung von finanziellen Belastungen für den Bauherrn, weil etwa eine Sanierung notwendig wird.51 In einer Entscheidung vom 21. Februar 199152 betonte der BGH dies abermals. Die Amtspflichten im Rahmen der Bauleitplanung verbiete es der Gemeinde lediglich Flächen, von denen Gesundheitsgefahren ausgehen könnten, als Wohngebiete auszuweisen.53 Die Kennzeichnungspflicht und die allgemeine Bauleitplanung nähmen dem Eigentümer jedoch keinesfalls Baugrundrisiken ab.54 Dieser könne nicht aufgrund der Ausweisung eines Baugebietes im Bebauungsplan darauf vertrauen , dass die Bodenbeschaffenheit und –struktur tatsächlich zur Bebauung geeignet sei.55 Übertragen auf Grundhochwasserstände bedeutet dies, dass die Gemeinde die Anwohner zwar vor Gesundheitsgefahren schützen muss, nicht aber den Bauherrn vor Schäden an den Gebäuden. Deshalb enthält auch § 1 Abs. 6 Nr. BauGB keine Amtspflicht zur Abwehr von Grundhochwasserschäden an Gebäuden, so dass auch eine diesbezügliche Amtshaftung ausscheidet. Ein Amtshaftungsanspruch der Gemeinde kann sich auch daraus ergeben, dass sie ihren Informationspflichten im Rahmen der Bauleitplanung nicht nachkommt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sie ein Baugebiet wider besseres Wissen in ein (faktisches) Überschwemmungsgebiet hinein plant, ohne eine Kennzeichnung nach § 9 Abs. 5 Nr. 1 BauGB oder eine nachrichtliche Übernahme bzw. einen Vermerk nach § 9 Abs. 6a BauGB in den Plan aufzunehmen.56 Jedoch ist auch hier die Schutzrichtung der Vorschriften des WHG entscheidend, die die Kennzeichnungspflicht nach dem BauGB erst auslösen. Diese dienen nur der Abwehr von Schäden durch Hochwasser, 48 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 33. 49 Vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1999 - III ZR 234/97 = BGHZ 142, 259-278; BGH, Urteil vom 26. Januar 1989 - III ZR 194/87 = BGHZ 106, 323-336. 50 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 33. 51 Hertwig, NZBau 2003, 359, 360. 52 BGH, Urteil vom 21.02.1911 - Az. III ZR 245/89 - Juris. 53 BGH, Urteil vom 21.02.1911 - Az. III ZR 245/89 - Rn. 7 - Juris. 54 BGH, Urteil vom 21.02.1911 - Az. III ZR 245/89 - Rn. 12 - Juris. 55 BGH, Urteil vom 21.02.1991 - Az. III ZR 245/89 - Rn 12 - Juris. 56 Hünnkens, in Landmann/Rohmer, Vorbm. zu §§ 72 – 81 WHG, Rn. 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 16 nicht aber der Abwendung von Schäden durch Grundhochwasser. Deshalb scheidet auch hier eine Haftung der Kommune aus. Darüber hinaus stellt sich allerdings die Frage, ob die Baugenehmigungsbehörde haftbar ist, wenn sie eine rechtswidrige Baugenehmigung erteilt. Der Bauherr kann zwar mit Erteilung der Baugenehmigung darauf vertrauen, dass das Bauvorhaben ohne öffentlich-rechtliche Hindernisse realisiert werden kann.57 Allerdings gilt auch hier, dass die Gemeinde lediglich sorgfältig und gewissenhaft prüfen muss, dass von dem Grund und Boden keine Gefahr für Leben und Gesundheit der Anwohner ausgeht.58 Damit setzt der BGH seine Rechtsprechung in den Altlasten-Fällen auf der Baugenehmigungsebene fort59, indem er auf die Schutzrichtung der Baugenehmigung abstellt. Die Baugenehmigung soll zwar die Errichtung von statisch sicheren Gebäuden gewährleisten, um das Leben und die Gesundheit der Anwohner zu schützen. Sie bezweckt aber nicht, den Bauherrn vor finanziellen Mehrbelastungen zu bewahren, die durch eine fehlerhafte Berechnung der Statik des Gebäudes entstehen.60 4.2. Privatrechtliche Ansprüche gegen Architekten, Bauunternehmer und Sonderfachleute Zudem kommt die Haftung des Architekten in Betracht. Dieser ist für die Planung des Bauvorhabens zuständig. Ebenso wie der Werkunternehmer schuldet der Architekt gemäß § 633 BGB ein mängelfreies und funktionstaugliches Bauwerk.61 Damit die Planung diesen Anforderungen entspricht , muss der Architekt auch die Bodenverhältnisse berücksichtigen62 und gemäß § 15 Abs. 1 und 2 Nr. 1 HOAI63 eine Grunduntersuchung durchführen.64 Bei der Planung der Abdichtung des Gebäudes hat der Architekt die Grundwasserstände zu Grunde zu legen, die sich aus einer lang- 57 Hertwig, NZBau 2003, 359, 363. 58 Hertwig, NZBau 2003, 359, 363. 59 Hertwig, NZBau 2003, 359, 363. 60 BGH, Urteil vom 21.02.1991 - Az. III ZR 245/89 - Rn. 12 - Juris. 61 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 15 - Juris. 62 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 15 - Juris. 63 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) vom 10. Juli 2013 (BGBl. I S. 2276); abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/hoai_2013/BJNR227600013.html [Stand 02. März 2015]. 64 BHG, Urteil vom 19.12.1996 - Az. VII ZR 233/95 - Rn. 14 - Juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 17 jährigen Beobachtung ergeben und kann sich nicht auf die nur gelegentlich erreichten Grundwasserstände beziehen.65 Die Abdichtung muss vom Architekten so geplant werden, dass sie bei einwandfreier Ausführung das Gebäude vollständig und dauerhaft abdichtet.66 Demzufolge muss sie auch den notwendigen Schutz gegen drückendes Wasser vorsehen.67 Verfügt der Architekt selbst nicht über die notwendigen Fachkenntnisse für eine sachgemäße Beurteilung der Wasser- und Bodenverhältnisse, muss er dies dem Bauherrn mitteilen und die Beauftragung von Sonderfachleuten anstreben.68 Eine solche Beauftragung kann der Architekt entweder im eigenen Namen vornehmen oder als Vertreter des Bauherrn.69 Wird letztere Variante gewählt, haftet der Sonderfachmann dem Bauherrn gegenüber direkt. Beauftragt der Architekt jedoch den Sonderfachmann im eigenen Namen, so haftet er für dessen Verschulden gemäß § 278 BGB. Damit ist er verantwortlich für die sorgfältige Auswahl und die Überprüfung der Sonderfachleute nach dem Maß der von ihm als Architekt zu erwartenden Kenntnisse.70 Ist das Gutachten mangelhaft, weil die Vorgaben des Architekten unzureichend waren oder wurde ein unzuverlässiger Sonderfachmann ausgewählt, so haftet der Architekt hierfür.71 Das gleiche gilt, wenn er einen für ihn als Architekten erkennbaren Mangel nicht beanstandet.72 Zudem ist der Architekt für die Koordinierung und Bauüberwachung zuständig.73 Die Aufsichtspflicht des Architekten beschränkt sich dabei nicht auf Stichproben.74 Insbesondere die fachgerechte Ausführung von Arbeitsschritten, die mit einem hohen Mängelrisiko verbunden sind, wie beispielsweise die Gebäudeabdichtung, muss durch häufige Kontrollen sichergestellt werden.75 Daraus lässt sich schließen, dass der Architekt haftbar gemacht werden kann, wenn aufgrund von Planungsmängeln Schäden durch Grundhochwasserstände am Gebäude entstehen. Es ist allerdings zu beachten, dass der Architekt nach § 365 BGB nur für schuldhafte Verletzungen der ihm obliegenden Pflichten haftet76 und die Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Schaden 65 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 15 - Juris. 66 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 15 - Juris. 67 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 15 - Juris. 68 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 14, 18 - Juris. 69 BHG, Urteil vom 19.12.1996 - Az. VII ZR 233/95 - Rn. 14 - Juris. 70 BHG, Urteil vom 19.12.1996 - Az. VII ZR 233/95 - Rn. 18 - Juris. 71 BHG, Urteil vom 19.12.1996 - Az. VII ZR 233/95 - Rn. 18 - Juris. 72 BHG, Urteil vom 19.12.1996 - Az. VII ZR 233/95 - Rn. 18 - Juris. 73 Günther, Münchner Kommentar zum VVG, Elementarschadenversicherung Rn. 124. 74 Günther, Münchner Kommentar zum VVG, Elementarschadenversicherung Rn. 124. 75 Günther, Münchner Kommentar zum VVG, Elementarschadenversicherung Rn. 124. 76 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 18 - Juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 18 sein muss.77 Deshalb muss die Haftung des Architekten stets im Einzelfall geprüft werden. Auch Sonderfachleute können haftbar sein, wenn diese vom Bauherrn direkt beauftragt werden. Daneben kommt auch der Bauunternehmer als Haftungsgegner in Betracht, der sich zu Planleistungen verpflichtet hat. Er haftet dann unter den gleichen Voraussetzungen wie der Architekt.78 4.3. Fazit zum Fragenkomplex 2 Die Ausführungen haben ergeben, dass in der Regel der Architekt bzw. die an der Planung beteiligten Bauunternehmer und Sonderfachleute für Schäden haften, die durch zu hohe Grundwasserstände entstanden sind. Die Baugenehmigungs- bzw. die Bauplanungsbehörden können jedoch nicht haftbar gemacht werden, weil ihnen keine Amtspflicht zum Schutz vor Schäden durch zu hohe Grundwasserstände obliegen. Daran ändern auch die Hochwasserschutzvorschriften des WHG nichts, denn selbst wenn diese als drittschützend anzusehen sind, sollen sie die Betroffenen lediglich vor Hochwasserschäden schützen, nicht bereits vor Schäden durch Grundhochwasser. Deshalb kommt es für die Beantwortung der Haftungsfrage auch nicht darauf an, ob sich das Grundstück in einem Überschwemmungsgebiet befindet oder nicht. 5. Ausdehnung des § 5 Abs. 2 WHG auf reine Grundhochwasser und Vernässung der Böden (Fragenkomplex 3) Nach der Anfrage soll untersucht werden, ob § 5 Abs. 2 WHG auch auf reine Grundhochwasser ausgedehnt werden sollte, wenn das Wasser also nicht über die Geländeoberkante tritt. Wie oben festgestellt, fällt Grundhochwasser nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht unter den Hochwasserbegriff. Eine Ausdehnung der Sorgfaltspflicht auf Grundhochwasserstände würde sich empfehlen, wenn die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie von einem weiteren Hochwasserbegriff ausgeht. Dies ist jedoch fernliegend. Denn die Formulierung in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie war Vorbild für § 72 WHG, wonach unter Hochwasser die zeitlich beschränkte Überflutung von Land zu verstehen ist, das normalerweise nicht mit Wasser bedeckt ist. Da nach der Richtlinie ein Grundhochwasser also kein Hochwasser ist, ist eine Ausdehnung des § 5 Abs. 2 WHG zumindest europarechtlich nicht geboten. Zu klären bleibt, ob eine Ausdehnung durch den Gesetzgeber zweckmäßig wäre. Wie bereits erläutert , bergen auch Grundhochwasserstände ein erhebliches Schadenspotential. Dies mag Anlass geben, eine Ausdehnung des § 5 Abs. 2 WHG auf Grundhochwasser anzustreben. Allerdings ist bei einer solchen Forderung Folgendes zu beachten: Wie gesehen, ergänzt § 5 Abs. 2 WHG die Hochwasservorsorge, indem neben der Hochwasservorsorge durch Kommune und Land auch Jedermann zum Hochwasserschutz beitragen soll. Will man § 5 Abs. 2 WHG auf Grundwasserstände ausdehnen, müssten folgerichtig auch die Vorschriften zum Hochwasserschutz durch Kommune und Land auf Grundwasserstände erweitert werden. Dementsprechend müsste die Hochwasserdefinition dann nochmals erweitert werden. Das Grundhochwasser müsste nicht nur 77 BGH, Urteil vom 14.02.2001 - Az. VII ZR 176/99 - Rn. 19 - Juris. 78 Hertwig, NZBau 2003, 359, 364. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 008/15 Seite 19 als eine der Ursachen für Hochwasser erfasst sein, sondern selbst unter den Hochwasserbegriff subsumiert werden können. Will man die Hochwasservorsorge auf reine Grundhochwasserstände ausdehnen, muss man sich der Auswirkungen bewusst sein und klären, wer für die Grundhochwasserschäden einstehen soll. Es muss geklärt werden, inwieweit alle Akteure des Hochwasserschutzes, also die Gemeinden und Länder aber auch Jedermann i.S.d. § 5 Abs. 2 WHG, überhaupt dazu in der Lage sind, eine entsprechende Vorsorge zu leisten und möglicherweise für entstehende Schäden aufzukommen . Dabei ist zu berücksichtigen, dass Grundwasserhochstände – anders als Überflutungen aus oberirdischen Gewässern und Überflutungen in Küstengebieten – nicht ohne weiteres sichtbar, sondern im Boden verborgen sind und möglicherweise dadurch auch schwerer örtlich erkennbar und einzugrenzen sind. Fazit zum Fragenkomplex 3: Letztlich handelt es sich bei der Frage, ob § 5 Abs. 2 WHG auf Grundhochwasserstände ausgedehnt werden soll, um eine politische Frage, wie weit der Hochwasserschutz im WHG gehen soll. Diese Frage muss folglich vom Gesetzgeber selbst entschieden werden und kann daher nicht von den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages beantwortet werden.