© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 007/21 Rechtliche Einzelfragen zur Durchführung von Online-Theorieunterricht in Fahrschulen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/21 Seite 2 Rechtliche Einzelfragen zur Durchführung von Online-Theorieunterricht in Fahrschulen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 007/21 Abschluss der Arbeit: 28. Januar 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundlagen des Theorieunterrichts 4 3. Durchführung von Online-Unterricht 5 4. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/21 Seite 4 1. Einleitung Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie dürfen in Fahrschulen derzeit keine praktischen Fahrstunden mehr angeboten werden. Einzig der Online-Theorieunterricht wird aufgrund von Ausnahmegenehmigungen weiterhin gestattet.1 Der rechtliche Rahmen sowie der Hintergrund solcher Ausnahmegenehmigungen soll nachfolgend überblicksartig und exemplarisch dargestellt werden. 2. Grundlagen des Theorieunterrichts Die Qualität der Fahrausbildung ist von besonderer Bedeutung für die Verkehrssicherheit von Fahranfängern2 und ist daher umfassend reguliert. So setzt der Erhalt einer Fahrerlaubnis nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG)3 sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)4 insbesondere voraus, dass der Bewerber zum Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr geeignet ist. Diese Eignung hat der Bewerber in der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung unter Beweis zu stellen (vgl. §§ 16 und 17 FeV). Im Rahmen der theoretischen Prüfung muss er dabei gemäß § 16 Abs. 2 FeV insbesondere ausreichende Kenntnisse hinsichtlich der Gefahren des Straßenverkehrs und der Verkehrssicherheit nachweisen können . Fahrschüler sind nach §§ 18 Abs. 1 Nr. 6, 22 Nr. 5 und Nr. 6, 27 Abs. 2 Nr. 1 FahrlG sowie §§ 3 und 4 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (FahrlGDV)5 dazu verpflichtet, persönlich an den theoretischen Unterrichtsstunden teilzunehmen.6 Internetgestützte Online-Unter- 1 Vgl. etwa ZDF heute vom 11.Januar 2021, „Coronaregeln werden strenger“, abrufbar unter: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-regeln-shutdown-100.html (Stand dieser und aller nachfolgenden Links ist der 28. Januar 2021). 2 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über das Fahrlehrerwesen und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom23. Januar 2017, S. 1, abrufbar unter: https://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/109/1810937.pdf. 3 Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. November 2020 (BGBl. I S. 2575) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/BJNR004370909.html#BJNR004370909BJNG000101308. 4 Fahrerlaubnis-Verordnung vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2905) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/fev_2010/BJNR198000010.html#BJNR198000010BJNG000100000. 5 Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz vom 2. Januar 2018 (BGBl. I S. 2), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 2. Oktober 2019 (BGBl. I S. 1416) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/fahrlg_2018/BJNR216210017.html#BJNR216210017BJNG000100000. 6 Lütkes/Bachmeier/Müller/Rebler, Großkommentar zum Straßenverkehrsrecht, Lieferung 328, 1. März 2020, Kommentierung § 4 FahrschAusbO, Rn.9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/21 Seite 5 richtsformate, die keine Präsenz der Fahrerlaubnisbewerber in den Schulungsräumen der Fahrschule erfordern, sind hingegen grundsätzlich unzulässig.7 Dies wird insbesondere damit begründet , dass Fahrlehrer im Verlauf des Theorieunterrichts nur aufgrund des persönlichen Kontaktes mit den Fahrschülern die Möglichkeit erhalten, die Schwächen und die Eignung der Teilnehmer zu beurteilen und auf diese einzuwirken.8 Zudem soll die konstruktive Mitarbeit der Fahrschüler entsprechend § 3 Abs. 2 Satz 4 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (FahrschAusbO)9 durch Fragen und Diskussionen gefördert werden. Darüber hinaus wird vorausgesetzt, dass die Teilnehmer nach Anlage 2 zu § 3 Fahrlehrergesetz (FahrlG)10 dem Unterricht ohne Behinderung folgen können und die Inhalte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 FahrschAusbO anschaulich und verständlich vermittelt werden. Zudem müssen gemäß der §§ 4 Satz 1 und 2 FahrlGDV Lehrmittel zur Visualisierung des Lehrstoffes vorhanden sein und die hierfür verwendeten Bildschirme und Projektionsflächen eine ausreichende Größe aufweisen. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen unterliegt nach § 51 Abs. 3 Nr. 2 FahrlG der Überwachung durch die zuständige Behörde der einzelnen Bundesländer. 3. Durchführung von Online-Unterricht Von dem vorstehend beschriebenen grundsätzlichen Verbot der Durchführung theoretischer Unterrichtsstunden im Wege eines reinen Online-Unterrichts kann jedoch im Einzelfall abgewichen werden. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 54 Abs. 1 Satz 2 und 3 FahrlG. Danach können insbesondere Ausnahmen von den Anforderungen an die Unterrichtsräume und die Lehrmittel genehmigt werden, sofern Gründe der Verkehrssicherheit nicht entgegenstehen. Die Genehmigungserteilung steht danach im Ermessen der zuständigen Behörde, wobei nach der Rechtsprechung im Interesse der Qualitätssicherung der Ausbildung und der Verkehrssicherheit eine restriktive Handhabung geboten ist11. Länderspezifisch sind solche Ausnahmegenehmigungen daher in der Regel an die Einhaltung von Nebenbestimmungen geknüpft.12 So gilt die aktuell vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie in Sachsen erteilte Ausnahme etwa nur unter der Voraussetzung, 7 Ebenda. 8 Müller, Rechtliche Reformpotenziale in der praktischen Fahrschulausbildung, NZV 2013, S. 219, 221. 9 Fahrschüler-Ausbildungsordnung vom 19. Juni 2012 (BGBl. I S. 1318), die zuletzt durch Art. 3 VO über die Ausbildung und Prüfung auf Kraftfahrzeugen mit Automatikgetriebe und zur Änd. weiterer Vorschriften der Fahrerlaubnis -VO vom 16. November 2020 (BGBl. I S. 2704) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetzeim -internet.de/fahrschausbo_2012/index.html#BJNR131800012BJNE000100000. 10 Fahrlehrergesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2162, 3784), das zuletzt durch Artikel 42 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/fahrlg2018dv/BJNR000210018.html. 11 Vgl. etwa Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 8. Juli 2003, Az.: Au 3 K 03.345, juris, Rn. 15; Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 24. September 2007, Az.: 1 K 732/06, juris, Rn. 23. 12 Vgl. exemplarisch Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Allgemeinverfügung zur Durchführung der theoretischen Fahrschulausbildung als Online-Angebot anlässlich der Corona-Pandemie, abrufbar unter: https://www.coronavirus.sachsen.de/download/20201216_Allgemeinverfuegung_Online_Unterricht .pdf sowie Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V., Online-Theorieunterricht für Fahrschüler: Eine Beurteilung aus rechtlicher Sicht, abrufbar unter: https://www.flvbw.de/fahrschulpraxis/ausgaben-2020/mai- 2020/2020-05-266-online-theorieunterricht-fuer-fahrschueler-eine-beurteilung-aus-rechtlicher-sicht.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/21 Seite 6 dass der theoretische Fahrschulunterricht nur solange als Online-Angebot durchgeführt werden darf, solange die persönliche Anwesenheit des Fahrschülers coronabedingt nicht zulässig ist.13 Zudem dürfen am theoretischen Fahrschulunterricht etwa nur solche Fahrschüler teilnehmen, die mit der Fahrschule einen Ausbildungsvertrag über die theoretische und praktische Fahrschulausbildung geschlossen haben.14 Eine reine Fokussierung von Fahrschulen auf Online-Theorieunterricht wäre danach unzulässig. 4. Fazit Dem Kriterium der Verkehrssicherheit kommt im Kontext der Fahrausbildung eine zentrale Bedeutung zu, weswegen die Anforderungen an den Theorieunterricht hoch und im Detail reguliert sind. Die Einhaltung der strengen Voraussetzungen kann hinsichtlich der Durchführung von Online -Theoriestunden durch die Erteilung einer mit Auflagen versehenen Ausnahmegenehmigung erreicht werden. Weitere rechtliche Möglichkeiten zur Abhaltung von Online-Unterricht bestehen derzeit nicht. * * * 13 Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Allgemeinverfügung zur Durchführung der theoretischen Fahrschulausbildung als Online-Angebot anlässlich der Corona-Pandemie, Nebenbestimmung Nr. 1, abrufbar unter: https://www.coronavirus.sachsen.de/download/20201216_Allgemeinverfuegung_Online_Unterricht .pdf. 14 Ebenda, Nebenbestimmung Nr. 4.