© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 007/20 Ansprüche gegen Vermittlungsportale bei nicht durchgeführter Beförderungsleistung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/20 Seite 2 Ansprüche gegen Vermittlungsportale bei nicht durchgeführter Beförderungsleistung Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 007/20 Abschluss der Arbeit: 22.01.2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. „Vermittlungsvertrag“ 4 2.1. Schuldverhältnis 4 2.2. Pflichtverletzung 5 2.3. Zwischenergebnis 5 3. Rechtsverhältnis zwischen Verbraucher und Dienstleistungsanbieter 5 4. Quasivertragliche Haftung 6 5. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/20 Seite 4 1. Einleitung Bei der Vermittlung von Personenbeförderungsleistungen über Internetplattformen stellt sich die Frage, inwieweit im Falle einer Nichtdurchführung der Beförderung Ansprüche der Verbraucher gegen die Vermittlungsplattform bestehen. Hierbei sind grundsätzlich drei Rechtsbeziehungen voneinander zu unterscheiden: Das Verhältnis zwischen Verbraucher und Vermittlungsplattform, zwischen Verbraucher und Anbieter einer Beförderungsleistung sowie zwischen der Vermittlungsplattform und dem Anbieter einer Beförderungsleistung. Im Folgenden wird der Fall beleuchtet , dass ein Vertrag zur Beförderung von Personen ohne Hinzutreten weiterer anderer Arten von Reiseleistungen vermittelt werden soll. 2. „Vermittlungsvertrag“ Ein Anspruch des Verbrauchers gegen die Vermittlungsplattform bei Nichtvornahme einer Beförderungsleistung könnte sich aus einer Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 beziehungsweise §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ergeben. 2.1. Schuldverhältnis Dann müsste zunächst ein Schuldverhältnis bestehen. Als Schuldverhältnis kommt ein Vertrag in Betracht. Im Hinblick auf die Vermittlungstätigkeit auf einer Internetseite wird vertreten, dass ein Vertrag geschlossen werde, da die Portale teilweise „Entgelte oder Gebühren“ erheben und die Verbraucher bei der Benutzung der Internetseiten „eine Vielzahl von Daten zur Verfügung stellen“, welche auch „zur Schaltung von Werbung“ genutzt werden, die zur Finanzierung der Vermittlungsplattform beiträgt, sodass „eine Art Austauschverhältnis“ stattfinde.1 Außerdem wollten „Nutzer auch darauf vertrauen“, „dass im Rahmen“ der Ergebnisauflistung betreffend den Vergleich der Leistungen „Richtigkeit und Vollständigkeit gewährleistet sind“.2 Der Vertragsschluss erfolge konkludent durch den Start des Vergleichsvorgangs nach Eingabe der Reisemodalitäten und die Durchführung des Vergleichsvorgangs mit anschließender Zusammenstellung und Anzeige der Ergebnisse.3 Je nach Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen käme dann ein Maklervertrag gemäß §§ 652 ff. BGB, ein Auftrag nach §§ 662 ff. BGB oder eine Geschäftsbesorgung nach §§ 675 ff. BGB in Betracht.4 1 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, Eine juristische Bewertung der Vertragsverhältnisse, Marktwächter Digitale Welt (im Folgenden: „Problemfelder bei Vermittlungsplattformen“), S. 4 und 5, abrufbar unter https://www.marktwaechter.de/sites/default/files/downloads/vp_juristische_bewertung.pdf, letzter Abruf: 22.01.2020. 2 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 5. 3 Blaut/Hauck, Die (quasi-)vertragliche Haftung von Plattformbetreibern, NJW 2018, 1425, 1426, 1427. 4 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 6-8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/20 Seite 5 2.2. Pflichtverletzung Weiterhin müsste eine Pflichtverletzung der Vermittlerplattform vorliegen. Die Durchführung einer Beförderung stellt aber keine sich aus den eben genannten Verträgen ergebende Pflicht dar. Insoweit kann auch keine Pflichtverletzung des Vermittlungsportals gegeben sein. 2.3. Zwischenergebnis Ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers gegen die Vermittlungsplattform aus dem „Vermittlungsvertrag “ besteht bei nicht durchgeführter Beförderung nicht. 3. Rechtsverhältnis zwischen Verbraucher und Dienstleistungsanbieter Im Rahmen des Abschlusses eines Vertrags zur Beförderung von Personen wird die Vermittlungsplattform in der Regel nicht selbst Vertragspartei, sodass sich hieraus auch keine vertraglichen Ansprüche ergeben können. Nimmt man an, dass die Vermittlungsplattform als Bote tätig wird, da sie eine fremde Willenserklärung übermittelt5, so führte dies zu einem Vertragsschluss zwischen Verbraucher und Anbieter der Beförderungsleistung. Geht man davon aus, dass die Vermittlungsplattform eine eigene Willenserklärung abgibt, da sie „einen eigenen Entscheidungsspielraum hat und deutlichen Einfluss auf den Vertragsschluss zwischen Nutzer und Anbieter nimmt, etwa durch die Auswahl der Anbieter und die Gestaltung des Rankings“, läge in der Regel eine wirksame Stellvertretung gemäß §§ 164 ff. BGB vor, wonach ebenfalls der Anbieter der Beförderungsleistung Vertragspartner des Verbrauchers würde.6 Neben der eigenen Willenserklärung müsste hierfür eine Vollmacht vorliegen und „die Willenserklärung erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben“ werden.7 „Für die Beurteilung der Offenkundigkeit ist auf den gesamten Internetauftritt inklusive Buchungsvorgang und Buchungsbestätigung abzustellen.“8 Eine Offenkundigkeit kann wohl insbesondere meist dann angenommen werden, wenn in den wirksam einbezogenen AGB „auf die lediglich vermittelnde Tätigkeit der Plattform hingewiesen“ wird (was wohl bei den meisten Vermittlungsportalen der Fall sein soll).9 Lediglich für den wohl kaum praxisrelevanten Fall, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Vertragspartner der Anbieter und nicht die Vermittlungsplattform werden soll, kann die 5 Schäfer, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BGB, 52. Edition, Stand: 01.11.2019, § 164 Rn 11. 6 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 17 und 18. 7 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 17. 8 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 17. 9 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/20 Seite 6 Vermittlungsplattform selbst wegen § 164 Abs. 2 BGB „aus dem zu vermittelnden Vertrag verpflichtet werden“.10 4. Quasivertragliche Haftung Weiterhin kommt ein Anspruch gegen die Vermittlungsplattform aus quasivertraglicher Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB in Betracht. Allerdings ist zu beachten, dass § 241 Abs. 2 BGB lediglich eine Haftung für Nebenpflichten wie Schutzpflichten, Leistungstreue- und Mitwirkungspflichten sowie Aufklärungs- und Auskunftspflichten 11, nicht aber für Hauptpflichten12 vorsieht. Die Beförderungsleistung ist aber Hauptpflicht des Vertrages zwischen Verbraucher und dem Anbieter der Beförderungsleistung. Daher kann in dem Nichtzustandekommen einer Beförderungsleistung auch keine Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB durch die Vermittlungsplattform liegen. 5. Fazit Ansprüche von Verbrauchern gegen eine Vermittlungsplattform wegen Nichtzustandekommens einer Beförderungsleistung sind in aller Regel nicht gegeben. *** 10 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 18. 11 Sutschet, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar BGB, 52. Edition, Stand: 01.11.2019, § 241 Rn 42. 12 Problemfelder bei Vermittlungsplattformen, S. 19 und 20.