© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 007/17 Veröffentlichung von Presseartikeln im Internet ohne Genehmigung Urheberrechtliche Implikationen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/17 Seite 2 Veröffentlichung von Presseartikeln im Internet ohne Genehmigung Urheberrechtliche Implikationen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 007/17 Abschluss der Arbeit: 25. Januar 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundsatz: Presseartikel kein Gemeingut 4 3. Folge: Zustimmung des Rechteinhabers erforderlich 4 4. Ausnahme: Privilegierte Nutzungen 5 5. Folgen von Verstößen 6 6. Rechtskonforme Alternativen 7 7. Fazit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/17 Seite 4 1. Einleitung Personen, die selbst Gegenstand von Presseberichterstattung sind, sind nicht selten bestrebt, die jeweiligen Zeitungsartikel – etwa durch das Einstellen des Volltextes oder eines Scans der Originalveröffentlichung auf eine vorhandene eigene Homepage – der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, um auf die Berichterstattung über sich aufmerksam zu machen. Nachfolgend werden ausgewählte urheberrechtliche Implikationen dieser Fallkonstellation summarisch dargelegt. 2. Grundsatz: Presseartikel kein Gemeingut Vollständige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel unterliegen als Schriftwerke gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 1 UrhG1 urheberrechtlichem Schutz, und zwar auch dann, wenn es sich um schlicht gehaltene , vorwiegend der Vermittlung von Nachrichten dienende Artikel handelt2: „Auch nach der Rechtsprechung … stellen Zeitungs- und Zeitschriftenartikel regelmäßig eine persönliche geistige Schöpfung dar und zwar nicht nur dann, wenn es sich um feuilletonistische Beiträge, Kommentare, Glossen und dergleichen handelt, sondern auch, wenn es um die Beurteilung nachrichtlicher Texte geht.“3 Dass und warum dies insbesondere auch für Artikel gilt, die sich der nachrichtlichen Tatsachenberichterstattung widmen, führte das Kammergericht beispielhaft wie folgt aus: „Die vielfältigen Möglichkeiten, ein Thema darzustellen, die fast unerschöpfliche Vielzahl der Ausdrucksmöglichkeiten führen dazu, dass ein solcher Artikel nahezu unvermeidlich die Individualprägung seines Autors erhält. Dies gilt nicht nur für Artikel, in die die eigene Meinung des Autors einfließt, wie etwa Kommentare, sondern auch für die reine Berichterstattung . Auch dort wird die Darstellung regelmäßig durch die individuelle Gedankenformung und -führung des Verfassers geprägt sein. Aber selbst soweit das nicht der Fall ist, kann sich eine individuelle Prägung immer noch aus der besonders geistvollen Form der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs ergeben. Das wird insb. für die Tatsachenberichterstattung zu gelten haben. (…) Eine Grenze der Schutzfähigkeit ist erst dort zu ziehen, wo es sich um kurze Artikel rein tatsächlichen Inhalts handelt, etwa um kurze Meldungen oder Informationen. Hier wird es in der Regel so sein, dass die Darstellung im Bereich des Routinemäßigen bleibt.“4 3. Folge: Zustimmung des Rechteinhabers erforderlich Gemäß § 12 UrhG hat allein der Urheber das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. Der Urheber hat zudem gemäß § 15 Absatz 1 UrhG „das ausschließliche Recht, 1 Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3037) geändert worden ist. 2 Schippan, Der Schutz von kurzen Textwerken im digitalen Zeitalter, ZUM 2013, 358, 367. 3 Schippan, Der Schutz von kurzen Textwerken im digitalen Zeitalter, ZUM 2013, 358, 367 m.w.N. 4 Kammergericht, Urteil vom 30.04.2004 - 5 U 98/02, MMR 2004, 540. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/17 Seite 5 sein Werk in körperlicher Form zu verwerten.“ Dies umfasst gemäß § 15 Absatz 1 UrhG insbesondere das Vervielfältigungsrecht und das Verbreitungsrecht. Gemäß § 15 Absatz 2 UrhG hat der Urheber „ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe)“, was unter anderem das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG umfasst. Dieses „ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“ (§ 19a UrhG). Öffentlich ist die Wiedergabe gemäß § 15 Absatz 3 UrhG, „wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.“ Gemäß § 31 UrhG kann der Urheber auch einem anderen das Recht einräumen, „das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht)“. Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden. Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen mithin unautorisiert grundsätzlich nicht übernommen und öffentlich zugänglich gemacht werden, selbst, wenn sie zuvor bereits vom Autor oder einem von ihm hierzu Bevollmächtigten veröffentlicht wurden. 4. Ausnahme: Privilegierte Nutzungen Als Ausnahme von dem vorstehend beschriebenen Grundsatz gestattet das Urheberrechtsgesetz bestimmte Verwertungshandlungen auch ohne Zustimmung des Rechteinhabers – so genannte privilegierte Nutzungen –, wobei hierfür zum Teil eine angemessene Vergütung zu zahlen ist: – Öffentliche Verfahren: Gemäß § 45 UrhG ist es zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen oder herstellen zu lassen. – Pressespiegel: Gemäß § 49 UrhG sind – vergütungspflichtig – zulässig die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Artikel aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern in anderen Zeitungen und Informationsblättern dieser Art sowie die öffentliche Wiedergabe solcher Artikel, wenn sie politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen und nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen sind. – Zitate: Gemäß § 51 UrhG sind zulässig die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. – Privatkopie: Gemäß § 53 UrhG sind zulässig einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen. Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Keine dieser Privilegierungen greift allerdings, wenn, wie im eingangs beschriebenen Fall, eine Person einen kompletten Zeitungsartikel im Internet auf der eigenen Homepage zum Abruf einstellt . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/17 Seite 6 Insbesondere kann sich der Veröffentlichende in diesen Fällen nicht auf eine – zudem vergütungspflichtige – Privilegierung aus § 49 UrhG berufen, da die von einer unbeschränkten Öffentlichkeit abrufbare Homepage weder ein Informationsblatt noch eine Zeitung im Sinne dieser Vorschrift ist und zudem selbst in einem solchen Fall durch die allgemeine Zugänglichkeit nicht den höchstrichterlich festgestellten Anforderungen an eine öffentliche Wiedergabe in diesem Kontext genügt würde; denn ausweislich der durch den Gesetzgeber nachfolgend bestätigten5 Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt, dass ein durch § 49 UrhG privilegierter elektronischer Pressespiegel nur betriebs- oder behördenintern verbreitet werden darf.6 Auch das Zitatrecht gemäß § 51 UrhG greift vorliegend nicht. Die genaue Bestimmung der Grenzen des Zulässigen setzt zwar immer eine umfassende Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles, insbesondere also des Zitatzwecks, der Besonderheiten sowie des Umfangs des zitierten und des zitierenden Werkes sowie der Art der Zugänglichmachung voraus.7 Es gilt jedoch der Grundsatz, dass die Nutzung des zitierten Werkes selbst durch das Zitat nicht ersetzt werden darf8 und dass das zitierte Werk lediglich ein untergeordneter Teil des selbst geschaffenen aufnehmenden Werks sein darf: „Das zitierte Werk muss zur Erläuterung des Inhalts des aufnehmenden – nicht des zitierten – Werkes aufgenommen worden sein und darf nicht im Rahmen des aufnehmenden Werkes für sich selbst sprechen oder gar die Hauptsache des aufnehmenden Werks darstellen. Im Übrigen ergibt sich der Zweck des Zitats aus dessen Wesen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke bzw. Werkteile hinzugefügt sind.“9 Bei einer 1:1-Veröffentlichung eines Presseartikels auf der eigenen Homepage in Gestalt einer eigenständig abrufbaren Datei sind diese Voraussetzungen erkennbar nicht erfüllt. 5. Folgen von Verstößen Wer das Urheberrecht eines anderen widerrechtlich verletzt, kann gemäß § 97 UrhG von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zudem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Wer – wie in der vorliegenden Fallkonstellation – in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird zudem gemäß § 106 UrhG mit 5 Vgl. Lüft, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 49 Rn. 16. 6 Lüft, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 49 Rn. 15. 7 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Auflage 2015, § 51 Rn. 5. 8 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Auflage 2015, § 51 Rn. 5. 9 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Auflage 2015, § 51 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 007/17 Seite 7 Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft; bei gewerbsmäßiger Begehung ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (§ 108a UrhG). 6. Rechtskonforme Alternativen Um die vorstehend genannten erheblichen zivil- und strafrechtlichen Risiken zu vermeiden, bestehen unterschiedliche Möglichkeiten: – In erster Linie bietet es sich an, für den Fall, dass man beabsichtigt, einen bestimmten Presseartikel im Volltext auf die eigene Homepage einzustellen, den oder die Rechteinhaber vorab um die Zustimmung zur Nutzung zu ersuchen und in diesem Rahmen deren Konditionen festzulegen. – Weiterhin besteht in dem häufigen Fall, dass der besagte Artikel durch den Autor selbst und/oder den veröffentlichenden Verlag im Internet bereit gehalten wird, die Möglichkeit, auf der eigenen Homepage – lediglich – einen einfachen Hyperlink auf diese durch die Berechtigten erfolgte Veröffentlichung zu setzen.10 7. Fazit Von Dritten verfasste Zeitungsartikel im Volltext auf die eigene Homepage einzustellen verletzt regelmäßig fremde Urheber- bzw. Nutzungsrechte. Der Veröffentlichende setzt sich in einem solchen Fall beträchtlichen zivilrechtlichen und auch strafrechtlichen Risiken aus. Diese können vermieden werden, indem vor Veröffentlichung eine Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber eingeholt wird oder aber statt einer Speicherung und Veröffentlichung des Artikels auf der eigenen Homepage dort lediglich eine Verlinkung einer bestehenden legalen Veröffentlichung vorgenommen wird. * * * 10 Vgl. Hendel, Die urheberrechtliche Relevanz von Hyperlinks – Embedded Content nach deutschem und europäischem Recht, ZUM 2014, 102; Jani, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 87f Rn. 12.