Deutscher Bundestag Gemeinnützigkeit der Wohnungswirtschaft Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 006/13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 2 Gemeinnützigkeit der Wohnungswirtschaft Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 006/13 Abschluss der Arbeit: 23. Januar 2013 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundlage des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts 4 3. Funktion des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes 4 4. Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetze 6 4.1. Begründung der Aufhebung 6 4.2. Mehrheiten 8 5. Wiedereinführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes 8 6. Wohnungsgemeinnützigkeit in der DDR 10 7. Literatur zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 4 1. Einleitung Dieser Sachstand beschäftigt sich mit der Wohnungsgemeinnützigkeit. Es wird im Folgenden auf die gesetzlichen Grundlagen der Wohnungsgemeinnützigkeit eingegangen , sowie anschließend auf die Auswirkungen, die sich aus der Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Wohnungsunternehmens ergeben. Danach werden die Gründe für die Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes erläutert und abschließend auf die Frage eingegangen, ob man das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz wieder einführen sollte. 2. Grundlage des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts Die ersten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen gründeten sich bereits 1847. In den einzelnen deutschen Staaten wurden die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen unterschiedlich steuerlich behandelt. Um diese unterschiedliche Behandlung zu vereinheitlichen, wurden 1930 die ersten gesetzlichen Regelungen für das gesamte Deutsche Reich erlassen.1 Die ersten Normen, welche die Anerkennung, die Wirkung dieser Anerkennung, die Entziehung der Gemeinnützigkeit, die Prüfung usw. regelten, waren die folgenden Normen: Gemeinnützigkeit von Wohnungsunternehmen – Gemeinnützigkeitsverordnung (RGBl. I S. 593) als Teil der Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 01. Dezember 1930 Gesetz zur Sicherung der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 484) Gesetz über Beaufsichtigung und Anerkennung gemeinnütziger Wohnungsunternehmen vom 26. März 1934 (RGBl. I S. 246). 1940 wurden die oben genannten Verordnungen und Gesetze im Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen – Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – (WGG) vom 29. Februar 1940 (RGBl. I S. 437) zusammengefasst. Dieses Gesetz wurde ergänzt durch die Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGGDV) vom 23. Juli 1940 (RGBl. I 1012), die Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes im Saarland (WGGDV Saar) vom 17. Februar 1970 (Saar ABl. 1970/7 S. 126) sowie den Ausführungsbestimmungen der einzelnen Bundesländer.2 3. Funktion des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Zu den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen gehörten kommunale Wohnungsunternehmen, deren Tätigkeit darauf ausgerichtet war, breite Schichten der Bevölkerung mit Wohnungen zu versorgen bzw. Genossenschaften, die indirekt deswegen gesellschaftsnützlich waren, weil ihre Geschäftsaktivitäten prinzipiell auf die Erbringung wohnungswirtschaftlicher Leistungen für 1 Jenkis, in: Helmut Jenkis, Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Hamburg 1988, Einf. S. XXII. 2 Eine Auflistung der Ländererlasse befindet sich in Jenkis (Fn. 1), S. XV-XVI. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 5 breite Bevölkerungskreise bzw. mittlere und niedrigere Einkommensschichten ausgerichtet war. Bei den Unternehmensformen war der erwerbswirtschaftliche Gewinn nicht Zweck der Geschäftstätigkeit , sondern Mittel zum Zweck, um über die Selbstfinanzierung Investitionen durchführen zu können.3 Gemeinnützige Wohnungsunternehmen mussten als solche anerkannt werden. Diese Anerkennung zog für das Unternehmen sowohl Verpflichtungen als auch besondere Rechte nach sich. Mit dem Zeitpunkt der Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen war dieses verpflichtet, sich innerhalb der vom WGG und WGGDV gesetzten Grenzen der Geschäftstätigkeit zu halten. Bei einem Verstoß drohte gemäß § 10 WGGDV die Entziehung der Anerkennung.4 Die Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen zog die folgenden Bindungen nach sich: 5 Gewinnverzicht: Dividendenbeschränkung auf 4% um eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter zu unterbinden, Preisbindung (Kostendeckungsprinzip des § 7 Abs. 2 WGG) Abstellung auf Bedürftige: Tätigkeit ist auf Kleinwohnungen (max. 120 qm) beschränkt Bauverpflichtung: Verpflichtung im Sinne einer volkswirtschaftlichen Bedarfsdeckungswirtschaft Wohnungen zu erstellen Zweckbindung der Mittel: notwendige Ergänzung der Dividendenbegrenzung im Falle der Liquidation eines gemeinnützigen Wohnungsunternehmens. Gemäß § 26 Abs. 2 WGG umfasste die Wirtschaftsprüfung des gemeinnützigen Wohnungsunternehmens nicht nur den Jahresabschluss, sondern auch die Einhaltung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften. Das gemeinnützige Wohnungsunternehmen hatte die Wirtschaftsprüfung durch einen regionalen Prüfverband durchführen zu lassen. Neben den regionalen Prüfverbänden hatte die jeweilige Anerkennungsbehörde ein eigenes und jederzeitiges Prüfungsrecht.6 Die Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen zog jedoch auch einige Privilegierungen nach sich. Zu nennen sind hierbei unter anderem:7 Steuerbegünstigungen und Steuerbefreiungen, wie beispielsweise von der Körperschaftssteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 10, 11 Körperschaftssteuergesetz a.F.8), Vermögenssteuer (§ 3 Abs. 1 3 Definition von http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/gemeinnuetzige-wohnungsunternehmen.html [Stand: 17.01.2013]. 4 Preissler, in: Helmut Jenkis, Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Hamburg 1988, § 1 Rn. 22. 5 Helmut Jenkis, Gemeinnützige Wohnungsunternehmen – privilegierte Unternehmen?, Hannover 1973, S. 28, 29, 49-51. 6 Preissler (Fn. 4), § 1 Rn. 25, 26. 7 Jenkis (Fn. 5), S. 27; Preissler (Fn. 4), § 1 Rn. 31-39. 8 Körperschaftsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Februar 1984 (BGBl. I S. 217). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 6 Nr. 13, 14 Vermögenssteuergesetz a.F.9), Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 15, 16 Gewerbesteuergesetz a.F.10) und Gesellschaftssteuer (§ 7 Abs. 1 Kapitalverkehrssteuergesetz a.F.11); Durch die Befreiung der anerkannten gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsunternehmen und der Unternehmen, die als Organe der staatlichen Wohnungspolitik von der Körperschaftssteuer , Gewerbesteuer und Vermögensteuer sollte die Investitionstätigkeit dieser Unternehmen gestärkt und ein Anreiz geschaffen werden, preiswerten Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.12 Zinsgünstige oder zinslose Kapitaldarlehen Befristete Zins- oder Aufwendungszuschüsse Gebührenbefreiungen und Ermäßigungen für beispielsweise notarielle Handlungen (§ 2 des Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau vom 30. Mai 1953 (BGBl. I S. 273)) Gewerberechtliche Erlaubnis zum Abschluss von Grundstückskaufverträgen, Mietverträgen und Bautätigkeit war gemäß § 34 c Gewerbeordnung a.F.13 nicht erforderlich. 4. Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetze Aufgehoben wurde das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz durch das Steuerreformgesetz 199014. 4.1. Begründung der Aufhebung Das Steuerreformgesetz 1990 hatte das Ziel, Tarifsenkungen zur Entlastung der Steuerzahler Hand in Hand mit einem Abbau der steuerlichen Sonderregelungen durchzuführen. Zudem wurden ergänzende Maßnahmen zu einer gleichmäßigeren Besteuerung eingeführt, um die Wettbewerbsvorteile gegenüber den nicht steuerbefreiten Wohnungsunternehmen zu beseitigen.15 Die Gesetzesbegründung zur Abschaffung der Steuervorteile für gemeinnützige Wohnungsunternehmen stützt sich auf ein Gutachten einer Unabhängigen Sachverständigenkommission aus dem Jahre 1985.16 In dem „Gutachten zur Prüfung der steuerlichen Regelungen für gemeinnützige 9 Vermögensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1985 (BGBl. I S. 558). 10 Gewerbesteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1984 (BGBl. I S. 657). 11 Kapitalverkehrssteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. November 1972 (BGBl. I S. 2129). 12 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP vom 19. April 1988, Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1990, BT-Drs. 11/2157, S. 169. 13 Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 01. Januar 1978 (BGBl. I S. 97). 14 Steuerreformgesetz 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 1988 (BGBl. I S. 1093). 15 BT-Drs. 11/2157 (Fn. 8), S. 116, 121, 122. 16 BT-Drs. 11/2157 (Fn. 8), S. 122. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 7 Wohnungs- und Siedlungsunternehmen“ heißt es als Begründung für den Vorschlag der Abschaffung der Steuervorteile:17 „4. […] Zweck der Steuerbefreiungen der GWU ist es, den Bau gesunder und preiswerter Wohnungen für „breite Schichten der Bevölkerung“ zu fördern. […] 5. Jedoch sind die Steuerbefreiungen der GWU zur Erreichung des erstrebten Zwecks nicht mehr erforderlich: Der Zweck der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft wird heute auf der Grundlage anderer Gesetze erfüllt. Der Sicherung speziell des Baus gesunder Wohnungen dienen heute das Raumordnungsgesetz, das Bundesbaugesetz, die Baunutzungsverordnung, das Städtebauförderungsgesetz und die Landesbauordnungen. Durch diese Gesetze hat sich die baurechtliche Situation gegenüber der des vorigen Jahrhunderts grundlegend geändert. Der Bau preiswerter Wohnungen wird auch durch das II. Wohnungsbaugesetz gefördert, und zwar durch den Einsatz öffentlicher Mittel, Übernahme von Bürgschaften, Maßnahmen zur Baukostensenkung und Grundsteuervergünstigungen. Hinzu kommen die in den Steuergesetzen vorgesehen Abschreibungsvergünstigungen, der erweiterte Schuldzinsenabbau nach § 21 a Einkommensteuergesetz a.F.18 und die Begünstigung des Bausparens. Außerdem bestehen Mietpreislimitierungen ; bei Bedürftigkeit wird darüber hinaus Wohngeld oder Sozialhilfe gewährt. 6. Selbst wenn man die Steuerbefreiungen der GWU für erforderlich halten wollte, so eignen sie sich doch nicht zur Erreichung des angestrebten Gemeinwohlzwecks. Der förderungswürdige Personenkreis ist nur dadurch begrenzt, daß keine Luxuswohnungen gebaut werden dürfen. Der Kreis der Destinatäre ist damit fast unbegrenzt. Damit geht das WGG über die Förderung von Bedürftigen Einkommensschwachen, folglich über das sozialpolitisch Vertretbare erheblich hinaus. […] 7. Da die Steuerbefreiungen der GWU zur Zweckerreichung weder erforderlich noch geeignet sind, sind sie in ihrer Wirkung gegenüber den steuerpflichtigen Wohnungsanbietern ein unverhältnismäßiges Mittel. Eine nicht erforderliche, nicht geeignete Subventionierung von Konkurrenten führt zu einer rechtswidrigen Belastung der nichtbegünstigten Wettbewerber. […] 8. Die ungerechtfertigten Steuerbefreiungen der GWU verletzen auch Grundrechte. Die durch Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG)19 gewährleistete unternehmerische Handlungsfreiheit wird verletzt , wenn der Staat durch ungerechtfertigte Vergünstigungen ungleiche Wettbewerbsbedingungen und -chancen schafft. Zugleich wird dadurch die Freiheit der Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG tangiert. Da die Steuerbefreiungen der GWU nicht gerechtfertigt sind, verletzt die ungleiche Belastung der GWU einerseits und der steuerpflichtigen Wohnungsanbieter andererseits auch den Gleichheitssatz.“ 17 Bundeministerium der Finanzen, Gutachten der Unabhängigen Kommission zur Prüfung der steuerlichen Regelungen für gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsunternehmen, Bonn 1985, S. 143-146. 18 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1987 (BGBl. I S. 657). 19 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 Änderungsgesetz vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 8 Nicht ausdrücklich in der Gesetzesbegründung und dem Gutachten wird der Skandal um das gemeinnützige Wohnungsunternehmen Neue Heimat genannt, wird jedoch von Jenkis als weiterer Aufhebungsgrund erwähnt. 20 Die Neue Heimat war der damals größte gemeinnützige wohnungswirtschaftliche Konzern. In die Kritik geriet dieses Unternehmen, weil sich die Vorstandsmitglieder an privaten Gesellschaften beteiligten, die für die Neue Heimat Dienstleistungen erbracht hatten. Zudem wurden die personelle Verquickung zwischen Neue Heimat und den Gewerkschaften kritisiert sowie ein Überschreiten der Bestimmungen des WGG durch die Neue Heimat. 4.2. Mehrheiten Das Steuerreformgesetz 1990, welches die Aufhebung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft beinhaltete, wurde am 23. Juni 1988 angenommen. Es stimmten 465 Abgeordnete und 20 Berliner Abgeordnete ab, von denen 256 Abgeordnete und 11 Berliner Abgeordnete zugestimmt haben und 209 Abgeordnete und 9 Berliner Abgeordnete das Gesetz abgelehnt haben. Die CDU/CSU sowie die FDP stimmten dem Gesetz zu, die SPD, DIE GRÜNEN sowie der fraktionslose Abgeordnete Wüppesahl lehnten das Gesetz ab.21 5. Wiedereinführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Ziel des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes war die Schaffung von preiswertem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung. Das derzeitige Recht kennt bereits Beschränkungen der Miethöhe, wobei zwischen dem preisfreien und dem preisgebundenen Wohnungsbau zu differenzieren ist. Um preisfreien Wohnungsbau handelt es sich, wenn der Wohnraum nicht mit öffentlichen Mitteln oder Wohnungsfürsorgemitteln für Angehörige des öffentlichen Dienstes gefördert worden ist oder steuerbegünstigt i.S.d. § 16 Neubaumietenverordnung 197022 ist.23 Zwar gibt es im preisfreien Wohnungsbau grundsätzlich keine Beschränkungen der Miethöhe, jedoch gibt es Mieterschutzvorschriften die unangemessen hohe Mieten sanktionieren. Beim freifinanzierten Wohnungsbau sind hierbei die Mietpreisüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz24 und der Mietwucher nach § 302 Strafgesetz- 20 Helmut Jenkis, Die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit – Gründe, Erwartungen, Ergebnisse, Der Langfristige Kredit 2000, S. 699. 21 Stenographischer Bericht des Deutschen Bundestages der 87. Sitzung am 23. Juni 1988, Plenarprotokoll 11/87, S. 5941-5943. 22 Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen (Neubaumietenverordnung 1970 - NMV 1970) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990 (BGBl. I S. 2203), zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änd. anderer Verordnungen vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346). 23 Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, 1. Auflage 2009, 2. Teil Kapitel 4 B. I. Rn. 3. 24 Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1975 (BGBl. I S. 1313), zuletzt geändert durch Art. 55 Bundesrecht- Bereinigungsgesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 9 buch25 zu nennen. Im preisgebundenen Wohnraum gibt es demgegenüber die Entgeltüberhöhung nach § 26 Wohnungsbindungsgesetz26 und den Mietwucher nach § 291 Strafgesetzbuch. Eine Besonderheit der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen lag darin, dass sie auch für den nicht preisgebundenen Wohnraum nur die sogenannte gemeinnützigkeitsrechtliche Kostenmiete berechnen durften.27 Die Wiedereinführung einer solchen Miethöhen-Regelung muss mit dem Verfassungsrecht vereinbar sein. Eine Mietobergrenzen-Regelung ist geeignet, Inhalt und Schranken des Grundeigentums zu bestimmen und an Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen und stellt ihm dabei die Aufgabe, das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus der verbindlichen Aussage des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben. Die verfassungsrechtliche Forderung einer am Gemeinwohl ausgerichteten Nutzung des Privateigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) gilt namentlich für Eigentumsobjekte, die in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion stehen. Es ist hiernach Aufgabe des Gesetzgebers, in zwingenden mietrechtlichen Vorschriften die Belange des Vermieters und des Mieters in gleicher Weise zu berücksichtigen und sich jeder einseitigen Bevorzugung oder Benachteiligung zu enthalten. Grundsätzlich stellen gesetzgeberische Maßnahmen zur Wohnungsbewirtschaftung auch in einer Marktwirtschaft seit jeher eine verfassungsrechtlich verankerte, zulässige Inhaltsbestimmung des sozialpflichtigen Eigentums dar. Ob jedoch eine solche Miethöhenregelung heute notwendig ist, liegt im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers. Für eine Neuregelung bzw. Wiedereinführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts spricht, dass der zum Skandal um die Neue Heimat eingesetzte Untersuchungsausschuss sich mit der Frage beschäftigt hat, ob das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz noch angemessen ist. Hierbei hat sich der Untersuchungsausschuss ausdrücklich für eine Reform des WGG ausgesprochen und vor einer Aufhebung abgeraten. Er führt dazu aus:28 „Verstöße der NH-Unternehmungen gegen Buchstaben und Geist des WGG und der Novellierungsbedarf des WGG wegen dessen mangelnder Stringenz und wegen einzelner unzeitgemäßer Vorschriften im WGG standen im Mittelpunkt einiger Anhörungen und vielerlei Recherchen des UA. Dabei hat sich die Wohnungsgemeinnützigkeit als bewährtes und schützenswertes Prinzip 25 Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425). 26 Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz - WoBindG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2404), zuletzt geändert durch Art. 2 Drittes Gesetz zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 9. November 2012 (BGBl. I S. 2291). 27 Bundeministerium der Finanzen [Fn. 17), S. 47. 28 Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses NEUE HEIMAT" nach Artikel 44 des Grundgesetzes zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP — Drucksache 10/5575 — Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vom 07. Januar 1987, BT-Drs. 10/6779, S. 284. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 10 erwiesen, das auch in Zukunft im Interesse der Wohnungssuchenden und der Wohnungspolitik insbesondere in den Bedarfschwerpunkten unverzichtbar ist. Die Idee der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen muß gestärkt werden; die Mißstände bei der NH dürfen nicht Vorwand sein für eine Diskreditierung der NH im allgemeinen und der zahlreichen gemeinnützigen Wohnungsunternehmen , die korrekt gearbeitet haben. Alle Überlegungen und konkreten Empfehlungen des UA NH zu Änderungen des WGG verstehen sich vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Aussage des UA: Die Wohnungsgemeinnützigkeit muß erhalten bleiben, sie muß gestärkt werden .“ 6. Wohnungsgemeinnützigkeit in der DDR In der ehemaligen DDR gab es verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften, die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft (AWG), die gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften (GWG) sowie die volkseigenen Wohnungswirtschaftsbetriebe. Im Gegensatz zu dem Genossenschaftswesen in Westdeutschland, waren in der ehemaligen DDR gemäß § 21 der Verordnung über die Umbildung gemeinnütziger und sonstiger Wohnungsbaugenossenschaften (Gesetzblatt der DDR I Nr. 24 vom 28. März 1957, S. 200 ff.) die Bestimmungen des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 810) sowie das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (RGBl. S. 437) nicht auf die umgewandelten Genossenschaften anwendbar. Erst die Verordnung zur Einführung des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Gesetzblatt der DDR I Nr. 53 vom 22. August 1990, S. 1072 ff.) erklärte die Arbeiterwohnungsgenossenschaften (AWG) und die umgebildeten gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften ausdrücklich als Genossenschaften in des Genossenschaftsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. 7. Literatur zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz Es haben sich folgende Autoren mit der Gemeinnützigkeit der Wohnungswirtschaft beschäftigt: Helmut Jenkis, Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Hamburg 1988. Helmut Jenkis, Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zwischen Markt und Sozialbindung – Aufsätze und Abhandlungen, 1985. Helmut Jenkis, in: Lothar Neumann (Hrsg.), Wohnungsmarkt in der Krise?, Die Wiedereinführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Eine realistische Perspektive?, Köln 1994. Helmut Jenkis, Kompendium der Wohnungswirtschaft, 4. Auflage 2001. Johann Eekhoff, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Die Bestände der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft als soziales Regulativ auf dem Wohnungsmarkt, Hamburg 1986. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 006/13 Seite 11 Claus-Peter Echter/Hasso Brühl, Kommunale Belegungspolitik : zur Zusammenarbeit zwischen Kommunen und gemeinnützigen Wohnungsunternehmen bei der Belegung von Sozialwohnungen , Berlin 1984.