© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 005/18 Einsatz ausländischer Verdeckter Ermittler Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 2 Einsatz ausländischer Verdeckter Ermittler Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 005/18 Abschluss der Arbeit: 10. Januar 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Verdeckte Ermittler in Polizei- und Strafprozessrecht 4 3. Ausländische Polizeibeamte 6 3.1. Europa- und völkerrechtliche Grundlagen 6 3.2. Rechtsgrundlage für den Einsatz verdeckt ermittelnder ausländischer Polizeibeamte 6 3.3. Unterschiede zwischen Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen 7 3.3.1. Voraussetzungen des Einsatzes 7 3.3.1.1. Verdeckte Ermittler 7 3.3.1.2. Vertrauenspersonen 8 3.3.2. Einsatzbefugnisse und -grenzen 8 3.3.2.1. Verdeckte Ermittler 8 3.3.2.2. Vertrauenspersonen 9 3.4. Ausländische Ermittlungsverfahren auf deutschem Hoheitsgebiet 10 4. Rechtsfolgen eines rechtswidrigen Einsatzes 11 5. Fazit 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 4 1. Einleitung Im vergangenen Jahr wurden im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg auch Polizisten aus den Niederlanden, Dänemark und aus Österreich eingesetzt.1 Schon zuvor gab es Berichte über den Einsatz von ausländischen Polizeibeamten, die in Deutschland verdeckt ermittelten. Unter ihnen auch der britische Polizist Mark Kennedy, der unter dem Pseudonym Mark Stone mehrere Jahre lang in verschiedenen Ländern linke Gruppen unterwanderte, milieutypische Straftaten beging oder andere dazu anstiftete und sog. taktische Liebesbeziehungen einging.2 Dieses Vorgehen hat seine Grundlage in einem seit mehreren Jahren zwischen zahlreichen europäischen Staaten praktizierten Austausch von verdeckten Ermittlern und führte auch im Bundestag zu Diskussionen.3 Der Beitrag soll diese Form der zwischenstaatlichen Verbrechensbekämpfung näher beleuchten und rechtlich einordnen. Zunächst werden die Grundlagen für den Einsatz Verdeckter Ermittler im strafprozessualen Ermittlungsverfahren aufgezeigt, wobei der Unterschied zum Einsatz sog. Vertrauenspersonen erörtert wird (2.). Sodann werden die völkerrechtlichen sowie die nationalen Grundlagen für den Einsatz verdeckt ermittelnder ausländischer Polizeibeamte in Deutschland dargestellt (3.1 und 3.2). Dabei wird auch auf die unterschiedlichen Rechte und Pflichten deutscher sowie ausländischer verdeckter Ermittler eingegangen (3.3). Ebenso wird geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen Polizisten eines anderen Staates im Rahmen eines ausländischen Ermittlungsverfahrens auf deutschem Boden tätig werden können (3.4). Anschließend werden die Rechtsfolgen des rechtwidrigen Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen dargestellt (4.). 2. Verdeckte Ermittler in Polizei- und Strafprozessrecht Zunächst ist festzustellen, dass sowohl das auf die Gefahrenabwehr gerichtete Polizeirecht, als auch das Strafprozessrecht, welches repressiven Charakter hat, die Figur des Verdeckten Ermittlers kennen. Verdeckte Ermittler sind nach der Legaldefinition des § 110a Abs. 2 StPO Beamte des Polizeidienstes, die unter einer ihnen verliehenen auf Dauer angelegten veränderten Identität (Legende) ermitteln. Im Bereich der Gefahrenabwehr richtet sich die Zulässigkeit des Einsatzes 1 Ulrich, Festung Hamburg – Vorbereitung auf G20-Gipfel, Spiegel-Online, 19.06.2017, abrufbar unter http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/g20-gipfel-in-hamburg-so-ruestet-sich-die-polizei-a- 1152892.html, zuletzt abgerufen am 10.01.2018. 2 Reinbold/Rosenbach, Spiegel-Online, 11.05.2016, Das Geheimnis des britischen Liebesspitzels – Undercover- Einsätze in Deutschland, abrufbar unter http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mark-kennedy-bundesregierung -verlangt-aufklaerung-ueber-britische-spitzel-a-1096477.html, zuletzt abgerufen am 10.01.18; Hattenstone, The Guardian, 26.03.2011, Mark Kennedy: Confessions of an undercover cop, abrufbar unter https://www.theguardian .com/environment/2011/mar/26/mark-kennedy-undercover-cop-environmental-activist, zuletzt abgerufen am 10.01.2018; Hill/Harding, The Guardian, 26.01.2011, Mark Kennedy infiltrated German anti-fascists, Bundestag told, abrufbar unter https://www.theguardian.com/environment/2011/jan/26/mark-kennedy-germanbundestag , zuletzt abgerufen am 10.01.2018. 3 BT-Drs. 17/4333 v. 22.12.2010; BT-Drs. 17/5370 v. 06.04.2011; BT-Drs. 17/5736 v. 06.05.2011. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 5 eines Verdeckten Ermittlers nach den Polizeigesetzen der Länder (z.B. § 24 PolG BW). Gleichwohl definiert etwa § 20 PolG NRW den Begriff des Verdeckten Ermittlers ähnlich wie es sich aus der StPO ergibt. Davon zu unterscheiden sind Vertrauenspersonen, die ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören , bereit sind, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen und deren Identität grundsätzlich geheim gehalten wird.4 Aus dem Umstand, dass sich der Gesetzgeber nur zur Normierung des Einsatzes Verdeckter Ermittler entschlossen hat, kann und darf aber nicht geschlossen werden, dass die Heranziehung von Vertrauenspersonen unzulässig sei.5 Der Einsatz von Vertrauenspersonen kann nicht auf § 110a StPO gestützt werden, da sie keiner Strafverfolgungsbehörde angehören.6 Rechtsgrundlage für den Einsatz von Vertrauenspersonen ist vielmehr die Ermittlungsgeneralklausel aus §§ 161, 163 StPO. Weitere Verfahrensregelungen finden sich in der StPO nicht.7 Den Staat trifft gegenüber Vertrauenspersonen keine besondere Fürsorgepflicht, weil sie die Polizei als Privatperson unterstützen und dabei nicht gegen Amtspflichten verstoßen können. Daher wurde für ihren Einsatz eine spezialgesetzliche Vorschrift nicht für notwendig erachtet, während der Einsatz von Verdeckten Ermittlern zum Widerspruch mit Täuschungsverboten und Belehrungspflichten führen kann und deshalb hier eine spezielle Vorschrift für erforderlich gehalten wurde.8 Für das Polizeirecht findet sich eine den Einsatz von Vertrauenspersonen betreffende Norm etwa in § 36 Abs. 1 S. 1 NdsSOG, wonach die Polizei personenbezogene Daten durch die Verwendung von Personen erheben kann, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen). Wo eine solche Vorschrift fehlt, wird der Einsatz von Vertrauenspersonen zur Befragung auf die Datenerhebungsgeneralklausel gestützt.9 4 Günther, in: MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110a, Rn. 25. 5 BT-Drs. 12/989, S. 41 6 Vgl. BGH, Urt. v. 22.02.1995 – 3 StR 553/95 – NJW 1995, 2236. 7 Günther, in: MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110a, Rn. 27. 8 BGH, Urt. v. 22.02.1995 – 3 StR 552/95- NJW 1995, 2236 unter Verweis auf BT-Drs. 12/1989, S. 41; Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 185. 9 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 185; Honnacker/Bartel, Drittes Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes, BayVBl. 1991,10, 12; kritisch: Koch, Datenerhebung und -verarbeitung in den Polizeigesetzen der Länder, 1999, S. 133; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 6. Auflage 2010, § 14, Rn. 108. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 6 Sowohl der Einsatz Verdeckter Ermittler als auch der Einsatz von Vertrauenspersonen entstammt dem Strafprozessrecht und fand von dort den Weg in den präventiv-polizeirechtlichen Bereich, so dass im Folgenden die Darstellung auf die strafprozessuale Ebene beschränkt werden kann.10 3. Ausländische Polizeibeamte 3.1. Europa- und völkerrechtliche Grundlagen Der grenzüberschreitende Einsatz mit einer neuen Identität ausgestatteter ausländischer Beamten in Deutschland ist insbesondere dann sinnvoll, wenn gegen länderübergreifend agierende Gruppen ermittelt wird oder besondere Sprachkenntnisse erforderlich sind.11 Europarechtliche Grundlage ihres Einsatzes ist Art. 14 Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EUReHi Übk).12 Danach können der ersuchende und der ersuchte Mitgliedstaat vereinbaren, „einander bei strafrechtlichen Ermittlungen durch verdeckt oder unter falscher Identität handelnde Beamte zu unterstützen (verdeckte Ermittlungen).“ Bilaterale Vereinbarungen i.S.v. Art. 14. Abs. 1 EU- ReHiÜbk wurden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden, Österreich, Polen und der Tschechischen Republik geschlossen. Außerdem ist der verdeckte Einsatz ausländischer Polizeibeamter in Abkommen mit den USA und der Schweiz geregelt. Schließlich wurden Vereinbarungen über eine zeitlich begrenzte verdeckte Ermittlungstätigkeit aus konkretem Anlass getroffen. Eine solche lag den Tätigkeiten Mark Kennedys zugrunde.13 3.2. Rechtsgrundlage für den Einsatz verdeckt ermittelnder ausländischer Polizeibeamte Rechtsgrundlage für den Einsatz verdeckt ermittelnder ausländischer Polizeibeamten sind nicht die §§ 110a ff. StPO. Zwar spricht § 110a Abs. 2 StPO nur von einem „Beamten des Polizeidienstes “, so dass eine Beschränkung auf Beamte des deutschen Polizeidienstes nicht zwingend erscheint . Allerdings ergibt sich dies in historisch-genetischer Auslegung aus der Gesetzesbegründung : Danach müssen Polizeibeamte, die als Verdeckte Ermittler tätig werden sollen „im Beamtenverhältnis stehen“. Eine Beamtenstellung i.S.d. §§ 3, 33 ff. BeamtStG hielt der Gesetzgeber bei Verdeckten Ermittlern für erforderlich, weil nur die Bindung der Beamten an Recht und Gesetz und ihre Gehorsamspflicht die erforderliche straffe Führung sowie eine wirksame Dienstaufsicht gewährleisteten.14 Verdeckte Ermittler können damit nach § 110 Abs. 2 StPO nur Beamte i.S.v. 10 Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, 4. Auflage 2007, F Rn. 301; Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Re-formbedarf, StV 2012, 182. 11 Wolter/Schenke/Hilger/Ruthig/Zöller/Nack, Alternativentwurf Europol und europäischer Datenschutz, 2008, S. 255, 261; Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 183. 12 Abl. C 197 v. 12.07.2000, S. 1. 13 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 183 m.w.N. 14 Vgl. BT-Drs. 12/989, 42 – linke Spalte; Günther, in: MüKo-StPO. 1. Auflage 2014, § 110a, Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 7 §§ 3, 33 ff. BeamtStG sein.15 Danach ist Beamter, wer zu seinem Dienstherrn in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis) steht. Zwingende Voraussetzung ist die Ernennung durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde gem. § 8 Abs. 1, Abs. 2 Beamt StG.16 Ein Angehöriger einer ausländischen Polizeibehörde wird davon selbst dann nicht erfasst , wenn er aufgrund zwischenstaatlicher Absprachen im Wege der Rechtshilfe der Weisungsbefugnis deutscher Ermittlungsbehörden unterstellt wird.17 Ausländische verdeckte Ermittler sind vielmehr wie von der Polizei eingesetzte Vertrauenspersonen zu behandeln18, sodass Rechtsgrundlage für ihren Einsatz – wie bereits ausgeführt – die Generalklausel der §§ 161, 163 StPO ist. Soll ein solcher Ermittler eingesetzt werden, übermittelt die zuständige deutsche Ermittlungsbehörde ein entsprechendes, schriftlich abgefasstes Rechtshilfeersuchen an die zuständige Stelle des ersuchten Staates (vgl. Art. 6 Abs. 1 EUReHiÜbk). 3.3. Unterschiede zwischen Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen Sowohl hinsichtlich der Voraussetzung des Einsatzes als auch hinsichtlich der Ermittlungsbefugnisse und –grenzen ist zwischen Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen zu unterscheiden . 3.3.1. Voraussetzungen des Einsatzes 3.3.1.1. Verdeckte Ermittler Für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ist zunächst ein Anfangsverdacht für eine im Katalog des § 110a Abs. 1 S. 1 StPO genannte Straftat erforderlich. Zur Aufklärung von Verbrechen ist ihr Einsatz möglich, wenn Wiederholungsgefahr besteht oder andere Maßnahmen aussichtslos erscheinen (§ 110a Abs. 1 StPO). In jedem Fall ist außerdem die Zustimmung der Staatsanwaltschaft erforderlich (§ 110b Abs. 2 S. 1 StPO). Die Zustimmung des Ermittlungsrichters ist gemäß § 110b Abs. 2 S. 1 StPO erforderlich , wenn der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers gegen einen bestimmten Beschuldigten erfolgen oder der Verdeckte Ermittler befugt sein soll, eine nicht allgemein zugängliche Wohnung zu betreten. Weniger strenge Verfahrensanforderungen gelten bei Gefahr im Verzug. 15 BGH, Beschl. v. 20.06.2007 – 1 StR 251/07 – NStZ 2007, 713; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, Rn. 3. 16 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 186. 17 Bruns in KK-StPO, 7. Auflage 2013, § 110a, Rn. 9; Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 187. 18 BGH, Beschl. v. 20.06.2007 – 1 StR 251/07 – NStZ 2007, 713, 714; Hegmann in BeckOK-StPO, 28. Edition 2017, § 110a, Rn. 8; Bruns in KK-StPO, 7. Auflage 2013, § 110a, Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 8 3.3.1.2. Vertrauenspersonen Im Unterschied dazu ist der Einsatz von Vertrauenspersonen an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft. Die Einschaltung von Kontaktpersonen oder Lockspitzeln ist nach den §§ 161, 163 StPO ebenso zulässig, wie der Einsatz von Vertrauenspersonen.19 Einigkeit besteht jedoch darüber , dass eine Vertrauensperson nicht zu dem Zweck eingesetzt werden darf, um Einsatzvoraussetzungen und -befugnisse eines Verdeckten Ermittlers zu umgehen.20 Regelungen zum Einsatz von Vertrauenspersonen enthält Ziff. I.5 der Gemeinsamen Richtlinien der Justizminister/-senatoren sowie der Innenminister/-senatoren (Anlage D zur RiStBV). Danach entscheidet über die Inanspruchnahme von Informanten sowie den Einsatz von Vertrauenspersonen auf Seiten der Staatsanwaltschaft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders bezeichneter Staatsanwalt.21 3.3.2. Einsatzbefugnisse und -grenzen Sodann stellt sich die Frage, welche Befugnisse Verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen bei ihrem Einsatz haben. Damit stellt sich auch die Frage nach den Grenzen dieser Befugnisse. 3.3.2.1. Verdeckte Ermittler Die Befugnisse Verdeckter Ermittler i.S.v. § 110a Abs. 2 StPO regelt § 110c StPO. Nach S. 1 der Vorschrift dürfen Verdeckte Ermittler unter Verwendung ihrer Legende eine Wohnung mit dem Einverständnis des Berechtigten betreten. Nach S. 2 darf dieses Einverständnis nicht durch ein über die Nutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Nutzungsrechts herbeigeführt werden. Erlaubt ist damit nur das offene Betreten einer Wohnung, d.h. in Kenntnis und mit der „ertäuschten“ Erlaubnis des Berechtigten.22 Der Verdeckte Ermittler darf sich also nicht etwa als Beamter oder Angehöriger einer staatlichen Behörde ausgeben, um das Einverständnis des Berechtigten zum Betreten der Wohnung zu erhalten. Er darf die Wohnung auch nur dann betreten, wenn sein Einsatz dies erfordert. Heimliches Betreten der Wohnung ist auch dem Verdeckten Ermittler untersagt.23 Hintergrund dieser Regelung ist die Überlegung, dass Verdeckte Ermittler, die unter ihrer Legende keine Wohnung betreten dürfen, keinen Einsatzwert haben.24 Nicht gestattet ist es dem Verdeckten Ermittler, während seines Aufenthalts die Wohnung oder in ihr befindliche Sachen zu durchsuchen. Eine heimliche Durchsuchung ist nach der StPO nicht gestattet. Sinn des § 110c StPO ist ausschließlich, dem Verdeckten Ermittler allein zum Zwecke 19 Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, § 163, Rn. 34a. 20 Bruns in KK-StPO, 7. Auflage 2013, § 110a, Rn. 9. 21 Günther in MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110a, Rn. 27. 22 Hegmann, in: BeckOK-StPO, 28. Edition 2017, § 110c, Rn. 1; Günther in MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110c, Rn. 27. 23 Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, § 110c, Rn. 1; Günther in MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110c, Rn. 28. 24 BT-Drs. 12/989, S. 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 9 der Aufrechterhaltung seiner Legende das Betreten von Wohnungen zu gestatten. Was er anlässlich seines Aufenthalts in der Wohnung wahrnimmt, etwa aufgrund von Gesprächen mit dem Beschuldigten bzw. sonstigen Personen oder des Sich-Umsehens kann aber zu strafprozessualen Zwecken verwertet werden, indem der Verdeckte Ermittler oder der seinen Einsatz begleitende Polizeibeamte als Zeugen vernommen werden.25 Nach § 110c S. 3 StPO richten sich die Befugnisse des Verdeckten Ermittlers im Übrigen nach der StPO und anderen Rechtsvorschriften. Die Vorschrift hat deklaratorischen Charakter und bringt einerseits zum Ausdruck, dass einem Verdeckten Ermittler außer dem Betretensrecht nach S. 1 und der Befugnis nach § 110a Abs. 3 StPO im Verhältnis zu sonstigen Beamten des Polizeidienstes keine weitergehenden Befugnisse zustehen. Andererseits soll verdeutlicht werden, dass „bei strafverfolgender Tätigkeit begleitende Maßnahmen im Rahmen der Prävention nicht ausgeschlossen seien“ und „die Einsatzbefugnisse aus dem Polizeirecht“ nicht beschränkt werden.26 Von diesen Befugnissen darf er aber nur offen, also nicht unter seiner Legende, Gebrauch machen . Auch muss er § 136a StPO beachten, soweit er nicht legendenbedingt täuscht, wobei er allerdings von den Belehrungspflichten befreit ist.27 Straftaten darf ein Verdeckter Ermittler grundsätzlich nicht begehen, auch nicht sog. milieubedingte . In Betracht kommt aber die Rechtfertigung oder Entschuldigung verwirklichter Taten nach allgemeinen Regeln (v.a. §§ 32 ff. StGB).28 Für sog. taktische Liebesbeziehungen trifft das Gesetz keine expliziten Regelungen. Schon in früheren Stellungnahmen der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages wurde aufgezeigt, dass ein entsprechendes Vorgehen unter Umständen als Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zu werten ist und zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme führen kann. 29 3.3.2.2. Vertrauenspersonen Für Vertrauenspersonen und damit auch für ausländische verdeckte Ermittler fehlt es an einer § 110c StPO vergleichbaren Norm. Damit wird ein gewisses Spannungsverhältnis deutlich: Während der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers an strenge Voraussetzungen geknüpft wird, können Vertrauenspersonen ohne ein besonderes Verfahren eingesetzt werden. Zu beachten ist jedoch, 25 Günther, in: MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110c, Rn. 6, Rn. 7. 26 BT-Drs. 12/2720, S. 4; Günther, in: MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110c, Rn. 29. 27 BGH, Urt. v. 21.07.1994 – 1 StR 83/94 – BGHSt 40, 211, juris-Rn. 16; BGH (GrS), Beschl. v. 13.05.1996 – GSSt 1/96 – BGHSt 42, 139, juris-Rn. 22; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, § 110c, Rn. 3. 28 Eisenberg, Straf(verfahrens-)rechtliche Maßnahmen gegenüber „Organisiertem Verbrechen“, NJW 1993, 1033, 1039; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, § 110c, Rn. 4; Günther in MüKo-StPO, § 110c, Rn. 39, Rn. 40. 29 Ausarbeitung: Einsatz verdeckter Ermittler, WD 3 – 3000 – 010/11, S. 5; Ausarbeitung: Einsatz Verdeckter Ermittler – Grenzen ermittlungstaktischer Maßnahmen, WD 3 – 3000 – 292/15, S. 4 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 10 dass sie materiell-rechtlich wie jede andere Person allgemeinen Schranken, insbesondere jenen des StGB, unterworfen sind.30 Die für die Strafverfolgungsbehörde tätig werdende Vertrauensperson darf jedenfalls nicht gegen § 136a StPO verstoßen. Sie muss die Grundrechte achten und darf diese Schranken nur mit einem anerkannten Rechtfertigungsgrund überschreiten, weil ein Verstoß dem Staat zurechenbar wäre, es sei denn, die Polizei konnte mit einem Fehlverhalten der Vertrauensperson nicht rechnen .31 Auf der anderen Seite darf zum Zwecke der Strafverfolgung die sog. „kriminalistische List“ angewandt werden, deren Anwendung auch nicht von § 136a StPO untersagt wird.32 Das Betreten einer Wohnung ist auch einer Vertrauensperson nur mit Einwilligung des Wohnungsinhabers gestattet. Andernfalls kommt insbesondere eine Strafbarkeit nach § 123 StGB in Betracht. Voraussetzung dieses Tatbestandes ist aber das Eindringen gegen den Willen des Berechtigten . Erforderlich ist das tatsächliche Vorliegen einer Willensbildung des Berechtigten dahin , dem Betreten des geschützten Raums durch den Täter nicht zuzustimmen.33 Wille und Motivation des Täters können die Voraussetzung eines tatsächlich entgegenstehenden Willens nicht ersetzen. Der hypothetische Wille des Berechtigten, den Täter nicht einzulassen, wenn die wahren Absichten bekannt wären, reicht nicht aus, um seinen wirklichen Willen zu verdrängen.34 Daher kommt eine Strafbarkeit einer Vertrauensperson nach § 123 StGB nicht in Betracht, wenn der Wohnungsinhaber über die Identität getäuscht wird. Tatsächlich steht dem Betreten der Wohnung hier nicht der Wille des Wohnungsinhabers entgegen. Für die sog. taktische Liebesbeziehungen gilt das zu den Verdeckten Ermittlern Ausgeführte entsprechend . Zu beachten dürfte dabei jedoch sein, dass die Vertrauensperson nicht in gleichem Maße an die Weisungen des Staates gebunden ist, wie ein Verdeckter Ermittler, so dass Beeinträchtigungen der Privatsphäre möglicherweise nicht in gleicher Intensität dem Staat zugerechnet werden können. 3.4. Ausländische Ermittlungsverfahren auf deutschem Hoheitsgebiet Unzulässig ist es, Ermittler als sog. Undercover-Agenten einzusetzen, die unter falscher Identität längerfristig und ohne konkreten Ermittlungsauftrag in das kriminelle Milieu entlassen werden und sich dort frei, unkontrolliert und unter Begehung milieutypischer Straftaten bewegen, um 30 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 185, 187. 31 Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, § 163, Rn. 34a. 32 Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, 60. Auflage 2017, § 136a, Rn. 15; Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 186; dazu auch: Soiné, Kriminalistische List im Ermittlungsverfahren, NStZ 2010, 596, 598, 599. 33 Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 123, Rn. 16. 34 Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 123, Rn. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 11 Erkenntnisse zu gewinnen.35 Das völkerrechtliche Souveränitäts- und Territorialprinzip (Art. 2 Nr. 4 UN-Charta) gebietet in jedem Fall das Vorliegen eines Rechtshilfeersuchens i.S.v. Art. 6 EU- ReHiÜbk. Beamte eines fremden Staates dürfen danach grundsätzlich nicht in Deutschland ermitteln. Soll im Rahmen eines ausländischen Ermittlungsverfahrens in Deutschland ermittelt werden, ist ein entsprechendes Rechtshilfegesuch bei den zuständigen deutschen Behörden zu stellen (§§ 59 ff. IRG). Soll im Rahmen des darauf eingeleiteten deutschen Verfahrens ein ausländischer verdeckter Ermittler eingesetzt werden, kann von den deutschen Behörden ein entsprechendes Rechtshilfegesuch gestellt werden. 4. Rechtsfolgen eines rechtswidrigen Einsatzes Die Erhebungen der so agierenden Vertrauenspersonen beinhalten gleichwohl einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten, der dem Staat zuzurechnen ist.36 Im Strafprozess dürfte sich vor allem die Frage stellen, ob der rechtswidrige Eingriff eines Verdeckten Ermittlers oder einer Vertrauensperson zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Für Erkenntnisse Verdeckter Ermittler kommt ein Beweisverwertungsverbot nur in Betracht, wenn die Entscheidung über den Einsatz des Verdeckten Ermittlers bei einer ex-ante Betrachtung willkürlich oder unvertretbar erscheint. 37 Die bei einem unzulässigen Einsatz gewonnenen sonstigen Beweismittel dürfen i.d.R. verwertet werden. Das gilt jedoch etwa dann nicht, wenn von vornherein kein Verdacht einer Katalogtat nach § 110a Abs. 1 StPO bestand.38 Ein Beweisverwertungsverbot dürfte sich jedenfalls auch dann ergeben, soweit durch den Einsatz einer Vertrauensperson die Regelungen der §§ 110a ff. StPO gezielt umgangen werden.39 Ähnliches dürfte für unter Umständen rechtswidrig gewonnene Erkenntnisse von Vertrauenspersonen gelten. Wo sich – wie hier – ein Beweisverwertungsverbot nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (z.B. § 136a Abs. 3 S. 2 StPO, § 100d Abs. 2 S. 1 StPO) dürften rechtswidrig gewonnene Beweise unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl nicht verwertet werden. Weil ein Beweisverwertungsverbot ein wesentliches Prinzip des Strafverfahrensrechts – den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts 35 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 186. 36 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 185 wohl unter Verweis auf BGH, Urt. v. 22.02.1995 – 3 StR 552/94 – BGHSt 41,42, juris-Rn.11. 37 BGH, Beschl. v. 23.03.1996 – 1 StR 685/95 – BGHSt 42, 103, juris-Rn. 20; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, § 110b, Rn. 11. 38 AG Koblenz, Urt. v. 17.05.1995 – 2113 Js 26307/94 – 27 Ls 436/94 – juris-Leitsatz. 39 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 189. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 12 wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat – einschränkt, stellt seine Annahme die Ausnahme dar und wird als solche nur im Einzelfall und aus übergeordneten besonders wichtigen Gründen anerkannt.40 Ein Beweisverwertungsverbot kann insbesondere „nach schwerwiegenden , bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten sein.“41 Die Rechtsprechung hat für diese Fälle die sog. „Abwägungslehre“ entwickelt, wonach im Einzelfall nach Sachlage und Art des Verbotes zu entscheiden ist. Danach ist das Interesse des Staates an der Tataufklärung gegen das Individualinteresse des Bürgers an der Bewahrung seiner Rechtsgüter abzuwägen.42 Es kommt immer darauf an, ob höherwertige Rechtsgüter den Verzicht auf Beweismittel und Beweisergebnisse, mit denen die Überführung des Straftäters gelingen könnte, unverzichtbar machen.43 Vor diesem Hintergrund kann sich insbesondere aus der Verletzung des gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Beweisverwertungsverbot ergeben. Gewährleistet wird dem Staatsbürger ein Bereich privater Lebensgestaltung, der unantastbar und jeder Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist.44 Selbst schwerwiegende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff in diesen Kernbereich nicht rechtfertigen; eine Abwägung findet hier nicht statt. Ob eine Information dem Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon ab, in welcher Art und Intensität sie aus sich heraus die Sphäre oder Belange der Gemeinschaft berührt.45 So ist etwa ein mittels akustischer Überwachung aufgezeichnetes Selbstgespräch stets unverwertbar , weil es dem nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Kernbereich zuzurechnen ist.46 Entscheidend wurde dabei darauf abgestellt, dass der Beschuldigte darauf vertraute , dieses Selbstgespräch zu führen, ohne dass ein Dritter dies mitbekam. Das Selbstgespräch wurde als „lautes Denken“ angesehen, so dass es an der absolut geschützten Gedankenfreiheit teilnehme. Auf den Inhalt der Gedankenäußerung kommt es bei Selbstgesprächen nicht entscheidend an. 47 40 BVerfG, Urt. v. 15.10.2009 – 2 BvR 2438/08 – NJW 2010, 287, juris-Rn. 7; BGH, Urt. v. 13.01.2011 – 3 StR 332/10 – BGHSt 56, 127, juris-Rn. 13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, Einl, Rn. 55. 41 BVerfG, Beschl. v. 07.12.2011 – 2 BvR 2500/09 und 2 BvR 1857/10 – NJW 2012, 907, juris-Rn. 117. 42 BGH, Urt. v.20.12.2007 – 3 StR 318/07 – BGHSt 52, 110, juris-Rn. 21; BGH, Urt. v. 20.12.2012 – 3 StR 117/12 – NJW 2013, 1827, juris-Rn. 31. 43 Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, Einl., Rn. 55a m.w.N. 44 BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 – 1 BvR 1107/09 – BVerfGE 35, 202, juris-Rn. 25. 45 BVerfG, Beschl. 07.12.2011 – 2 BvR 2500/09 und 2 BvR 1857/10 – NJW 2012, 907, juris-Rn. 99. 46 BGH, Urt. v. 10.08.2005 – 1 StR 140/05 – BGHSt 50, 206, juris-Leitsatz. 47 BGH, Urt. v. 22.12.2011 – 2 StR 509/10 – BGHSt 57, 71, juris-Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 13 In diesem Punkt unterscheidet sich das Selbstgespräch von der Fixierung der Gedanken in einem Tagebuch oder bei der Erfassung des Gesprächs eines Beschuldigten mit einem Dritten. Entscheidend für den unbedingten Schutz des Selbstgesprächs ist die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes . Das Zwiegespräch kann regelmäßig nicht dem absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltung zugeordnet werden, wenn es mit seinem Inhalt einen Tat- und damit einen Sozialbezug aufweist.48 Werden in Tagebuchaufzeichnungen oder vertraulich geführten Zwiegesprächen Angaben über begangene oder bevorstehende schwere Straftaten gemacht, können diese regelmäßig verwertet werden, auch wenn in rechtswidriger Weise von ihnen Kenntnis genommen wurde.49 Entscheidend kommt es dabei darauf an, dass ein unmittelbarer Bezug zu einer schweren Straftat vorliegt und die Erkenntnisse daher nicht dem absolut geschützten Kernbereich zugerechnet werden können. Vielmehr kann die Wahrheitsermittlung hier durch das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung gerechtfertigt werden.50 Obwohl taktische Liebesbeziehungen intime Verhältnisse darstellen, die grundsätzlich auch nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt werden ist hier fraglich, ob die im Rahmen einer solchen taktischen Liebesbeziehung gewonnenen Erkenntnisse auch einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Diese Erkenntnisse wurden im Rahmen eines Kommunikationsvorgangs einem anderen – der Vertrauensperson – anvertraut, und haben damit streng genommen den Kernbereich privater Lebensgestaltung verlassen. Ob die taktische Liebesbeziehung als Mittel zur Gewinnung dieser Informationen so gravierend in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten eingreift, dass die Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse zu Verfolgung selbst schwerer Straftaten ausgeschlossen sein muss, erscheint daher zweifelhaft. 5. Fazit In der Literatur stößt bereits der Umstand, dass der Einsatz von Vertrauenspersonen überhaupt auf die Ermittlungsgeneralklausel gestützt wird, auf Kritik. Erforderlich sei eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Die Verwaltungsvorschriften, auf deren Grundlage der Einsatz von Vertrauenspersonen nach geltendem Recht erfolge, beinhalteten lediglich Ausführungen zur Notwendigkeit dieses Ermittlungsinstruments sowie zu den Einsatzvoraussetzungen. Verfahrensvorschriften , die den Einsatz von Vertrauenspersonen konkret ausgestalten, fehlten hingegen. Das habe zur Folge, dass über den Einsatz von Vertrauenspersonen häufig allein die Polizei befinde. Dies führe zum Fehlen einer ausreichenden justiziellen Kontrolle.51 Bei dem Einsatzes eines ausländischen verdeckten Ermittlers als Vertrauensperson bestehe damit auch die Gefahr, dass die strengen Voraussetzungen der §§ 110a ff. StPO unterlaufen würden, weil weder das EUReHiÜbk noch die bilateralen Vereinbarungen über den Austausch verdeckt 48 BGH, Urt. v. 22.12.2011 – 2 StR 509/10 – BGHSt 57, 71, juris-Rn. 17, Rn. 18. 49 Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage 2017, Einl., Rn. 56a m.w.N. 50 BVerfG, Beschl. v. 14.09.1989 – 2 BvR 1062/87 – BVerfGE 80, 367, juris-Rn. 26. 51 Günther in MüKo-StPO, 1. Auflage 2014, § 110a, Rn. 29; Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 185, 187. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 005/18 Seite 14 ermittelnder Polizeibeamter deren Einsatz auf bestimmte Delikte oder eine bestimmte Zeit begrenze .52 Nachdem ein ausländischer verdeckter Ermittler im deutschen Ermittlungsverfahren als Vertrauensperson anzusehen ist und deren Einsatz auf keine besondere Rechtsgrundlage gestützt werden kann, erscheint die Schaffung einer spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage sinnvoll. Hierfür dürfte dem Gesetzgeber ein weiter gestalterischer Ermessensspielraum zuzubilligen sein. Denn soweit schon hinsichtlich des Einsatzes von Vertrauenspersonen eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht , vergrößert sich diese noch, wenn ein ausländischer Beamter verdeckt ermitteln soll.53 *** 52 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 187. 53 Barczak, Der verdeckte Einsatz ausländischer Polizisten in Deutschland – Rechtsrahmen, Rechtsprobleme und Reformbedarf, StV 2012, 182, 189.