© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 003/17 Auskunftsansprüche der Legislative zur staatlichen Beteiligung an privaten Unternehmen Zur Reichweite der Verschwiegenheitspflichten nach §§ 394, 395 AktG Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 2 Auskunftsansprüche der Legislative zur staatlichen Beteiligung an privaten Unternehmen Zur Reichweite der Verschwiegenheitspflichten nach §§ 394, 395 AktG Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 003/17 Abschluss der Arbeit: 6. Februar 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Beteiligung des Bundes an Unternehmen 4 3. Prüfung der Beteiligung durch den Bundesrechnungshof 4 4. Weitergabe vertraulicher Informationen und Grenzen der Veröffentlichung 5 4.1. Berichte der Aufsichtsratsmitglieder, § 394 AktG 6 4.2. Verschwiegenheitspflichten der Berichtsempfänger, § 395 AktG 6 5. Reichweite parlamentarischer Informationsrechte 7 5.1. Grundsätzliches 7 5.2. Parlamentarische Informationsrechte in Hinblick auf die Bundesbeteiligung 9 5.3. Die parlamentarische Kontrolle gemäß § 69a BHO 9 5.4. Informationsrechte parlamentarischer Ausschüsse, einzelner Abgeordneter und des Plenums 10 5.4.1. Untersuchungsausschüsse 12 5.4.2. Parlamentarische Fachausschüsse 13 5.4.3. Gesamte Parlamente und einzelne Abgeordnete 14 6. Zusammenfassung 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand der folgenden Ausführungen ist die Frage, inwiefern die Exekutive gegenüber der Legislative dazu verpflichtet sein kann, Auskünfte über vertrauliche Informationen von Unternehmen zu erteilen, an denen sich der Bund beteiligt. Insbesondere soll dabei auf solche Informationen eingegangen werden, die in den „Bemerkungen“ des Bundesrechnungshofs gemäß § 46 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG)1, § 97 Bundeshaushaltsordnung (BHO)2 anonymisiert dargestellt werden. Eine konkrete Beurteilung über das Bestehen von Auskunftsansprüchen im Einzelfall kann dabei nicht erfolgen, vielmehr beschränkt sich die Ausarbeitung auf grundlegende Fragen . 2. Die Beteiligung des Bundes an Unternehmen Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann sich der Bund auch an privatrechtlichen Unternehmen beteiligen . Gemäß § 65 Abs. 1 BHO muss dafür jedoch ein wichtiges Interesse des Bundes vorliegen und der vom Bund angestrebte Zweck darf nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichbar sein. Zudem muss der Bund einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan, auf das Unternehmen ausüben können. Ausgeübt wird dieser Einfluss in der Praxis zum einen durch die Einrichtung sogenannter Beteiligungsverwaltungen , die in den jeweils zuständigen Bundesministerien angesiedelt sind, und zum anderen durch Vertreter, die der Bund in die Überwachungsorgane der jeweiligen Unternehmen entsendet. Zu den Aufgaben der Beteiligungsverwaltungen zählt es, darauf zu achten, dass die öffentlichen Aufgaben des Bundes durch die Beteiligung am jeweiligen Unternehmen auch wirtschaftlich erfüllt werden.3 Dabei unterstützen sie die Vertreter des Bundes, die etwa als Mitglieder des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft damit betraut sind, die Arbeit des Unternehmensvorstands zu kontrollieren, bei ihrer Arbeit im jeweiligen Überwachungsorgan. 3. Prüfung der Beteiligung durch den Bundesrechnungshof Hinsichtlich der mittelbaren und unmittelbaren staatlichen Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen führt der Bundesrechnungshof gemäß § 44 HGrG bzw. § 92 Abs. 1 BHO unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze jährliche Prüfungen durch. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei einerseits die Frage, ob die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 BHO weiterhin erfüllt sind, andererseits aber auch, ob die Bundesbeteiligungsverwaltung des jeweiligen Ministeriums ihren Aufga- 1 Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2398), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/hgrg/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 2 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), zuletzt geändert durch Artikel 8 Absatz 10 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2178), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bho/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 3 Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2016, Band I, S. 165; abrufbar unter: https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/jahresberichte /2016/inhalt/2016-bemerkungen-band-i-teilband-1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 5 ben als Anteilseigner nachkommt und ob die in den Aufsichtsrat entsandten Vertreter ihre Kontrollfunktion gegenüber der Geschäftsführung des Unternehmens wahrnehmen.4 Adressaten der Prüfung sind demnach ausschließlich die Beteiligungsverwaltung und die entsandten Vertreter, nicht aber das Unternehmen selbst. Unterlagen, die der Bundesrechnungshof zur Prüfung benötigt, sind ihm auf Anfrage gemäß § 95 BHO zu überlassen sowie erbetene Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 69 BHO ist das zuständige Bundesministerium verpflichtet, dem Bundesrechnungshof innerhalb von drei Monaten nach Haupt- oder Gesellschafterversammlung bestimmte Unterlagen zu übersenden. Dazu zählen zunächst die Unterlagen, die dem Bund als Aktionär bzw. Gesellschafter zugänglich sind, darüber hinaus die Berichte, die die vom Bund entsandten Vertreter im Überwachungsorgan des Unternehmens zu erstatten haben und zuletzt Prüfberichte, die das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 67 BHO und § 53 HGrG der Beteiligungsverwaltung zu übersenden hat.5 Daneben kann sich der Bundesrechnungshof unter den Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 HGrG gegebenenfalls auch unmittelbar unterrichten und dafür den Betrieb, die Bücher und die Schriften des Unternehmens einsehen. Die Ergebnisse seiner Prüfung fasst der Bundesrechnungshof gemäß § 46 Abs. 1 HGrG bzw. § 97 Abs. 1 BHO jährlich in einem Bericht – den sogenannten Bemerkungen – zusammen, die er dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung zuleitet. Die Bemerkungen sollen gemäß § 97 Abs. 2 BHO insbesondere darüber Auskunft geben, ob die in der Haushalts- und in der Vermögensrechnung und die in den Büchern aufgeführten Beträge übereinstimmen und die geprüften Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß belegt sind, in welchen Fällen von Bedeutung die für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden Vorschriften und Grundsätze nicht beachtet worden sind und welche wesentlichen Beanstandungen sich insgesamt aus der Prüfung der Betätigung bei Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ergeben haben. Zuletzt sollen die Bemerkungen Maßnahmenempfehlungen für die Zukunft enthalten. 4. Weitergabe vertraulicher Informationen und Grenzen der Veröffentlichung Zu beachten ist, dass es sich bei den Unternehmen, an denen sich der Staat beteiligt, um Private handelt, deren vertrauliche Angaben, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren sind. Durch die Beteiligung des Bundes und die daran anknüpfende Kontrolle des Bundesrechnungshofs samt einer Veröffentlichung der Ergebnisse, laufen jene Geheimnisse jedoch Gefahr, an die Öffentlichkeit zu geraten. Mit den §§ 394, 395 Aktiengesetz (AktG)6 wurden daher Sonderregelungen geschaffen, die gleichzeitig den Berichtspflichten der entsandten Vertretern Rechnung tragen und die Unternehmen vor einer Veröffentlichung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bewahren . 4 Vogt, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshof, 2012, S. 191. 5 Vogt, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshof, 2012, S. 192. 6 Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/aktg/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 6 4.1. Berichte der Aufsichtsratsmitglieder, § 394 AktG Grundsätzlich sind die Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft gemäß § 116 AktG in Verbindung mit § 93 AktG dazu verpflichtet, Verschwiegenheit über vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen zu bewahren. Für Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat entsandt wurden, gelten jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz, die ihnen eine Berichterstattung an die Gebietskörperschaft ermöglichen. § 394 S. 1 AktG bestimmt zunächst, dass die entsandten Vertreter einer Gebietskörperschaft – also etwa des Bundes – hinsichtlich ihrer Kontrollberichte für diese Körperschaft keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Sie dürfen jedoch vertrauliche Angaben und Geheimnisse des Unternehmens gemäß § 394 S. 2 AktG dann nicht weitergeben, wenn diese für den Zweck der Berichte unbedeutend sind. Zweck der Berichte ist es, den Gebietskörperschaften diejenigen Informationen zu verschaffen, die sie aus haushaltsrechtlichen Gründen zur sachgerechten Verwaltung der Beteiligung benötigen: Dazu zählen sowohl Informationen zur Rechnungsprüfung als auch solche, die der Körperschaft die Möglichkeit verschaffen, Planungen vorzunehmen und auf die Unternehmensziele einzuwirken.7 Eine weitere Voraussetzung ist zudem, dass die Vertreter gegenüber der Körperschaft überhaupt eine Berichtspflicht haben.8 Soweit somit die Kontrolle der Unternehmensbeteiligung des Bundes betroffen ist, verfügen die Entsandten über weitgehende Rechte zur Weitergabe relevanter Informationen an die Adressaten ihrer Berichte. 4.2. Verschwiegenheitspflichten der Berichtsempfänger, § 395 AktG § 395 AktG beschränkt die nach § 394 aufgehobene Verschwiegenheitspflicht wieder, indem er den weiteren Umgang mit den vertraulichen Informationen, die aus den Berichten der entsandten Vertreter im Aufsichtsrat gewonnen werden können, reglementiert. So müssen die mit der Beteiligungsverwaltung betrauten Personen und die Personen, die mit der Prüfung der Tätigkeit der Gebietskörperschaft als Aktionär oder der Tätigkeit der entsandten Aufsichtsratsmitglieder betraut sind – so auch der Bundesrechnungshof – gemäß § 395 Abs. 1 AktG über die Inhalte der Berichte Stillschweigen bewahren.9 Eine Ausnahme wird hiervon gemäß 7 Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB-Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9). 8 Woraus sich diese ergeben kann, war lange Zeit umstritten, ist aber seit 2015 vom Gesetzgeber im neuen Satz 3 des § 394 AktG ausdrücklich geregelt. 9 Es ist umstritten, ob der Kreis der zur Verschwiegenheit Verpflichteten nach § 395 AktG zugleich den Kreis der Berichtsadressaten nach § 394 AktG darstellt: Nach herrschender Meinung sind diese Kreise deckungsgleich, da die von § 395 AktG bezweckte Geheimhaltung sonst leerlaufen würde – so auch Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (118) m.w.N.; anderer Auffassung jedoch Wilting, AG 2012, 529 (532ff.), der zwischen Adressat und Empfänger von Berichten differenziert. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 7 § 395 Abs. 1 2. Hs. AktG für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr gemacht, was nach ganz herrschender Meinung jedoch nur den Informationsaustausch innerhalb der Beteiligungsverwaltung erfasst.10 Was speziell die Ergebnisse der Prüfungen – etwa die des Bundesrechnungshofs in Form seiner Bemerkungen – angeht, so stellt § 395 Abs. 2 AktG klar, dass auch diese keine vertraulichen Angaben und Geheimnisse, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, enthalten dürfen.11 Um gleichzeitig dieser Verschwiegenheitspflicht bezüglich sensibler Informationen der Unternehmen und der Veröffentlichungspflicht von Prüfergebnissen gemäß § 97 Abs. 5 BHO nachzukommen, anonymisiert der Bundesrechnungshof die Ergebnisse in seinen Bemerkungen dergestalt, dass sich keine Rückschlüsse auf die einzelnen Unternehmen schließen lassen.12 Die §§ 394, 395 AktG ermöglichen dem Staat somit die Kontrolle seines Erfolgs bei Unternehmensbeteiligungen , welche zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 65 BHO notwendig ist, zugleich schützen sie aber auch die privaten Unternehmen, damit diese sich durch die Beteiligung des Staates nicht der Veröffentlichung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ausgesetzt sehen .13 5. Reichweite parlamentarischer Informationsrechte Fraglich ist nun, wie weit parlamentarische Informationsrechte gegenüber der Bundesregierung in diesem Kontext reichen und ob und inwiefern sie durch Vorschriften zum Schutz der privaten Unternehmen beeinflusst werden. 5.1. Grundsätzliches Das Handeln der Bundesregierung unterliegt in einem demokratischen System der Kontrolle durch das Parlament, d.h. auch ohne Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses oder eines Missstandes in dem jeweiligen Bereich.14 Der Deutsche Bundestag als Organ der Volksvertretung übt diese Kontrolle gestützt auf das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 20 GG aus. 10 Vogt, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshof, 2012, S. 199; anders jedoch Thode, AG 1997, 547 (551ff.), der den § 395 Abs.1 Hs. AktG verfassungskonform dahingehend auslegen will, dass auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse informiert werden können. 11 Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 395 Rn. 11. 12 Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 395 Rn. 12; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Auflage 2015, § 395 Rn. 5; Hoch, in: Hüffer/Koch, AktG, 12. Auflage 2016, § 395 Rn. 8. 13 Vgl. zu diesem Spannungsverhältnis Vogt, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshof, 2012, S. 196. 14 Vgl. hierzu Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, 1979, S. 326 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 8 Das Bundesverfassungsgericht hebt in seinen Entscheidungen mehrfach hervor, dass eine derartige parlamentarische Kontrolle wirksam sein muss.15 Hierfür muss der Bundestag jedoch Zugang zu den erforderlichen Informationen haben.16 Insbesondere im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle der Regierung wird er sich diesen Zugang jedoch nicht selbst, mittels der sogenannten Selbstinformation, verschaffen können. Daher ist im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung grundsätzlich die Bundesregierung für die Deckung des Informationsbedarfs des Bundestags zur wirksamen Ausübung seiner Kontrolle zuständig. Dem parlamentarisch Frage- und Informationsrecht entspricht eine verfassungsrechtliche Pflicht der Bundesregierung, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen und den Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandates erforderlichen Informationen zu verschaffen.17 Das Recht des einzelnen Abgeordneten auf Verschaffung der Informationen, die zu der wirksamen Ausübung seines Mandates erforderlich sind, ergibt sich aus Art. 38 Abs. 1 GG.18 Auch wenn das allgemeine Informationsrecht primär gegenüber dem Parlament besteht,19 hat der Abgeordnete auch gegenüber der Bundesregierung ein Informationsrecht.20 Dies ergibt sich aus dem Informationsbedarf der parlamentarischen Minderheit und dem Schutz des einzelnen Abgeordneten . Ansonsten hinge die Ausübung des Informationsrechts von der Mehrheit des Bundestages ab und das Recht des einzelnen Abgeordneten wäre letztlich wertlos.21 Dieses parlamentarische Frage- und Informationsrecht gilt jedoch nicht grenzenlos. Vielmehr fordert es zum einen Mandatsbezug, es muss also ein hinreichendes Interesse an der Behandlung der Angelegenheit bestehen.22 Die parlamentarische Kontrolle ist eine politische Kontrolle und keine administrative Überkontrolle.23 Zum anderen hat die Regierung auch dann keine Pflicht zur Auskunft, wenn sich Fragen auf laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen beziehen bzw. den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betreffen und daher den Gewaltenteilungsgrundsatz berühren.24 15 Vgl. beispielsweise BVerfGE 67, 100 (130) und 77, 1 (48) mit weiteren Nachweisen. 16 Vgl. dazu insbesondere Magiera, Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber der Regierung, in : Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 52 ff. mit weiteren Nachweisen. 17 Vgl. BVerfGE 13, 123 (125); 57, 1 (5); 67, 100 (129); 105, 252 (270); 105, 279 (306). 18 Vgl. BVerfGE 70, 324 (335). 19 Vgl. BVerfGE 92, 130 (135). 20 Vgl. BVerfGE 92, 130 (136). 21 Magiera, Parlamentarische Kontrolle (teil-)privatisierter Bundesunternehmen, 2003, S. 8. 22 Wilting, AG 2012, 529 (538). 23 Vgl. BVerGE 67, 100 (139). 24 Vgl. BVerfGE 67, 100 (139); Wilting, AG 2012, 529 (538). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 9 5.2. Parlamentarische Informationsrechte in Hinblick auf die Bundesbeteiligung Die Wirksamkeit der parlamentarischen Kontrolle der Bundesregierung setzt voraus, dass sich die Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag auf alle Aufgabenbereiche ihrer Amtsführung bezieht. Damit ist nicht nur das hoheitliche Handeln der Regierung gemeint . Vielmehr unterliegt auch die privatwirtschaftliche Betätigung der Exekutive der parlamentarischen Kontrolle. Denn andernfalls könnte sich die Regierung der Kontrolle durch die Wahl einer bestimmten Rechtsform der Kontrolle entziehen, die dann vielfach leerlaufen würde. Eine Grenze besteht allenfalls in einem geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, um dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Regierungshandelns Rechnung zu tragen.25 Zu betonen ist dabei, dass der Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle immer nur die Amtsführung der Regierung, nicht aber die Tätigkeit des Unternehmens, an dem sich der Bund beteiligt , als solche ist.26 Zu dieser Amtsführung zählen auch die Beteiligungsverwaltung sowie die Kontrolltätigkeiten der entsandten Vertreter in den Aufsichtsräten.27 Nachdem also ausgeführt wurde, dass die parlamentarische Kontrolle sich grundsätzlich auch auf Gegenstände erstreckt, die die Beteiligung des Bundes an Unternehmen betreffen, soll im Folgenden erörtert werden, wie die Ausübung der Kontrolle in diesem Bereich geregelt ist und welche parlamentarischen Informationsrechte darüber hinaus existieren können. 5.3. Die parlamentarische Kontrolle gemäß § 69a BHO Die parlamentarische Kontrolle von Bundesbeteiligungen ist in § 69a BHO geregelt. Der § 69a Abs. 1 S. 1 BHO statuiert zunächst die Unterrichtungspflicht der Regierung und stellt, indem er die Unterrichtungspflicht auf „alle grundsätzlichen und wesentlichen Fragen der Beteiligung der Bundes an privatrechtliche Unternehmen sowie der Beteiligungsverwaltung durch die Bundesregierung “ beschränkt, zugleich klar, dass das Ziel der parlamentarischen Kontrolle eine politische Kontrolle, nicht eine administrative Überkontrolle ist.28 § 69a Abs. 2 BHO bestimmt, welchem parlamentarischen Gremium gegenüber die Unterrichtung erfolgt. Obwohl parlamentssystematisch grundsätzlich der Haushaltsausschuss zuständig wäre29 und es vor der Einfügung des § 69a BHO 200930 auch war31, ordnet § 69a Abs. 2 S. 1 BHO jetzt 25 BVerfGE 9, 268 (281); 67, 100 (139); 104, 151 (207). 26 Magiera, Parlamentarische Kontrolle (teil-)privatisierter Bundesunternehmen, 2003, S. 21. 27 Magiera, Parlamentarische Kontrolle (teil-)privatisierter Bundesunternehmen, 2003, S. 21. 28 Vgl. die Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses vom 1. Juli 2009 zur Einfügung des § 69a BHO: BT-Drs. 16/13687, S. 6, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/136/1613687.pdf. 29 Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 69a Rn. 2. 30 BT-Drs. 16/13687, S. 3, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/136/1613687.pdf. 31 Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, 2011, § 69a Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 10 die Unterrichtung des Gremiums nach § 3 Bundesschuldenwesengesetz (BSchuWG)32 an. Grund hierfür ist eine Verringerung des administrativen Aufwands zur Erfüllung der Geheimhaltungspflichten , die aus den §§ 394, 395 AktG resultieren: Während zur Unterrichtung des Haushaltsausschusses , dem aktuell 41 Abgeordnete angehören, regelmäßig ein Geheimhaltungsbeschluss gemäß § 2a der Geheimschutzordnung des Bundestags (GSO-BT)33 notwendig war,34 ist jenes zehnköpfige Gremium nach § 3 BSchuWG bereits nach § Abs. 3 S. 1 BSchuWG zur Geheimhaltung verpflichtet,35 sodass dessen Unterrichtung ohne weitere Einzelbeschlüsse den Geheimhaltungserfordernissen genügt36. Die Effektivität der parlamentarischen Kontrolle wird dadurch gewahrt, dass § 69a Abs. 2 S. 3 BHO die Möglichkeit vorsieht, auf Beschluss des Gremiums den Haushaltsausschuss mit der Unterrichtung zu befassen.37 § 69a Abs. 4 BHO stellt klar, dass weitergehende Unterrichtungsrechte des Parlaments und seiner Ausschüsse aus sonstigen und allgemeinen Gründen von der Regelung unberührt bleiben.38 Fraglich bleibt daher, in welchem Umfang solche Rechte über § 69a BHO hinaus bestehen. 5.4. Informationsrechte parlamentarischer Ausschüsse, einzelner Abgeordneter und des Plenums In der insbesondere aktienrechtlichen Literatur werden verschiedene Ansätze bezüglich der Voraussetzungen für eine Informationsweitergabe an die Legislative und den Kreis der Informationsberechtigten vertreten.39 Überwiegend wird im aktienrechtlichen Schrifttum die Auffassung vertreten, dass auch die Legislative direkter Empfänger von Berichten nach § 394 S. 1 AktG sein könne, grundsätzlich als 32 Bundesschuldenwesengesetz vom 12. Juli 2006 (BGBl. I S. 1466), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. September 2012 (BGBl. I S. 1914), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bschuwg/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 33 Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages (Anlage 3 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, BGBl. I 1980, 1237) vom 25. Juni 1980 (BGBl. I S. 1237, 1256), zuletzt geändert durch Beschluss d. Bundestages vom 28. Februar 2013, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/btgo1980anl_3/gesamt.pdf (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 34 Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, 2011, § 69a Rn. 4. 35 Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 69a Rn. 2. 36 Vgl. BT-Drs. 16/13687, S. 6. 37 Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 69a Rn. 2. 38 Lewinski/Burbat, BHO, 2013, § 69a Rn. 2. 39 Hierzu ausführlich Wilting, AG 2012, 529 (538ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 11 Berichtsempfänger jedoch nur in Frage käme, wer Gewähr bieten könne, dass die Verschwiegenheitspflicht des § 395 AktG erfüllt werde.40 Als sogenanntes ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal 41 des § 394 S. 1 AktG wird danach verlangt, dass die Berichtsempfänger nicht nur abstrakt durch Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet seien, sondern dass die Vertraulichkeit darüber hinaus auch faktisch gewährleistet sei – etwa durch einen begrenzten Personenkreis oder indem organisatorisch hinreichende Vorkehrungen getroffen würden.42 Eine weitere Ansicht lehnt eine pauschale Einschränkung der Informationsweitergabe, die letztlich auf einen Vorrang des Gesellschaftsrechts gegenüber dem öffentlichen Recht hinausliefe, ab: Fragen des Schutzes des Unternehmens auf der einen Seite und der Auskunftsansprüche des Berichtsempfängers auf der anderen Seite müssten vielmehr im Wege der praktischen Konkordanz gelöst werden.43 Die Möglichkeit der Herstellung von Vertraulichkeit durch nicht-öffentliche Sitzungen in Verbindung mit gesetzlichen Sanktionen im Falle einer Verschwiegenheitsverletzung müssten ausreichen, um eine Weitergabe von Informationen zu ermöglichen.44 Nach einer anderen Ansicht ergeben sich die Voraussetzungen zur Unterrichtung parlamentarischer Gremien nicht aus den §§ 394, 395 AktG. Denn anders als es die überwiegende Meinung im aktienrechtlichen Schrifttum vertrete, könne die Legislative grundsätzlich nicht direkter Adressat der Berichte von entsandten Aufsichtsratsmitgliedern sein, da mit der „Gebietskörperschaft“ im Sinne des § 394 S. 1 AktG nur die Exekutive gemeint sei, die die Eigentümerfunktion im Außenverhältnis wahrnehme.45 Es bedürfe daher zur Sicherstellung der Geheimhaltung nach § 395 AktG auch keiner Begrenzung der in Betracht kommenden Berichtsempfänger durch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „faktischen Gewährleistung“ der Geheimhaltung.46 Die Frage unter welchen Voraussetzungen eine Informationsweitergabe an parlamentarische Gremien erfolgen könne, richte sich vielmehr nach dem Umfang des verfassungsrechtlichen parlamentarischen Frage- und Informationsrechts.47 Dieses könne grundsätzlich für Angelegenheiten, an denen ein 40 Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 394 Rn. 31; Koch, in Hüffer/Koch, AktG, 12. Auflage 2016, § 394 Rn. 42; Land/Hallermayer, AG 2011. 114 (118f.). Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB- Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9); Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Auflage 2014, Rn. 1432. 41 Vgl. Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB-Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9). 42 Land/Hallermayer, AG 2011. 114 (118). 43 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Auflage 2015, § 394 Rn. 14. 44 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Auflage 2015, § 394 Rn. 14. 45 Wilting, AG 2012, 529 (533); so im Ergebnis auch Thode, AG 1997, 547 (548), der jedoch auf das Fehlen von öffentlich-rechtlichen Normen abstellt, die die Aufsichtsratsmitglieder zur Berichterstattung gegenüber dem Parlament verpflichten würden. 46 Wilting, AG 2012, 529 (541). 47 Wilting, AG 2012, 529 (539). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 12 hinreichendes Interesse bestehe, ein (indirektes) Recht auf Auskunft gegenüber der Regierung gewähren .48 Konflikte zwischen dem Schutz der Unternehmen und dem grundsätzlichen Informationsanspruch des Parlaments seien dabei über die Vertraulichkeit sichernde Verfahren zu lösen und nicht durch eine Verweigerung der Informationsweitergabe.49 Die Wahrung von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen der Unternehmen würde dadurch sichergestellt, dass die Exekutive durch die Bindung an Gesetz und Recht nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG)50 ebenfalls verpflichtet sei, die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften, wie §§ 394, 395 AktG oder §§ 69a BHO, 3 BSchuWG, bei der Erteilung von Auskünften zu beachten.51 Im Ergebnis seien die §§ 116 S. 2, 394, 395 AktG daher nicht für das „Ob“ der Information parlamentarischer Gremien von Bedeutung , sondern lediglich – hier aber entscheidend – für das „Wie“ der Informationsweitergabe.52 Je nach Auffassung ergeben sich daher für die grundsätzliche Beurteilung der Zulässigkeit der Weitergabe von Informationen an einzelne parlamentarische Gremien und Abgeordnete zum Teil unterschiedliche Ergebnisse: 5.4.1. Untersuchungsausschüsse Nach überwiegender Ansicht soll die Offenlegung von Informationen im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses dann grundsätzlich möglich sein, wenn die Vertraulichkeit durch entsprechende Maßnahmen gewährleistet ist – insbesondere durch einen überschaubaren Personenkreis und nicht-öffentliche Sitzungen.53 Weitere Voraussetzung sei jedoch auch, dass der Auftrag des Untersuchungsausschusses gezielt die Prüfung der Tätigkeit der Gebietskörperschaft als Aktionär betreffe.54 Einer anderen Auffassung zufolge sei dem zwar insoweit zuzustimmen, als Untersuchungsausschüsse das Recht auf die Weitergabe von Informationen hätten, jedoch habe die Regierung und Verwaltung verfassungsrechtlich keinerlei Ermessen bezüglich der Informationsweitergabe.55 Im 48 Nach der Rechtsprechung der Bundesverfassungsgerichts, begründet dieses Recht jedoch nur gegenüber dem Parlament ein unmittelbares Rechtsverhältnis: BVerfGE 92, 130 (135). 49 Wilting, AG 2012, 529 (539). 50 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2438), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 51 Wilting, AG 2012, 529 (539). 52 Wilting, AG 2012, 529 (541). 53 Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119); Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 12. Auflage 2016, § 394 Rn. 42; Schürnbrand , in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 394 Rn. 33. 54 Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119); Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 394 Rn. 33. 55 Wilting, AG 2012, 529 (540). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 13 Ergebnis sei es lediglich ihre Aufgabe und die des Untersuchungsausschusses, die geeigneten Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit zu treffen.56 Eine früher vertretene Ansicht, nach der eine Informationsweitergabe gegenüber parlamentarischen Untersuchungsausschüssen des Bundes grundsätzlich und selbst dann unzulässig sei, wenn dieser nicht öffentlich tagt57, wurde mittlerweile offenbar aufgegeben58. Zu beachten ist in diesem Kontext auch das sogenannte Flick-Urteil des Bundesverfassungsgerichts . In Hinblick auf die Herausgabe von Akten durch die Regierung an den Flick-Untersuchungsausschuss 59 urteilte es: „Die Bedeutung, die das Kontrollrecht des Parlaments sowohl für die parlamentarische Demokratie als auch für das Ansehen des Staates hat, gestattet in aller Regel dann keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs zugunsten des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Eigentumsschutzes, wenn Parlament und Regierung Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen haben, die das ungestörte Zusammenwirken beider Verfassungsorgane auf diesem Gebiete gewährleisten, und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Eine Ausnahme hiervon gilt indessen für solche Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für die Betroffenen unzumutbar ist.“60 5.4.2. Parlamentarische Fachausschüsse Im Rahmen von parlamentarischen Fachausschüssen ist insbesondere an eine Weitergabe von Informationen an den Haushaltsausschuss oder – als dessen Unterausschuss – an den Rechnungsprüfungsausschuss zu denken.61 Die überwiegende Ansicht fordert auch hier, dass die Pflicht zur Verschwiegenheit nach den §§ 394, 396 AktG vom Ausschuss auch tatsächlich eingehalten werden kann,62 ein Teil der Literatur betont jedoch, dass nicht schon das abstrakte Risiko der Verletzung dieser Pflichten zur Einschränkung oder völligen Aushebelung parlamentarischer Kontrolle führen dürfe.63 Es müsse daher ausreichen, dass etwa Prüfungsergebnisse des Bundesrechnungshofes nach § 2, 2a GSO-BT 56 Wilting, AG 2012, 529 (540). 57 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Auflage 2008, Rn. 1432. 58 Vgl. die Folgeauflage Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Auflage 2014, Rn. 1432, in der von der generellen Unzulässigkeit der Weitergabe an Untersuchungsausschüsse keine Rede mehr ist. 59 Zwar ging es im Urteil um die Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO, jedoch lassen sich die Grundsätze auch auf die Weitergabe von vertraulichen Unternehmensangaben übertragen; so auch Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119). 60 BVerfGE 67, 100 (144). 61 Zu Unterrichtung des Ausschusses nach § 3 BSchuWG s.o. unter 5.3. 62 Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 394 Rn. 31ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 12. Auflage 2016, § 394 Rn. 42; Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119). 63 Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 14 als „vertraulich“ oder „geheim“ eingestuft und sodann vom Rechnungsprüfungsausschuss in vertraulicher Sitzung erörtert würden.64 Indem ein Bruch der Verschwiegenheitspflicht durch Abgeordnete nach § 353b Abs. 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB)65 strafbewehrt sei, erscheine die Geheimhaltung hinreichend gesichert. Einer anderen Ansicht zufolge sei zwischen unterschiedlichen Arten von Fachausschüssen zu differenzieren: Bestimmte Ausschüsse, wie etwa die Gremien nach § 10a Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStGF)66 und nach § 3 BSchuWG, zeichneten sich dadurch aus, dass für sie eine aktive Berichterstattung durch die Bundesregierung vorgesehen sei.67 Die Verschwiegenheit der ohnehin begrenzten Mitgliederzahl sei bereits durch die gesetzliche Anordnung der Verschwiegenheitspflicht und die daran anknüpfende Strafbewehrtheit nach § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB hinreichend gesichert. Für die sonstigen Fachausschüsse wie den Haushaltsausschuss und den Rechnungsprüfungsausschuss sei die auch von herrschenden Meinung vertretene Möglichkeit der Einstufung von Informationen nach der Geheimschutzordnung als ausreichend zu erachten .68 5.4.3. Gesamte Parlamente und einzelne Abgeordnete Nach ganz überwiegender Meinung ist eine Weitergabe von Informationen an das Plenum des Bundestags oder einzelner Länderparlamente unzulässig.69 Aufgrund der Größe eines Parlaments seien die Anforderungen des § 395 AktG hier regelmäßig nicht erfüllbar und auch die notwendigen Beschränkungen der Öffentlichkeit seien nicht oder nur sehr schwierig möglich: Der Ausschluss der Öffentlichkeit bei Sitzungen des Bundestags ist zwar mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit 64 Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119); so auch Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 394 Rn. 33 – der bei entsprechenden Vorkehrungen auch im Haushaltsausschuss die Vertraulichkeit noch als gewahrt ansieht. 65 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3150), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 66 Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3171), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/fmstfg/ (zuletzt abgerufen am 6. Februar 2017). 67 Wilting, AG 2012, 529 (540). 68 Wilting, AG 2012, 529 (540f). 69 Schürnbrand, in: Goette/Habersack, MüKo zum AktG, 3. Auflage 2011, § 394 Rn. 33; Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (119); Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB-Beilage 13 zu Heft 27/1988, 1 (9); Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Auflage 2014, Rn. 1432. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 003/17 Seite 15 gemäß Art. 42 Abs. 1 S. 2 GG theoretisch möglich, jedoch hat der Bundestag hiervon noch nie Gebrauch gemacht.70 Auch der § 353b Abs. 2 StGB könne bei Sitzungen mit mehreren hundert Abgeordneten die Verschwiegenheit nicht hinreichend gewährleisten.71 Eine andere Auffassung konstatiert für die Praxis der Information von einzelnen Abgeordneten im Rahmen von mündlichen Fragen oder bei Kleinen und Großen Anfragen, dass diese von der Regierung als Bundestagsdrucksachen veröffentlicht würden und daher generell keine vertraulichen Informationen enthielten. Für vertraulich zu behandelnde Informationen gäbe es allerdings die Möglichkeit, diese der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags zuzuleiten, wo sie zur Einsichtnahme auslägen.72 6. Zusammenfassung Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Legislative und insbesondere bestimmte parlamentarische Gremien – auch unter Beachtung der §§ 394, 395 AktG – unter gewissen, im Einzelnen umstrittenen , Voraussetzungen das Recht auf eine Weiterleitung von vertraulichen Informationen und Unternehmensgeheimnissen haben können. Zu beachten ist dabei jedoch, dass die parlamentarische Kontrolle nur eine politische Kontrolle darstellt und keine administrative Überkontrolle sein darf. Die angeforderten Informationen müssen daher einen hinreichenden Bezug zur Kontrollaufgabe des jeweiligen Gremiums aufweisen. Sie müssen zudem stets die Amtsführung der Regierung bezüglich der Bundesbeteiligung betreffen und dürfen sich nicht auf die Tätigkeit des Unternehmens als solche beziehen. *** 70 Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 78. EL September 2016, Art. 42 Rn. 47. 71 Land/Hallermayer, AG 2011, 114 (120). 72 Wilting, AG 2012, 529 (541).