© 2014 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 240/14 Einzelfragen zum Arbeitsrecht Haftung des Bauherrn auf ausstehende Arbeitsentgelte Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 2 Einzelfragen zum Arbeitsrecht Haftung des Bauherrn auf ausstehende Arbeitsentgelte Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 240/14 Abschluss der Arbeit: 22. Dezember 2015 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffsdefinitionen 4 2.1. Der Bauherr 4 2.2. Der General(bau)unternehmer/ Generalübernehmer 5 3. Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung zum Werkvertrag 5 4. Der Arbeitsvertrag 6 4.1. Form und Inhalt des Arbeitsvertrages 6 4.2. Vergütung von Arbeitsleistung 7 5. Haftung des Bauherrn nach § 14 AEntG 8 5.1. Wortlaut der Norm und Gesetzesbegründung 9 5.2. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 10 5.3. Meinungsstand in der Literatur 12 6. UN-Sozialpakt 13 7. Fazit 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 4 1. Einleitung Bei der Realisierung von Großbauprojekten werden Arbeiten in großen Umfang an weitere Unternehmen und Subunternehmer delegiert. Der Bauherr beauftragt häufig einen Generalunternehmer , dieser wiederrum einen Nachunternehmer, welcher möglicherweise noch weitere Nachnachunternehmer beauftragt. Der vorliegende Sachstand stellt die allgemeine Rechtslage zum Arbeitsvertragsrecht und zum Haftungsrecht im Zusammenhang mit dem privaten Baurecht dar. Behandelt werden Fragen zum Individualarbeitsvertrag, zum Arbeitsentgelt sowie haftungsrechtliche Fragen. Im Kern geht es um die Frage nach der Haftung des Bauherrn für Arbeitnehmerlöhne, die von dem jeweiligen Bauunternehmen nicht gezahlt werden. Des Weiteren wird auf die Zuarbeit von WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht , Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) verwiesen.1 Dort finden sich zusätzliche Ausführungen zu der Rechtsprechung zum Thema „Bauherrnhaftung“ in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Leitfaden der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags bestimmt, dass Rechtsauskünfte im Einzelfall nicht erteilt werden (Punkt 1.8).2 2. Begriffsdefinitionen Zunächst ist zu klären, was unter einem Bauherrn bzw. unter einem Generalunternehmer zu verstehen ist. 2.1. Der Bauherr Der Bauherr ist der Herr des gesamten Baugeschehens.3 Er stellt in der Regel den Bauantrag in eigenem Namen, wird bei der Vorbereitung und Durchführung des Vorhabens im Außenverhältnis zu Dritten im eigenen Namen tätig und übt einen bestimmenden Einfluss auf die Planung und den Ablauf des gesamten Bauvorhabens aus. Er ist in der Regel auch der Eigentümer des Baugrundstücks oder zum Bau auf einem fremden Grundstück zumindest dinglich berechtigt.4 1 Geschäftszeichen: WD 7-3000-276-14. 2 Der Leitfaden der Wissenschaftlichen Dienste ist im Intranet des Deutschen Bundestages unter Wissen/Analysen und Gutachten/Fachbereiche abrufbar. 3 MARCKS, Peter, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 63. EL. Februar 2013, GewO § 34 c Rn. 33. 4 MARCKS, Peter, (Fn. 2), Rn. 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 5 2.2. Der General(bau)unternehmer/ Generalübernehmer Im Gegensatz dazu ist der General(bau)unternehmer, der auf Grund eines Auftrages eines Bauherrn Bauleistungen erbringen, selbst nicht als Bauherr anzusehen.5 Er ist vielmehr selbstständiger Gewerbetreibender, den der Bauherr mit der Durchführung des Bauvorhabens beauftragt. Der General(bau)unternehmer muss wiederrum vom Generalübernehmer unterschieden werden. Der Generalunternehmer erbringt regelmäßig einen Teil der Bauleistungen selbst und lässt den Rest von Subunternehmern ausführen. Der Generalübernehmer erbringt hingegen selbst keine der Bauleistungen.6 Beide Gewerbetreibenden schließen jedoch die erforderlichen Verträge mit den Subunternehmern im eigenen Namen und für eigene Rechnung ab und nicht etwa im Namen des Auftraggebers. 3. Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung zum Werkvertrag Im Rahmen des Einsatzes von Fremdpersonal auf einer Baustelle ist zu unterscheiden: handelt es sich lediglich um einen „unechten“ Nachunternehmereinsatz z.B. durch eine Arbeitnehmerüberlassung oder Scheinselbstständige oder liegt ein „echter“ Nachunternehmereinsatz durch Abschluss eines Werkvertrages vor? Je nach Vertragsgestaltung kann die Haftung variieren. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag ist der tatsächliche Geschäftsinhalt des Vertragsverhältnisses.7 Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ist auf die entgeltliche Zurverfügungstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern8 zur Arbeitsleistung bei einem Dritten gerichtet. Gegenstand eines Werkvertrages kann gemäß § 631 Abs. 2 BGB demgegenüber sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher die Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt. Ihm steht ein unmittelbares Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern zu. Diese sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert. Beim Werkvertrag wird der Unternehmer oder Subunternehmer für einen anderen tätig und organisiert die zur Erreichung des wirtschaftlichen Erfolges notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Vorstellungen. Dabei hat der Arbeitnehmer als Erfüllungsgehilfe des Werkunternehmers vor allem nach dessen Weisungen zu handeln.9 Über die rechtliche 5 MARCKS, Peter, (Fn. 2), Rn. 36. 6 MARCKS, Peter, (Fn. 2), Rn. 36. 7 BAG, Urteil vom 13. August 2008, Az.: 7 AZR 269/07. 8 Im Folgenden wird zur besseren Lesbarkeit nur noch der Begriff des Arbeitnehmers verwendet. Von diesem sind ausdrücklich auch weibliche Beschäftigte erfasst. 9 LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juli 2013, Az.: L 11 KR 297/12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 6 Einordnung eines Vertrages als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag oder als Werk- oder Dienstvertrag entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Vertragsparteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht.10 Nach § 1b Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist eine Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, unzulässig . Vorliegend kann daher davon ausgegangen werden, dass ein Bauherr, der einen Bauunternehmer beauftragt, einen „echten“ Nachunternehmer einsetzt. Dafür spricht, dass es um konkret bestimmbare, erfolgsorientiert abgerechnete Werkleistungen geht, der Bauunternehmer eigene Arbeitsmittel und Baumaterialien verwendet, der Bauunternehmer das Weisungsrecht gegenüber den auf der Baustelle des Bauherrn tätigen Arbeitnehmern selbst ausübt und er darüber hinaus auch das unternehmerische Risiko trägt. Im Gegensatz dazu wird ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages voll in den Entleiher-Betrieb integriert und unterliegt nur noch dem Direktionsrecht des Entleihers . 4. Der Arbeitsvertrag Da der Generalunternehmer alle Verträge im eigenen Namen abschließt, entsteht damit auch nur zwischen ihm und den Arbeitnehmern bzw. zwischen dem Subunternehmer und den Arbeitnehmern ein Vertragsverhältnis. Der Bauherr selbst wird in diesem Zusammenhang nicht Vertragspartei . 4.1. Form und Inhalt des Arbeitsvertrages In einem Arbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Leistung „fremdbestimmter“, „abhängiger “ oder „unselbständiger“ Arbeit, das heißt zu einer Arbeit „unter Leitung und nach Weisung des Arbeitgebers“. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, das vereinbarte Entgelt zu entrichten.11 Der Arbeitsvertrag ist damit ein zweiseitiger Vertrag (Austauschvertrag), dessen Hauptleistungspflichten – die weisungsgebundene Tätigkeit einerseits und die vertraglich vereinbarte Vergütung andererseits – in einem Synallagma stehen.12 Das Bundesarbeitsgericht erklärte in einem Beschluss vom 16. Februar 2000 das Erfordernis einer vertraglichen Begründung der Arbeitspflicht als Voraussetzung des Arbeitnehmerstatus auch zum Zwecke der Rechtswegbestimmung für grundsätzlich unverzichtbar. Sei die vertragliche 10 BAG, Urteil vom 30. Januar 1991, Az.: 7 AZR 497/89. 11 MÜLLER-GLÖGE, Rudi, in: Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, BGB § 611 Rn. 154. 12 PREIS, Ulrich, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 611 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 7 Grundlage nichtig oder fehlerhaft, so müsse dennoch stets dem Tatbestand nach ein Vertragsabschluss vorgelegen haben. Auf diesen könne nur dann verzichtet werden, wenn Arbeitsverhältnisse durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes begründet worden seien. Die dadurch entstehende Privatrechtsbeziehung werde gesetzlich ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet.13 Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegen muss. Das Gesetz sieht für den Arbeitsvertrag kein Schriftformerfordernis vor. Um einen wirksamen Arbeitsvertrag zu begründen, ist es aufgrund dessen ausreichend, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber einig sind, dass der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber arbeiten und bestimmte Aufgaben erledigen soll. Auch ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag gelten die gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsschutz und zum Umfang der Vergütung.14 4.2. Vergütung von Arbeitsleistung Gemäß § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)15 gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart , wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist nach § 612 Abs. 2 BGB bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses führt stets zu einer Vergütungspflicht.16 Schließen die Vertragsparteien ausdrücklich jede Vergütungspflicht aus, liegt kein Arbeitsverhältnis vor.17 Gemäß § 614 BGB ist die Vergütung im Nachhinein, also nach Leistung der Dienste, zu entrichten . Wird die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu zahlen. Die Norm gilt nicht nur in den Fällen, in denen keine Abreden über eine Vergütung im Arbeitsoder Tarifvertrag getroffen wurde, sondern auch, wenn der Vertrag nach § 138 BGB wegen Lohnwuchers oder auch nur die Vergütungsvereinbarung unwirksam ist. Sie wird auch dann angewandt , wenn jemand eine Leistung in Erwartung einer besonderen Vergütung zunächst unentgeltlich erbringt und später diese Erwartung enttäuscht wird.18 13 BAG, Beschluss vom 16. Februar 2000, Az. 5 AZB 71/99; vgl. auch Müller-Glöge (Fn. 9) Rn. 158. 14 ECKERT, Michael, Der Arbeitsvertrag. In: BC 2014, S. 35-38 (37). 15 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I S. 1218) geändert worden ist. 16 PREIS, Ulrich, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, BGB § 612 Vergütung Rn 1. 17 MÜLLER-GLÖGE, Rudi, (Fn. 11) Rn. 187. 18 PREIS, Ulrich (Fn. 16) Rn 2 und 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 8 Lohnwucher liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände wie beispielsweise eine verwerfliche Gesinnung , Ausbeutung der Zwangslage oder Unerfahrenheit hinzukommen.19 Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dazu festgestellt: „Liegt ein auffälliges Missverhältnis i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB vor, weil der Wert der Arbeitsleistung den Wert der Gegenleistung um mehr als 50%, aber weniger als 100 % übersteigt, bedarf es zur Annahme der Nichtigkeit der Vergütungsabrede zusätzlicher Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt. Ist der Wert einer Arbeitsleistung (mindestens) doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dieses besonders grobe Missverhältnis den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB.“20 Bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis vorliegt, sind die Tarifentgelte des jeweiligen Wirtschaftszweigs ohne tarifliche Zusatzleistungen der jeweilige Orientierungsmaßstab.21 Die Vergütungserwartung an sich ist stets anhand eines objektiven Maßstabes unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme . Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen einer Vergütungserwartung ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der eine Vergütung begehrt.22 5. Haftung des Bauherrn nach § 14 AEntG Eine allgemeine zivilrechtliche Haftung des Bauherrn im Hinblick auf die Entlohnung der Arbeitnehmer , die auf der Baustelle tätig werden – beispielsweise aus § 631 Abs. 1 BGB – scheitert regelmäßig mangels einer vertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Bauherrn. Auch gesetzliche Ansprüche aus §§ 677,683 oder §§ 662,670 BGB bzw. § 812 BGB greifen nicht durch.23 19 PREIS, Ulrich (Fn. 16) Rn 3. 20 BAG, Urteil vom 6. Mai 2012, Az: 5 AZR 268/11 = NZA 2012, 974, Leitsatz. 21 PREIS, Ulrich, (Fn. 16) Rn 3a. 22 BAG, Urteil vom 21. September 2011, Az. 5 AZR 629/10, Rn 31. 23 Vergleich hierzu auch die Zuarbeit von WD 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 9 in Betracht kommt jedoch eine spezialgesetzliche Haftung nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)24. Nach § 14 AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 AEntG wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.25 Die Haftung erfolgt dabei verschuldensunabhängig. Unstrittig haftet nach dieser Vorschrift der Bauunternehmer, wenn ein Nachunternehmer seinen Arbeitern nicht den tariflichen Mindestlohn zahlt. Zahlt ein Subunternehmer also weniger als den Mindestlohn, haftet der Bauunternehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Strittig ist jedoch, ob auch der Bauherr nach § 14 AEntG für ausstehende Lohnzahlungen haftbar gemacht werden kann. Hierfür ist entscheidend, ob der Bauherr als „Unternehmer “ i.S.d. § 14 AEntG angesehen werden kann. 5.1. Wortlaut der Norm und Gesetzesbegründung Zunächst könnte man auf die Definition des Unternehmerbegriffs in § 14 BGB abstellen. Danach ist ein Unternehmer eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft , die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Danach wäre ein Bauherr, zumindest wenn er gewerblich tätig wird, als Unternehmer zu bezeichnen, welcher nach § 14 AEntG haftet. Bei der Einführung des § 1a AEntG a.F. – welcher dem heutigen § 14 AEntG entspricht – hatte der Gesetzgeber „den Generalunternehmer vor Augen, der sich nicht durch die Einschaltung häufig ausländischer Subunternehmer der eigenen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns an seine Arbeitnehmer entziehen können soll.“26 Diese Beschränkung hat indes im späteren Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden. Jeder „Unternehmer“ wird von der Bürgenhaftung erfasst. In der Gesetzesbegründung hieß es weiter: 24 Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799), zuletzt geändert durch Art. 6 TarifautonomiestärkungsG vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348). 25 Das Mindestentgelt umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt). 26 DÖRFLER, Thorsten, Die Nettolohnhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Marburg 2002, S. 21 mit Verweis auf Bundestagsdrucksache 14/45 vom 17. November 1998, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 10 „Der neue § 1a regelt die Durchgriffshaftung der Unternehmer, die Bauleistungen in Auftrag geben, für die Entgeltansprüche der Arbeitnehmer und die Beiträge zu den gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, indem sie wie ein selbstschuldnerischer Bürge für diese Forderungen gegen den Arbeitgeber in Anspruch genommen werden können. Die Durchgriffshaftung ist auf Unternehmer beschränkt. Damit sollen alle Bauaufträge erfasst werden, die Unternehmer im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit in Auftrag geben. Die Gleichstellung mit einem Bürgen, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, ist an die Regelung in § 349 des Handelsgesetzbuches angelehnt, wonach dem Bürgen, für den die Bürgschaft ein Handelsgeschäft ist, die Einrede der Vorausklage ebenfalls nicht zusteht. Eine Ausdehnung der Durchgriffshaftung auf Privatleute, die Bauleistungen in Auftrag geben, erscheint demgegenüber nicht gerechtfertigt.“27 Von der Durchgriffshaftung sollten damit alle Bauaufträge erfasst werden, die Unternehmer im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit in Auftrag geben. Damit müsste auch der Bauherr, wenn der Auftrag an den Generalunternehmer seiner Geschäftstätigkeit zuzuordnen ist, von der Haftung des § 14 AEntG erfasst werden. 5.2. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Anders als es die Überschrift des § 14 AEntG (und ab 1. Januar 2015 auch die des § 13 MiLoG28) durch die Wortwahl „Haftung des Auftraggebers“ vermuten lässt, ordnet § 14 AEntG jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gerade keine Auftraggeberhaftung, sondern lediglich eine Generalunternehmerhaftung an.29 Denn Ziel des Gesetzes sei es, „Bauunternehmer, die sich verpflichtet haben, ein Bauwerk zu errichten, und dies nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigen , sondern sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmen bedienen , als Bürgen haften zu lassen, damit sie letztlich im eigenen Interesse verstärkt darauf achten , dass die Nachunternehmer die nach § 1 AEntG geltenden zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten. Da diesen Bauunternehmen der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zugute kommt, sollen sie für die Lohnforderungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer nach § 1a AEntG (a.F.)30 einstehen.“31 Danach unterliegen Unternehmer, die als Bauherren einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragen, auch dann nicht der Bürgenhaftung, wenn sie selbst einen 27 Bundestagsdrucksache 14/45 vom 17. November 1998, S. 26. 28 Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns vom 11. August 2014, BGBl. I S. 1348. 29 BAG, Urteil vom 28. März 2007, Az.: 10 AZR 76/06. 30 § 1a AEntG a.F. entspricht mit seinem Regelungsgehalt dem nunmehr geltenden § 14 AEntG. 31 BAG, Urteil vom 12. Januar 2005, Az.: 5 AZR 617/01, Rn. 37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 11 Baubetrieb unterhalten. Das Bundesarbeitsgericht legt damit den Begriff des Unternehmers i.S.v. § 14 AEntG anders aus als in § 14 BGB. Denn die Ziele des AEntG träfen nicht auf Unternehmer zu, die als Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben. Bauherren würden weder eigene Bauarbeitnehmer beschäftigen noch Subunternehmer beauftragen, die für sie eigene Leistungspflichten erfüllen.32 Anders sieht es das Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Haftung eines Bauträgers.33 Ein Bauträger, der Gebäude im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichten lässt, um sie während oder nach der Bauphase zu veräußern, ist danach als Unternehmer i.S.v. § 1a AEntG a.F. anzusehen. Denn „wesentlicher Inhalt der Bauträgertätigkeit ist, dass der Bauträger sich zur Errichtung eines Bauwerks auf einem eigenen oder von ihm noch zu beschaffenden Grundstück verpflichtet und dem Erwerber das Eigentum am Grundstück und dem darauf erstellten Gebäude verschafft. Der Bauträger tritt im Regelfall im eigenen Namen auf, so dass Vertragspartner des Bauunternehmers der Bauträger selbst und nicht der Erwerber wird.“ Die Beauftragung von Bauleistungen ist damit wesentlicher, unmittelbarer Gegenstand des Unternehmens. „Der Bauträger baut nicht aus privaten Gründen oder um durch den Bau anderen eigenen gewerblichen Zwecken zu dienen, sondern um die errichteten Gebäude vor, während oder spätestens nach Abschluss der Bauarbeiten gewinnbringend zu veräußern. Dabei erfüllt er mit der Bautätigkeit eine, ggf. vorweggenommene , eigene Leistungspflicht gegenüber dem Erwerber, die sich bei einem Erwerb während der Bauphase in eine unmittelbare Leistungspflicht umwandelt. Diese Leistungspflicht kann er entweder durch eigenes Personal erfüllen oder – typischerweise – an ein anderes Unternehmen weitergeben. Damit kommt auch dem Bauträger der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmen zugute, er nutzt den Vorteil von Subunternehmerketten für seine gewerbsmäßige Tätigkeit.“34 Die Situation des Bauträgers ist daher derjenigen des Generalunternehmers, der in der Regel ebenfalls sämtliche Bauleistungen für die Errichtung eines Bauwerks zu erbringen hat, deutlich angenähert, so dass seine Haftung nach § 14 AEntG (§ 1a AEntG a.F.) gerechtfertigt ist. Dabei spielt es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Rolle, ob der Bauträger zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe bereits Vertragspflichten gegenüber den zukünftigen Erwerbern übernommen hat oder ob er dies erst für die Zeit während oder nach der Bauphase beabsichtigt. 32 BAG, Urteil vom 12. Januar 2005, Az.: 5 AZR 617/01, ebenso FRANZEN, Matrin, Nettolohnhaftung nach § 1a AEntG. In: SAE 2003, S. 190-197; BAYREUTHER, Frank, Der gesetzliche Mindestlohn. In: NZW 2014, S. 865- 874 (871); GUSSEN, Heinz, in: Beck'scher Online-Kommentar zum Arbeitsrecht, Stand: 1. Dezember 2014, § 14 Rn. 4. 33 BAG, Urteil vom 16. Mai 2012, Az.: 10 AZR 190/11. 34 Vgl. hierzu insgesamt BAG, Urteil vom 16. Mai 2012, Az.: 10 AZR 190/11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 12 5.3. Meinungsstand in der Literatur Teilweise wird gegen diese teleologische Reduktion des § 14 AEntG durch die Literatur vorgetragen , dass der Wortlaut der Norm hierfür keine Anhaltspunkte biete.35 Eine Beschränkung auf den „Generalunternehmer“ sei laut der Gesetzesbegründung zu § 1a AEntG a.F. auch nicht gewollt gewesen. Nach der Gesetzesbegründung sei allein auf die Unternehmereigenschaft des Auftraggebers abzustellen und nicht – wie es das Bundesarbeitsgericht nunmehr tut – darauf, ob der Unternehmer Subunternehmer beauftragt, die für ihn die ihm obliegenden eigenen Leistungspflichten erfüllen.36 Gegen eine allgemeine Auftraggeberhaftung und für eine Beschränkung der Haftung spricht jedoch , dass mit einer „echten“ Auftraggeberhaftung für Unternehmen nicht leicht beherrschbare Haftungsrisiken verbunden wären. Im Ergebnis würde jeder Unternehmer, der irgendeine Werkoder Dienstleistung in Anspruch nimmt, den Arbeitnehmern seines Vertragspartners auf die Erfüllung ihrer Mindestlohnansprüche haften.37 Auch der Leitgedanke, dass der Generalunternehmer das Geschehen auf „seiner“ Baustelle verantworten könne und auch müsse, gilt für den Bauauftraggeber bzw. den Bauherrn gerade nicht38 – oder zumindest nur in stark eingeschränkter Form. Insoweit kommt hinzu, dass der Auftraggeber möglicherweise nicht deshalb in Anspruch genommen würde, weil der Subunternehmer zu geringe Löhne zahlt, sondern vielmehr, weil dieser zahlungsunwillig oder -unfähig ist.39 Dagegen rechtfertigt sich eine (verschuldensunabhängige ) Generalunternehmerhaftung dadurch, dass ihm der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zugutekommt und er den Anlass für deren Tätigwerden gesetzt hat.40 Auch das Bundesarbeitsgericht führt aus, eine Haftung sei dann gerechtfertigt, wenn demjenigen, der sich eines Subunternehmers bedient, wirtschaftliche Vorteile aus der Beauftragung des Nachunternehmens zugutekommen.41 Eine Haftungsbeschränkung auf den Generalunternehmer – wie es das Bundesarbeitsgericht als Konsequenz sieht – kann dann jedoch durchaus kritisch gesehen werden. Denn es ist durchaus vertretbar anzunehmen, dass der (gewerblich tätige) Bauherr im Ergebnis ebenfalls einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Beauftragung des Generalunternehmers erlangt. Dann müsste mit der Argumentation des Bundesarbeitsgerichts jedoch auch eine Bürgenhaftung des Bauherrn nach § 14 AEntG angenommen werden. 35 WINKLER, Holger, in: Koberski/Asshoff/Eustrup/Winkler Kommentar zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz, 3. Aufl. 2011, § 14 AEntG Rn. 17f.; so auch RIEBEL, Volker / LESSNER, Jan, Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Nettolohnhaftung und EG-Vertrag. In: ZfA 2002, S. 29-89 (39), die davon ausgehen, dass dem Gesetzgeber die tatbestandliche Weite des Kreises der Verpflichteten nicht aufgefallen ist. 36 DÖRFLER, Thorsten, Die Nettolohnhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Marburg 2002, S. 22. 37 BAYREUTHER, Frank, (Fn. 32) S. 871. 38 RIEBEL, Volker / LESSNER, Jan, (Fn. 35) S. 39. 39 BAYREUTHER, Frank, (Fn. 32) S. 871. 40 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. März 2007, Az.: 1 BvR 1047/05. 41 BAG, Urteil vom 28. März 2007, Az.: 10 AZR 76/06. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 13 Zum Teil wird aufgrund dessen auch in der Literatur differenziert: Seit der Neufassung des § 14 AEntG,42 die den Geltungsbereich der Norm auf zahlreiche Branchen ausgeweitet hat, könne die Einschränkung nicht mehr auf die Besonderheiten des Bausektors gestützt werden. § 14 AEntG gelte daher für den Bauträger und auch für den Bauherrn, wenn dieser selbst ein Unternehmen ist, aber keinen Eigenbedarf befriedigt, sondern den Vorteil des Einsatzes von Subunternehmen für die eigene wirtschaftliche Tätigkeit nutzt.43 Denn ein Bauträger, der Gebäude im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch andere Unternehmer mit dem Ziel errichten lässt, die Gebäude während oder nach der Bauphase zu veräußern, sei nicht lediglich Bauherr, sondern Unternehmer i.S.v. §14 AEntG.44 Entscheidend ist demnach, dass das Bauträgerunternehmen gerade nicht als bloßer „Bauherr“ oder „Letztbesteller“ fungiert, der lediglich einen Eigenbedarf befriedigt .45 6. UN-Sozialpakt Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) der Vereinten Nationen wurde 1973 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert.46 Der Sozialpakt ist nicht nur eines der ersten völkerrechtlich bindenden internationalen Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, sondern gilt zusammen mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem UN-Zivilpakt als Internationaler Menschenrechtskodex .47 Die Vertragsstaaten verpflichten sich zu einem schrittweisen Vorgehen, um die in dem Pakt anerkannten Rechte (wie Recht auf Arbeit, Recht auf Gesundheit oder Recht auf Bildung) zu erreichen . Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESR) hat mehrfach hervorgehoben, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, den Sozialpakt in nationales Recht 42 § 14 AEntG verlangt, im Gegensatz zum vorherigen § 1a AEntG a.F., welcher noch voraussetzte, dass ein anderer „Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch “ beauftragt wurde, nun lediglich die Beauftragung eines anderen Unternehmers mit der „Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen.“ 43 SCHLACHTER, Monika, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 14 AEntG Rn. 3. 44 GUSSEN, Heinz, (Fn. 32) Rn. 5a. 45 GUSSEN, Heinz, (Fn. 32) Rn. 5a. 46 Däubler, Wolfgang, in: Däubler/Bertzbach, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, 3. Auflage 2013, Einleitung Rn 169. 47 Vgl. Homepage der Vereinten Nationen zum Sozialpakt: http://www.sozialpakt.info/ (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 14 umzusetzen und dabei besonderes Augenmerk auf die Rechte von Nicht-Staatsangehörigen zu legen.48 In Artikel 6 IPwskR heißt es: „(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht auf Arbeit an, welches das Recht jedes einzelnen auf die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen, umfasst, und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz dieses Rechts. (2) Die von einem Vertragsstaat zur vollen Verwirklichung dieses Rechts zu unternehmenden Schritte umfassen fachliche und berufliche Beratung und Ausbildungsprogramme sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftliche, sozialen und kulturellen Entwicklung und einer produktiven Vollbeschäftigung unter Bedingungen , welche die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des einzelnen schützen .“ In Artikel 7 IPwskR heißt es: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen an, durch die insbesondere gewährleistet wird a) ein Arbeitsentgelt, das allen Arbeitnehmern mindestens sichert – i) angemessenen Lohn und gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ohne Unterschied; insbesondere wird gewährleistet, dass Frauen keine ungünstigeren Arbeitsbedingungen als Männer haben und dass sie für gleiche Arbeit gleiches Entgelt erhalten, – ii) einen angemessenen Lebensunterhalt für sie und ihre Familien in Übereinstimmung mit diesem Pakt; b) sichere und gesunde Arbeitsbedingungen; c) gleiche Möglichkeiten für jedermann, in seiner beruflichen Tätigkeit entsprechend aufzusteigen , wobei keine anderen Gesichtspunkte als Beschäftigungsdauer und Befähigung ausschlaggebend sein dürfen; d) Arbeitspausen, Freizeit, eine angemessene Begrenzung der Arbeitszeit, regelmäßiger bezahlter Urlaub sowie Vergütung gesetzlicher Feiertage.“ Im Jahr 2008 wurde ein Fakultativprotokoll zum IPwskR von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet, das ein Individualbeschwerdeverfahren zulässt. Seit September 48 Keßler, Stefan, in: Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 1. Auflage 2008, Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Rn 1-2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 15 2009 können die Vertragsstaaten das Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt zeichnen und ratifizieren .49 Nach diesem Fakultativprotokoll kann sich eine Einzelperson, die ihre individuellen Rechte aus dem IPwskR verletzt sieht, an den UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) wenden. Der Ausschuss erhält die Befugnis, solche Individualbeschwerden (im Fakultativprotokoll „Mitteilungen“ genannt) entgegenzunehmen und nach festgelegten Kriterien zu prüfen.50 Die Bundesregierung hat das Fakultativprotokoll bislang nicht unterzeichnet und ratifiziert, sondern prüft dies „gerade auch im Hinblick auf die Lösung offener innerstaatlicher Fragen im Kontext des im Fakultativprotokoll angelegten Kommunikationsverfahrens.“51 Im Ergebnis bestimmt Art. 6 Abs. 2 IPwskR lediglich, dass die Vertragsstaaten fachliche und berufliche Beratung und Ausbildungsprogramme sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung leisten sollen. Einen direkten Anspruch von Arbeitnehmern, die ihren Lohn von dem verantwortlichen General- oder Subunternehmer nicht erhalten haben, gegen die Bundesrepublik Deutschland besteht danach nicht.52 7. Fazit Eine Haftung des Bauherrn hinsichtlich der Arbeitnehmerlöhne von Arbeitern auf Baustellen, die diese nicht von ihren Arbeitgebern erhalten haben, ist nach den obigen Ausführungen allein aus § 14 AEntG denkbar. Stellt man in diesem Zusammenhang lediglich auf den Wortlaut des § 14 AEntG ab, so trifft die Bürgenhaftung jeden „Unternehmer“, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt. Auch nach der Gesetzesbegründung sollten mit der 49 Mahler, Claudia, Das Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt – Warum die Ratifikation durch Deutschland notwendig ist, in: aktuell 2/11, Deutsches Institut für Menschenrechte, S. 2. Abrufbar unter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuell/news/meldung/article/pressemitteilungmenschenrechtsinstitut -begruesst-inkrafttreten-des-fakultativprotokolls-zum-un-soz.html (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2014). 50 Aichele, Valentin, Ein Meilenstein für die Unteilbarkeit: Das neue Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt, in: Vereinte Nationen 2/2009, S. 72-78 (72). Abrufbar unter: http://www.dgvn.de/fileadmin/publications/PDFs/Zeitschrift_VN/VN_2009/Heft_2_2009/06_aichele _beitrag_2-09_31-3-09_web.pdf (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2014). 51 11. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik. Berichtszeitraum 1. März 2012 bis 28. Februar 2014, S. 100. Abrufbar unter: http://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/AA/MRB_11_692838.html (zuletzt abgerufen am 12. Dezember 2014). 52 Vergleich auch die Zuarbeit von WD 7 unter Punkt 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 240/14 Seite 16 Durchgriffshaftung alle Bauaufträge erfasst werden, die Unternehmer im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit in Auftrag geben. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist jedoch bisher sehr eindeutig und verneint eine Haftung des Bauherrn im Hinblick auf nicht gezahlte Arbeitnehmerlöhne. Anders sei jedoch die Situation eines Bauträgers zu beurteilen, da diese derjenigen des Generalunternehmers, der in der Regel ebenfalls sämtliche Bauleistungen für die Errichtung eines Bauwerks zu erbringen hat, deutlich angenähert ist. Da auch dem Bauträger der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zu Gute kommt – denn er nutzt den Vorteil von Subunternehmerketten für seine gewerbsmäßige Tätigkeit – sei eine Haftung nach § 14 AEntG gerechtfertigt. In der Literatur wird zwar zum Teil jegliche teleologische Reduktion aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 14 AEntG abgelehnt, so dass auch eine generelle Haftung des Bauherrn denkbar wäre. Einer allgemeinen Auftraggeberhaftung muss jedoch entgegen gehalten werden, dass eine solche für Unternehmen ein möglicherweise unbeherrschbares Haftungsrisiko bedeuten würde. Im Ergebnis würde jeder Unternehmer, der irgendeine Werk- oder Dienstleistung in Anspruch nimmt, den Arbeitnehmern seines Vertragspartners auf die Erfüllung ihrer Mindestlohnansprüche haften, selbst dann, wenn der Subunternehmer nur zahlungsunwillig ist. Im Ergebnis bietet sich daher wohl tatsächlich eine Differenzierung an. Sofern einem Bauunternehmen der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zugutekommt, sollte er für die Lohnforderungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer nach § 14 AEntG einstehen . Damit haftet nach § 14 AEntG ein Bauträger und auch ein Bauherr, jedenfalls wenn er selbst ein Unternehmer ist, aber keinen Eigenbedarf befriedigt, sondern den Vorteil des Einsatzes von Subunternehmen für die eigene wirtschaftliche Tätigkeit nutzt.