© 2014 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 216/14 Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Helfer in internationalen Hilfseinsätzen am Beispiel der Seuche „Ebola“ Ausgewählte Fragestellungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 2 Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Helfer in internationalen Hilfseinsätzen am Beispiel der Seuche „Ebola“ Ausgewählte Fragestellungen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 216/14 Abschluss der Arbeit: 18. November 2014 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffsbestimmungen 4 2.1. Die ehrenamtliche Tätigkeit 4 2.2. Die arbeitsrechtliche Freistellung 5 2.3. Abgrenzung Epidemie, Pandemie und Katastrophe 5 3. Anknüpfungspunkte für neue Freistellungsregelungen 6 3.1. Freistellungsregelungen im Arbeitsrecht 7 3.2. Katastrophenschutzgesetze der Länder 8 3.3. Infektionsschutzgesetz 10 3.4. Initiativen des Auswärtigen Amtes 11 3.5. Individual- und kollektivvertragliche Vereinbarungen 12 4. Verfassungsrechtliche Erwägungen 12 5. Fazit 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 4 1. Einleitung Im Zuge des Ausbruchs und der Ausbreitung der Ebola-Epedemie ist die Einführung von Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Helfer1 im Rahmen von humanitären Hilfseinsätzen wieder zum aktuellen Thema geworden. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wie freiwillige Helfer in ihrer Tätigkeit unterstützt werden können, sei es durch gesetzlich festgeschriebene Freistellungsregelungen mit Rückkehrgarantie an den früheren Arbeitsplatz, Lohnfortzahlungsregelungen oder durch eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Für neue Freistellungsregelungen kann möglicherweise an bereits existierende Gesetze, beispielsweise an das Infektionsschutzgesetz oder das Katastrophenschutzgesetzen der Bundesländer, angeknüpft werden. Alternativ kommen auch arbeitsvertragliche und tarifliche Vereinbarungen in Betracht. Die gesetzliche Einführung von Freistellungsregelungen – z.B. auf Bundesebene – würfe das Problem auf, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich individualvertraglich vereinbart wird. Die Festschreibung einer Freistellungsregelung, beispielsweise von sechs Monaten einschließlich einer Rückkehrgarantie in das Beschäftigungsverhältnis, greift in dieses Individualvertragsverhältnis ein und tangiert damit auch die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers aus Art. 12 des Grundgesetzes (GG). 2. Begriffsbestimmungen 2.1. Die ehrenamtliche Tätigkeit Eine befriedigende wissenschaftliche Definition der als „Ehrenamt“ bezeichneten Tätigkeiten gibt es bisher nicht.2 Gemeinsames Merkmal der unter diesem Begriff zusammengefassten Tätigkeiten ist, dass sie freiwillig, unentgeltlich und gemeinwohlorientiert sind.3 Die Erscheinungsformen ehrenamtlichen Engagements reichen von öffentlichen Ehrenämtern in der Sphäre des Staates, wie ehrenamtliche Bürgermeister oder ehrenamtliche Richter, Schöffen oder Vormünder, über private Ehrenämter in der freien Wohlfahrtspflege, in Kirchen, Vereinen, Kultur, Sport, Wissenschaft, Gesundheitswesen oder Selbsthilfeorganisationen bis hin zu ehren- 1 Die in dieser Ausarbeitung zur besseren Lesbarkeit verwendeten Begriffe Helfer/Freiwilliger/Arbeitnehmer/Arbeitgeber umfassen auch weibliche ehrenamtlich Tätige und Beschäftigte. 2 PETZKE, Lydia (2004): Ehrenamt und Rechtsordnung. Regelung ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements. Berlin: VWF, S. 7 mit weiteren Nachweisen; DETER, Gerhard / BRÄMER, Markus, Die Stellung des Ehrenamtes und seine sozialrechtliche Berücksichtigung in der Bundesrepublik Deutschland, in: Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzgebung, H. 2, 1994, S. 57-64. 3 PETZKE (Fn. 2), S. 16 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 5 amtlich Tätigen in der Wirtschaft, wie den Betriebsräten oder Mitgliedern von Personalvertretungen . Auch der Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr und freiwilliges Tätigwerden im Katastrophenschutz und Rettungswesen sind den ehrenamtlichen Tätigkeiten zuzuordnen. 2.2. Die arbeitsrechtliche Freistellung Eine arbeitsrechtliche Freistellung ist die einseitige Anordnung des Arbeitgebers, die gesetzliche Regelung oder eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffene Vereinbarung, einen Arbeitnehmer von seiner vertraglichen Leistungspflicht zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zeitweise oder dauerhaft zu entbinden. Durch die Freistellung werden die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten einseitig oder beidseitig suspendiert. Die Suspendierung der Hauptpflichten führt nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses , vielmehr kommt es lediglich zum teilweisen oder vollständigen Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis.4 Dabei kann eine Freistellung sowohl als bezahlte oder als unbezahlte Freistellung ausgestaltet werden.5 Nur bei der bezahlten Freistellung bleibt der Arbeitgeber zur Fortzahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. In den meisten Fällen wird der Arbeitgeber jedoch bei einer individualvertraglich vereinbarten Freistellung für einen bestimmten Zeitraum nicht freiwillig die Lohnfortzahlung gewähren. 2.3. Abgrenzung Epidemie, Pandemie und Katastrophe Bei der Ebola-Seuche handelt es sich um eine Infektionskrankheit. Bislang lagen die Ansteckungsgebiete dieser Krankheit größtenteils in afrikanischen Ländern, so dass von einer Epidemie gesprochen wird.6 Jedoch kam es zuletzt auch in Spanien und den USA zu einer direkten 4 KREITNER, Jochen (2014). In: Küttner, Personalbuch, 21. Aufl. 2014, Stand: 1.10.2014, Freistellung von der Arbeit , Rn. 4; HOLTHAUSEN, Joachim (2010). In: Hümmerich/Boecken/Düwell, NomosKommentar Arbeitsrecht; 2. Aufl. 2010, § 1 KSchG, Rn 39. 5 KREITNER, Jochen (2014) (Fn.4) Rn. 4. 6 Unter einer Epidemie versteht man „das Auftreten einer Erkrankung in einer bestimmten Region oder Gruppe in einer für diesen Ort und diesen Zeitraum unerwartet hohen Anzahl. Der Begriff wird vornehmlich für das Auftreten von Infektionskrankheiten verwendet […].“ aus dem Brockhaus online https://deutscher-bundestag .brockhaus-wissensservice.com/brockhaus/epidemie [Abruf: 6. November 2014]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 6 Ansteckung von Pflegepersonal bei einem an Ebola erkrankten Patienten,7 so dass die Gefahr einer Pandemie besteht.8 Auch könnten internationale ehrenamtliche Helfer, die sich in einem von der Epidemie betroffenen Gebiet aufhalten, dort anstecken und das Virus bei der Rückreise in ihr Heimatland einschleppen.9 Erreicht die Ausbreitung von Ebola die Stufe einer Pandemie, kann diese das Ausmaß einer Katastrophe annehmen.10 Unter einer Katastrophe versteht der Gesetzgeber ein Ereignis oder ein Geschehen , welches das Leben oder die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen, die Versorgung zahlreicher Menschen mit lebensnotwendigen Gütern und Leistungen, die Umwelt oder erhebliche Sachwerte in so außergewöhnlichem Maße gefährdet, beeinträchtigt oder schädigt, dass Hilfe und Schutz wirksam nur gewährt werden können, wenn die zuständigen Behörden und Dienststellen , Organisationen und eingesetzten Kräfte unter der einheitlichen Leitung einer Katastrophenschutzbehörde zusammenwirken.11 3. Anknüpfungspunkte für neue Freistellungsregelungen Für die Einführung gesetzlich verankerter Freistellungsregelungen bedürfte es jeweils eines rechtfertigenden Grundes. Denn Arbeitsverträge werden grundsätzlich allein zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen und entfalten damit nur zwischen diesen beiden (inter partes) Wirkung. 7 Süddeutsche Zeitung, Artikel v. 12. Oktober 2014, http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/ebola-epidemiekrankenpfleger -in-den-usa-mit-ebola-infiziert-1.2170115 [Abruf: 6. November 2014]; aktuelle Information des Robert-Koch-Instituts vom 13. November 2014, abrufbar unter http://www.rki.de/DE/Content/Inf AZ/E/Ebola/Kurzinformation_Ebola_in_Westafrika.html [Abruf: 14. November 2014] . 8 Eine Pandemie ist eine „Form der Epidemie, bei der es in einem bestimmten Zeitraum zu einer Ausbreitung einer Infektionskrankheit über mehrere Länder und Kontinente kommt.“ Aus dem Brockhaus online https://deutscher-bundestag.brockhaus-wissensservice.com/brockhaus/pandemie [Abruf: 6. November 2014]. 9 Jedoch schätzt das Robert-Koch-Institut das Risiko, dass Reisende Ebola aus den von der Epidemie betroffenen Staaten mit nach Deutschland bringen, für gegenwärtig gering ein (Fn. 7). 10 KLOEPFER, Michael, DEYE, Sandra (2009): Pandemien als Herausforderung für die Rechtsordnung. In: DVBl 2009, S. 1208 – 1221 (1213). 11 Vgl. etwa § 2 Abs. 3 Satz 2 des Sächsisches Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (SächsBRKG – in der Fassung vom 24. Juni 2004, SächsGVBl. S. 245, zuletzt geändert durch Art. 2 des Änderungsgesetzes vom 13. Februar 2014), § 24 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (HBKG – in der Fassung vom 14. Januar 2014, GVBl. I S. 26, zuletzt geändert durch Art. 17 des Zweiten Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes vom 27. Mai 2013), Art. 1 Abs. 2 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes (BayKSG – in der Fassung vom 24. Juli 1996, GVBl. S. 282, zuletzt geändert durch § 2 Abs. 10 des Landesrechtbereinigungsgesetzes vom 8. April 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 7 Der Arbeitsvertrag ist ein zweiseitiger Vertrag (Austauschvertrag), dessen Hauptleistungspflichten – die weisungsgebundene Tätigkeit einerseits und die vertraglich vereinbarte Vergütung andererseits – in einem Synallagma stehen.12 Durch gesetzliche Freistellungsregelungen wird in diesen zweiseitigen Vertrag von außen eingegriffen und das Prinzip des „do ut des“ (lat. „Ich gebe, damit du gibst.“) gestört, vor allem wenn es sich um eine Freistellungsregelung handelt, im Rahmen derer der Arbeitgeber verpflichtet bleibt, das Entgelt fortzuzahlen. Die Regelungen betreffend die Freistellung von der Leistungspflicht für ehrenamtliche Tätigkeiten oder Sonderurlaub für die Aus- und Fortbildung von Ehrenamtlichen sind nicht vereinheitlicht . Es finden sich stattdessen eine Vielzahl von Bundes- und Landesgesetzen, welche Freistellungsregelungen enthalten. 3.1. Freistellungsregelungen im Arbeitsrecht Im Bereich des Arbeitsrechtes steht dem Bund nach Art. 74 Nr. 12 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz die Befugnis zur Gesetzgebung zu. Die Länder haben demgegenüber die Gesetzgebungsbefugnis nur solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. In unterschiedlichen Gesetzen gibt es verstreut einzelne Tatbestände, im Rahmen derer Arbeitnehmern Ansprüche auf eine – bezahlte oder unbezahlte – Freistellung zustehen. Im Folgenden sollen einige Regelungen beispielhaft dargestellt werden: So verliert der Arbeitnehmer nicht seinen Entgeltanspruch, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird, § 616 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Gründe für eine solche – bezahlte – Freistellung sind von der Rechtsprechung entwickelt worden . Darunter fallen z. B. Arztbesuche, außerordentliche Vorkommnisse in der Familie (Todesfall , eigene Hochzeit, plötzliche Erkrankungen eines Familienangehörigen) oder die Ladung durch eine Behörde.13 Da Voraussetzung einer Freistellung nach § 616 BGB ist u. a., dass die Verhinderung nur für eine kurze Zeit vorliegt, kommt eine Anwendung für freiwillige Helfer, die für einen längeren Zeitraum ehrenamtlich tätig werden wollen, nicht in Betracht. Die Bildungsurlaubsgesetze der meisten Bundesländer (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland , Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) sehen – bei unterschiedlichen Voraussetzungen – Ansprüche auf bezahlten Bildungsurlaub vor. Der Umfang des Freistellungsanspruchs variiert 12 PREIS, Ulrich (2015). In: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 611 Rn. 3. 13 Weitere Freistellungsgründe bei HENSSLER, Martin (2012). In: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 616 Rn. 20-51, mit Nachweisen der Rechtsprechung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 8 dabei von Bundesland zu Bundesland zwischen 3 bis 5 Arbeitstagen pro Jahr oder 10 Arbeitstagen in zwei Jahren. Allein in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen bestehen keine Freistellungsregelungen für Arbeitnehmer. Der durch die Bildungsurlaubsgesetze gewährte Bildungsurlaub muss jedoch der politischen Bildung , der beruflichen Weiterbildung oder – zumindest in einigen Bundesländern – der Schulung für die Wahrnehmung eines Ehrenamtes dienen.14 Bei einem internationalen Hilfseinsatz wird jedoch eher der Zweck des „Helfens“, als der des „Fortbildens“ im Vordergrund stehen. Damit wären auch diese Freistellungsregelungen nicht auf ehrenamtliche Helfer anwendbar, die eine Freistellung wegen eines Hilfseinsatzes begehren. Weitere Freistellungsregelungen finden sich beispielsweise in § 16 des Mutterschutzgesetzes15, in §§ 2 – 4 des Pflegezeitgesetzes16, in § 1 Abs. 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes17 und in § 37 des Betriebsverfassungsgesetzes18 für die Tätigkeit im Betriebsrat. Jedoch ist keine dieser Regelungen auf ehrenamtlich tätige Helfer anwendbar, die gerade aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit eine Freistellung begehren. Aufgrund der Vielschichtigkeit von ehrenamtlichen Tätigkeiten gestaltet sich die Anknüpfung in den speziellen Arbeitnehmerschutzgesetzen als schwierig. Es scheint daher geboten, zunächst die Freistellungsregelungen genauer zu betrachten, welche für ehrenamtliche Helfer im Zivilschutz, Katastrophen- und Brandschutz ihre Geltung entfalten. 3.2. Katastrophenschutzgesetze der Länder Angesichts der Gefährdung der gesamten Bundesrepublik Deutschland im Fall einer pandemischen Ausbreitung einer Infektionskrankheit wie Ebola, kommt eine Anwendung der Katastrophenschutzgesetze der Länder in Betracht. 14 Vgl. nur § 1 Abs. 2 des Berliner Bildungsurlaubsgesetze, § 1 Abs. 1 des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes und § 1 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über den Anspruch auf Bildungsurlaub. 15 Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (MuSchG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), zuletzt geändert durch Art. 6 des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246). 16 Gesetz über die Pflegezeit (PflegeZG) vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874). 17 Gesetz über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst (ArbPlSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2009 (BGBl. I S. 2055), zuletzt geändert durch Art. 2 des 15. Gesetzes zur Änderung des SoldatenG vom 08. April 2013 (BGBl. I S. 730). 18 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 9 Der Katastrophenschutz fällt nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes in Friedenszeiten in die Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesländer (Art. 30, 70 GG). Nur im Verteidigungsfall obliegt der Schutz der Zivilbevölkerung nach Art. 73 Nr. 1 GG dem Bund. In Bremen, Hessen, Thüringen, dem Saarland, Brandenburg, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein -Westfalen werden die Belange des Katastrophenschutzes zusammen mit den Vorschriften über den Brandschutz und die Freiwilligen Feuerwehren in einem Gesetz geregelt. In den anderen acht Bundesländern (Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern) ist der Katastrophenschutz in einem eigenständigen Gesetz festgeschrieben. Für die Freiwilligen Feuerwehren haben mehrere Länder in Feuerwehr- oder Brandschutzgesetzen Regelungen erlassen, die unter anderem das Verhältnis zwischen dem ehrenamtlichen Mitglied und seinem Arbeitgeber regeln.19 Exemplarisch sei hier § 11 Abs. 2 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (HBKG)20 genannt, der für die ehrenamtlichen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr bestimmt : „Beschäftigte, die während der Arbeitszeit an Einsätzen, Übungen und Ausbildungsveranstaltungen teilnehmen, sind für die Dauer der Teilnahme unter Gewährung des Arbeitsentgelts, das sie ohne die Teilnahme erhalten hätten, von der Arbeitsleistung freizustellen. Bei Einsätzen erstrecken sich Freistellungs- und Entgeltanspruch auch auf den zur Wiederherstellung der Arbeits- oder Dienstfähigkeit erforderlichen Zeitraum danach (Regenerationszeit nach Einsätzen).“ Privaten Arbeitgebern ist nach § 11 Abs. 8 Satz 1 HBKG das weitergewährte Arbeitsentgelt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit sowie zur betrieblichen Altersversorgung von dem Aufgabenträger zu erstatten. Die Regelungen sind nach § 39 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 und Abs. 8 HBKG ausdrücklich auch auf die freiwillig und ehrenamtlich tätigen Helfer im Katastrophenschutz anwendbar. Die Anwendbarkeit der landesrechtlichen Katastrophenschutzregelungen – und damit auch die dort geregelten Freistellungsmöglichkeiten – wird sich jedoch auf den Katastrophenfall im jeweiligen Bundesland beschränken. Soweit es sich nicht um eine „Katastrophe“ in einem Bundesland handelt, wird es sich daher eher als schwierig gestalten, Freistellungsregelungen für freiwillige Helfer, die sich im Rahmen internationaler Hilfseinsätze engagieren, in den landesrechtlichen Regelungen zu verorten. 19 Z. B. § 17 des baden-württembergischen Feuerwehrgesetzes, § 8 des Berliner Feuerwehrgesetzes, §§ 9 und 10 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes sowie § 27 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes. 20 Vgl. Fn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 10 Da nach der jetzigen Kompetenzverteilung im Grundgesetz der Bund für den zivilen Katastrophenschutz – in Friedenszeiten – nicht zuständig ist, steht es ihm nach Ansicht von WALUS auch nicht zu, Regelungen über den Katastrophenschutz zu treffen.21 Eine Bundeskompetenz für den Katastrophenschutz könnte sich zwar aus Art. 35 Abs. 3 GG ergeben . Danach kann die Bundesregierung, wenn eine Naturkatastrophe oder ein Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes gefährdet, „soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen.“ Jedoch lässt Art. 35 Abs. 3 GG nur eine beschränkte Bundesintervention zu. Der Bund wird lediglich ermächtigt, den Landesregierungen erforderlichenfalls die Weisung zu erteilen, ihre Polizeikräfte einem anderen Land zur Verfügung zu stellen.22 Unabhängig davon, ob in einem deutschen Katastrophenschutzgesetz überhaupt Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Helfer festgeschrieben werden könnten, die in einem Katastrophengebiet außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik Deutschlands tätig werden, mangelt es für eine bundeseinheitliche Regelung wohl an einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Es würde damit wenn überhaupt bei den Ländern verbleiben, entsprechende Regelungen zu treffen. 3.3. Infektionsschutzgesetz Da es sich bei Ebola um eine Infektionskrankheit handelt, ist auch an das Infektionsschutzgesetz (IfSG) 23 zu denken, in welchem der Infektionsschutz geregelt ist. Dem Bunde steht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für „Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren“ zu. Von seiner Gesetzgebungsbefugnis hat er mit dem Erlass des IfSG Gebrauch gemacht.24 § 1 Abs. 1 IfSG nennt als Zweck des Gesetzes, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen , Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Damit regelt das IfSG neben Maßnahmen zur Bekämpfung auch solche der Vermeidung von Infektionskrankheiten .25 Im IfSG sind die Instrumentarien zur Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Abwehr von Infektionskrankheiten länderübergreifend strukturiert. 21 WALUS, Andreas (2010), Pandemie und Katastrophennotstand: Zuständigkeitsverteilung und Kompetenzmängel des Bundes, In: DÖV 2010, S.127-133 (S. 131). 22 WALUS, Andreas (2010), (Fn. 21) S. 131. 23 Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000, BGBl. I S. 1045, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 36, Art. 4 Abs. 21 des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7. 8. 2013 (BGBl. I S. 3154). 24 WALUS, Andreas (2010), (Fn. 21) S. 128. 25 KLOEPFER, Michael, DEYE, Sandra, (Fn. 10) S. 1213. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 11 Im IfSG finden sich Berufsverbote für die im Infektionsbereich Tätigen. So kann die zuständige Behörde nach § 31 Satz 1 des IfSG „Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen . Satz 1 gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht“. Wer nach dem IfSG einem Beschäftigungsverbot unterliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält schließlich nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine Entschädigung in Geld. Das IfSG enthält bisher keine Regelungen über die Rechtsverhältnisse von ehrenamtlichen Helfern . Es käme jedoch in Betracht eine mit den katastrophenrechtlichen Freistellungsregelungen vergleichbare Regelung einzufügen. Der Vorteil der Verortung einer Freistellungsregelung im IfSG wäre zwar, dass es sich um eine bundeseinheitliche Regelung handeln würde. Es stellt sich jedoch die Frage der Reichweite des Anwendungsbereichs des IfSG. Es könnte davon auszugehen sein, dass das IfSG seinem Schutzzweck nach nur auf die Infektionsbekämpfung innerhalb Deutschlands anwendbar ist. In diesem Fall müsste die Anwendbarkeit des IfSG – selbst wenn dort Freistellungsregelungen aufgenommen werden könnten – auf freiwillige Helfer, die sich an internationalen Hilfseinsätzen beteiligen, verneint werden. 3.4. Initiativen des Auswärtigen Amtes Internationale Hilfseinsätze dienen der Unterstützung anderer Länder, weil diese selbst nicht in der Lage sind, Krisen, Katastrophen oder Krankheitsausbrüche wirksam zu bewältigen. Es handelt sich daher im weitesten Sinn um außenpolitische Beziehungen, für welche das Auswärtige Amt zuständig ist. Dieses erklärt, es arbeite eng mit zivilgesellschaftlichen Partnern wie Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften , humanitären oder Menschenrechtsorganisationen zusammen. Auch könnten viele aktuelle Herausforderungen nicht mehr von einzelnen Staaten, sondern nur gemeinsam mit vielen internationalen Partnern bewältigt werden. Dazu gehörten beispielsweise regionale Konflikte, terroristische Gefahren, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die Verletzung von Menschenrechten.26 Auch die Bekämpfung von Seuchen bzw. epidemischen Krankheitsverläufen wird hierzu zu rechnen sein. Es könnte damit auch in den Aufgabenbereich des Auswärtigen Amtes fallen, auf die Vereinbarung von Freistellungsregelungen mit Arbeitgebern für freiwillige Helfer hinzuwirken. Derzeit sind Bestrebungen von Seiten des Auswärtigen Amtes, Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Tätigkeiten auszuweiten, aber nicht zu erkennen. Der Ebola-Beauftragte des Auswärtigen Amtes teilte jedoch auf Anfrage mit, dass diese Fragestellung in den Ressortkreis mitaufgenommen würde. 26 Selbstdarstellung des Auswärtigen Amtes: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/AAmt/AuswDienst/Aufgaben _node.html [Abruf: 14. November 2014]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 12 3.5. Individual- und kollektivvertragliche Vereinbarungen Den Vertragsparteien eines Arbeitsverhältnisses steht es grundsätzlich frei, sich gemäß § 311 Abs. 1 BGB auf eine unbezahlte Freistellung zu einigen.27 Es besteht die Möglichkeit, Freistellungsansprüche in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individualvertraglich zu vereinbaren und festzuschreiben. Die Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages ging in diesem Zusammenhang in der 14. Wahlperiode davon aus, dass durch die Vereinbarung von Freistellungsregelungen in Tarifverträgen oder in betriebsinternen Vereinbarungen in aller Regel flexiblere und sachnähere Regelungen erreicht werden als dies durch generelle gesetzliche Festschreibungen möglich sei.28 Es ist jedoch zu beachten, dass die Aufgaben der Gefahrenabwehr für andere durch ehrenamtlich Tätige im besonderen öffentlichen Interesse liegen. Hierzu zählen der Brandschutz (Freiwillige Feuerwehr), der Katastrophenschutz, der Zivilschutz und die Aufgaben der Rettungsdienste.29 „Bei diesen Aufgaben ist der jeweilige Einsatz – abgesehen von Übungen – zeitlich nicht vorhersehbar . Hier ist es neben der Einräumung eines Freistellungsanspruches auch gerechtfertigt, dass die Kosten der Freistellung möglichst von der öffentlichen Hand kompensiert werden.“30 4. Verfassungsrechtliche Erwägungen Jede gesetzliche Freistellungsregelung berührt auch das Grundrecht des Arbeitgebers aus Art. 12 GG. Durch Freistellungsregelungen wird die Verfügbarkeit über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers eingeschränkt, so dass die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers zumindest mittelbar berührt ist.31 Es stellt sich daher die Frage, ob ein Hilfseinsatz im Ausland ebenfalls eine Aufgabe der Gefahrenabwehr darstellt, die einen Eingriff in das Individualrechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu rechtfertigen vermag. Es bestehen zumindest Zweifel, ob solch weitreichende Freistellungsregelungen für den Arbeitgeber zumutbar wären. Dies kann abschließend jedoch nur durch das Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Des Weiteren zeigt auch die Vielseitigkeit von ehrenamtlichem Engagement, wie schwierig es für den Gesetzgeber wäre, Tätigkeiten, für welche eine Freistellung gewährt wird, von solchen abzugrenzen , für die solches nicht gelten soll. Freistellungsregelungen – und damit im Ergebnis eine 27 WAAS, Bernd/ PALONKA, Anita (2013) In: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2013, § 616 BGB Rn. 17. 28 Bericht der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ im Jahr 2002 (Bundestagsdrucksache 14/8900 vom 3. Juni 2002), S. 324. 29 Bericht der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages (Fn. 29), S. 324. 30 Bericht der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages (Fn. 29), S. 324. 31 BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1987, Az.: 1 BvR 563/85. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 216/14 Seite 13 „Arbeitsplatzgarantie“ – für ehrenamtlich Tätige bei internationalen Hilfseinsätzen müssten vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gebotes des Art. 3 Abs. 1 GG, sachlich wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, möglicherweise dann auch auf andere ehrenamtlich Tätige, die sich z.B. im Sozial- oder Umweltbereich engagieren, ausgeweitet werden. Sofern eine Freistellungsregelung jedoch zu weit gefasst wird, etwa „allen“ sich ehrenamtlich Tätige Freistellungsansprüche zuzugestehen, muss auch das Bestimmtheitsgebot für gesetzliche Regelungen beachtet werden. Zwar wird die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln durch das Bestimmtheitsgebot nicht ausgeschlossen. Es muss jedoch sichergestellt bleiben, dass das Handeln der Verwaltung in gewissem Ausmaße für den Bürger voraussehbar ist und eine Gerichtskontrolle ermöglicht wird.32 5. Fazit Anknüpfungspunkte für Freistellungsregelungen könnten auf Landesebene die Katastrophenschutzgesetze oder auf Bundesebene das Infektionsschutzgesetz sei. Die Ausarbeitung eines Gesetzgebungsvorschlages oder die Ausformulierung von gesetzlichen Regelungen liegt jedoch außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Wissenschaftlichen Dienstes.33 Eine Alternative bieten die Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie die tarifvertragliche Vereinbarung von Freistellungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer. Aufgrund der vorbenannten Schwierigkeiten, Freistellungsregelungen für ehrenamtliche Tätige in internationalen Hilfseinsätzen gesetzlich zu verankern, teilte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf Nachfrage mit, dass auch dort derzeit individual oder kollektiv vereinbarte Regelungen direkt zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bevorzugt würden. 32 BVerfGE 110, 33, 53ff. = NJW 2004, 2213. 33 Es wird in diesem Zusammenhang auf Ziffer 1.1. des Leitfadens für die Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste verwiesen (Stand 3. März 2008).