© 2014 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 206/14 Betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung in Deutschland Aktuelle politische Forderungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 2 Betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung in Deutschland Aktuelle politische Forderungen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 206/14 Abschluss der Arbeit: 13. November 2014 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffsbestimmungen 5 2.1. Betriebsbegriff 5 2.2. Unternehmensbegriff 6 2.3. Arbeitnehmerbegriff 6 2.4. Gesetzliche Grundlagen der Mitbestimmung 7 2.4.1. Betriebliche Mitbestimmung 7 2.4.2. Unternehmensmitbestimmung 7 3. Aktuelle politische Forderungen 9 3.1. Regierungsparteien der 18. Legislaturperiode 9 3.2. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10 3.3. DIE LINKE 10 3.4. Interessenverbände 11 3.4.1. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände 11 3.4.2. Deutscher Gewerkschaftsbund 11 4. Konkrete Reformbestrebungen 12 4.1. Betriebliche Mitbestimmung 12 4.1.1. Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE im November 2010 13 4.1.2. Antrag der Fraktion der SPD im Februar 2013 13 4.1.3. Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE im Februar 2013 14 4.1.4. Antrag der Fraktion der SPD im Mai 2013 14 4.1.5. Gesetzesentwurf des Bundesrates im September 2013 15 4.1.6. Antrag der Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Oktober 2014 16 4.2. Unternehmensmitbestimmung 16 4.2.1. Antrag der Fraktion DIE LINKE im April 2010 16 4.2.2. Antrag der SPD Fraktion im Juni 2010 17 4.2.3. Antrag der SPD und der CDU/CSU Fraktion im März 2014 17 4.2.4. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im März 2014 18 4.2.5. Gesetzesentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Juni 201418 5. Fazit 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 4 1. Einleitung Die betriebliche Mitbestimmung ist in Deutschland seit 1920 gesetzlich geregelt. Das aktuelle Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wurde zuletzt 2001 umfassend reformiert und neu verkündet1. Seither hat es keine wesentlichen Änderungen erfahren, obwohl von unterschiedlicher Seite immer wieder weitere Reformbedürftigkeit konstatiert wurde. So wird vor allem aus Arbeitgebersicht kritisiert, das BetrVG sei zu bürokratisch und verursache dadurch hohe Kosten in den Betrieben. Dabei hätten die bisherigen Reformen den Veränderungen im Wirtschafts- und Arbeitsleben im Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung nicht Rechnung getragen. Eine weitere Öffnung der Betriebsverfassung gegenüber organisatorischen und materiellen Änderungen sei daher dringend geboten.2 Von anderer Seite wird ebenfalls beklagt, das BetrVG halte nicht mit den Veränderungen herkömmlicher Betriebs- und Unternehmensstrukturen Schritt. Zu den Kernforderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes zählt die Stärkung und Ausweitung von Mitbestimmungsrechten, insbesondere bei der Beschäftigungssicherung , der Arbeitsorganisation sowie zur Einflussnahme auf die Gestaltung sogenannter atypischer Beschäftigung, insbesondere von Leiharbeit und Befristung.3 Die unternehmerische Mitbestimmung, seit 1951 gesetzlich festgeschrieben, betrifft die Mitbestimmung von Beschäftigten in Kapitalgesellschaften und ist je nach Unternehmensart bzw. - größe in unterschiedlichen Gesetzen geregelt. Auch in diesem Bereich werden mehr oder weniger weitreichende Änderungen der gesetzlichen Regelungen angestrebt. Während die Arbeitgeberseite durch ein umfassende Reform eine Verhandlungslösung anstrebt, in deren Rahmen Arbeitnehmer und Unternehmen für jedes Unternehmen einzelfallgerechte Mitbestimmungssysteme verhandeln können4, fordert die Arbeitnehmerseite im Gegensatz dazu die Ausweitung der unternehmerischen Mitbestimmung durch die Absenkung der gesetzlichen Schwellenwerte in den einschlägigen Gesetzen und die Einführung eines gesetzlichen Mindestkataloges zustimmungspflichtiger Geschäfte. 1 Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518); zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868). 2 RIEBLE, Volker (2008): Reformbedarf in der betrieblichen Mitbestimmung. In: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.): Perspektiven der Mitbestimmung in Deutschland. Wissenschaftliche Round-Table-Jahrestagung am 24. Oktober 2007 in Berlin, S, 127-140 mit Nachweisen weiterer kritischer Stimmen aus dem Schrifttum. Abrufbar im Internetauftritt des Zentrums für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht der Julius-Maximilians-Universität München: www.zaar.uni-muenchen.de/pub/vr2008-13.pdf (Abruf: 27. Oktober 2014). 3 HAYEN, Ralf-Peter (2008): Zukunftsfähige Betriebsratsarbeit. Zeitgemäße Beteiligungsformen sind erforderlich. In: AiB 1/2008, S. 36-42. Abrufbar im Internetauftritt der Friedrich-Ebert-Stiftung: www.fes.de/wiso/pdf/abp/2008/251108/hayen_beitrag.pdf (Abruf: 28. Oktober 2014). 4 GREIFENSTEIN, Ralph (2011), Perspektiven der Unternehmensmitbestimmung in Deutschland – Ungerechtfertigter Stillstand auf der politischen Baustelle, Expertise im Auftrag der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung von April 2011, abrufbar unter http://library.fes.de/pdf-files/wiso/07966.pdf [Abruf : 10. November 2014], S. 38. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 5 Auch die Bestrebungen, den Anteil weiblicher Führungskräfte in den Aufsichtsräten in Deutschland zu erhöhen, nehmen zu. Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten Begriffe definiert und im Anschluss sowohl die allgemeinen aktuellen politischen Forderungen als auch die konkreten Reformbestrebungen der 17. und 18. Legislaturperiode im Zusammenhang mit der betrieblichen und der unternehmerischen Mitbestimmung dargestellt. 2. Begriffsbestimmungen 2.1. Betriebsbegriff Die Festlegung, was unter einem Betrieb zu verstehen ist, ist nach § 1 BetrVG für die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsrechts und damit für die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer von zentraler Bedeutung. Gleichwohl wird der Begriff des Betriebs vom BetrVG selbst nicht definiert . Es ist der Rechtsprechung und Rechtslehre überlassen, die Begriffsmerkmale festzulegen. Der herrschende Betriebsbegriff geht zurück auf die Definition von Erwin JACOBI aus dem Jahr 1927. Ein Betrieb ist danach „die Vereinigung von persönlichen, sächlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines von einem oder von mehreren Rechtssubjekten gemeinsam gesetzten technischen Zweckes.“5 In der Weiterentwicklung von Albert HUECK wird der Betrieb heute definiert als „die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt“. Diese Definition wurde von Bundesarbeitsgericht (BAG) nahezu wörtlich übernommen.6 Im Hinblick auf den Betriebsbegriff zeichnet sich jedoch gerade vor dem Hintergrund der Veränderungen der Arbeitswelt eine Aufweichung der klassischen Definition ab. So wird von BÖHM empfohlen, das Dogma vom einheitlichen Betriebsbegriff fallen zu lassen. „Dann ließe sich der betriebsverfassungsrechtliche Begriff mit Blick auf heutige Formen der Arbeitsorganisation wie z.B. Tele-Arbeit oder Spartenorganisation neu konturieren, ohne ständig Bedacht darauf nehmen zu müssen, ob diese Definition auch in ganz anderen Bereichen des Arbeitsrechts … tauglich ist.“7 Auch der Gesetzgeber hat in dieser Hinsicht eine Änderung der Terminologie des BetrVG vorgenommen. So sprechen die §§ 99, 106 und 111 BetrVG seit 2001 nicht mehr von dem Betrieb , sondern nun vom Unternehmen. 5 Zitiert nach BÖHM, Wolfgang (2013): 60 Jahre Betriebsverfassungsgesetz. Rückblick und Ausblick anhand der Zentralbegriffe Betrieb und Arbeitnehmer. In: RdA 2013, S. 193-256. 6 RICHARDI, Reinhard in: Richardi: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung. Kommentar. 14. Auflage 2014, § 1 Rn. 15-18. 7 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 5), S. 197 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 6 2.2. Unternehmensbegriff Der Unternehmensbegriff wird ebenso wie der Begriff des Betriebes im Gesetz nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Ein „‘Unternehmen‘ ist die Zusammenfassung sachlicher und unkörperlicher Mittel, mittels derer der Unternehmer mit seinen Mitarbeitern einen wirtschaftlichen oder ideellen Zweck auf Dauer verfolgt.“8 Dabei stellt sich das Unternehmen als Parallelbegriff zum Betrieb dar. Es verkörpert die wirtschaftliche bzw. die ideelle Seite des Betriebes.9 2.3. Arbeitnehmerbegriff Auch der Begriff des Arbeitnehmers, der für die Betriebsverfassung ebenso zentrale Bedeutung hat wie der des Betriebs, ist im BetrVG nicht definiert. Wer Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG ist, regelt § 5 Abs. 1 BetrVG unter Rückgriff auf den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Arbeitnehmerbegriff: – „1Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden . 2Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. 3Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte ), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.“ Nach der Begründung des Regierungsentwurfs für die Neufassung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durch das Betriebsverfassungsreformgesetz 2001 knüpft die gesetzliche Umschreibung „an den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff an“.10 Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist Arbeitnehmer, „wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist“.11 8 GAMILLSCHEG, Franz: Kollektives Arbeitsrecht Band II: Betriebsverfassung, München 2008 S. 304. 9 GAMILLSCHEG, Franz (2008) (Fn. 8) S. 304. 10 Bundestagsdrucksache 14/5741, S. 35. 11 Vgl. nur BAG, Urteil vom 24. Oktober 2001, Az.: 5 AZR 33/00. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 7 2.4. Gesetzliche Grundlagen der Mitbestimmung Der Begriff der Mitbestimmung umschreibt die Partizipation von Personen und Personengruppen an gesellschaftlichen Entscheidungen.12 Unterschieden werden die arbeitsrechtliche Mitbestimmung in der Betriebsverfassung (betriebliche Mitbestimmung) und die gesellschaftsrechtliche Mitbestimmung in der Unternehmensverfassung (Unternehmensmitbestimmung).13 Im Folgenden werden die wichtigsten Gesetzesgrundlagen in diesem Zusammenhang dargestellt. 2.4.1. Betriebliche Mitbestimmung Die betriebliche Mitbestimmung umfasst die Mitbestimmungsrechte des durch die Arbeitnehmer gewählten Betriebsrates in einem Betrieb. Grundsätzlich soll der Betriebsrat durch seine Kontrollkompetenz sicherstellen, dass die Rechts- und Tarifnormen, die für die Beschäftigten gelten, auch durch den Arbeitgeber eingehalten werden.14 In wirtschaftlichen Fragen beschränken sich die Rechte des Betriebsrates meist auf Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte, während ihm in sozialen und personellen Belangen durch das BetrVG weitergehende Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden.15 Die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist im Vierten Teil des BetrVG in den §§ 74 ff. geregelt. Der Betriebsrat hat dabei abgestufte Rechte. Diese reichen von der bloßen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Unterrichtung oder Anhörung des Betriebsrates in bestimmten Angelegenheiten über Zustimmungsrechte (z.B. bei Einstellungen und Versetzungen) und Anhörungsrechte (z.B. bei der Abgabe von Stellungnahmen bei Entlassungen) bis hin zu Mitbestimmungs- und Initiativrechten (bei Arbeitszeit, Sozialplänen und der Lohngestaltung). 2.4.2. Unternehmensmitbestimmung Die Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft) und die GmbH unterliegen in Deutschland von einer bestimmten Beschäftigtenzahl an der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Die Mitbestimmungsrechte sind je nach Unternehmensart bzw. -größe in unterschiedlichen Gesetzen 12 Definition nach BROCKHAUS online, https://deutscher-bundestag.brockhaus-wissensservice.com/brockhaus /mitbestimmung [Abruf: 07. November 2014]. 13 Vgl. Deutsches Rechtslexikon, 3. Auflage, Band 2, Verlag C.H. Beck, München 2001, S. 2890. 14 SCHROEDER; Wolfgang (2012), Von der Kapitalismus- zur Demokratiekriese? Perspektiven der Mitbestimmung. In: Demokratie in Deutschland, Zustand – Herausforderungen – Perspektiven, MÖRSCHEL, Tobias; KRELL, Christian (Hrsg.), Wiesbaden 2012, S. 258-269 (264). 15 SCHROEDER; Wolfgang (2012) (Fn. 14) S. 264. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 8 geregelt und dienen der Sicherung der kollektiven Interessenvertretung der Belegschaft im Aufsichtsrat .16 Die Personengesellschaften sind demgegenüber nicht mitbestimmungspflichtig, da die entsprechenden Gesetze für diese keine Wirkung entfalten. Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern unterfallen den gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG). 17 Werden mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigt, gelten die weitreichenderen Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes (Mit- BestG)18. Am umfangreichsten sind die Mitbestimmungsregelungen des Montan-Mitbestimmungsgesetzes (MontanMitbestG)19 und des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes (Montan MitbestErgG)20. Diese gelten für Montanbetriebe (Bergbau, Eisen, Stahl) mit mehr als 1.000 Beschäftigen . Das Organ der Unternehmensmitbestimmung ist der Aufsichtsrat. Dieser setzt sich aus Vertretern der Arbeitnehmer und der Anteilseigener zusammen. Seine Aufgaben umfassen die Bestellung und Abberufung des Vorstandes, die Überwachung der Geschäftsführung und die Prüfung der Bücher. Im Modell der Montanmitbestimmung setzt sich der Aufsichtsrat paritätisch aus Vertretern der Arbeitnehmer und der Anteilseigener zusammen. Man spricht insoweit auch von einer „echten“ paritätischen Mitbestimmung, wobei ein von beiden Seiten gewähltes „neutrales Mitglied“ im Falle eines Stimmenpatts mit seiner Stimme den Ausschlag geben kann. Durch den wirtschaftlichen Strukturwandel hat jedoch das klassische Montanunternehmen erheblich an Bedeutung verloren .21 In Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten (Anwendungsbereich des MitBestG) „setzt sich der Aufsichtsrat, dessen Größe von der Zahl der Beschäftigten abhängt, zwar ebenfalls paritätisch aus Vertretern der Anteilseigener und Arbeitnehmer zusammen. Ein neutrales Mitglied kennt dieses Modell jedoch nicht. Der Aufsichtsratsvorsitzende, den in der Regel die Anteilseigenerseite stellt, verfügt dagegen über ein Doppelstimmrecht.“ 22 Man spricht daher auch 16 BAG, Beschluss vom 13. März 2013, Az.: 7 ABR 47/11. 17 Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vom 18.Mai 2004 (BGBl. I S. 974); zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 114 des Gesetzes zur Änd. von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der ZPO, des EGZPO und der AO vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044). 18 Gesetz über die Mitbestimmung von Arbeitnehmern vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 113 des Gesetzes zur Änd. von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der ZPO, des EGZPO und der AO vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044). 19 Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (BGBl. I S. 347), zuletzt geändert durch Art. 220 der Neunten ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407). 20 Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 07. August 1956 (BGBl. I S. 707), zuletzt geändert durch Art. 34 des zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586). 21 GREIFENSTEIN, Ralph (2011), (Fn. 4), S. 14. 22 GREIFENSTEIN, Ralph (2011), (Fn. 4), S. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 9 von einer „quasi-paritätischen“ Mitbestimmung. Schließlich entfällt bei Kapitalgesellschafften mit 500 bis 2.000 Beschäftigten nur ein Drittel der Aufsichtsratssitze auf die Arbeitnehmerseite, zwei Drittel werden von der Anteilseignerseite gestellt. Nach dem DrittelbG ist somit nur eine unterparitätische Mitbestimmung vorgesehen. 3. Aktuelle politische Forderungen Im Folgenden soll ein Überblick über die Meinungslandschaft und die aktuellen Forderungen der politischen Parteien und der einschlägigen Interessenverbänden gegeben werden. 3.1. Regierungsparteien der 18. Legislaturperiode Die CDU und CSU sprechen sich für die betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung aus.23 Die Voraussetzungen der Beteiligung von Mitarbeitern an Gewinn und Kapital sollten weiter verbessert werden, indem die geltenden steuerlichen und sozialversicherungspflichtigen Rahmenbedingungen überprüft und schrittweise attraktiver ausgestaltet werden. Ferner sehen beide Parteien in der Mitarbeiterbeteiligung ein wichtiges Instrument, um qualifizierte Fachkräfte an Unternehmen zu binden. Konkrete Änderungen der betrieblichen oder unternehmerischen Mitbestimmungen werden jedoch nicht angestrebt. Die SPD plädiert hingegen konkret für eine Ausweitung der frühzeitigen Beratungs- und Verhandlungsrechte der Betriebsräte beim Einsatz von Fremdbeschäftigung sowie eine Verbesserung des Zustimmungsverweigerungsrechts. Auch sollten die Mitbestimmungsrechte für die Ausgestaltung der innerbetrieblichen Weiterbildung, den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und im Zusammenhang mit dem Umfang und der Dauer von Leiharbeit, befristeter Beschäftigung und Werkverträgen im Betrieb ausgeweitet werden. Gerade wesentliche Entscheidungen über Produktionsstandorte sollen nach Ansicht der SPD nicht ohne Mitbestimmung gefällt werden. Dazu soll ein gesetzlicher Mindestkatalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte im Aufsichtsrat eines Unternehmens geschaffen werden. Die SPD will in diesem Zusammenhang den Schwellenwert für die Geltung der paritätischen Mitbestimmung auf 1.000 Beschäftigte senken. Das deutsche Mitbestimmungsrecht müsse zudem auf Unternehmen in ausländischer Rechtsform und Sitz in Deutschland erstreckt werden.24 Im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode haben sich die derzeitigen Regierungsparteien darauf geeinigt, eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, damit Leiharbeitnehmer zukünftig bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten zu berücksichtigen sind, sofern dies 23 Regierungsprogramm der CDU und CSU 2013 – 2017 für die Bundestagswahl 2013, S.16f.: http://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/regierungsprogramm-2013-2017-langfassung- 20130911.pdf [Abruf: 05. November 2014]. 24 Regierungsprogramm der SPD 2013 – 2017, S. 14f. und 21f.: http://www.spd.de/linkableblob /96686/data/20130415_regierungsprogramm_2013_2017.pdf [Abruf: 05. November 2014]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 10 der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht.25 Des Weiteren haben sich CDU/CSU und SPD darauf geeinigt, „die Informations- und Unterrichtungsrechte des Betriebsrates sicherzustellen “ und zu konkretisieren, um rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zu Lasten von Arbeitnehmern zu verhindern. Konkrete Ausführungen zu der Ausgestaltung dieser Informations- und Unterrichtungsrechte des Betriebsrates enthält der Koalitionsvertrag jedoch nicht.26 Schließlich sprechen sich die Regierungsparteien für eine Erhöhung des Anteils der weiblichen Führungskräfte in Deutschland aus. Es sollen „zu Beginn der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages Geschlechterquoten in Vorständen und Aufsichtsräten“ gesetzlich eingeführt werden . „Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden, sollen eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent aufweisen.“ Börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen sollen ferner gesetzlich verpflichtet werden, „ab 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen festzulegen und zu veröffentlichen und hierüber transparent zu berichten.“27 3.2. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürworten einen Ausbau der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung. 28 Insbesondere wird betont, dass die europäische Rechtsform von Unternehmen die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer nicht gefährden dürfe. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass die Mitbestimmungsrechte in geschützten Ausbildungs- und Beschäftigungseinrichtungen , wie in Werkstätten für behinderte Menschen, weiter entwickelt und verbessert werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürworten die paritätische Mitbestimmung in Aufsichtsräten von Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten auch in ausländischen Rechtsformen und die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte bei Umstrukturierungen. 3.3. DIE LINKE DIE LINKE fordert sowohl eine Ausweitung der betrieblichen als auch der unternehmerischen Mitbestimmung. So sollten Betriebsräte das Recht erhalten, in allen wirtschaftlichen Fragen effektiv mitzubestimmen. Die Schaffung „prekärer Beschäftigungsverhältnisse“ sei in jedem Fall 25 Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode, S. 69. 26 Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode, S. 69. 27 Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode, S. 102. 28 Reformpläne von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 S. 92 f.: http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Wahlprogramm/Wahlprogramm-barrierefrei.pdf [Abruf : 05. November 2014]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 11 von der Zustimmung des Betriebsrates abhängig zu machen. Auch müsste die Gründung von Betriebsräten in kleinen, mittelständischen Unternehmen wie in Filialbetrieben gesetzlich erleichtert werden. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die in Aufsichtsräte entsandten Beschäftigten bei allen Entscheidungen gleichberechtigt mitentscheiden können – insbesondere bei Verlagerungen und Übernahmen, beim Verkauf von Betrieben oder Betriebsteilen, bei Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen und bei Aktienrückkäufen. Ferner müssten im Vorfeld von „weitreichenden Entscheidungen für das Unternehmen“ alle Informationen den Belegschaften vorgelegt werden . Schließlich solle über diese Entscheidungen in der gesamten Belegschaft abgestimmt werden .29 3.4. Interessenverbände 3.4.1. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erkennt an, dass die Mitbestimmung im Aufsichtsrat und im Betrieb dem Wohl des Unternehmens und seiner Beschäftigten dienen kann. Die BDA empfiehlt eine Reform der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung : Das Betriebsverfassungsgesetz müsse modernisiert und entbürokratisiert werden und Mitbestimmungsverfahren müssten beschleunigt werden. Von der paritätischen Besetzung der Aufsichtsräte sei abzurücken, stattdessen schlägt die BDA ein Verhandlungsmodell – vergleichbar mit dem in der Europäischen Aktiengesellschaft – vor, in dem Unternehmen und Arbeitnehmer die Besetzung der Aufsichtsräte aushandeln. Hierdurch könne die Akzeptanz der Mitbestimmung auch bei ausländischen Investoren gesteigert werden. Nur sofern sich Unternehmer und Arbeitnehmer nicht auf eine individuelle Lösung einigen könnten, solle das gesetzliche Modell Geltung erlangen.30 3.4.2. Deutscher Gewerkschaftsbund Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht sich für den Ausbau der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Vergabe von Werkverträgen durch den Betrieb, bzw. soweit diesbezüglich schon Rechtsprechung besteht, für die Aufnahme dieser in das BetrVG aus. Der DGB fordert eine frühzeitige Information des Betriebsrates durch den Arbeitgeber über geplante Vergabe von Aufträge an Fremdfirmen und ein Mitbestimmungsrecht bezüglich des Einsatzes von Beschäftigten auf Werkvertragsgrundlage. Dabei soll der Betriebsrat seine Zustimmung zum Einsatz von Fremdfirmen im Einzelfall verweigern können, wenn die Besorgnis besteht, 29 Aktuelles Positionspapier der Fraktion DIE LINKE zum Thema „Mitbestimmung“, abrufbar unter http://www.linksfraktion.de/themen/mitbestimmung/ [Abruf 05. November 2014]. 30 Position des BDA: http://www.arbeitgeber.de/www/arbeitgeber.nsf/id/de_mitbestimmung [Abruf: 06. November 2014]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 12 dass durch die Vergabe ein Arbeitsplatzabbau droht oder die Beschäftigten andere Nachteile erleiden . Die Auslagerung bestehender Arbeitsplätze stelle grundsätzlich eine Betriebsänderung dar, bei der das Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten klare Rechte einräumt. In Betrieben mit bis zu 50 wahlberechtigten Beschäftigten kann laut Betriebsverfassungsgesetz bei der Betriebsratswahl ein vereinfachtes Wahlverfahren angewendet werden. Dieses vereinfachte Verfahren soll nach Ansicht des DGB auf Betriebe mit bis zu 100 wahlberechtigten Mitgliedern ausgeweitet werden, um in noch mehr kleinen und mittleren Betrieben den Weg zur Betriebsratswahl für die Beschäftigten zu ebnen. Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz würden oft nicht geahndet. Der DGB regt deshalb an, die zuständigen Staatsanwaltschaften zu diesem Thema stärker zu sensibilisieren und entsprechende Schwerpunktstaatsanwaltschaften einzurichten. Außerdem solle der Kündigungsschutz von Wahlvorständen ausgeweitet werden.31 Im Hinblick auf die unternehmerische Mitbestimmung fordert der DGB eine Absenkung der gesetzlichen Schwellenwerte des Drittelbeteiligungsgesetzes von 500 auf 250 Beschäftigte, des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 von 2.000 auf 1.00 Beschäftigte und die Einführung eines gesetzlichen Kataloges zustimmungspflichtiger Geschäfte. Des Weiteren müsse das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden abgeschafft werden und eine zusätzliche neutrale Personalie im Aufsichtsratsgremium geschaffen werden, die in Pattsituationen den Weg für Entscheidungen ebnet („echte“ Parität). Ferner sollen die deutschen Mitbestimmungsregelungen auch auf Unternehmen ausländischer Rechtsform erstreckt werden, die ihren Verwaltungssitz oder Zweigniederlassung in Deutschland haben. Schließlich müsse garantiert werden, dass mehr Frauen in die Aufsichtsräte integriert werden, und zwar nicht nur auf der Arbeitnehmerseite.32 4. Konkrete Reformbestrebungen 4.1. Betriebliche Mitbestimmung Die betriebliche Mitbestimmung ist in Deutschland seit 1920 gesetzlich geregelt. Das aktuelle Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beruht in seiner Grundstruktur auf dem Betriebsverfassungsgesetz 195233. Nach einer grundlegenden Reform im Jahr 197234 wurde es zuletzt durch das Gesetz 31 Broschüre des DGB: Unsere Mitbestimmung – Betriebsräte, Gewerkschaften und das Erfolgsmodell betriebliche Mitbestimmung (DGB70026), Januar 2014. Abrufbar unter https://www.dgb-bestellservice.de/besys _dgb/pdf/DGB70026.pdf [Abruf am 6. November 2014]. 32 Im Ganzen zur gewerkschaftlichen Position zum Ausbau der Unternehmensmitbestimmung: GREIFENSTEIN, Ralph (2011), (Fn. 4) S. 36ff. 33 Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 (BGBl. I S. 681). 34 Betriebsverfassungsgesetz 1972 vom 15. Januar 1972 (BGBl. I 13). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 13 zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (Betriebsverfassungsreformgesetz) vom 23. Juli 200135 umfassend reformiert und neu verkündet36. Seither hat es keine wesentlichen Änderungen erfahren . Im Folgenden werden die Anträge und Gesetzesentwürfe dargestellt, die in der 17. bzw. der 18. Legislaturperiode in den Bundestag eingebracht wurden und eine Reform der betrieblichen Mitbestimmung anstrebten. 4.1.1. Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE im November 2010 Ein Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE37 im November 2010 sah eine Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung durch Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz vor. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Betriebsräten in den Einsatzbetrieben sollte verbessert werden: Betriebsräte sollten ein zwingendes Mitbestimmungsrecht über den Einsatz von Leiharbeitnehmern in ihrem Betrieb erhalten. Ferner sollten Leiharbeitnehmer ab dem ersten Einsatztag im Entleiher -Betrieb ein aktives Wahlrecht erhalten und bei der Ermittlung der Schwellenwerte für die Bildung und die Größe eines Betriebsrates berücksichtigt werden. Dieser Gesetzesentwurf wurde vom Bundestag am 24. März 2011 abgelehnt.38 4.1.2. Antrag der Fraktion der SPD im Februar 2013 Im Februar 2013 stellte die SPD-Fraktion den Antrag an den Deutschen Bundestag,39 die Bundesregierung aufzufordern einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher u.a. durch Änderung des Betr VG die betrieblichen Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte stärken sowie Scheinwerkverträge bekämpfen sollte. Hierzu forderte die Fraktion der SPD insbesondere, die Zuständigkeit des Betriebsrates auf Fremdarbeitskräfte im Betrieb durch Änderung des § 87 BetrVG sowie die Mitbestimmung in personellen Einzelmaßnahmen des Betriebsrates durch Änderung des § 99 BetrVG auszudehnen. 35 BGBl. I S. 1852. 36 Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518) (Fn.1). 37 Gesetzesentwurf der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes zur strikten Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung (Bundestagsdrucksache 17/3752 vom 11. November 2010). 38 Plenarprotokoll 17/99 S. 11379. 39 Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Missbrauch von Werkverträgen bekämpfen (Bundestagsdrucksache 17/12378 vom 19. Februar 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 14 Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl am 12. Juni 2013 den Antrag der SPD Fraktion abzulehnen.40 Dieser Beschlussempfehlung folgte der Bundestag am 27. Juni 2013.41 4.1.3. Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE im Februar 2013 Ebenfalls im Februar 2013 brachte die Fraktion DIE LINKE einen Gesetzesentwurf zur Ausweitung der Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in den Bundestag ein.42 Die Fraktion forderte die Aufnahme eines Mitbestimmungsrechtes für Betriebsräte bei der Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen in das BetrVG. Des Weiteren müssten die Betriebsräte über die Vergabe von Werkverträgen umfassend informiert werden und mit dem Arbeitgeber darüber beraten können. Schließlich sollten die Betriebsräte Zustimmungsverweigerungsrechte erhalten, sofern eine Vergabe von Aufgaben zu Nachteilen für die Beschäftigten führe oder Arbeitsplätze in Gefahr bringe. Dieser Gesetzesentwurf wurde durch den Bundestag ebenfalls am 27. Juni 2013 abgelehnt .43 4.1.4. Antrag der Fraktion der SPD im Mai 2013 Im Mai 2013 stellte die SPD Fraktion den Antrag an den Bundestag44, die Bundesregierung aufzufordern einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausweitet und Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes auch auf Fremdpersonal und Leiharbeit überträgt. Die Fraktion forderte dabei insbesondere, dass die Unterrichtungs- und Informationspflicht des Arbeitgebers über die Personalplanung (§ 92 BetrVG) auch für Fremdpersonal gelten solle, soweit ein Arbeitsplatz besetzt wird oder besetzt werden soll, der der unternehmerischen Konzeption desselben unterliegt. Des Weiteren müsse die Mitbestimmung bei Gesundheitsschutz und Weiterbildung sowie bei Teilzeitbeschäftigung nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge und der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern ausgeweitet werden. Auch müsse dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen eingeräumt werden, die ange- 40 Drucksache 17/14074. 41 Plenarprotokoll 17/250, S. 32003f. 42 Gesetzentwurf der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen (Bundestagsdrucksache 17/12373 vom 19. Februar 2013). 43 Plenarprotokoll 17/250 S. 32003. 44 Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Angelika Krüger-Leißner, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Moderne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert (Bundestagsdrucksache 17/13476 vom 14. Mai 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 15 zeigten Verlangen nach Arbeitszeitverringerung oder -verlängerung (§§ 8, 9 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ) entgegenstehen. Ferner forderte die SPD-Fraktion die Öffnung des vereinfachten Wahlverfahrens nach § 14a BetrVG für Betriebe mit bis zu 100 Beschäftigten. Schließlich müssten die in der Regel im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte in § 9 BetrVG und § 38 BetrVG angerechnet werden. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte den Antrag der Fraktion der SPD am 12. Juni 2013 abschließend beraten und dem Bundestag die Ablehnung empfohlen.45 Der Antrag der Fraktion der SPD hatte sich anschließend durch Ablauf der 17. Wahlperiode erledigt. 4.1.5. Gesetzesentwurf des Bundesrates im September 2013 Mit Beschlussfassung vom 20. September 2013 hat der Bundesrat einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und zur Verhinderung der Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen verabschiedet.46 Der Bundesrat verfolgt drin u.a. eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes. Die nach geltender Rechtslage bereits bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben – zum Beispiel im Rahmen der Personalplanung – rechtzeitig und umfassend auch dann zu unterrichten, wenn es um den beabsichtigten Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten geht, soll nach dem Gesetzentwurf zur Verdeutlichung nunmehr gesetzlich klargestellt werden. Ferner soll dem Betriebsrat bei einsatzbetriebsbezogenen Angelegenheiten des Arbeitsschutzes für die Werkvertragsbeschäftigten ein Mitbestimmungsrecht und damit eine auf diese Fragen beschränkte „Doppelzuständigkeit“ eingeräumt werden. Schließlich soll die Besetzung eines Arbeitsplatzes im Betrieb mit einem Werkvertragsbeschäftigten hinsichtlich einzelner, dem Schutz der bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer dienenden Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrates den „personellen Maßnahmen“ im Sinne des BetrVG gleichgestellt werden. Dieser Gesetzesentwurf ist dem Bundestag bereits zugeleitet, jedoch wurde über diesen noch nicht beraten. 45 Bundestagsdrucksache 17/14004. 46 Gesetzentwurf des Bundesrates zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und zur Verhinderung der Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen (Bundestagsdrucksache 18/14 vom 28. Oktober 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 16 4.1.6. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Oktober 2014 Im Oktober 2014 stellte die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Bundestag den Antrag47, die Bundesregierung aufzufordern einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher die Wahl neuer bzw. die Stärkung bestehender Betriebsräte durch Verbesserung der Rahmenbedingungen im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gewährleisten soll. Die Fraktion fordert darin insbesondere ein vereinfachtes Wahlverfahren bei der Erstwahl eines Betriebsrats auch für Betriebe mit bis zu 100 Wahlberechtigten und die Aufnahme von Mitgliedern des Wahlvorstands in die Schutzbestimmung des § 78 BetrVG sowie von den Beschäftigten, die erstmalig die Wahl eines Betriebsrats einleiten, in das Schutzrecht des § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Des Weiteren müssten befristet beschäftigte Betriebsräte analog zu § 78a BetrVG einen besonderen Schutz erhalten. Es müsse eine Überprüfung der Verfolgung von Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder auf strukturelle Defizite hin erfolgen sowie eine statistische Erfassung der Straftaten nach § 119 BetrVG. Schließlich seien Schwerpunktstaatsanwaltschaften einzurichten. Über diesen Antrag soll am 13. November 2014 im Bundestag beraten werden. 4.2. Unternehmensmitbestimmung Auch im Hinblick auf die Mitbestimmung durch die Beschäftigten in Kapitalgesellschaften gibt es Reformbestrebungen. 4.2.1. Antrag der Fraktion DIE LINKE im April 2010 Im April 2010 stellte die Fraktion DIE LINKE den Antrag an den Bundestag48, die Bundesregierung aufzufordern, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die deutschen Vorschriften über die unternehmerische Mitbestimmung – namentlich die des Drittelbeteiligungsgesetzes und des Mitbestimmungsgesetzes – auch für Gesellschaften mit ausländischer Rechtsform gelten, die in Deutschland ihren Verwaltungssitz haben. 47 Antrag der der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Katja Keul, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mehr Betriebsrätinnen und Betriebsräte braucht das Land(Bundestagsdrucksache 18/2750 vom 08. Oktober 2014). 48 Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sahra Wagenknecht, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE – Unternehmensmitbestimmung lückenlos garantiere (Bundestagsdrucksache 17/1413 vom 21. April 2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 17 Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl die Ablehnung des Antrags49. Die Beschlussempfehlung wurde vom Bundestag am 28. Juni 2012 angenommen.50 4.2.2. Antrag der SPD Fraktion im Juni 2010 Im Juni 2010 stellte die SPD Fraktion den Antrag an den Bundestag51, die Bundesregierung aufzufordern einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausweitung der Unternehmensmitbestimmung schafft. Dabei sollte die deutsche Mitbestimmung gesetzlich auf Unternehmen ausländischer Rechtsform mit Verwaltungssitz oder Zweigniederlassung in Deutschland erstreckt werden und ein gesetzlicher Mindestkatalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte für zentrale unternehmerische Entscheidungen – insbesondere Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und Unternehmensverkäufe – im Aufsichtsrat eingeführt werden. Des Weiteren sollten die Schwellenwerte für das Mitbestimmungsgesetz auf 1 000 Beschäftigte und für das Drittelbeteiligungsgesetz auf 250 Beschäftigte verringert werden und die rechtliche und wirtschaftliche Gleichstellung zwischen Kapital und Arbeit über die „echte Parität“ durch Einführung einer neutrale Person im Aufsichtsrat und gleichzeitige Abschaffung des Doppelstimmrechts des Aufsichtsratsvorsitzenden für alle Kapitalgesellschaften, die unter das Mitbestimmungsgesetz von 1976 fallen, erzielt werden. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl auch hier die Ablehnung des Antrags52. Die Beschlussempfehlung wurde vom Bundestag ebenfalls am 28. Juni 2012 angenommen.53 4.2.3. Antrag der SPD und der CDU/CSU Fraktion im März 2014 Im März 2014 stellten die SPD sowie die CDU/CSU-Fraktion den Antrag an den Bundestag54, die Bundesregierung aufzufordern Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer signifikanten Erhöhung des 49 Bundestagsdrucksache 17/7696. 50 Plenarprotokoll 17/187, S. 22356. 51 Antrag der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Anette Kramme, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Demokratische Teilhabe von Belegschaften und ihren Vertretern an unternehmerischen Entscheidungen stärken (Bundestagsdrucksache 17/2122 vom 16. Juni 2010). 52 Bundestagsdrucksache 17/7696. 53 Plenarprotokoll 17/187, S. 22356. 54 Antrag der Abgeordneten Marcus Weinberg, Gudrun Zollner, Bettina Hornhues, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Sönke Rix, Birgit Kömpel, Ulrike Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Mehr Zeitsouveränität - Neue Wege für gleiche Chancen von Frauen und Männern (Bundestagsdrucksache 18/763 vom 11. März 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 18 Frauenanteils in Führungspositionen führen. Für voll mitbestimmungspflichtige und börsennotierte Unternehmen sei eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für ab dem Jahr 2016 neu besetzte Aufsichtsräte durch Gesetz vorzusehen. Börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen sollten gesetzlich verpflichtet werden, ab 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen festzulegen und zu veröffentlichen. Die ersten Zielgrößen müssten innerhalb der 18. Wahlperiode des Bundestages erreicht werden und dürften nicht nachträglich nach unten berichtigt werden. Der Antrag wurde am 14. März 2014 vom Bundestag an die Ausschüsse für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Recht und Verbraucherschutz, für Wirtschaft und Energie und für Arbeit und Soziales überwiesen.55 Die Beschlussempfehlungen von diesen stehen derzeit noch aus. 4.2.4. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im März 2014 Ebenfalls im März 2014 stellte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag an den Bundestag 56, die Bundesregierung aufzufordern, u.a. gesetzliche Regelungen zu erlassen, die konkrete Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen auf allen betrieblichen Ebenen beinhalten, in denen sie unterrepräsentiert sind und einen Gesetzentwurf zur Quote für Aufsichtsräte vorzulegen, der ab 2015 eine Mindestquote von 30 Prozent und ab 2017 eine Mindestquote von 40 Prozent für börsennotierte Unternehmen und Unternehmen mit Arbeitnehmermitbestimmung vorschreibt. Dieser Antrag wurde ebenfalls am 14. März 2014 vom Bundestag an die Ausschüsse für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Recht und Verbraucherschutz, für Wirtschaft und Energie und für Arbeit und Soziales überwiesen.57 Auch hier sind noch keine Beschlussempfehlungen erfolgt. 4.2.5. Gesetzesentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Juni 2014 Schließlich brachte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Juni 2014 einen Gesetzesentwurf zur Einführung einer gesetzlichen Quotierung von Aufsichtsräten in Deutschland in den Bundestag ein.58 Der Entwurf sieht Regelungen zur geschlechtergerechten Besetzung im Aktiengesetz 55 Plenarprotokoll 18/21, S. 1661. 56 Antrag der Abgeordneten Ulle Schauws, Katja Dörner, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mehr Frauen auf allen Führungsebenen (Bundestagsdrucksache 18/773 vom 12. März 2014). 57 Plenarprotokoll 18/21, S. 1661. 58 Gesetzesentwurf der Abgeordneten Ulle Schauws, Renate Künast, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entwurf eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten , Gremien und Führungsebenen (Führungskräftegesetz) (Bundestagesdrucksache 18/1878 vom 25. Juni 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 19 und in den Mitbestimmungsgesetzen vor. Die geltende Struktur der Trennung zwischen Kapitalund Arbeitnehmerseite werde, so die Grünen, berücksichtigt. Auf Kapitalseite soll in zwei Stufen eine Mindestquote für beide Geschlechter in Höhe von 40 Prozent eingeführt werden. Auf Arbeitnehmerseite sollen bereits bestehende Regelungen zur geschlechtergerechten Besetzung ausgeweitet und strenger gefasst werden. Der Gesetzentwurf wurde am 3. Juli 2014 an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.59 Eine Beschlussempfehlung von diesem steht derzeit noch aus. 5. Fazit Seit der letzten Änderung des BetrVG im Jahr 2001 hat das BetrVG keine bemerkenswerten Änderungen erfahren. Insbesondere wurden die von den Fraktionen der SPD und DIE LINKE vorgeschlagenen Änderungen des BetrVG nicht umgesetzt. Gesetzesinitiativen gingen, so weit ersichtlich , in der 17. Legislaturperiode lediglich auf die SPD- und DIE LINKE-Fraktionen zurück, aktuell auf die Initiative des Bundesrates. Des Weiteren liegt ein Antrag zur Änderung des BetrVG der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor, welcher am 13. November 2014 beraten werden soll. Von Arbeitnehmerseite und von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE wird, in unterschiedlich starken Ausprägungen, gefordert, die Mitbestimmungsrechte für die Beratungs- und Verhandlungsrechte sowie die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte im Zusammenhang mit dem Umfang und der Dauer von Leiharbeit, befristeter Beschäftigung und Werkverträgen im Betrieb auszuweiten. Des Weiteren müssten die Zustimmungsverweigerungsrechte der Betriebsräte verbessert werden. Der aktuelle Gesetzesentwurf des Bundesrates sieht insoweit vor, dass die Besetzung eines Arbeitsplatzes im Betrieb mit einem Werkvertragsbeschäftigten hinsichtlich einzelner , dem Schutz der bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer dienenden Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrates den „personellen Maßnahmen“ im Sinne des BetrVG gleichgestellt werden soll. Ferner soll dem Betriebsrat bei einsatzbetriebsbezogenen Angelegenheiten des Arbeitsschutzes für die Werkvertragsbeschäftigten ein Mitbestimmungsrecht und damit eine auf diese Fragen beschränkte „Doppelzuständigkeit“ eingeräumt werden. Darüber hinaus fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aktuell, insbesondere das vereinfachte Wahlverfahren bei der Erstwahl eines Betriebsrats auch für Betriebe mit bis zu 100 Wahlberechtigten einzuführen. Dies war in der vergangenen Legislaturperiode auch von der Fraktion der SPD befürwortet worden. Aktuell streben die Regierungsparteien eine gesetzliche Regelung an, Leiharbeitnehmer zukünftig bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten zu berücksichtigen, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht. Auch sollen die Informations- und Unterrichtungsrechte des Betriebsrates konkretisiert werden, um rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zu Lasten von Arbeitnehmern zu verhindern. 59 Plenarprotokoll 18/46, S. 4209. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 206/14 Seite 20 Im Hinblick auf die unternehmerische Mitbestimmung wurden die Reformvorschläge von den Fraktionen der SPD und DIE LINKE in der 17. Legislaturperiode durch den Bundestag nicht aufgegriffen . Aktuell wird die Absenkung der gesetzlichen Schwellenwerte des Drittelbeteiligungsgesetzes von 500 auf 250 Beschäftigte, des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 von 2.000 auf 1.000 Beschäftigte und die Einführung eines gesetzlichen Mindestkataloges zustimmungspflichtiger Geschäfte, welcher alle Maßnahmen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu umfassen hätte, von Arbeitnehmerseite und – in unterschiedlichem Umfang – auch von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürwortet. Die SPD-Fraktion sprach sich in der vergangenen Legislaturperiode auch für die Abschaffung des Doppelstimmrechts des Aufsichtsratsvorsitzenden und für die Bestimmung einer zusätzlichen neutralen Personalie im Aufsichtsratsgremium aus. Ferner wird die Erstreckung der deutschen Mitbestimmungsregelungen auch auf Unternehmen ausländischer Rechtsform gefordert, die ihren Verwaltungssitz oder eine Zweigniederlassung in Deutschland haben. Von Arbeitgeberseite wird hingegen ein prinzipieller Umbau der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung befürwortet. Es sei von der paritätischen Besetzung der Aufsichtsräte abzurücken . Passende Mitbestimmungssysteme sollten vielmehr jeweils im Einzelfall von Arbeitnehmern und Arbeitgeber ausgehandelt werden. Schließlich wird parteiübergreifend dem Grundsatz nach die Erhöhung des Anteils weiblicher Führungskräfte in Deutschland befürwortet. In diesem Zusammenhang haben SPD und CDU/CSU bereits einen Antrag an den Bundestag gestellt. Für voll mitbestimmungspflichtige und börsennotierte Unternehmen ist eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für ab dem Jahr 2016 neu besetzte Aufsichtsräte durch Gesetz vorgesehen. Auch wird eine Verpflichtung von börsennotierten oder mitbestimmungspflichtigen Unternehmen zur Festlegung und Veröffentlichung von verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen ab 2015 angestrebt. Der aktuelle Antrag bzw. der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zielt darüber hinaus auf eine Regelung ab, die ab 2015 eine Mindestquote von 30 Prozent und ab 2017 eine Mindestquote von 40 Prozent für börsennotierte Unternehmen und Unternehmen mit Arbeitnehmermitbestimmung vorschreibt. Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang die Bestrebungen zur Ausweitung der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung in der aktuellen Legislaturperiode vorangetrieben und umgesetzt werden.