© 2014 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 – 196/14 Diskussion zur Weiterentwicklung des Betriebsverfassungsgesetzes Ausgewählte Fragestellungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 2 Diskussion zur Weiterentwicklung des Betriebsverfassungsgesetzes Ausgewählte Fragestellungen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 – 196/14 Abschluss der Arbeit: 29. Oktober 2014 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Betriebsbegriff 5 3. Arbeitnehmerbegriff 6 4. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten 8 5. Mitbestimmung beim Einsatz von Fremdpersonal 9 6. Betriebsratsrechte bei Leiharbeit 10 7. Fazit 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 4 1. Einleitung Die betriebliche Mitbestimmung ist in Deutschland seit 1920 gesetzlich geregelt. Das aktuelle Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beruht in seiner Grundstruktur auf dem Betriebsverfassungsgesetz 19521. Nach einer grundlegenden Reform im Jahr 19722 wurde es zuletzt durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (Betriebsverfassungsreformgesetz) vom 23. Juli 20013 umfassend reformiert und neu verkündet4. Seither hat es keine wesentlichen Änderungen erfahren , obwohl von unterschiedlicher Seite immer wieder weitere Reformbedürftigkeit konstatiert wird. So wird vor allem aus Arbeitgebersicht kritisiert, das BetrVG sei zu komplex und verursache zu hohe Bürokratiekosten in den Betrieben. Dabei hätten die bisherigen Reformen den Veränderungen im Wirtschafts- und Arbeitsleben im Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung nicht Rechnung getragen. Eine weitere Öffnung der Betriebsverfassung gegenüber organisatorischen und materiellen Änderungen sei daher dringend geboten.5 Auch habe nicht zuletzt die Rechtsprechung die betriebliche Mitbestimmung über den Normzweck hinaus ausgedehnt und damit die Grenzen zwischen betrieblicher und unternehmerischer Mitbestimmung verwischt.6 Von der anderen Seite wird ebenfalls beklagt, dass das BetrVG nicht mit den Veränderungen herkömmlicher Betriebs- und Unternehmensstrukturen Schritt halte. Zu den Kernforderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes zählt die Stärkung und Ausweitung von Mitbestimmungsrechten , insbesondere bei der Beschäftigungssicherung, Qualifikation und Arbeitsorganisation sowie zur Einflussnahme auf die Gestaltung sogenannter atypischer Beschäftigung, insbesondere von Leiharbeit und Befristung.7 1 Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 (BGBl. I S. 681). 2 Betriebsverfassungsgesetz 1972 vom 15. Januar 1972 (BGBl. I 13). 3 BGBl. I S. 1852. 4 Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 4 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) geändert worden ist. 5 RIEBLE, Volker (2008): Reformbedarf in der betrieblichen Mitbestimmung. In: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.): Perspektiven der Mitbestimmung in Deutschland. Wissenschaftliche Round-Table-Jahrestagung am 24. Oktober 2007 in Berlin, S, 127-140 mit Nachweisen weiterer kritischer Stimmen aus dem Schrifttum. Abrufbar im Internetauftritt des Zentrums für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht der Julius-Maximilians- Universität München: www.zaar.uni-muenchen.de/pub/vr2008-13.pdf (letzter Abruf: 27. Oktober 2014); ähnlich FRANZ, Wolfgang (2005): Die deutsche Mitbestimmung auf dem Prüfstand: Bilanz und Vorschläge für eine Neuausrichtung . In: ZAF 2 und 3/2005, S. 168-283 (280 f.). Abrufbar im Internetauftritt des Instituts für Arbeitsmarkt - und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit: http://www.iab.de/195/section.aspx/Publikation/k051227n15 (letzter Abruf: 28. Oktober 2014). 6 FRANZ, Wolfgang (2005) (Fn. 5), S. 271 mit Beispielen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. 7 Hayen, Ralf-Peter (2008): Zukunftsfähige Betriebsratsarbeit. Zeitgemäße Beteiligungsformen sind erforderlich. In: AiB 1/2008, S. 36-42. Abrufbar im Internetauftritt der Friedrich-Ebert-Stiftung: www.fes.de/wiso/pdf/abp/2008/251108/hayen_beitrag.pdf (letzter Abruf: 28. Oktober 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 5 Grundlegende Systemfehler im BetrVG erkennt GEYER und macht Vorschläge für eine umfassende Reform der Betriebsverfassung. Vor allem soll das BetrVG im Sinne seiner Praktikabilität vereinfacht und entbürokratisiert werden. Es müsse dabei „der Mut aufgebracht werden, ein Reformwerk zu erarbeiten, das auch grenzüberschreitend akzeptiert wird.“8 Im Folgenden werden ausgewählte Fragestellungen in diesem Zusammenhang angesprochen. 2. Betriebsbegriff Die Festlegung, was ein Betrieb ist, ist nach § 1 BetrVG für die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsrechts und damit für die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer von zentraler Bedeutung . Gleichwohl wird der Begriff des Betriebs vom BetrVG selbst nicht definiert, sondern als bekannt vorausgesetzt. Es ist Rechtsprechung und Rechtslehre überlassen, die Begriffsmerkmale festzulegen. Der herrschende Betriebsbegriff geht zurück auf die Definition von Erwin JACOBI aus dem Jahr 1927. Ein Betrieb ist danach „die Vereinigung von persönlichen, sächlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines von einem oder von mehreren Rechtssubjekten gemeinsam gesetzten technischen Zweckes.“9 In der Weiterentwicklung von Albert HUECK wird der Betrieb heute definiert als „die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt“. Diese Definition wurde von Bundesarbeitsgericht (BAG) nahezu wörtlich übernommen.10 Dieser Betriebsbegriff hat seine Leistungsfähigkeit über die Jahrzehnte unter Beweis gestellt. Allerdings verliert der dem Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 als Leitbild dienende „stehende“ Betrieb als für die damalige Industriegesellschaft typische Form der Arbeitsorganisation im Zusammenhang mit der Veränderung der Arbeitswelt „von Teilzeit- und Fleximodellen mit weitreichenden Stand-by-Pflichten auch in der Freizeit über Tele- und Leiharbeit bis hin zum Outsourcing zentraler innerbetrieblicher Bereiche“ gerade in zukunftsträchtigen Branchen zunehmend an Bedeutung.11 Die „dogmatisch missglückte“12 Anknüpfung der Regelung des § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Betriebsübergang an die betriebsverfassungsrechtliche Terminologie des Be- 8 GEYER, Fabian (2006): Reformansätze für eine moderne Betriebsverfassung. In: DÜWELL, Franz Josef; STÜCKE- MANN, Wolfgang; WAGNER, Volker (Hrsg.): Bewegtes Arbeitsrecht. Festschrift für Wolfgang Leinemann zum 70. Geburtstag. Neuwied: Luchterhand, S. 515-521 (521). 9 Zitiert nach BÖHM, Wolfgang (2013): 60 Jahre Betriebsverfassungsgesetz. Rückblick und Ausblick anhand der Zentralbegriffe Betrieb und Arbeitnehmer. In: RdA 2013, S. 193-256. 10 RICHARDI, Reinhard in: Richardi: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung. Kommentar. 14. Auflage 2014, § 1 Rn. 15-18. 11 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 197. 12 PREIS, Ulrich (2015) in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 15. Auflage 2015, § 613a Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 6 triebs bzw. Betriebsteils wurde inzwischen durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs korrigiert; auch das BAG spricht in diesem Zusammenhang insoweit nunmehr entsprechend dem Normzweck des § 613a BGB vom Betrieb als „wirtschaftlicher Einheit“.13 Das Beispiel zeigt, wie schwierig eine allgemeingültige Definition des Betriebes ist; BÖHM spricht sich aus diesem Grund dafür aus, das Dogma vom einheitlichen Betriebsbegriff fallen zu lassen. „Dann ließe sich der betriebsverfassungsrechtliche Begriff mit Blick auf heutige Formen der Arbeitsorganisation wie z.B. Tele-Arbeit oder Spartenorganisation neu konturieren, ohne ständig Bedacht darauf nehmen zu müssen, ob diese Definition auch in ganz anderen Bereichen des Arbeitsrechts … tauglich ist.“14 „Ohne den Betriebsbegriff in Frage zu stellen, eröffnet § 3 BetrVG seit 2001 die Möglichkeit, durch Vereinbarung vom Gesetz abweichende Betriebsratsstrukturen zu schaffen, wenn dies der wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient‘. Praktische Bedeutung hat allein die Regelung durch Tarifvertrag erlangt (sog. Zuordnungs-Tarifverträge).“15 Bleibt es – anders als in dem inzwischen vorliegenden Referentenentwurf zur Tarifeinheit vorgesehen - bei der Tarifpluralität und Tarifkonkurrenz, führt dies bei Organisationsnormen, die einheitlich für alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gelten, zu Legitimationsproblemen. Zu deren Vermeidung wird vorgeschlagen, „vom Gesetz abweichende Betriebsratsstrukturen auch durch Vereinbarung der Partner vor Ort zuzulassen“.16 3. Arbeitnehmerbegriff Auch der Begriff des Arbeitnehmers, der für die Betriebsverfassung ebenso zentrale Bedeutung hat wie der des Betriebs, ist im BetrVG nicht wirklich definiert. Wer Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG ist, regelt §5 Abs. 1 BetrVG unter Rückgriff auf den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Arbeitnehmerbegriff: – „1Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden . 2Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. 3Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte ), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.“ 13 PREIS, Ulrich (2015) (Fn. 12), § 613a BGB Rn. 6 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BAG. 14 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 197 f. 15 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 210. 16 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 210, vgl. auch S. 204 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 7 Nach der Begründung des Regierungsentwurfs für die Neufassung des Abs. 1 Satz 1 BetrVG durch das Betriebsverfassungsreformgesetz 2001 knüpft die gesetzliche Umschreibung „an den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff an“17. Vorbild für den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff ist die Definition von Alfred HUECK: „Arbeitnehmer sind die auf Grund privatrechtlichen Vertrages oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienst eines andern zur Arbeit verpflichteten Person“18 Das BAG hat diese Definition übernommen. „Der Begriff setzt voraus, dass die vertragliche Vereinbarung darauf gerichtet ist, Arbeit nach Weisung des Vertragspartners zu leisten (persönliche Abhängigkeit).“19 § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wurde 2009 durch das Gesetz zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung und zur Änderung und Anpassung weiterer Vorschriften eingefügt. Der Begründung des Gesetzentwurfs zufolge entsprach der Gesetzgeber damit den Wünschen des Bundesrates.20 Die Neuregelung erweitert nicht den Arbeitnehmerbegriff, denn die einbezogenen öffentlich-rechtlich Beschäftigten gelten lediglich als Arbeitnehmer. Sie werden mithin in der Betriebsverfassung wie diese behandelt und genießen insbesondere auch bei Betriebswahlen das aktive und nach Maßgabe des § 8 BetrVG das passive Wahlrecht; die frühere Rechtsprechung des BAG, die Beamte - rechtsdogmatisch zu Recht - nicht als Arbeitnehmer qualifizierte und ihnen daher ein Wahlrecht im Einsatzbetrieb nicht zugestand, ist insoweit überholt. Auch zählen sie bei den Schwellenwerten der organisatorischen Vorschriften des BetrVG mit. Ebenfalls ohne den weiter oben beschriebenen Arbeitnehmerbegriff anzutasten, gewährt § 7 Satz 2 BetrVG seit 2001 auch Leiharbeitnehmern das aktive Wahlrecht bei der Wahl zum Betriebsrat , wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt sind. Sie gelten nach der Rechtsprechung des BAG gleichwohl nicht als Arbeitnehmer des Entleihbetriebs21 und haben nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 14 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)22 im Entleihbetrieb auch nicht das passive Wahlrecht. Kritisiert wird im Vergleich dieser beiden Vorschriften, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gilt, die zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung an ein privatrechtliches Unternehmen überlassen werden, und nicht an den Tatbestand einer Dauerüberlassung geknüpft ist.23 Auch eine Mindesteinsatzzeit im Betrieb wie für privatrechtlich überlassene Leiharbeitnehmer nach § 7 Satz 2 BetrVG ist nicht vorgesehen, so 17 Bundestagsdrucksache 14/5741, S. 35. 18 Zitiert nach RICHARDI, Reinhard in: Richardi: Betriebsverfassungsgesetz, § 5 Rn. 11. 19 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 199. 20 Bundestagsdrucksache 16/11608, S. 21. 21 DÜWELL, Franz Josef (2011): Erstes Gesetz zur Änderung des AÜG – Eine verpasste Chance für die Integration der Leiharbeit in die Betriebsverfassung. In: AuR 7/2011, S. 288-290. Online-Version, S. 1-5 (2). 22 Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) vom 7. August 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) geändert worden ist. 23 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 207 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BAG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 8 dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes diesen gegenüber privilegiert sind. Eine sachliche Rechtfertigung für solche Privilegierung wird im Schrifttum zum Teil bezweifelt24. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hält dagegen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unter Hinweis auf die Unterschiede in den Verleihpraktiken im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft nicht für durchgreifend: Während die privatwirtschaftliche Überlassung von Arbeitskräften häufig sporadisch, kurzfristig und zumeist nur über kurze Zeitabschnitte erfolge, seien die Personalgestellungsverträge im Bereich des öffentlichen Dienstes regelmäßig auf Dauer angelegt.25 Die durch das Erste Gesetz zur Änderung des AÜG26 mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 zur Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie27 eingeführte Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, wonach die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt, könnte diese Argumentation stützen. 4. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten In Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist nach § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Er hat nach § 106 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten. Es folgt in § 106 Abs. 2 BetrVG ein nicht abschließender Katalog wirtschaftlicher Angelegenheiten. Bestellung, Zusammensetzung und Funktionsweise des Wirtschaftsausschusses einschließlich des Verfahrens bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Unternehmer sind in den §§ 107 bis 109 BetrVG geregelt. Der Wirtschaftsausschuss ist als Hilfsorgan des Betriebs- bzw. Gesamtbetriebsrats konzipiert28 und setzt das Bestehen eines solchen voraus. In der Literatur wird der Wirtschaftsausschuss aber zuweilen als Fremdkörper in der Betriebsverfassung wahrgenommen: Schon aufgrund seiner Zusammensetzung sei er kein Betriebsausschuss wie jeder andere. Auch sei er stets auf Unternehmensebene zu errichten. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten finde grundsätzlich im Rahmen der Unternehmensverfassung statt; für ein Gremium der Betriebsverfassung sei dabei kein Platz. Dementsprechend verfüge der Wirtschaftsausschuss auch nicht über Entscheidungsbefugnisse und bleibe letztlich in wirtschaftlichen Angelegenheiten bestenfalls „Zaungast“.29 24 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 207; DÜWELL, Franz Josef (2011) (Fn. 21), S. 3. 25 DÜWELL, Franz Josef (2011) (Fn. 21), S. 2, 3 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 26 Gesetz vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642). 27 Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (ABl. EG Nr. L 327 vom 5. Dezember 2008 S. 9). 28 Vgl. statt vieler KANIA, Thomas in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 15. Auflage 2015, § 106 BetrVG Rn. 1. 29 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 199 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 9 5. Mitbestimmung beim Einsatz von Fremdpersonal Nach § 99 BetrVG kommt dem Betriebsrat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen zu. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zählt hierzu „Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung “. Jedoch ist der verfassungsrechtliche Begriff der Einstellung nicht identisch mit dem vertragsrechtlichen Begriff30, da das kollektive Interesse der Belegschaft unabhängig davon berührt wird, auf welcher vertraglichen Grundlage die in die betriebliche Arbeit eingeschalteten Personen tätig werden.31 Die Beteiligung des Betriebsrats bei der Arbeitsaufnahme von Leiharbeitnehmern ist durch § 14 Abs. 3 AÜG ausdrücklich klargestellt. In diesem Zusammenhang kann der Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG die Verweigerung seiner Zustimmung auf eine fehlende innerbetriebliche Ausschreibung nach § 93 BetrVG stützen. Auch kann der Betriebsrat nach §99 Abs. 2 Nr. 1 Betr VG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG seine Zustimmung verweigern, wenn der Unternehmer beabsichtigt , einen Leiharbeitnehmer mehr als vorübergehend zu beschäftigen.32 Demgegenüber hat das BAG ein Zustimmungsverweigerungsrecht wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot der §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG verneint.33 Nach der Rechtsprechung des BAG kann auch die Beschäftigung freier Mitarbeiter und unter Umständen sogar von selbstständigen Unternehmern als Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu werten sein, sofern sich die Tätigkeit nicht nennenswert von der weisungsabhängigen Tätigkeit vergleichbarer Arbeitnehmer desselben Betriebes unterscheidet und eine arbeitnehmertypische teilweise Einbindung in die betriebliche Organisation vorliegt. Beim Einsatz von Fremdfirmen im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages kommt es für die Anwendung des § 99 BetrVG nach der Rechtsprechung des BAG maßgeblich darauf an, ob Personen, die als Erfüllungsgehilfen eines Dienst- oder Werknehmers im Betrieb des Auftraggebers tätig werden, so in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert werden, dass dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat.34 30 BÖHM, Wolfgang (2013) (Fn. 9), S. 206. 31 KANIA, Thomas in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 15. Auflage 2015, § 99 BetrVG Rn. 7. 32 BAG, Beschluss v. 10.07.2013, Az.: 7 ABR 91/11; weiterhin jedoch sehr umstritten: kritisch zu der Entscheidung u.a. KANIA, Thomas in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 15. Auflage 2015, § 99 BetrVG Rn. 24 m.w.N. 33 ULBER, Daniel (2013): Erweiterte Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durch Tarifverträge zur Leiharbeit. In: AuR 3/2013, S. 114-119. Online-Version, S. 1-12 (4) mit Nachweisen aus der jüngeren Rechtsprechung des BAG; vgl. zum Stand der Rechtsprechung zu den Mitbestimmungsrechten nach § 99 BetrVG bei Leiharbeit auch STÜCK, Volker (2013): Leiharbeit – Die Mitbestimmungsrechte des Entleiherbetriebsrats. In: MDR 2013, S. 829- 834. 34 KANIA, Thomas (2015) in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 15. Auflage 2015, § 99 BetrVG Rn. 8 f. mit Nachweisen aus der BAG-Rechtsprechung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 10 Wichtige Informations- und Beratungsrechte in Bezug auf Werkverträge stehen dem Betriebsrat jedoch nach § 80 Abs. 2 BetrVG zu. Danach ist der Arbeitgeber auch beim Einsatz freier Mitarbeiter verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu informieren. Denn der Betriebsrat muss in eigener Zuständigkeit prüfen und beurteilen können, ob ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG besteht.35 Schließlich kommen in Bezug auf den Einsatz von Fremdfirmen auch Informations - und Beratungsrechte nach § 90 Abs, 1 Nr. 3 BetrVG im Hinblick auf die Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen sowie Vorschlagsrechte nach §§ 92 Abs. 1 und 92a Abs. 1 BetrVG in Betracht. Dem Betriebsrat sind deshalb im Rahmen des Anspruchs nach § 80 Abs. 2 BetrVG entsprechende Unterlagen vorzulegen, die auch Begründungen für den Fremdfirmeneinsatz enthalten.36 Die Fraktion DIE LINKE. hat in der 17. Wahlperiode einen Gesetzentwurf37 in den Bundestag eingebracht , der unter anderem die Einfügung eines § 93b BetrVG mit ausdrücklichen Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei der Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen vorsah. Der Entwurf wurde von der Mehrheit im Deutschen Bundestag abgelehnt.38 Eine Autorin der Universität Bremen erkennt in der Eindämmung atypischer Beschäftigungsformen eine Strukturverantwortung des Betriebsrats, die aber auf der Grundlage des geltenden Betriebsverfassungsrechts erfüllt werden könne.39 6. Betriebsratsrechte bei Leiharbeit In Bezug auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern (§ 14 Abs. 3 AÜG) ist jedoch auch die rechtliche Stellung dieser Fremdarbeitskräfte von Bedeutung. Denn in manchen Betrieben kann der Schwellenwert des § 99 BetrVG von in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern nur erreicht werden, sofern auch die im Unternehmen tätigen Leiharbeitnehmer bei der Berechnung Berücksichtigung finden. Es ist jedoch weitgehend ungeklärt, ob Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung betriebsverfassungsrechtlicher Schwellenwerte überhaupt zu berücksichtigen sind. 35 KANIA, Thomas in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. 15. Auflage 2015, § 99 BetrVG Rn. 8; KARTHAUS, Boris; KLEBE, Thomas (2012): Betriebsratsrechte bei Werkverträgen. In: NZA 2012, S. 417-426 (419). 36 KARTHAUS/KLEBE (2012) (Fn. 35), S. 419. 37 Gesetzentwurf der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Dr. Martina Bunge, Heidrun Dittrich, Werner Dreibus, Klaus Ernst, Katja Kipping, Cornelia Möhring, Kornelia Möller , Yvonne Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE. - Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen (Bundestagsdrucksache 17/12373 vom 19. Februar 2013). 38 Plenarprotokoll 17/250 vom 27. Juni 2013, S. 32004B. 39 NEBE, Katja (2014): Neue Arbeitswelten – Die Innovationskraft des Betriebsverfassungsgesetzes. In: AuR 2014, S. 51-57 mit Nachweisen aus der neueren Rechtsprechung des BAG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 11 Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher-Betrieb wird grundsätzlich kein Arbeitsverhältnis begründet. Aufgrund dessen bestehen Unsicherheiten, inwieweit Leiharbeiter bei der Errechnung von Schwellenwerten im BetrVG zu berücksichtigen sind. Für die Einbeziehung in die Errechnung von Schwellenwerten ist grundsätzlich die Betriebszugehörigkeit ausschlaggebend. Über einen langen Zeitraum vertrat das BAG in ständiger Rechtsprechung die sog. „Zwei-Komponenten-Lehre“, um die Betriebszugehörigkeit zu überprüfen bzw. festzustellen. Danach zählten „zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit einerseits ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber, andererseits die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in dessen Betriebsorganisation.“40 Diese Lehre wurde vom BAG für die Fälle der Arbeitnehmerüberlassung durch einen erhöht normzweckorientierten Ansatz ersetzt, um dem aktuell breiteren Arbeitnehmerbegriff sowie der zunehmenden Bedeutung von Fremdfirmenarbeitskräfte gerecht zu werden.41 So entschied das BAG am 13. März 2013, dass im Entleiher-Betrieb regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer bei der in § 9 Satz 1 und Satz 2 BetrVG geregelten Berechnung der Größe des Betriebsrats grundsätzlich zu berücksichtigen sind.42 Ausdrücklich entschieden wurde durch das BAG zudem die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Ermittlung der maßgeblichen Unternehmensgröße in § 111 Satz 1 BetrVG. § 111 Satz 1 BetrVG verpflichtet den Inhaber eines Unternehmens, in dem in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer tätig sind, den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Bei der Ermittlung der Unternehmensgröße sind nunmehr auch Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt werden, mitzuzählen.43 Auch die derzeitigen Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode , an die jüngste Rechtsprechung anlehnend, darauf geeinigt eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, damit Leiharbeitnehmer zukünftig bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten zu berücksichtigen sind: „Zur Erleichterung der Arbeit der Betriebsräte wird gesetzlich klargestellt, dass Leiharbeitnehmer bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten grundsätzlich zu berücksichtigen sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht.“44 40 Vgl. BAG, Beschluss v. 10.11.2004, Az.: 7 ABR 12/04. 41 LINSENMAIER, Wolfgang; KIEL, Heinrich (2014): Der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung – „Zwei- Komponenten-Lehre“ und normzweckorientierte Gesetzesauslegung, in: RdA 2014, S. 135-157 (135). 42 BAG, Beschluss v. 13.03.2013, Az.: 7 ABR 69/11. 43 BAG, Urteil v. 18.10.2011, Az.: 1 AZR 335/10. 44 Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode, S. 69. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 12 Bis zum Inkrafttreten einer solchen gesetzlichen Regelung bleibt die Berücksichtigung von Leiharbeitern bei der Berechnung von Schwellenwerten jedoch weitestgehend unklar. Bislang durch die Rechtsprechung nicht endgültig geklärt ist beispielsweise die Frage, ob Leiharbeiter im Rahmen der Ermittlung des Schwellenwerts nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen sind. Hierfür sprechen sich LINSENMAIER und KIEL eindeutig aus. Denn „der Zweck des Schwellenwertes geht nach der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des BAG dahin, dass in kleinen Einheiten, in denen in der Regel noch von einer engen persönlichen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszugehen sei, der Arbeitgeber über Fragen der Einstellung und Versetzung unbeeinflusst durch den Betriebsrat solle entscheiden können.“ 45 Auch stellt § 99 Abs. 1 BetrVG, anders als § 95 BetrVG, seit 2001 dem Wortlaut nach nicht mehr auf die Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebes, sondern auf diejenigen des Unternehmens ab. Auch dies spricht dafür, sämtliche in der Regel im Unternehmen beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, also auch diejenigen, die nicht in dem Betrieb beschäftigt sind, in dem die personelle Einzelmaßnahme beabsichtigt ist, sondern in anderen Betrieben des Unternehmens.46 Gleiches gilt für die Schwellenberechnung des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Auch dort mangelt es an einer Rechtsprechung des BAG. Durch eine Miteinbeziehung der Leiharbeitnehmer in die Schwellenwertberechnung würde dabei vermieden, dass einzelne Arbeitgeber versuchen könnten, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu umgehen, indem sie zunehmend Leiharbeiter mit längerfristigen Verträgen einstellen. Die Abkehr von der „Zwei-Komponenten-Lehre“ und einer erweiterten Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerte hat jedoch auch Kritik hervorgerufen. Insbesondere wurde als Argument eine Belastung des Arbeitgebers mit den sich erhöhenden Kosten für den Betriebsrat angeführt.47 Dieses kann aber nicht vollständig verfangen. Denn es ist nicht ersichtlich, warum „der Arbeitgeber, der seinen Betrieb mit eigenen Arbeitnehmern betreibt und nicht auf Leiharbeitnehmer zurückgreift, hinsichtlich der Betriebsratskosten schlechter stehen soll als der Arbeitgeber, der in erheblichem Umfang Leiharbeitnehmer einsetzt“.48 45 LINSENMAIER/KIEL (2014) (Fn. 41), S. 148 f. mit Verweis auf BT-Drucks. 14/5741, S. 50 und BAG, Beschluss v. 29.09.2004, Az.: 1 ABR 39/03. 46 LINSENMAIER/KIEL (2014) (Fn. 41), S. 148. 47 Schuster, in: FAZ v. 10.04.2013: „Kehrtwende des Bundesarbeitsgerichts/höhere Kosten”; Gesellensetter, in: Handelsblatt v. 02.07.2013 – beide zitiert nach LINSENMAIER/KIEL (2014) (Fn. 41), S. 145. 48 LINSENMAIER/KIEL (2014) (Fn. 41), S. 145. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 – 196/14 Seite 13 7. Fazit Im Hinblick auf den Betriebsbegriff zeichnet sich gerade vor dem Hintergrund der Veränderungen der Arbeitswelt eine Aufweichung der klassischen Definition ab. So wird von BÖHM empfohlen , das Dogma vom einheitlichen Betriebsbegriff fallen zu lassen. Auch der Gesetzgeber hat in dieser Hinsicht eine Änderung der Terminologie des BetrVG vorgenommen. So sprechen die §§ 99, 106 und 111 BetrVG seit 2001 nicht mehr von dem Betrieb, sondern nurmehr vom Unternehmen . Im Gegensatz dazu ist eine Debatte im Hinblick auf die Ausweitung des Arbeitnehmerbegriffs an sich nicht festzustellen. Jedoch wurde der Anwendungsbereich des BetrVG seit 2009 auf öffentlich -rechtliche Beschäftigte erweitert. Diese gelten nun im Anwendungsbereich des BetrVG als Arbeitnehmer. Eine Ausweitung des Arbeitnehmerbegriffs beispielsweise auf Leiharbeitnehmer wird, soweit ersichtlich, nicht gefordert. Jedoch werden die Vorschriften des §§ 81, 82 Abs. 1 und §§ 84 bis 86 des BetrVG durch § 14 Abs. 2 Satz 3 AÜG auch in Hinblick auf den Leiharbeitnehmer als anwendbar geklärt. Schließlich gibt es sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur Bestrebungen, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates durch die Einbeziehung der Leiharbeitnehmer in die Schwellenberechnung zu stärken. Diesen Ansatz haben auch die derzeitigen Regierungsparteien als Vorhaben in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Vorhaben realisiert wird.